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Abschatz, Hans Assmann von: Poetische Ubersetzungen und Gedichte. Leipzig, 1704.

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GUARINI
Ist dir ein Meister-Streich gelungen. Sage mir/
Der du wie Silvio und nicht wie Linco woltest leben/
Kan Linco oder Silvio den besten Schützen geben?
Hättstu zur selben Zeit gefolgt dem alten Narren/
So dürfftest du dich izt nicht hintern Ohren scharren.
Wo die Verwundte stirbt/ ey mein/ wie stehts mit dir?
Du wirst dich wohl darauff beruffen/
Daß diese That aus Irrthum sey geschehn/
Daß du dir eingebildt den Wolff zu sehn/
Und unter solcher Haut das Mensch im Strauch hast trof-
fen.
Doch bleibet dir die Schuld der tollen Unvorsichtigkeit/
Weil sich fast ieder Hirt in derogleichen Häute kleidt.
So geht es Silvio/ wer vor den Federn fleugt/
Ist zu dem Fall geneigt.
Wer vor der rechten Zeit den Witz will lassen blicken/
Dem wird die Thorheit nur durch alle Fenster gücken.
Bildstu dir/ eitles Hertz/ wohl unbedachtsam ein/
Daß dieses ohngefehr geschehen solle seyn?
So irrest du gar weit.
Ein solcher Wunder Fall/ so seltnes Ungelücke
Begiebet sich nicht leicht ohn himmlisches Geschicke/
Erkennestu noch nicht/ wie deine Eitelkeit/
Dein unerträgliches Verachten aller Liebe/
Dein unbemenschtes Hertz entfernt von allem Triebe
Der güttigen Natur/ dein Sinn mit Eiß umlegt/
Den Himmei wider dich zu Nach und Zorn bewegt?
Die Götter wollen nicht auff Erden ihres gleichen/
Die strengste Tugend muß vor ihnen Segel streichen/
Und mit der Demutt seyn gesellt. Wie kanstu schweigen/
Der du dich zu vorhin so trotzig pflagst zu zeigen?
D. Silvio/ laß Lincen reden: Er weiß nicht/
Wie die Liebe dir Dorinden hat zum Eigenthum verpflicht/
Wie du über Tod und Leben bey ihr zu gebitten hast.
Wenn du mich geschossen hast/ so hastu/ was dein/ geschos-
sen/
So hastu das Ziel getroffen/ daß dein Boltzen längst ge-
faßt/
Un[d]
GUARINI
Iſt dir ein Meiſter-Streich gelungen. Sage mir/
Der du wie Silvio und nicht wie Linco wolteſt leben/
Kan Linco oder Silvio den beſten Schuͤtzen geben?
Haͤttſtu zur ſelben Zeit gefolgt dem alten Narren/
So duͤrffteſt du dich izt nicht hintern Ohren ſcharren.
Wo die Verwundte ſtirbt/ ey mein/ wie ſtehts mit dir?
Du wirſt dich wohl darauff beruffen/
Daß dieſe That aus Irrthum ſey geſchehn/
Daß du dir eingebildt den Wolff zu ſehn/
Und unter ſolcher Haut das Menſch im Strauch haſt trof-
fen.
Doch bleibet dir die Schuld der tollen Unvorſichtigkeit/
Weil ſich faſt ieder Hirt in derogleichen Haͤute kleidt.
So geht es Silvio/ wer vor den Federn fleugt/
Iſt zu dem Fall geneigt.
Wer vor der rechten Zeit den Witz will laſſen blicken/
Dem wird die Thorheit nur durch alle Fenſter guͤcken.
Bildſtu dir/ eitles Hertz/ wohl unbedachtſam ein/
Daß dieſes ohngefehr geſchehen ſolle ſeyn?
So irreſt du gar weit.
