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Kühn, Johann Heinrich: J. N. J. Reichthum Göttlicher Güte. Dresden, 1675.

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Reichthum Göttlicher Güte.
nennet er dasselbe das Land seines Elends vyg`, darinnenGen. 41, 52.
er Armuth/ Qual und Pein gnug ausstehen muste. Kein
Mensch/ er sey so glückselig/ als er kan/ mag allerdings von
solchem Jammer befreyet seyn. Solche unselige Mühe/
zyn[fremdsprachliches Material - 1 Zeichen fehlt] hat GOtt den Menschen Kindern gegeben/ daß sie sich
drinnen müssen quälen. Wie die siebentzig GriechischenCobel. 1,
v.
13.

Dolmetscher es gegeben haben tapeinosin, so hats auch der
gemeine Lateiner vertiret; humilitatem, Niedrigkeit. Und
wil Euthymius solches erklären/ de cordis contritione acapud Lo-
rinum h. l.

humilitate, von des Hertzens Reue und Demuth/ über dis
auch de spontanea corporis afflictatione, propter quas pe-
tit sibi peccata ignosci;
von einer freywilligen Plage und
Marter des Leibes/ ümb derer willen David bitte/ daß ihm
die Sünden mögten verziehen werden. Wie aber der
Geistreiche Mann Gottes David von der Päbstischen fla-
gellation,
Geisselung/ und von andern dergleichen selbster-
wehlten Leibes-Peinigungen/ auch sonst von keiner eigenen
satisfaction und Bezahlung seiner Missethaten und Sün-
den-Schulden wuste/ also wird ihm dieser irrige Sinn
gantz vergebens angedichtet: Und ist auch daher der Papi-
sten Mühe umsonst/ wann sie aus diesem Glaubens-Seuf-
zer des H. Propheten ihren Lehr-Satz erweisen wollen;
Daß uns GOtt unsere Sünde in Ansehung unserer buß-
fertigen Demuth erlasse: Denn diese lästerliche Meinung
streitet mit dem gantzen 25. Psalm/ nnd dessen Zweck/ als in
welchem David dem grossen GOtt nicht seine selbsteigne
Verdienste/ sondern desselben einige Gnade in dem Herrn
Meßia fürhält/ und betet unter andern: Gedencke nicht
der Sünde meiner Jugend/ und meiner Ubertretung/ ge-
dencke aber mein nach deiner Barmhertzigkeit/ umb deiner
Güte willen. Jtem: Umb deines Namens willen/ (das ist/vers. 7.

wie
F 2

Reichthum Goͤttlicher Guͤte.
nennet er daſſelbe das Land ſeines Elends ויגע, darinnenGen. 41, 52.
er Armuth/ Qual und Pein gnug ausſtehen muſte. Kein
Menſch/ er ſey ſo gluͤckſelig/ als er kan/ mag allerdings von
ſolchem Jammer befreyet ſeyn. Solche unſelige Muͤhe/
זינ[fremdsprachliches Material – 1 Zeichen fehlt] hat GOtt den Menſchen Kindern gegeben/ daß ſie ſich
drinnen muͤſſen quaͤlen. Wie die ſiebentzig GriechiſchenCobel. 1,
v.
13.

Dolmetſcher es gegeben haben ταπείνωσιν, ſo hats auch der
gemeine Lateiner vertiret; humilitatem, Niedrigkeit. Und
wil Euthymius ſolches erklaͤren/ de cordis contritione acapud Lo-
rinum h. l.

