Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Albinus, Christoph: Trost Trawriger Eltern. Brieg, 1628.

Bild:
<< vorherige Seite

bedencket vielleicht nur nicht welches das rechte alter
sey? das rechte alter bestehet nicht in vielen Jahren
vnd grawen haaren sondern in mentis sagacitate &
vitae puritate
in rechtem Glauben vnnd vnbefleckten
leben.

Weiln denn diese zwey stück auch bey ewrem Kind
lein gefunden werden (wie wir vorhin gehöret) so ist
es freylich keinmahl zu jung/ sondern alltzeit alt vnnd
reiff genung zum Himmel gewesen. Solt derowegen
nicht klagen/ das jhr grosse frewde verlohren. Nein
jhr habt nur desto grössere bekommen. Denn je jün-
ger ewer Kindlein gestorben/ je weniger habt jhr an
seiner seligkeit zu zweifeln.

O wie offt geschichts/ das die Kinder wenn sie er-
wachsen auß dem geschirr schlagen/ in ein wüstes wil-
des schandleben gerahten/ vnd also sporn-streichs ent-
weder dem Hencker in seinen strick/ oder aber dem Teu-
fel in seinen fewrigen schwefelpful hinein lauffen.

Je frömer ein Kind ist/ je hefftiger jhm der Teu-
fel nachstellet. Dieser hellische Mord-Vogel sitzet
gern auff hohe bäwme. Vnd wie ein gutter bodem/
nur desto mehr vnkraut treget/ wenn er nicht fleissig
erbawet wird: Also werden auß gutten Naturen biß-
weilen die ärgsten Buben/ wenn sie sich nicht wollen
ziehen lassen. Angelicus juvenis senibus satani-
scat in annis.
Manchem Kinde siehet in der Jugend
Gott vnd die heiligen Engel zun augen heraus: wenn
es alt wird/ wird ein schwartzer heßlicher Teuffel auß

jhm
G ij

bedencket vielleicht nur nicht welches das rechte alter
ſey? das rechte alter beſtehet nicht in vielen Jahren
vnd grawen haaren ſondern in mentis ſagacitate &
vitæ puritate
in rechtem Glauben vnnd vnbefleckten
leben.

Weiln denn dieſe zwey ſtuͤck auch bey ewrem Kind
lein gefunden werden (wie wir vorhin gehoͤret) ſo iſt
es freylich keinmahl zu jung/ ſondern alltzeit alt vnnd
reiff genung zum Himmel geweſen. Solt derowegen
nicht klagen/ das jhr groſſe frewde verlohren. Nein
jhr habt nur deſto groͤſſere bekommen. Denn je juͤn-
ger ewer Kindlein geſtorben/ je weniger habt jhr an
ſeiner ſeligkeit zu zweifeln.

O wie offt geſchichts/ das die Kinder wenn ſie er-
wachſen auß dem geſchirr ſchlagen/ in ein wuͤſtes wil-
des ſchandleben gerahten/ vnd alſo ſporn-ſtreichs ent-
weder dem Hencker in ſeinen ſtrick/ oder aber dem Teu-
fel in ſeinen fewrigen ſchwefelpful hinein lauffen.

Je froͤmer ein Kind iſt/ je hefftiger jhm der Teu-
fel nachſtellet. Dieſer helliſche Mord-Vogel ſitzet
gern auff hohe baͤwme. Vnd wie ein gutter bodem/
nur deſto mehr vnkraut treget/ wenn er nicht fleiſſig
erbawet wird: Alſo werden auß gutten Naturen biß-
weilen die aͤrgſten Buben/ wenn ſie ſich nicht wollen
ziehen laſſen. Angelicus juvenis ſenibus ſatani-
ſcat in annis.
Manchem Kinde ſiehet in der Jugend
Gott vnd die heiligen Engel zun augen heraus: wenn
es alt wird/ wird ein ſchwartzer heßlicher Teuffel auß