Ein ſolcher Wunder Fall/ ſo ſeltnes Ungeluͤcke
Begiebet ſich nicht leicht ohn himmliſches Geſchicke/
Erkenneſtu noch nicht/ wie deine Eitelkeit/
Dein unertraͤgliches Verachten aller Liebe/
Dein unbemenſchtes Hertz entfernt von allem Triebe
Der guͤttigen Natur/ dein Sinn mit Eiß umlegt/
Den Himmei wider dich zu Nach und Zorn bewegt?
Die Goͤtter wollen nicht auff Erden ihres gleichen/
Die ſtrengſte Tugend muß vor ihnen Segel ſtreichen/
Und mit der Demutt ſeyn geſellt. Wie kanſtu ſchweigen/
Der du dich zu vorhin ſo trotzig pflagſt zu zeigen?
D. Silvio/ laß Lincen reden: Er weiß nicht/
Wie die Liebe dir Dorinden hat zum Eigenthum verpflicht/
Wie du uͤber Tod und Leben bey ihr zu gebitten haſt.
Wenn du mich geſchoſſen haſt/ ſo haſtu/ was dein/ geſchoſ-
ſen/
So haſtu das Ziel getroffen/ daß dein Boltzen laͤngſt ge-
faßt/
Un[d]
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[128/0228] GUARINI Iſt dir ein Meiſter-Streich gelungen. Sage mir/ Der du wie Silvio und nicht wie Linco wolteſt leben/ Kan Linco oder Silvio den beſten Schuͤtzen geben? Haͤttſtu zur ſelben Zeit gefolgt dem alten Narren/ So duͤrffteſt du dich izt nicht hintern Ohren ſcharren. Wo die Verwundte ſtirbt/ ey mein/ wie ſtehts mit dir? Du wirſt dich wohl darauff beruffen/ Daß dieſe That aus Irrthum ſey geſchehn/ Daß du dir eingebildt den Wolff zu ſehn/ Und unter ſolcher Haut das Menſch im Strauch haſt trof- fen. Doch bleibet dir die Schuld der tollen Unvorſichtigkeit/ Weil ſich faſt ieder Hirt in derogleichen Haͤute kleidt. So geht es Silvio/ wer vor den Federn fleugt/ Iſt zu dem Fall geneigt. Wer vor der rechten Zeit den Witz will laſſen blicken/ Dem wird die Thorheit nur durch alle Fenſter guͤcken. Bildſtu dir/ eitles Hertz/ wohl unbedachtſam ein/ Daß dieſes ohngefehr geſchehen ſolle ſeyn? So irreſt du gar weit. Ein ſolcher Wunder Fall/ ſo ſeltnes Ungeluͤcke Begiebet ſich nicht leicht ohn himmliſches Geſchicke/ Erkenneſtu noch nicht/ wie deine Eitelkeit/ Dein unertraͤgliches Verachten aller Liebe/ Dein unbemenſchtes Hertz entfernt von allem Triebe Der guͤttigen Natur/ dein Sinn mit Eiß umlegt/ Den Himmei wider dich zu Nach und Zorn bewegt? Die Goͤtter wollen nicht auff Erden ihres gleichen/ Die ſtrengſte Tugend muß vor ihnen Segel ſtreichen/ Und mit der Demutt ſeyn geſellt. Wie kanſtu ſchweigen/ Der du dich zu vorhin ſo trotzig pflagſt zu zeigen? D. Silvio/ laß Lincen reden: Er weiß nicht/ Wie die Liebe dir Dorinden hat zum Eigenthum verpflicht/ Wie du uͤber Tod und Leben bey ihr zu gebitten haſt. Wenn du mich geſchoſſen haſt/ ſo haſtu/ was dein/ geſchoſ- ſen/ So haſtu das Ziel getroffen/ daß dein Boltzen laͤngſt ge- faßt/ Und

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Zitationshilfe: Abschatz, Hans Assmann von: Poetische Ubersetzungen und Gedichte. Leipzig, 1704, S. 128. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/abschatz_gedichte_1704/228>, abgerufen am 29.04.2024.