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Chamisso, Adelbert von: Peter Schlemihl’s wundersame Geschichte. Nürnberg, 1835.

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Sorte." Er fiel sogleich wieder ein: "Ich hab'
in meiner Tasche Manches, was dem Herrn nicht
ganz unwerth scheinen möchte; für diesen unschätz-
baren Schatten halt' ich den höchsten Preis zu
gering."

Nun überfiel es mich wieder kalt, da ich an
die Tasche erinnert ward, und ich wußte nicht,
wie ich ihn hatte guter Freund nennen können.
Ich nahm wieder das Wort, und suchte es, wo
möglich, mit unendlicher Höflichkeit wieder gut
zu machen.

"Aber, mein Herr, verzeihen Sie Ihrem
unterthänigsten Knecht. Ich verstehe wohl Ihre
Meinung nicht ganz gut, wie könnt' ich nur mei-
nen Schatten -- --" Er unterbrach mich: "Ich
erbitte mir nur Dero Erlaubniß, hier auf der
Stelle diesen edlen Schatten aufheben zu dür-
fen und zu mir zu stecken; wie ich das mache,
sei meine Sorge. Dagegen als Beweis meiner
Erkenntlichkeit gegen den Herrn, überlasse ich
ihm die Wahl unter allen Kleinodien, die ich
in der Tasche bei mir führe: die ächte Spring-
wurzel, die Alraunwurzel, Wechselpfennige, Raub-

Sorte.» Er fiel ſogleich wieder ein: «Ich hab’
in meiner Taſche Manches, was dem Herrn nicht
ganz unwerth ſcheinen möchte; für dieſen unſchätz-
baren Schatten halt’ ich den höchſten Preis zu
gering.»

Nun überfiel es mich wieder kalt, da ich an
die Taſche erinnert ward, und ich wußte nicht,
wie ich ihn hatte guter Freund nennen können.
Ich nahm wieder das Wort, und ſuchte es, wo
möglich, mit unendlicher Höflichkeit wieder gut
zu machen.

«Aber, mein Herr, verzeihen Sie Ihrem
unterthänigſten Knecht. Ich verſtehe wohl Ihre
Meinung nicht ganz gut, wie könnt’ ich nur mei-
nen Schatten — —» Er unterbrach mich: «Ich
erbitte mir nur Dero Erlaubniß, hier auf der
Stelle dieſen edlen Schatten aufheben zu dür-
fen und zu mir zu ſtecken; wie ich das mache,
ſei meine Sorge. Dagegen als Beweis meiner
Erkenntlichkeit gegen den Herrn, überlaſſe ich
ihm die Wahl unter allen Kleinodien, die ich
in der Taſche bei mir führe: die ächte Spring-
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[30/0036] Sorte.» Er fiel ſogleich wieder ein: «Ich hab’ in meiner Taſche Manches, was dem Herrn nicht ganz unwerth ſcheinen möchte; für dieſen unſchätz- baren Schatten halt’ ich den höchſten Preis zu gering.» Nun überfiel es mich wieder kalt, da ich an die Taſche erinnert ward, und ich wußte nicht, wie ich ihn hatte guter Freund nennen können. Ich nahm wieder das Wort, und ſuchte es, wo möglich, mit unendlicher Höflichkeit wieder gut zu machen. «Aber, mein Herr, verzeihen Sie Ihrem unterthänigſten Knecht. Ich verſtehe wohl Ihre Meinung nicht ganz gut, wie könnt’ ich nur mei- nen Schatten — —» Er unterbrach mich: «Ich erbitte mir nur Dero Erlaubniß, hier auf der Stelle dieſen edlen Schatten aufheben zu dür- fen und zu mir zu ſtecken; wie ich das mache, ſei meine Sorge. Dagegen als Beweis meiner Erkenntlichkeit gegen den Herrn, überlaſſe ich ihm die Wahl unter allen Kleinodien, die ich in der Taſche bei mir führe: die ächte Spring- wurzel, die Alraunwurzel, Wechſelpfennige, Raub-

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Zitationshilfe: Chamisso, Adelbert von: Peter Schlemihl’s wundersame Geschichte. Nürnberg, 1835, S. 30. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/19_ZZ_2755/36>, abgerufen am 28.04.2024.