denke, sie läuft aus. Und stammelt und stottert und klappert mit den Zähnen. Herrgott! In meinem Leben habe ich ein fremdes Leben nie wieder so gefühlt. Mir wars, als hätte ich ihr Herz leibhaftig und blutend und stoßend in meiner Hand, und es rönne mir über die Finger.
-- Du Windelband! Glotze gescheidter. Hehe! Dieser Referendar ist ergriffen!
Er lehnte sich zurück und blies den Cigarren¬ rauch lachend von sich.
-- Komisch! Furchtbar komisch! Was? Das Leben ist talentvoll. Es macht die schwierigsten Sachen ohne allen Apparat. Schmeißt da zwei Zerschmissene aufeinander und sagt: Da habt ihr euch!
Er sah Girlingern blinzelnd an:
-- Nicht wahr, die Geschichte ist ein paar Nordhäuser mit Sooleiern wert? Aber mir wird sie langweilig. Was kam auch noch? Ich hatte das Stichwort und goß nun meine Geschichte von mir: So, na und dann bist Du also gefälligst bald dorthin gekommen, wo Du jetzt bist, mein teures Mädchen; bon! Des Herrn Wege sind un¬ erforschlich, und: Wer weiß, wozu es gut ist, sagt der Christ. Ich aber . . . Ach, ich mag nicht mehr
Drittes Buch, viertes Kapitel.
denke, ſie läuft aus. Und ſtammelt und ſtottert und klappert mit den Zähnen. Herrgott! In meinem Leben habe ich ein fremdes Leben nie wieder ſo gefühlt. Mir wars, als hätte ich ihr Herz leibhaftig und blutend und ſtoßend in meiner Hand, und es rönne mir über die Finger.
— Du Windelband! Glotze geſcheidter. Hehe! Dieſer Referendar iſt ergriffen!
Er lehnte ſich zurück und blies den Cigarren¬ rauch lachend von ſich.
— Komiſch! Furchtbar komiſch! Was? Das Leben iſt talentvoll. Es macht die ſchwierigſten Sachen ohne allen Apparat. Schmeißt da zwei Zerſchmiſſene aufeinander und ſagt: Da habt ihr euch!
Er ſah Girlingern blinzelnd an:
— Nicht wahr, die Geſchichte iſt ein paar Nordhäuſer mit Sooleiern wert? Aber mir wird ſie langweilig. Was kam auch noch? Ich hatte das Stichwort und goß nun meine Geſchichte von mir: So, na und dann biſt Du alſo gefälligſt bald dorthin gekommen, wo Du jetzt biſt, mein teures Mädchen; bon! Des Herrn Wege ſind un¬ erforſchlich, und: Wer weiß, wozu es gut iſt, ſagt der Chriſt. Ich aber . . . Ach, ich mag nicht mehr
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Drittes Buch, viertes Kapitel.
denke, ſie läuft aus. Und ſtammelt und ſtottert
und klappert mit den Zähnen. Herrgott! In
meinem Leben habe ich ein fremdes Leben nie
wieder ſo gefühlt. Mir wars, als hätte ich ihr
Herz leibhaftig und blutend und ſtoßend in meiner
Hand, und es rönne mir über die Finger.
— Du Windelband! Glotze geſcheidter. Hehe!
Dieſer Referendar iſt ergriffen!
Er lehnte ſich zurück und blies den Cigarren¬
rauch lachend von ſich.
— Komiſch! Furchtbar komiſch! Was? Das
Leben iſt talentvoll. Es macht die ſchwierigſten
Sachen ohne allen Apparat. Schmeißt da zwei
Zerſchmiſſene aufeinander und ſagt: Da habt ihr
euch!
Er ſah Girlingern blinzelnd an:
— Nicht wahr, die Geſchichte iſt ein paar
Nordhäuſer mit Sooleiern wert? Aber mir wird
ſie langweilig. Was kam auch noch? Ich hatte
das Stichwort und goß nun meine Geſchichte von
mir: So, na und dann biſt Du alſo gefälligſt
bald dorthin gekommen, wo Du jetzt biſt, mein
teures Mädchen; bon! Des Herrn Wege ſind un¬
erforſchlich, und: Wer weiß, wozu es gut iſt, ſagt
der Chriſt. Ich aber . . . Ach, ich mag nicht mehr
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Bierbaum, Otto Julius: Stilpe. Ein Roman aus der Froschperspektive. Berlin, 1897, S. 295. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bierbaum_stilpe_1897/309>, abgerufen am 16.06.2024.
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