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Schöttgen, Christian: Leben und letzte Stunden HERRN Christoph Theodosii Walthers. Halle, 1742.

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als einmal erwiesen. Er hat eine Ausführung aus dem geistlichen
und ewigen Tode, dergleichen alle diejenigen geniessen, welche von
GOttes Wort erleuchtet, bekehret und gerechtfertiget werden.
Aber die wichtigste Herausführung ist, wenn er uns durch den
Tod zum Leben hindurch führet: nemlich durch den leiblichen Tod
ins ewige Leben. Der selige Mann sagte darzu weiter nichts, son-
dern bezeigte, daß es ihm gantz wohl gefiele. Jch habe aber nach der
Zeit gefunden, daß er über eben diese Worte noch gantz artige und
wohlausgesonnene Gedancken gehabt, welche dem Leser mitzuthei-
len nicht unterlasse. Denn als am andern Pfingst-Feyertage 1735.
der Mißionarius Herr Worm selig verstorben war, hielt ihm unser
Herr Walther gleich denselben Abend die Leichen-Predigt über die
Worte Psalm LXVIII, 19-21. da er sich also ausdrückt: (a) "Der
"HErr HErr hat seine Ausgänge bis an den Tod.
Sein Ge-
"biet oder die Meß-Schnur seines Reichs, und die Grentz-Linien(b)
"seiner Gewalt erstrecken sich selbst bis in des Todes Reich hinein.
"Er hat die Schlüssel der Höllen und des Todes. Also, wenn es nun
"zum Abdruck kömmt, dürfen Gläubige nicht sorgen, wie sie da durch-
"kommen wollen. Der Durchbrecher gehet vor ihnen her, der weiß
"die Thüre zum Durchgang wunderbarlich zu öffnen, daß, wenn sie
"gleich durch das finstere Todes-Thal wandern müssen, sie sich doch
"nicht fürchten dürfen; denn er macht, daß alle Versuchung so ei-
"nen Ausgang gewinnen, daß sie es ertragen können."

§. 9.

Es kamen ferner die Worte vor Röm. VIII, 18. Das Leiden
dieser Zeit ist nicht werth der Herrlichkeit, die an uns soll of-
fenbaret werden.
Der Sterbende hub die eine Hand in die Hö-
he, die andre aber drückte er nieder. Das würden ihm andre nicht
verstanden haben, was er gemeinet, aber mir war es wohl bekant.
Denn ich pflege zu sagen, das Wort axios, werth, kömmt her von
ago, welches unter andern bedeutet schwer seyn, eine Wucht haben,
und die Wage-Schale herunter ziehen. Daher heißt axios, was
schwer und wichtig ist, ferner was hoch zu achten, und in hoher Würde

stehet:
(a) Siehe die XLI. Contin. der Ost-Jndischen Berichte p. 599.
(b) tvtsvt, sein territorium, wie Jos. XV, [4.] 7. und c. XVI, 3. oder offe-
ner Zugang, wie Hesek. XLVIII, 30.

als einmal erwieſen. Er hat eine Ausfuͤhrung aus dem geiſtlichen
und ewigen Tode, dergleichen alle diejenigen genieſſen, welche von
GOttes Wort erleuchtet, bekehret und gerechtfertiget werden.
Aber die wichtigſte Herausfuͤhrung iſt, wenn er uns durch den
Tod zum Leben hindurch fuͤhret: nemlich durch den leiblichen Tod
ins ewige Leben. Der ſelige Mann ſagte darzu weiter nichts, ſon-
dern bezeigte, daß es ihm gantz wohl gefiele. Jch habe aber nach der
Zeit gefunden, daß er uͤber eben dieſe Worte noch gantz artige und
wohlausgeſonnene Gedancken gehabt, welche dem Leſer mitzuthei-
len nicht unterlaſſe. Denn als am andern Pfingſt-Feyertage 1735.
der Mißionarius Herr Worm ſelig verſtorben war, hielt ihm unſer
Herr Walther gleich denſelben Abend die Leichen-Predigt uͤber die
Worte Pſalm LXVIII, 19-21. da er ſich alſo ausdruͤckt: (a)Der
„HErr HErr hat ſeine Ausgaͤnge bis an den Tod.
Sein Ge-
„biet oder die Meß-Schnur ſeines Reichs, und die Grentz-Linien(b)
„ſeiner Gewalt erſtrecken ſich ſelbſt bis in des Todes Reich hinein.
„Er hat die Schluͤſſel der Hoͤllen und des Todes. Alſo, wenn es nun
„zum Abdruck koͤmmt, duͤrfen Glaͤubige nicht ſorgen, wie ſie da durch-
„kommen wollen. Der Durchbrecher gehet vor ihnen her, der weiß
„die Thuͤre zum Durchgang wunderbarlich zu oͤffnen, daß, wenn ſie
„gleich durch das finſtere Todes-Thal wandern muͤſſen, ſie ſich doch
„nicht fuͤrchten duͤrfen; denn er macht, daß alle Verſuchung ſo ei-
„nen Ausgang gewinnen, daß ſie es ertragen koͤnnen.„

§. 9.

