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Böttner, Gottfried: Eine in Gott ruhende/ und also gantz ruhige Elisabeth. Zittau, 1686.

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Abdanckungs-Rede.
Asien war zu Seinen Wllüsten zinßbar/ Meden ernähr-
te jhm die Pferde/ Jonia zeugete jhm Frauen-Zimmer/
Babylon hilte jhm Eunuchos, Egypten brachte jhm Künst-
ler/ Indien schickte jhm daß Helffen-Bein/ die Araber
führeten wohlrichende Sachen herbey/ unterschiedliche Flüs-
se dieneten jhm/ Pactolus mit dem Golde/ Nilus mit dem
Korn/ der Coaspes mit seinen Wässern/ wie kunte Er
mässig/ tapffer und bescheiden seyn/ wenn Er auß diesem al-
lem willig gelegenheit zu denen Lastern genommen? Bey
Armuth läst sichs wohl sparsam leben/ und bey lauteren
Brunnen der Nichterkeit schwehren. Einem Dürfftigen
können die Gedancken wohlzuthun leicht einkommen/ aber
daß ein Reicher zu extraordinarer wohlthätigkeit sich versiehen
solle/ ist etwas Ungemeiner. Es bleibet wohl darbey: jemehr
einer hat/ je schärffer ers verwahrt/ er wil das hundert/ das
tausend nicht gerne ungleich machen. Ad custodiam
Pecuniae omnes natura restringimur.
Allein Unsere
Hochseelige Jungfr. von Festenberg wendete ein sehr
schönes Vermögen zu Nöthigem/ nicht Uberflüssigen un-
terhalte GOttes Ehre und des Nächsten Hülffe allein
mildiglich an. Das Erste wissen jhrer viele/ von demAn-
dern mag das heilige Zeugen/ ich muß sagen/ das jhr kein
geprägtes Silber oder Gold lieber gewesen/ als jhr armer
Nothleidender Nächster/ massen ich manchen Thaler/ man-
chen Ducaten/ auch wohl mehr auf einmahl/ die wenige
Zeit als dem Hoch-Adel. Hause Friedersdorff ich mit mei-
nen wenigen Diensten auffzuwarten das gelücke gehabt/
den Dürfftigen allein unter dem Nahmen eines Mitleidi-
gen Christens/ und ja nicht anders/ ins Buch einschreiben
müssen. Und dieß ist eine Tapfferkeit/ die nichtMenschen

son

Abdanckungs-Rede.
Aſien war zu Seinen Wlluͤſten zinßbar/ Meden ernaͤhr-
te jhm die Pferde/ Jonia zeugete jhm Frauen-Zimmer/
Babylon hilte jhm Eunuchos, Egypten brachte jhm Kuͤnſt-
ler/ Indien ſchickte jhm daß Helffen-Bein/ die Araber
fuͤhreten wohlrichende Sachen herbey/ unterſchiedliche Fluͤſ-
ſe dieneten jhm/ Pactolus mit dem Golde/ Nilus mit dem
Korn/ der Coaſpes mit ſeinen Waͤſſern/ wie kunte Er
maͤſſig/ tapffer und beſcheiden ſeyn/ wenn Er auß dieſem al-
lem willig gelegenheit zu denen Laſtern genommen? Bey
Armuth laͤſt ſichs wohl ſparſam leben/ und bey lauteren
Brunnen der Nichterkeit ſchwehren. Einem Duͤrfftigen
koͤnnen die Gedancken wohlzuthun leicht einkommen/ aber
daß ein Reicher zu extraordinarer wohlthaͤtigkeit ſich verſiehen
ſolle/ iſt etwas Ungemeiner. Es bleibet wohl darbey: jemehr
einer hat/ je ſchaͤrffer ers verwahrt/ er wil das hundert/ das
tauſend nicht gerne ungleich machen. Ad cuſtodiam
Pecuniæ omnes naturâ reſtringimur.
Allein Unſere
Hochſeelige Jungfr. von Feſtenberg wendete ein ſehr
ſchoͤnes Vermoͤgen zu Noͤthigem/ nicht Uberfluͤſſigen un-
terhalte GOttes Ehre und des Naͤchſten Huͤlffe allein
mildiglich an. Das Erſte wiſſen jhrer viele/ von demAn-
dern mag das heilige Zeugen/ ich muß ſagen/ das jhr kein
gepraͤgtes Silber oder Gold lieber geweſen/ als jhr armer
Nothleidender Naͤchſter/ maſſen ich manchen Thaler/ man-
chen Ducaten/ auch wohl mehr auf einmahl/ die wenige
Zeit als dem Hoch-Adel. Hauſe Friedersdorff ich mit mei-
nen wenigen Dienſten auffzuwarten das geluͤcke gehabt/
den Duͤrfftigen allein unter dem Nahmen eines Mitleidi-
gen Chriſtens/ und ja nicht anders/ ins Buch einſchreiben
muͤſſen. Und dieß iſt eine Tapfferkeit/ die nichtMenſchen

