Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Albinus, Christoph: Trost Trawriger Eltern. Brieg, 1628.

Bild:
<< vorherige Seite

Wer kan auch wissen was auß den BethlehemitiMatt. 2. 16
schen Kinderlein so der bluthund Herodes vmbbrin-
gen lassen/ hette werden können? sie hetten sich viel-
leich wol mit den andern Juden auch an jhrem Hey-
lande vergreiffen/ vnnd an jhm zu Mördern werden
können. Dieser jhr Heyland hette wol von jhren hän-
den sterben können/ gleich wie sie zuvor für jhn vnnd
vmb seinet willen gestorben sein.

Dieses alles hat auch der weise Heyde Plato ver-
standen/ drumb schreibt er dort: Dii quos maximi
fecerunt celerius vita absolvunt.
Wen Gott am
liebsten hat/ den lest er desto zeitlicher sterben.

Derowegen klagt vnd saget nu nichts mehr lieben
Eltern von dem frühzeitigen absterben ewres Söhn-
leins. Es ist gar nicht zu zeitlich gestorben/ sondern
hat seine Jahr volkomlich erreichet/ die es haben vnd
erreichen sollen. Ja zweifelt gar nicht daran/ je jün-
ger es gestorben je besser vnd seliger ist es jhm.

Der Atheniensische Landsfürst Themistocles istCoelius
lib. 30. c. 2.
ex Plutar-
cho.

hundert vnd sieben Jahr alt worden. Alß er aber ster-
ben sollen hat er geklaget/ er hette niemahls lieber ge-
lebet/ alß jtzund: denn jtzt hette er erst lernen wollen/
wie man recht leben/ vnnd den Leuten dienen solle.
Denn leben können/ sagte er/ das ist eine schlech-
te sache: aber recht leben können das ist eine
grosse Kunst.

Solche Kunst hat ewer liebes Söhnlein gekont
Drumb hat es nicht zu jung oder zu geschwinde sterben
können.

Alß
G iij

Wer kan auch wiſſen was auß den BethlehemitiMatt. 2. 16
ſchen Kinderlein ſo der bluthund Herodes vmbbrin-
gen laſſen/ hette werden koͤnnen? ſie hetten ſich viel-
leich wol mit den andern Juden auch an jhrem Hey-
lande vergreiffen/ vnnd an jhm zu Moͤrdern werden
koͤnnen. Dieſer jhr Heyland hette wol von jhren haͤn-
den ſterben koͤnnen/ gleich wie ſie zuvor fuͤr jhn vnnd
vmb ſeinet willen geſtorben ſein.

Dieſes alles hat auch der weiſe Heyde Plato ver-
ſtanden/ drumb ſchreibt er dort: Dii quos maximi
fecerunt celeriùs vitâ abſolvunt.
Wen Gott am
liebſten hat/ den leſt er deſto zeitlicher ſterben.

Derowegen klagt vnd ſaget nu nichts mehr lieben
Eltern von dem fruͤhzeitigen abſterben ewres Soͤhn-
leins. Es iſt gar nicht zu zeitlich geſtorben/ ſondern
hat ſeine Jahr volkomlich erreichet/ die es haben vnd
erreichen ſollen. Ja zweifelt gar nicht daran/ je juͤn-
ger es geſtorben je beſſer vnd ſeliger iſt es jhm.

Der Athenienſiſche Landsfuͤrſt Themiſtocles iſtCœlius
lib. 30. c. 2.
ex Plutar-
cho.

hundert vnd ſieben Jahr alt worden. Alß er aber ſter-
ben ſollen hat er geklaget/ er hette niemahls lieber ge-
lebet/ alß jtzund: denn jtzt hette er erſt lernen wollen/
wie man recht leben/ vnnd den Leuten dienen ſolle.
Deñ leben koͤñen/ ſagte er/ das iſt eine ſchlech-
te ſache: aber recht leben koͤnnen das iſt eine
groſſe Kunſt.

Solche Kunſt hat ewer liebes Soͤhnlein gekont
Drumb hat es nicht zu jung oder zu geſchwinde ſterben
koͤnnen.