Es kamen ferner die Worte vor Roͤm. VIII, 18. Das Leiden
dieſer Zeit iſt nicht werth der Herrlichkeit, die an uns ſoll of-
fenbaret werden.
Der Sterbende hub die eine Hand in die Hoͤ-
he, die andre aber druͤckte er nieder. Das wuͤrden ihm andre nicht
verſtanden haben, was er gemeinet, aber mir war es wohl bekant.
Denn ich pflege zu ſagen, das Wort ἄξιος, werth, koͤmmt her von
ἄγω, welches unter andern bedeutet ſchwer ſeyn, eine Wucht haben,
und die Wage-Schale herunter ziehen. Daher heißt ἄξιος, was
ſchwer und wichtig iſt, ferner was hoch zu achten, und in hoher Wuͤrde

ſtehet:
(a) Siehe die XLI. Contin. der Oſt-Jndiſchen Berichte p. 599.
(b) תואצות, ſein territorium, wie Joſ. XV, [4.] 7. und c. XVI, 3. oder offe-
ner Zugang, wie Heſek. XLVIII, 30.
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[8/0008] als einmal erwieſen. Er hat eine Ausfuͤhrung aus dem geiſtlichen und ewigen Tode, dergleichen alle diejenigen genieſſen, welche von GOttes Wort erleuchtet, bekehret und gerechtfertiget werden. Aber die wichtigſte Herausfuͤhrung iſt, wenn er uns durch den Tod zum Leben hindurch fuͤhret: nemlich durch den leiblichen Tod ins ewige Leben. Der ſelige Mann ſagte darzu weiter nichts, ſon- dern bezeigte, daß es ihm gantz wohl gefiele. Jch habe aber nach der Zeit gefunden, daß er uͤber eben dieſe Worte noch gantz artige und wohlausgeſonnene Gedancken gehabt, welche dem Leſer mitzuthei- len nicht unterlaſſe. Denn als am andern Pfingſt-Feyertage 1735. der Mißionarius Herr Worm ſelig verſtorben war, hielt ihm unſer Herr Walther gleich denſelben Abend die Leichen-Predigt uͤber die Worte Pſalm LXVIII, 19-21. da er ſich alſo ausdruͤckt: (a) „Der „HErr HErr hat ſeine Ausgaͤnge bis an den Tod. Sein Ge- „biet oder die Meß-Schnur ſeines Reichs, und die Grentz-Linien (b) „ſeiner Gewalt erſtrecken ſich ſelbſt bis in des Todes Reich hinein. „Er hat die Schluͤſſel der Hoͤllen und des Todes. Alſo, wenn es nun „zum Abdruck koͤmmt, duͤrfen Glaͤubige nicht ſorgen, wie ſie da durch- „kommen wollen. Der Durchbrecher gehet vor ihnen her, der weiß „die Thuͤre zum Durchgang wunderbarlich zu oͤffnen, daß, wenn ſie „gleich durch das finſtere Todes-Thal wandern muͤſſen, ſie ſich doch „nicht fuͤrchten duͤrfen; denn er macht, daß alle Verſuchung ſo ei- „nen Ausgang gewinnen, daß ſie es ertragen koͤnnen.„ §. 9. Es kamen ferner die Worte vor Roͤm. VIII, 18. Das Leiden dieſer Zeit iſt nicht werth der Herrlichkeit, die an uns ſoll of- fenbaret werden. Der Sterbende hub die eine Hand in die Hoͤ- he, die andre aber druͤckte er nieder. Das wuͤrden ihm andre nicht verſtanden haben, was er gemeinet, aber mir war es wohl bekant. Denn ich pflege zu ſagen, das Wort ἄξιος, werth, koͤmmt her von ἄγω, welches unter andern bedeutet ſchwer ſeyn, eine Wucht haben, und die Wage-Schale herunter ziehen. Daher heißt ἄξιος, was ſchwer und wichtig iſt, ferner was hoch zu achten, und in hoher Wuͤrde ſtehet: (a) Siehe die XLI. Contin. der Oſt-Jndiſchen Berichte p. 599. (b) תואצות, ſein territorium, wie Joſ. XV, 4. 7. und c. XVI, 3. oder offe- ner Zugang, wie Heſek. XLVIII, 30.

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Zitationshilfe: Schöttgen, Christian: Leben und letzte Stunden HERRN Christoph Theodosii Walthers. Halle, 1742, S. 8. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/386596/8>, abgerufen am 26.04.2024.