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Strobach, Johann Georg: Den Groß-Schatz-Meister Jesum. Pirna, 1701.

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Der Groß-Schatz-Meister JEsus/
chen mir die Welt gecreutziget ist/ und ich der Welt. Diese Ehr-
und Ruhm-würdige Wissenschafft erwecket unermeßliche Liebe
und Freude zu Christo/ in und bey den Gläubigen/ so ihn recht
kennen/ und wissen. Die Exempel der gottseligen Alten sind
wohl bekannt. Julianus, der grosse Liebhaber JEsu des ge-
ereutzigten/ ward einstens von s[ei]nem guten Freunde Ephrem
befragt/ woher denn in seinen Büchern meistens so viel Fle-
cke kommen wären? solches bekennt er ihme und sagt: so offt er
den Nahmen des gecreutzigten JEsu in einem Buche lese/ gien-
gen ihme die Augen vor Freuden über/ und wann solche Liebes-
Thränen [a]uff die Blätter fielen/ würden solche Merckmahle
draus. Bonaventura erzehlet von Francisco, daß/ so offt er
bey Verlesung der Psalmen habe den grossen Nahmen Jehova
angetroffen/ habe er pflegen seine Lippen zu lecken/ nicht an-
ders/ als habe er was süsses genossen/ wenn aber der Nahme
des gecreutzigten JEsu von ihme wäre gehöret/ gelesen/ oder
ausgesprochen worden/ so hätte man gar eigentlich in seinem
Gesichte merckliche Freuden-Zeichen wahrgenommen/ und
wäre also die Rede Bernhardi auch bey ihm eingetroffen: JE-
sus mel in ore, melos in aure, Jubilus in corde,
JEsus ist
mir ein füsser Honig im Munde/ eine annehmliche Music in
Ohren/ eine grosse Freude im Hertzen. Angustin bekennts
selber/ daß/ so offt er ein Buch in die Hände bekommen/ und
den Nahmen des gecreutzigten JEsu nicht darinnen gefunden/
habe es ihm gar nicht angestanden/ ob es gleich sonst noch so ein
gelehrt Buch gewesen/ das war meistens seine Rede/ me ta-
men totum non rupit,
das Buch will mich nicht gäntzlich an
sich ziehen/ es vergnügt mich nicht völlig. Verhoffentlich wer-
den wir die Schrancken der Warheit nicht überschreiten/ wenn
wir diesem grossen Liebhaber des gecreutzigten JEsu an die Sei-
te werden setzen/ unsere wohlseelige Frau Pfarrin/ Tit. Frau
Esther Wentzelin/
des Wohl-Ehrwürdigen Herrn Abraham
Wentzels/
treu-verdienten Pastoris allhier/ liebgewesenen Ehe-

Schatz.

Der Groß-Schatz-Meiſter JEſus/
chen mir die Welt gecreutziget iſt/ und ich der Welt. Dieſe Ehr-
und Ruhm-wuͤrdige Wiſſenſchafft erwecket unermeßliche Liebe
und Freude zu Chriſto/ in und bey den Glaͤubigen/ ſo ihn recht
kennen/ und wiſſen. Die Exempel der gottſeligen Alten ſind
wohl bekannt. Julianus, der groſſe Liebhaber JEſu des ge-
ereutzigten/ ward einſtens von ſ[ei]nem guten Freunde Ephrem
befragt/ woher denn in ſeinen Buͤchern meiſtens ſo viel Fle-
cke kommen waͤren? ſolches bekennt er ihme und ſagt: ſo offt er
den Nahmen des gecreutzigten JEſu in einem Buche leſe/ gien-
gen ihme die Augen vor Freuden uͤber/ und wann ſolche Liebes-
Thraͤnen [a]uff die Blaͤtter fielen/ wuͤrden ſolche Merckmahle
draus. Bonaventura erzehlet von Franciſco, daß/ ſo offt er
bey Verleſung der Pſalmen habe den groſſen Nahmen Jehova
angetroffen/ habe er pflegen ſeine Lippen zu lecken/ nicht an-
ders/ als habe er was ſuͤſſes genoſſen/ wenn aber der Nahme
des gecreutzigten JEſu von ihme waͤre gehoͤret/ geleſen/ oder
ausgeſprochen worden/ ſo haͤtte man gar eigentlich in ſeinem
Geſichte merckliche Freuden-Zeichen wahrgenommen/ und
waͤre alſo die Rede Bernhardi auch bey ihm eingetroffen: JE-
ſus mel in ore, melos in aure, Jubilus in corde,
JEſus iſt
mir ein fuͤſſer Honig im Munde/ eine annehmliche Muſic in
Ohren/ eine groſſe Freude im Hertzen. Anguſtin bekennts
ſelber/ daß/ ſo offt er ein Buch in die Haͤnde bekommen/ und
den Nahmen des gecreutzigten JEſu nicht darinnen gefunden/
habe es ihm gar nicht angeſtanden/ ob es gleich ſonſt noch ſo ein
gelehrt Buch geweſen/ das war meiſtens ſeine Rede/ me ta-
men totum non rupit,
das Buch will mich nicht gaͤntzlich an
ſich ziehen/ es vergnuͤgt mich nicht voͤllig. Verhoffentlich wer-
den wir die Schrancken der Warheit nicht uͤberſchreiten/ wenn
wir dieſem groſſen Liebhaber des gecreutzigten JEſu an die Sei-
te werden ſetzen/ unſere wohlſeelige Frau Pfarrin/ Tit. Frau
Eſther Wentzelin/
des Wohl-Ehrwuͤrdigen Herrn Abraham
Wentzels/
treu-verdienten Paſtoris allhier/ liebgeweſenen Ehe-