Alß
G iij
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="fsSermon" n="1">
        <div type="fsMainPart" n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0053" n="[53]"/>
            <p>Wer kan auch wi&#x017F;&#x017F;en was auß den Bethlehemiti<note place="right"><hi rendition="#aq">Matt.</hi> 2. 16</note><lb/>
&#x017F;chen Kinderlein &#x017F;o der bluthund Herodes vmbbrin-<lb/>
gen la&#x017F;&#x017F;en/ hette werden ko&#x0364;nnen? &#x017F;ie hetten &#x017F;ich viel-<lb/>
leich wol mit den andern Juden auch an jhrem Hey-<lb/>
lande vergreiffen/ vnnd an jhm zu Mo&#x0364;rdern werden<lb/>
ko&#x0364;nnen. Die&#x017F;er jhr Heyland hette wol von jhren ha&#x0364;n-<lb/>
den &#x017F;terben ko&#x0364;nnen/ gleich wie &#x017F;ie zuvor fu&#x0364;r jhn vnnd<lb/>
vmb &#x017F;einet willen ge&#x017F;torben &#x017F;ein.</p><lb/>
            <p>Die&#x017F;es alles hat auch der wei&#x017F;e Heyde <hi rendition="#aq">Plato</hi> ver-<lb/>
&#x017F;tanden/ drumb &#x017F;chreibt er dort: <hi rendition="#aq">Dii quos maximi<lb/>
fecerunt celeriùs vitâ ab&#x017F;olvunt.</hi> Wen <hi rendition="#k">Go</hi>tt am<lb/>
lieb&#x017F;ten hat/ den le&#x017F;t er de&#x017F;to zeitlicher &#x017F;terben.</p><lb/>
            <p>Derowegen klagt vnd &#x017F;aget nu nichts mehr lieben<lb/>
Eltern von dem fru&#x0364;hzeitigen ab&#x017F;terben ewres So&#x0364;hn-<lb/>
leins. Es i&#x017F;t gar nicht zu zeitlich ge&#x017F;torben/ &#x017F;ondern<lb/>
hat &#x017F;eine Jahr volkomlich erreichet/ die es haben vnd<lb/>
erreichen &#x017F;ollen. Ja zweifelt gar nicht daran/ je ju&#x0364;n-<lb/>
ger es ge&#x017F;torben je be&#x017F;&#x017F;er vnd &#x017F;eliger i&#x017F;t es jhm.</p><lb/>
            <p>Der Athenien&#x017F;i&#x017F;che Landsfu&#x0364;r&#x017F;t Themi&#x017F;tocles i&#x017F;t<note place="right"><hi rendition="#aq">C&#x0153;lius<lb/>
lib. 30. c. 2.<lb/>
ex Plutar-<lb/>
cho.</hi></note><lb/>
hundert vnd &#x017F;ieben Jahr alt worden. Alß er aber &#x017F;ter-<lb/>
ben &#x017F;ollen hat er geklaget/ er hette niemahls lieber ge-<lb/>
lebet/ alß jtzund<hi rendition="#i">:</hi> denn jtzt hette er er&#x017F;t lernen wollen/<lb/>
wie man recht leben/ vnnd den Leuten dienen &#x017F;olle.<lb/><hi rendition="#fr">Den&#x0303; leben ko&#x0364;n&#x0303;en/</hi> &#x017F;agte er/ <hi rendition="#fr">das i&#x017F;t eine &#x017F;chlech-<lb/>
te &#x017F;ache: aber recht leben ko&#x0364;nnen das i&#x017F;t eine<lb/>
gro&#x017F;&#x017F;e Kun&#x017F;t.</hi></p><lb/>
            <p>Solche Kun&#x017F;t hat ewer liebes So&#x0364;hnlein gekont<lb/>
Drumb hat es nicht zu jung oder zu ge&#x017F;chwinde &#x017F;terben<lb/>
ko&#x0364;nnen.</p><lb/>
            <fw type="sig" place="bottom">G iij</fw>
            <fw type="catch" place="bottom">Alß</fw><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[[53]/0053] Wer kan auch wiſſen was auß den Bethlehemiti ſchen Kinderlein ſo der bluthund Herodes vmbbrin- gen laſſen/ hette werden koͤnnen? ſie hetten ſich viel- leich wol mit den andern Juden auch an jhrem Hey- lande vergreiffen/ vnnd an jhm zu Moͤrdern werden koͤnnen. Dieſer jhr Heyland hette wol von jhren haͤn- den ſterben koͤnnen/ gleich wie ſie zuvor fuͤr jhn vnnd vmb ſeinet willen geſtorben ſein. Matt. 2. 16 Dieſes alles hat auch der weiſe Heyde Plato ver- ſtanden/ drumb ſchreibt er dort: Dii quos maximi fecerunt celeriùs vitâ abſolvunt. Wen Gott am liebſten hat/ den leſt er deſto zeitlicher ſterben. Derowegen klagt vnd ſaget nu nichts mehr lieben Eltern von dem fruͤhzeitigen abſterben ewres Soͤhn- leins. Es iſt gar nicht zu zeitlich geſtorben/ ſondern hat ſeine Jahr volkomlich erreichet/ die es haben vnd erreichen ſollen. Ja zweifelt gar nicht daran/ je juͤn- ger es geſtorben je beſſer vnd ſeliger iſt es jhm. Der Athenienſiſche Landsfuͤrſt Themiſtocles iſt hundert vnd ſieben Jahr alt worden. Alß er aber ſter- ben ſollen hat er geklaget/ er hette niemahls lieber ge- lebet/ alß jtzund: denn jtzt hette er erſt lernen wollen/ wie man recht leben/ vnnd den Leuten dienen ſolle. Deñ leben koͤñen/ ſagte er/ das iſt eine ſchlech- te ſache: aber recht leben koͤnnen das iſt eine groſſe Kunſt. Cœlius lib. 30. c. 2. ex Plutar- cho. Solche Kunſt hat ewer liebes Soͤhnlein gekont Drumb hat es nicht zu jung oder zu geſchwinde ſterben koͤnnen. Alß G iij

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/522424
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/522424/53
Zitationshilfe: Albinus, Christoph: Trost Trawriger Eltern. Brieg, 1628, S. [53]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/522424/53>, abgerufen am 28.04.2024.