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Bahn, Nikolaus: Das unschuldig vergoßne Blut. [Pirna], [1701].

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Das unschuldig vergossene Blut.
Und ihr nicht mehr gedencke/
Ins Meer sie tieff versencke.
Abhandlung.
I. Die grau-
same Mord-
Geschicht.

SO wollen wir/ andächtige Zuhörer/ bey dem Anschauen des all-
hier liegenden ermordeten Kindes/ aus dem verlesenen Texte
mit einander andächtig betrachten das unschuldig-vergoßne Blut/
und zwar erstlich sehen die grausame Mord-Geschicht aus den Wor-
ten unsers Texts: Und es begab sich/ da sie auf dem Felde waren/
erhub sich Cain wider seinen Bruder Habel/ und schlug ihn

+/-) Der
Mörder.
todt. Bey diesen Texts-Worten kömmt uns alsobald zu bedencken vor
der Mörder/ welcher unschuldig Blut vergossen. Und der ist Cain/
der erstgebohrne Sohn Adams und der Even/ über dessen Geburth die
Mutter sich nicht wenig freuete/ nicht anders meynende/ sie hätte den
verheissenen Weibes-Saamen zur Welt gebohren/ der der höllischen
Schlangen den Kopff zertreten solte/ daher sagte sie Freuden-voll:
[cwicwetwaacwicwiitaakooshootwakahtwa shocwiitwookahtwoo cwiishootwoocwiiswaatwooshitwaa]. Ich habe denMann den HErrn/ Gen. 4, 1.

(vide de his verbis Luth. Tom. 8. Jen. Germ. p. 157. &c. Hunn. Calvin. Ju-
daiz. c. 1. p. 13. Glass. Onomathol. Mess. Prophet. p. 116. &c. Val. Her-
berg. Magnal. Part. II. Medit. 1. & 2. Danhaueri
Evangelisches
Denckmahl/ p. 49.)

Wiewohl der guten Mutter nachmahls durch diese grausameMord-
that die vorige Freude ziemlich versaltzen wurde/ miser Mulier falli-
tur,
die arme Frau wird betrogen/ wie Herr Lutherus redet in Genes.
fol.
59, 6. Es gienge der Even/ wie vielen andern Eltern/ welche dann
und wann ihre Hoffnung auff dieses oder jenes Kind setzen/ so aber
nachmahls aus der Art schlägt/ und am aller übelsten geräth. Denn
da Cain seinen frommen Bruder/ den Abel/ solte lieben/ siehe/ so hassete
er ihn; da er dessen Leben als sein eigenes Leben hätte sollen befördern/
siehe/ so beraubete er ihn desselbigen/ und verursachte bey seinen Eltern
groß Hertzeleid. Cains Hertze war vom Satan mit Haß/ Neid und
Mord angefüllet/ denn es begab sich/ da sie auf dem Felde waren/
erhub sich Cain wider seinenBruder Habel/ und schlug ihn todt.

Was
Das unſchuldig vergoſſene Blut.
Und ihr nicht mehr gedencke/
Ins Meer ſie tieff verſencke.
Abhandlung.
I. Die grau-
ſame Mord-
Geſchicht.

SO wollen wir/ andaͤchtige Zuhoͤrer/ bey dem Anſchauen des all-
hier liegenden ermordeten Kindes/ aus dem verleſenen Texte
mit einander andaͤchtig betrachten das unſchuldig-vergoßne Blut/
und zwar erſtlich ſehen die grauſame Mord-Geſchicht aus den Wor-
ten unſers Texts: Und es begab ſich/ da ſie auf dem Felde waren/
erhub ſich Cain wider ſeinen Bruder Habel/ und ſchlug ihn

±) Der
Moͤrder.
todt. Bey dieſen Texts-Worten koͤm̃t uns alſobald zu bedencken vor
der Moͤrder/ welcher unſchuldig Blut vergoſſen. Und der iſt Cain/
der erſtgebohrne Sohn Adams und der Even/ uͤber deſſen Geburth die
Mutter ſich nicht wenig freuete/ nicht anders meynende/ ſie haͤtte den
verheiſſenen Weibes-Saamen zur Welt gebohren/ der der hoͤlliſchen
Schlangen den Kopff zertreten ſolte/ daher ſagte ſie Freuden-voll:
[ᒕᒓᑤᒕᒗᑖᑰᔔᑡᒈᑢ ᔓᒗᑠᒈᑠ ᒗᔔᑠᒗᔄᑠᔑᑤ]. Ich habe denMann den HErrn/ Gen. 4, 1.