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[98[106]/0106] Abdanckungs-Rede. Aſien war zu Seinen Wlluͤſten zinßbar/ Meden ernaͤhr- te jhm die Pferde/ Jonia zeugete jhm Frauen-Zimmer/ Babylon hilte jhm Eunuchos, Egypten brachte jhm Kuͤnſt- ler/ Indien ſchickte jhm daß Helffen-Bein/ die Araber fuͤhreten wohlrichende Sachen herbey/ unterſchiedliche Fluͤſ- ſe dieneten jhm/ Pactolus mit dem Golde/ Nilus mit dem Korn/ der Coaſpes mit ſeinen Waͤſſern/ wie kunte Er maͤſſig/ tapffer und beſcheiden ſeyn/ wenn Er auß dieſem al- lem willig gelegenheit zu denen Laſtern genommen? Bey Armuth laͤſt ſichs wohl ſparſam leben/ und bey lauteren Brunnen der Nichterkeit ſchwehren. Einem Duͤrfftigen koͤnnen die Gedancken wohlzuthun leicht einkommen/ aber daß ein Reicher zu extraordinarer wohlthaͤtigkeit ſich verſiehen ſolle/ iſt etwas Ungemeiner. Es bleibet wohl darbey: jemehr einer hat/ je ſchaͤrffer ers verwahrt/ er wil das hundert/ das tauſend nicht gerne ungleich machen. Ad cuſtodiam Pecuniæ omnes naturâ reſtringimur. Allein Unſere Hochſeelige Jungfr. von Feſtenberg wendete ein ſehr ſchoͤnes Vermoͤgen zu Noͤthigem/ nicht Uberfluͤſſigen un- terhalte GOttes Ehre und des Naͤchſten Huͤlffe allein mildiglich an. Das Erſte wiſſen jhrer viele/ von demAn- dern mag das heilige Zeugen/ ich muß ſagen/ das jhr kein gepraͤgtes Silber oder Gold lieber geweſen/ als jhr armer Nothleidender Naͤchſter/ maſſen ich manchen Thaler/ man- chen Ducaten/ auch wohl mehr auf einmahl/ die wenige Zeit als dem Hoch-Adel. Hauſe Friedersdorff ich mit mei- nen wenigen Dienſten auffzuwarten das geluͤcke gehabt/ den Duͤrfftigen allein unter dem Nahmen eines Mitleidi- gen Chriſtens/ und ja nicht anders/ ins Buch einſchreiben muͤſſen. Und dieß iſt eine Tapfferkeit/ die nichtMenſchen ſon

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Zitationshilfe: Böttner, Gottfried: Eine in Gott ruhende/ und also gantz ruhige Elisabeth. Zittau, 1686, S. 98[106]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/358833/106>, abgerufen am 21.05.2024.