humilitate, von des Hertzens Reue und Demuth/ uͤber dis
auch de ſpontaneâ corporis afflictatione, propter quas pe-
tit ſibi peccata ignoſci;
von einer freywilligen Plage und
Marter des Leibes/ uͤmb derer willen David bitte/ daß ihm
die Suͤnden moͤgten verziehen werden. Wie aber der
Geiſtreiche Mann Gottes David von der Paͤbſtiſchen fla-
gellation,
Geiſſelung/ und von andern dergleichen ſelbſter-
wehlten Leibes-Peinigungen/ auch ſonſt von keiner eigenen
ſatisfaction und Bezahlung ſeiner Miſſethaten und Suͤn-
den-Schulden wuſte/ alſo wird ihm dieſer irrige Sinn
gantz vergebens angedichtet: Und iſt auch daher der Papi-
ſten Muͤhe umſonſt/ wann ſie aus dieſem Glaubens-Seuf-
zer des H. Propheten ihren Lehr-Satz erweiſen wollen;
Daß uns GOtt unſere Suͤnde in Anſehung unſerer buß-
fertigen Demuth erlaſſe: Denn dieſe laͤſterliche Meinung
ſtreitet mit dem gantzen 25. Pſalm/ nnd deſſen Zweck/ als in
welchem David dem groſſen GOtt nicht ſeine ſelbſteigne
Verdienſte/ ſondern deſſelben einige Gnade in dem Herrn
Meßia fuͤrhaͤlt/ und betet unter andern: Gedencke nicht
der Suͤnde meiner Jugend/ und meiner Ubertretung/ ge-
dencke aber mein nach deiner Barmhertzigkeit/ umb deiner
Guͤte willen. Jtem: Umb deines Namens willen/ (das iſt/verſ. 7.

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[43/0043] Reichthum Goͤttlicher Guͤte. nennet er daſſelbe das Land ſeines Elends ויגע, darinnen er Armuth/ Qual und Pein gnug ausſtehen muſte. Kein Menſch/ er ſey ſo gluͤckſelig/ als er kan/ mag allerdings von ſolchem Jammer befreyet ſeyn. Solche unſelige Muͤhe/ זינ_ hat GOtt den Menſchen Kindern gegeben/ daß ſie ſich drinnen muͤſſen quaͤlen. Wie die ſiebentzig Griechiſchen Dolmetſcher es gegeben haben ταπείνωσιν, ſo hats auch der gemeine Lateiner vertiret; humilitatem, Niedrigkeit. Und wil Euthymius ſolches erklaͤren/ de cordis contritione ac humilitate, von des Hertzens Reue und Demuth/ uͤber dis auch de ſpontaneâ corporis afflictatione, propter quas pe- tit ſibi peccata ignoſci; von einer freywilligen Plage und Marter des Leibes/ uͤmb derer willen David bitte/ daß ihm die Suͤnden moͤgten verziehen werden. Wie aber der Geiſtreiche Mann Gottes David von der Paͤbſtiſchen fla- gellation, Geiſſelung/ und von andern dergleichen ſelbſter- wehlten Leibes-Peinigungen/ auch ſonſt von keiner eigenen ſatisfaction und Bezahlung ſeiner Miſſethaten und Suͤn- den-Schulden wuſte/ alſo wird ihm dieſer irrige Sinn gantz vergebens angedichtet: Und iſt auch daher der Papi- ſten Muͤhe umſonſt/ wann ſie aus dieſem Glaubens-Seuf- zer des H. Propheten ihren Lehr-Satz erweiſen wollen; Daß uns GOtt unſere Suͤnde in Anſehung unſerer buß- fertigen Demuth erlaſſe: Denn dieſe laͤſterliche Meinung ſtreitet mit dem gantzen 25. Pſalm/ nnd deſſen Zweck/ als in welchem David dem groſſen GOtt nicht ſeine ſelbſteigne Verdienſte/ ſondern deſſelben einige Gnade in dem Herrn Meßia fuͤrhaͤlt/ und betet unter andern: Gedencke nicht der Suͤnde meiner Jugend/ und meiner Ubertretung/ ge- dencke aber mein nach deiner Barmhertzigkeit/ umb deiner Guͤte willen. Jtem: Umb deines Namens willen/ (das iſt/ wie Gen. 41, 52. Cobel. 1, v. 13. apud Lo- rinum h. l. verſ. 7. F 2

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Zitationshilfe: Kühn, Johann Heinrich: J. N. J. Reichthum Göttlicher Güte. Dresden, 1675, S. 43. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/508612/43>, abgerufen am 28.04.2024.