(vide de his verbis Luth. Tom. 8. Jen. Germ. p. 157. &c. Hunn. Calvin. Ju-
daiz. c. 1. p. 13. Glaſſ. Onomathol. Meſſ. Prophet. p. 116. &c. Val. Her-
berg. Magnal. Part. II. Medit. 1. & 2. Danhaueri
Evangeliſches
Denckmahl/ p. 49.)

Wiewohl der guten Mutter nachmahls durch dieſe grauſameMord-
that die vorige Freude ziemlich verſaltzen wurde/ miſer Mulier falli-
tur,
die arme Frau wird betrogen/ wie Herr Lutherus redet in Geneſ.
fol.
59, 6. Es gienge der Even/ wie vielen andern Eltern/ welche dann
und wann ihre Hoffnung auff dieſes oder jenes Kind ſetzen/ ſo aber
nachmahls aus der Art ſchlaͤgt/ und am aller uͤbelſten geraͤth. Denn
da Cain ſeinen frommen Bruder/ den Abel/ ſolte lieben/ ſiehe/ ſo haſſete
er ihn; da er deſſen Leben als ſein eigenes Leben haͤtte ſollen befoͤrdern/
ſiehe/ ſo beraubete er ihn deſſelbigen/ und verurſachte bey ſeinen Eltern
groß Hertzeleid. Cains Hertze war vom Satan mit Haß/ Neid und
Mord angefuͤllet/ denn es begab ſich/ da ſie auf dem Felde waren/
erhub ſich Cain wider ſeinenBruder Habel/ und ſchlug ihn todt.

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[16[14]/0014] Das unſchuldig vergoſſene Blut. Und ihr nicht mehr gedencke/ Ins Meer ſie tieff verſencke. Abhandlung. SO wollen wir/ andaͤchtige Zuhoͤrer/ bey dem Anſchauen des all- hier liegenden ermordeten Kindes/ aus dem verleſenen Texte mit einander andaͤchtig betrachten das unſchuldig-vergoßne Blut/ und zwar erſtlich ſehen die grauſame Mord-Geſchicht aus den Wor- ten unſers Texts: Und es begab ſich/ da ſie auf dem Felde waren/ erhub ſich Cain wider ſeinen Bruder Habel/ und ſchlug ihn todt. Bey dieſen Texts-Worten koͤm̃t uns alſobald zu bedencken vor der Moͤrder/ welcher unſchuldig Blut vergoſſen. Und der iſt Cain/ der erſtgebohrne Sohn Adams und der Even/ uͤber deſſen Geburth die Mutter ſich nicht wenig freuete/ nicht anders meynende/ ſie haͤtte den verheiſſenen Weibes-Saamen zur Welt gebohren/ der der hoͤlliſchen Schlangen den Kopff zertreten ſolte/ daher ſagte ſie Freuden-voll: ᒕᒓᑤᒕᒗᑖᑰᔔᑡᒈᑢ ᔓᒗᑠᒈᑠ ᒗᔔᑠᒗᔄᑠᔑᑤ. Ich habe denMann den HErrn/ Gen. 4, 1. ±) Der Moͤrder. (vide de his verbis Luth. Tom. 8. Jen. Germ. p. 157. &c. Hunn. Calvin. Ju- daiz. c. 1. p. 13. Glaſſ. Onomathol. Meſſ. Prophet. p. 116. &c. Val. Her- berg. Magnal. Part. II. Medit. 1. & 2. Danhaueri Evangeliſches Denckmahl/ p. 49.) Wiewohl der guten Mutter nachmahls durch dieſe grauſameMord- that die vorige Freude ziemlich verſaltzen wurde/ miſer Mulier falli- tur, die arme Frau wird betrogen/ wie Herr Lutherus redet in Geneſ. fol. 59, 6. Es gienge der Even/ wie vielen andern Eltern/ welche dann und wann ihre Hoffnung auff dieſes oder jenes Kind ſetzen/ ſo aber nachmahls aus der Art ſchlaͤgt/ und am aller uͤbelſten geraͤth. Denn da Cain ſeinen frommen Bruder/ den Abel/ ſolte lieben/ ſiehe/ ſo haſſete er ihn; da er deſſen Leben als ſein eigenes Leben haͤtte ſollen befoͤrdern/ ſiehe/ ſo beraubete er ihn deſſelbigen/ und verurſachte bey ſeinen Eltern groß Hertzeleid. Cains Hertze war vom Satan mit Haß/ Neid und Mord angefuͤllet/ denn es begab ſich/ da ſie auf dem Felde waren/ erhub ſich Cain wider ſeinenBruder Habel/ und ſchlug ihn todt. Was

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Zitationshilfe: Bahn, Nikolaus: Das unschuldig vergoßne Blut. [Pirna], [1701], S. 16[14]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/421583/14>, abgerufen am 28.03.2024.