Schatz.
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[12/0012] Der Groß-Schatz-Meiſter JEſus/ chen mir die Welt gecreutziget iſt/ und ich der Welt. Dieſe Ehr- und Ruhm-wuͤrdige Wiſſenſchafft erwecket unermeßliche Liebe und Freude zu Chriſto/ in und bey den Glaͤubigen/ ſo ihn recht kennen/ und wiſſen. Die Exempel der gottſeligen Alten ſind wohl bekannt. Julianus, der groſſe Liebhaber JEſu des ge- ereutzigten/ ward einſtens von ſeinem guten Freunde Ephrem befragt/ woher denn in ſeinen Buͤchern meiſtens ſo viel Fle- cke kommen waͤren? ſolches bekennt er ihme und ſagt: ſo offt er den Nahmen des gecreutzigten JEſu in einem Buche leſe/ gien- gen ihme die Augen vor Freuden uͤber/ und wann ſolche Liebes- Thraͤnen auff die Blaͤtter fielen/ wuͤrden ſolche Merckmahle draus. Bonaventura erzehlet von Franciſco, daß/ ſo offt er bey Verleſung der Pſalmen habe den groſſen Nahmen Jehova angetroffen/ habe er pflegen ſeine Lippen zu lecken/ nicht an- ders/ als habe er was ſuͤſſes genoſſen/ wenn aber der Nahme des gecreutzigten JEſu von ihme waͤre gehoͤret/ geleſen/ oder ausgeſprochen worden/ ſo haͤtte man gar eigentlich in ſeinem Geſichte merckliche Freuden-Zeichen wahrgenommen/ und waͤre alſo die Rede Bernhardi auch bey ihm eingetroffen: JE- ſus mel in ore, melos in aure, Jubilus in corde, JEſus iſt mir ein fuͤſſer Honig im Munde/ eine annehmliche Muſic in Ohren/ eine groſſe Freude im Hertzen. Anguſtin bekennts ſelber/ daß/ ſo offt er ein Buch in die Haͤnde bekommen/ und den Nahmen des gecreutzigten JEſu nicht darinnen gefunden/ habe es ihm gar nicht angeſtanden/ ob es gleich ſonſt noch ſo ein gelehrt Buch geweſen/ das war meiſtens ſeine Rede/ me ta- men totum non rupit, das Buch will mich nicht gaͤntzlich an ſich ziehen/ es vergnuͤgt mich nicht voͤllig. Verhoffentlich wer- den wir die Schrancken der Warheit nicht uͤberſchreiten/ wenn wir dieſem groſſen Liebhaber des gecreutzigten JEſu an die Sei- te werden ſetzen/ unſere wohlſeelige Frau Pfarrin/ Tit. Frau Eſther Wentzelin/ des Wohl-Ehrwuͤrdigen Herrn Abraham Wentzels/ treu-verdienten Paſtoris allhier/ liebgeweſenen Ehe- Schatz.

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Zitationshilfe: Strobach, Johann Georg: Den Groß-Schatz-Meister Jesum. Pirna, 1701, S. 12. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/392438/12>, abgerufen am 30.04.2024.