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Silber, Wolfgang: Exequiae Rothianae. Leipzig, 1619.

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Christliche Leichpredigt.

Die Thüren sind jhnen geschlossen. Denn alte
Leute spatzieren nicht gerne auß/ lassen sich nicht gern viel
auff der Gassen sehen/ hindern Ofen ist jhnen am besten/
vnd in der warmen Stuben.

3.
[S]omno.
3. Durch den Schlaff/ das ist ein liebliche er-
quickung des gantzen Leibes/ auch aller sinnen vnd Glied-
massen: Aber bey alten Leuten ist er schwächlich. Er er-
wacht wenn der Vogel singet:
sagt vnser Text. Denn
da einer in der Jugend wol manchen harten Donner-
schlag verschlaffen/ daß ers nicht gewar worden/ man het-
te jn sampt dem Bette mögen wegtragen/ er were es nicht
jnnen worden/ so schläffet er im Alter so leise/ daß er nit
allein alle Hanenschrey höret/ wenn der Vogel singet/
sondern auch wenn sich ein Mäußlein reget/ so erwachet
er/ vnd wenn die Schwalben früe zwitzzeren/ so ist er
schon munter: offt wil kein Schlaff in seine Augen die
gantze außgehende Nacht durch/ daß er mit David an-
Psal. 102. 8.fehet zu klagen ex Psal. 102. Jch wache/ vnd bin wie
ein einsamer Vogel auff dem Dache/ meine Au-
gen heltestu/ daß sie nicht schlaffen/ mein Geist

Psal. 77. 5.muß forschen/ Psal. 77.

4.
Auditu.
4. Durch das Gehöre/ davon er ferner saget: vnd
sich bücken alle Töchter des Gesanges:
Wenn
der Mensch eine fröliche Musicam, oder lieblichen klang
vnd Gesang höret/ da wird sein Gemüth erquicket/ vnd
1. Sam. 16. v. 23.
[2]. Reg. 3. v.
15.
das Hertz erfrischet/ daß gleich der Geist in jhme/ als wie
auffs newe lebendig wird/ wie dort am Propheten Eli-
sa zu sehen/ da er einen lieblichen Psalmmistam/ vnnd
Harffenschläger höret/ fehet er an zu weissagen. 2. Reg.
3. Sonderlich junge Leute/ die haben jhre Lust an der

Musica,
Chriſtliche Leichpredigt.

Die Thuͤren ſind jhnen geſchloſſen. Denn alte
Leute ſpatzieren nicht gerne auß/ laſſen ſich nicht gern viel
auff der Gaſſen ſehen/ hindern Ofen iſt jhnen am beſten/
vnd in der warmen Stuben.

3.
[S]omno.
3. Durch den Schlaff/ das iſt ein liebliche er-
quickung des gantzen Leibes/ auch aller ſinnen vnd Glied-
maſſen: Aber bey alten Leuten iſt er ſchwaͤchlich. Er er-
wacht wenn der Vogel ſinget:
ſagt vnſer Text. Denn
da einer in der Jugend wol manchen harten Donner-
ſchlag verſchlaffen/ daß ers nicht gewar worden/ man het-
te jn ſampt dem Bette moͤgen wegtragen/ er were es nicht
jnnen worden/ ſo ſchlaͤffet er im Alter ſo leiſe/ daß er nit
allein alle Hanenſchrey hoͤret/ wenn der Vogel ſinget/
ſondern auch wenn ſich ein Maͤußlein reget/ ſo erwachet
er/ vnd wenn die Schwalben fruͤe zwitzzeren/ ſo iſt er
ſchon munter: offt wil kein Schlaff in ſeine Augen die
gantze außgehende Nacht durch/ daß er mit David an-
Pſal. 102. 8.fehet zu klagen ex Pſal. 102. Jch wache/ vnd bin wie
ein einſamer Vogel auff dem Dache/ meine Au-
gen helteſtu/ daß ſie nicht ſchlaffen/ mein Geiſt

Pſal. 77. 5.muß forſchen/ Pſal. 77.

4.
Auditu.
4. Durch das Gehoͤre/ davon er ferner ſaget: vnd
ſich buͤcken alle Toͤchter des Geſanges:
Wenn
der Menſch eine froͤliche Muſicam, oder lieblichen klang
vnd Geſang hoͤret/ da wird ſein Gemuͤth erquicket/ vnd
1. Sam. 16. v. 23.
[2]. Reg. 3. v.
15.
das Hertz erfriſchet/ daß gleich der Geiſt in jhme/ als wie
auffs newe lebendig wird/ wie dort am Propheten Eli-
ſa zu ſehen/ da er einen lieblichen Pſalmmiſtam/ vnnd
Harffenſchlaͤger hoͤret/ fehet er an zu weiſſagen. 2. Reg.
3. Sonderlich junge Leute/ die haben jhre Luſt an der

Muſica,
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[[32]/0032] Chriſtliche Leichpredigt. Die Thuͤren ſind jhnen geſchloſſen. Denn alte Leute ſpatzieren nicht gerne auß/ laſſen ſich nicht gern viel auff der Gaſſen ſehen/ hindern Ofen iſt jhnen am beſten/ vnd in der warmen Stuben. 3. Durch den Schlaff/ das iſt ein liebliche er- quickung des gantzen Leibes/ auch aller ſinnen vnd Glied- maſſen: Aber bey alten Leuten iſt er ſchwaͤchlich. Er er- wacht wenn der Vogel ſinget: ſagt vnſer Text. Denn da einer in der Jugend wol manchen harten Donner- ſchlag verſchlaffen/ daß ers nicht gewar worden/ man het- te jn ſampt dem Bette moͤgen wegtragen/ er were es nicht jnnen worden/ ſo ſchlaͤffet er im Alter ſo leiſe/ daß er nit allein alle Hanenſchrey hoͤret/ wenn der Vogel ſinget/ ſondern auch wenn ſich ein Maͤußlein reget/ ſo erwachet er/ vnd wenn die Schwalben fruͤe zwitzzeren/ ſo iſt er ſchon munter: offt wil kein Schlaff in ſeine Augen die gantze außgehende Nacht durch/ daß er mit David an- fehet zu klagen ex Pſal. 102. Jch wache/ vnd bin wie ein einſamer Vogel auff dem Dache/ meine Au- gen helteſtu/ daß ſie nicht ſchlaffen/ mein Geiſt muß forſchen/ Pſal. 77. 3. Somno. Pſal. 102. 8. Pſal. 77. 5. 4. Durch das Gehoͤre/ davon er ferner ſaget: vnd ſich buͤcken alle Toͤchter des Geſanges: Wenn der Menſch eine froͤliche Muſicam, oder lieblichen klang vnd Geſang hoͤret/ da wird ſein Gemuͤth erquicket/ vnd das Hertz erfriſchet/ daß gleich der Geiſt in jhme/ als wie auffs newe lebendig wird/ wie dort am Propheten Eli- ſa zu ſehen/ da er einen lieblichen Pſalmmiſtam/ vnnd Harffenſchlaͤger hoͤret/ fehet er an zu weiſſagen. 2. Reg. 3. Sonderlich junge Leute/ die haben jhre Luſt an der Muſica, 4. Auditu. 1. Sam. 16. v. 23. 2. Reg. 3. v. 15.

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Zitationshilfe: Silber, Wolfgang: Exequiae Rothianae. Leipzig, 1619, S. [32]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/508444/32>, abgerufen am 28.04.2024.