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Hayn, Johann: Liebliches Seelen-Gespräch. Lissa, 1649.

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Parentatio.
Durch einen Menschen ist die Sünde kommen in
die Welt/ und der Todt durch die Sünde/ und ist al-
so der Todt zu allen Menschen durch gedrungen/
dieweil Sie alle gesündiget haben.

Diese machts/ daß alles diß/ durch was der Mensch
lebet/ und ohn was Er nicht leben kan/ daß Er so zuge-
richtet wird/ daß Er außsiehet/ als wenn Er niemahlen
gelebet hätte. Die Sünde ist ein Ursach/ daß diß Theil
im Menschen/ welches seinem Leibe Speise/ seinen Adern
Blutt/ seinem Hertzen Lufft/ und allen seinen Gliedern
Krafft gegeben/ endlich Jhrer und sein eigner Hencker
wird. Die Sünde machts/ daß Er vor dem Jhm von
dem eyffrigen Gott/ qui solus naturae legibus, quas
ipse dedit, solutus est,
aufferlegtem Tode nicht sicher ist/
und wie Lipsius redet/ wir zum Todt alle reyst sind/ so
bald wir/ auch wol noch ehe wir gebohren werden. Und
wie die jrrdische Potentaten Jhr Lehen/ wehm Sie es
wollen ex favore und gratia verreichen und geben/ auch
solche/ wenn sich etwan jemand an Jhnen vergreiffet/
wider wegnehmen/ nicht anders auch der Himlische
Monarcha dem Menschen sein Leben/ doch nur als ein
Lehen giebet unnd verleyet/ umb der Sünde willen auch
dasselbe/ wann/ wie/ und wo Er wil/ widerumb abfordert.
Und dessen Beweiß dürffen wir nicht weit holen; Zum
Exempel dienet uns der betrübte und gantz trawrige unver-
hoffte Todesfall Frawen Dorotheae Lauterbachin/ deren
verblast-verblichener Cörper heut vor unsern Augen ste
et/ die den Actum Jhrer Lebens-Tragedien Seelig

beschlos-

Parentatio.
Durch einen Menſchen iſt die Suͤnde kommen in
die Welt/ und der Todt durch die Suͤnde/ und iſt al-
ſo der Todt zu allen Menſchen durch gedrungen/
dieweil Sie alle geſuͤndiget haben.

Dieſe machts/ daß alles diß/ durch was der Menſch
lebet/ und ohn was Er nicht leben kan/ daß Er ſo zuge-
richtet wird/ daß Er außſiehet/ als wenn Er niemahlen
gelebet haͤtte. Die Suͤnde iſt ein Urſach/ daß diß Theil
im Menſchen/ welches ſeinem Leibe Speiſe/ ſeinen Adern
Blutt/ ſeinem Hertzen Lufft/ und allen ſeinen Gliedern
Krafft gegeben/ endlich Jhrer und ſein eigner Hencker
wird. Die Suͤnde machts/ daß Er vor dem Jhm von
dem eyffrigen Gott/ qui ſolus naturæ legibus, quas
ipſe dedit, ſolutus eſt,
aufferlegtem Tode nicht ſicher iſt/
und wie Lipſius redet/ wir zum Todt alle reyſt ſind/ ſo
bald wir/ auch wol noch ehe wir gebohren werden. Und
wie die jrrdiſche Potentaten Jhr Lehen/ wehm Sie es
wollen ex favore und gratia verreichen und geben/ auch
ſolche/ wenn ſich etwan jemand an Jhnen vergreiffet/
wider wegnehmen/ nicht anders auch der Himliſche
Monarcha dem Menſchen ſein Leben/ doch nur als ein
Lehen giebet unnd verleyet/ umb der Suͤnde willen auch
daſſelbe/ wann/ wie/ und wo Er wil/ widerumb abfordert.
Und deſſen Beweiß duͤrffen wir nicht weit holen; Zum
Exempel dienet uns der betruͤbte uñ gantz trawrige unver-
hoffte Todesfall Frawen Dorotheæ Lauterbachin/ deren
verblaſt-verblichener Coͤrper heut vor unſern Augen ſte
et/ die den Actum Jhrer Lebens-Tragedien Seelig

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[0079] Parentatio. Durch einen Menſchen iſt die Suͤnde kommen in die Welt/ und der Todt durch die Suͤnde/ und iſt al- ſo der Todt zu allen Menſchen durch gedrungen/ dieweil Sie alle geſuͤndiget haben. Dieſe machts/ daß alles diß/ durch was der Menſch lebet/ und ohn was Er nicht leben kan/ daß Er ſo zuge- richtet wird/ daß Er außſiehet/ als wenn Er niemahlen gelebet haͤtte. Die Suͤnde iſt ein Urſach/ daß diß Theil im Menſchen/ welches ſeinem Leibe Speiſe/ ſeinen Adern Blutt/ ſeinem Hertzen Lufft/ und allen ſeinen Gliedern Krafft gegeben/ endlich Jhrer und ſein eigner Hencker wird. Die Suͤnde machts/ daß Er vor dem Jhm von dem eyffrigen Gott/ qui ſolus naturæ legibus, quas ipſe dedit, ſolutus eſt, aufferlegtem Tode nicht ſicher iſt/ und wie Lipſius redet/ wir zum Todt alle reyſt ſind/ ſo bald wir/ auch wol noch ehe wir gebohren werden. Und wie die jrrdiſche Potentaten Jhr Lehen/ wehm Sie es wollen ex favore und gratia verreichen und geben/ auch ſolche/ wenn ſich etwan jemand an Jhnen vergreiffet/ wider wegnehmen/ nicht anders auch der Himliſche Monarcha dem Menſchen ſein Leben/ doch nur als ein Lehen giebet unnd verleyet/ umb der Suͤnde willen auch daſſelbe/ wann/ wie/ und wo Er wil/ widerumb abfordert. Und deſſen Beweiß duͤrffen wir nicht weit holen; Zum Exempel dienet uns der betruͤbte uñ gantz trawrige unver- hoffte Todesfall Frawen Dorotheæ Lauterbachin/ deren verblaſt-verblichener Coͤrper heut vor unſern Augen ſte et/ die den Actum Jhrer Lebens-Tragedien Seelig beſchloſ-

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Zitationshilfe: Hayn, Johann: Liebliches Seelen-Gespräch. Lissa, 1649, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/360994/79>, abgerufen am 13.05.2024.