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Löwe, Valentin: Eine kurtze Evangelische Trost-Predigt. Leipzig, 1610.

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Leichpredigt.
sicht/ vnd weinet vber jhn/ vnd küsset jhn. Ach/ wie hertz-
lich beklaget David das fromme Gott- vnd seligkeit lieben-
de Regentenblut/ seinen vertrawten Bruder vnd hertzens-
freund Jonathan/ den Sohn Sauls/ Er gebrauchet gar
sehnliche wort vnd saget: Es ist mir leid vmb dich/ mein2. Sam. 1.
Bruder Jonathan: Jch habe grosse frewd vnd wonne an
dir gehabt/ deine liebe ist mir sonderlicher gewesen als Fraw-
en liebe. Vnd dieses ist auch geschehen vber dem tödlichen
verbleichen des frommen Gottfürchtigen Königes Josiae:
Denn gantz Juda vnd Jerusalem haben leid vmb jhn getra-
gen: Vnd Jeremias/ so wol alle Sänger vnd Sängerin2. Chron 35.
haben klaglieder vber jhn gehalten/ wie die Schrifft meldet.
Ja was wollen wir viel von solchen exempeln sagen? HatPsal. 45.
Dan.
9.

doch Christus der schönste vnter den Menschen Kindern/
ja der allerheiligste/ seinen guten freund Lazarum selbstenIohan. 11.
betrawert/ wie im Evangelisten Johanne zu lesen ist. De-
rowegen es denn heutiges tages den Christen vnverbot-
ten ist.

Daß man aber gleichwol im Trawren eine maß hal-
ten sol/ das erfodert der heilige Geist ebener massen/ nicht
allein in vnserm Apostolischen text/ sondern auch an andern
orten der Schrifft/ bevorab in dem vnlangst eingeführten
spruch Sirachs. Vnd zwar es were ein gantz vnbillich/ vnd
darneben vnnötiger handel/ wenn wir diß nicht in acht ne-
men wolten.

Vnbillich ist es/ weil man sich in diesem fall wider
den ewigen Gott zu felde leget/ vnnd wider seinen ge-
rechten vnwandelbaren willen murret/ gerade zu/ als hette er
nicht macht mit vns Menschenkindern vmbzugehen/ wie es
jhme liebet: Denn wir sind ja sein Geschöpff/ vnd tewer

erkauff-

Leichpredigt.
ſicht/ vnd weinet vber jhn/ vnd kuͤſſet jhn. Ach/ wie hertz-
lich beklaget David das fromme Gott- vnd ſeligkeit lieben-
de Regentenblut/ ſeinen vertrawten Bruder vnd hertzens-
freund Jonathan/ den Sohn Sauls/ Er gebrauchet gar
ſehnliche wort vnd ſaget: Es iſt mir leid vmb dich/ mein2. Sam. 1.
Bruder Jonathan: Jch habe groſſe frewd vnd wonne an
dir gehabt/ deine liebe iſt mir ſonderlicher geweſen als Fraw-
en liebe. Vnd dieſes iſt auch geſchehen vber dem toͤdlichen
verbleichen des frommen Gottfuͤrchtigen Koͤniges Joſiæ:
Denn gantz Juda vnd Jeruſalem haben leid vmb jhn getra-
gen: Vnd Jeremias/ ſo wol alle Saͤnger vnd Saͤngerin2. Chron 35.
haben klaglieder vber jhn gehalten/ wie die Schrifft meldet.
Ja was wollen wir viel von ſolchen exempeln ſagen? HatPſal. 45.
Dan.
9.

doch Chriſtus der ſchoͤnſte vnter den Menſchen Kindern/
ja der allerheiligſte/ ſeinen guten freund Lazarum ſelbſtenIohan. 11.
betrawert/ wie im Evangeliſten Johanne zu leſen iſt. De-
rowegen es denn heutiges tages den Chriſten vnverbot-
ten iſt.

Daß man aber gleichwol im Trawren eine maß hal-
ten ſol/ das erfodert der heilige Geiſt ebener maſſen/ nicht
allein in vnſerm Apoſtoliſchen text/ ſondern auch an andern
orten der Schrifft/ bevorab in dem vnlangſt eingefuͤhrten
ſpruch Sirachs. Vnd zwar es were ein gantz vnbillich/ vnd
darneben vnnoͤtiger handel/ wenn wir diß nicht in acht ne-
men wolten.

Vnbillich iſt es/ weil man ſich in dieſem fall wider
den ewigen Gott zu felde leget/ vnnd wider ſeinen ge-
rechten vnwandelbaren willen murret/ gerade zu/ als hette er
nicht macht mit vns Menſchenkindern vmbzugehen/ wie es
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[0015] Leichpredigt. ſicht/ vnd weinet vber jhn/ vnd kuͤſſet jhn. Ach/ wie hertz- lich beklaget David das fromme Gott- vnd ſeligkeit lieben- de Regentenblut/ ſeinen vertrawten Bruder vnd hertzens- freund Jonathan/ den Sohn Sauls/ Er gebrauchet gar ſehnliche wort vnd ſaget: Es iſt mir leid vmb dich/ mein Bruder Jonathan: Jch habe groſſe frewd vnd wonne an dir gehabt/ deine liebe iſt mir ſonderlicher geweſen als Fraw- en liebe. Vnd dieſes iſt auch geſchehen vber dem toͤdlichen verbleichen des frommen Gottfuͤrchtigen Koͤniges Joſiæ: Denn gantz Juda vnd Jeruſalem haben leid vmb jhn getra- gen: Vnd Jeremias/ ſo wol alle Saͤnger vnd Saͤngerin haben klaglieder vber jhn gehalten/ wie die Schrifft meldet. Ja was wollen wir viel von ſolchen exempeln ſagen? Hat doch Chriſtus der ſchoͤnſte vnter den Menſchen Kindern/ ja der allerheiligſte/ ſeinen guten freund Lazarum ſelbſten betrawert/ wie im Evangeliſten Johanne zu leſen iſt. De- rowegen es denn heutiges tages den Chriſten vnverbot- ten iſt. 2. Sam. 1. 2. Chron 35. Pſal. 45. Dan. 9. Iohan. 11. Daß man aber gleichwol im Trawren eine maß hal- ten ſol/ das erfodert der heilige Geiſt ebener maſſen/ nicht allein in vnſerm Apoſtoliſchen text/ ſondern auch an andern orten der Schrifft/ bevorab in dem vnlangſt eingefuͤhrten ſpruch Sirachs. Vnd zwar es were ein gantz vnbillich/ vnd darneben vnnoͤtiger handel/ wenn wir diß nicht in acht ne- men wolten. Vnbillich iſt es/ weil man ſich in dieſem fall wider den ewigen Gott zu felde leget/ vnnd wider ſeinen ge- rechten vnwandelbaren willen murret/ gerade zu/ als hette er nicht macht mit vns Menſchenkindern vmbzugehen/ wie es jhme liebet: Denn wir ſind ja ſein Geſchoͤpff/ vnd tewer erkauff-

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Zitationshilfe: Löwe, Valentin: Eine kurtze Evangelische Trost-Predigt. Leipzig, 1610, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/508615/15>, abgerufen am 27.04.2024.