jhm
G ij
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="fsSermon" n="1">
        <div type="fsMainPart" n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0051" n="[51]"/>
bedencket vielleicht nur nicht welches das rechte alter<lb/>
&#x017F;ey? das rechte alter be&#x017F;tehet nicht in vielen Jahren<lb/>
vnd grawen haaren &#x017F;ondern <hi rendition="#aq">in mentis &#x017F;agacitate &amp;<lb/>
vitæ puritate</hi> in rechtem Glauben vnnd vnbefleckten<lb/>
leben.</p><lb/>
            <p>Weiln denn die&#x017F;e zwey &#x017F;tu&#x0364;ck auch bey ewrem Kind<lb/>
lein gefunden werden (wie wir vorhin geho&#x0364;ret) &#x017F;o i&#x017F;t<lb/>
es freylich keinmahl zu jung/ &#x017F;ondern alltzeit alt vnnd<lb/>
reiff genung zum Himmel gewe&#x017F;en. Solt derowegen<lb/>
nicht klagen/ das jhr gro&#x017F;&#x017F;e frewde verlohren. Nein<lb/>
jhr habt nur de&#x017F;to gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;ere bekommen. Denn je ju&#x0364;n-<lb/>
ger ewer Kindlein ge&#x017F;torben/ je weniger habt jhr an<lb/>
&#x017F;einer &#x017F;eligkeit zu zweifeln.</p><lb/>
            <p>O wie offt ge&#x017F;chichts/ das die Kinder wenn &#x017F;ie er-<lb/>
wach&#x017F;en auß dem ge&#x017F;chirr &#x017F;chlagen/ in ein wu&#x0364;&#x017F;tes wil-<lb/>
des &#x017F;chandleben gerahten/ vnd al&#x017F;o &#x017F;porn-&#x017F;treichs ent-<lb/>
weder dem Hencker in &#x017F;einen &#x017F;trick/ oder aber dem Teu-<lb/>
fel in &#x017F;einen fewrigen &#x017F;chwefelpful hinein lauffen.</p><lb/>
            <p>Je fro&#x0364;mer ein Kind i&#x017F;t/ je hefftiger jhm der Teu-<lb/>
fel nach&#x017F;tellet. Die&#x017F;er helli&#x017F;che Mord-Vogel &#x017F;itzet<lb/>
gern auff hohe ba&#x0364;wme. Vnd wie ein gutter bodem/<lb/>
nur de&#x017F;to mehr vnkraut treget/ wenn er nicht flei&#x017F;&#x017F;ig<lb/>
erbawet wird: Al&#x017F;o werden auß gutten Naturen biß-<lb/>
weilen die a&#x0364;rg&#x017F;ten Buben/ wenn &#x017F;ie &#x017F;ich nicht wollen<lb/>
ziehen la&#x017F;&#x017F;en. <hi rendition="#aq">Angelicus juvenis &#x017F;enibus &#x017F;atani-<lb/>
&#x017F;cat in annis.</hi> Manchem Kinde &#x017F;iehet in der Jugend<lb/>
Gott vnd die heiligen Engel zun augen heraus: wenn<lb/>
es alt wird/ wird ein &#x017F;chwartzer heßlicher Teuffel auß<lb/>
<fw type="sig" place="bottom">G ij</fw><fw type="catch" place="bottom">jhm</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[[51]/0051] bedencket vielleicht nur nicht welches das rechte alter ſey? das rechte alter beſtehet nicht in vielen Jahren vnd grawen haaren ſondern in mentis ſagacitate & vitæ puritate in rechtem Glauben vnnd vnbefleckten leben. Weiln denn dieſe zwey ſtuͤck auch bey ewrem Kind lein gefunden werden (wie wir vorhin gehoͤret) ſo iſt es freylich keinmahl zu jung/ ſondern alltzeit alt vnnd reiff genung zum Himmel geweſen. Solt derowegen nicht klagen/ das jhr groſſe frewde verlohren. Nein jhr habt nur deſto groͤſſere bekommen. Denn je juͤn- ger ewer Kindlein geſtorben/ je weniger habt jhr an ſeiner ſeligkeit zu zweifeln. O wie offt geſchichts/ das die Kinder wenn ſie er- wachſen auß dem geſchirr ſchlagen/ in ein wuͤſtes wil- des ſchandleben gerahten/ vnd alſo ſporn-ſtreichs ent- weder dem Hencker in ſeinen ſtrick/ oder aber dem Teu- fel in ſeinen fewrigen ſchwefelpful hinein lauffen. Je froͤmer ein Kind iſt/ je hefftiger jhm der Teu- fel nachſtellet. Dieſer helliſche Mord-Vogel ſitzet gern auff hohe baͤwme. Vnd wie ein gutter bodem/ nur deſto mehr vnkraut treget/ wenn er nicht fleiſſig erbawet wird: Alſo werden auß gutten Naturen biß- weilen die aͤrgſten Buben/ wenn ſie ſich nicht wollen ziehen laſſen. Angelicus juvenis ſenibus ſatani- ſcat in annis. Manchem Kinde ſiehet in der Jugend Gott vnd die heiligen Engel zun augen heraus: wenn es alt wird/ wird ein ſchwartzer heßlicher Teuffel auß jhm G ij

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/522424
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/522424/51
Zitationshilfe: Albinus, Christoph: Trost Trawriger Eltern. Brieg, 1628, S. [51]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/522424/51>, abgerufen am 27.04.2024.