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Abschatz, Hans Assmann von: Poetische Ubersetzungen und Gedichte. Leipzig, 1704.

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treuer Schäffer.
In mir des Leibes und Gemüttes Kräffte schwächt.
Mein/ wende dich herum/ und nach dem Berge zu.
So/ so/ nun bistu schon auff rechten Ort gericht.
C. Ach/ was erblick ich? Ist nicht das Mirtill/ mein
Sohn?
M. Izt kan ich.
C. Ja/ er ists.
M. Und haue.
C. Prie-
ster/ was thust du?
M. O frevler Mensch/ warum greiffstu mit kühner Hand
Ans heilge Beil/ und thust dem Opffer Widerstand?
C. Mein Kind/ ach soll ich dich in solchem Stand umfangen!
N. Verwegner/ packe dich.
C. Hätt ich mir sollen dencken/
Daß ein so herber Blick mein Alter würde kräncken?
N. Geh hin/ sag ich: was schon den Göttern ist geweyht/
Darff von unreiner Hand nicht werden angerührt.
C. Auch ich bin ihnen lieb/ den sie hieher geführt.
M. Nicander; hör ihn an/ und denn geh er von hier/
Und laß uns ungestört.
C. Mein Priester/ sage mir/
Eh man den jungen Mensch bringt um/ was er begangen.
Darum beschwer ich dich bey deiner Göttin Thron.
M. In dieser Nahmen weiß ich dir nichts abzuschlagen/
Was du mich fragst: Was ist dir aber dran gelegen?
C. Mehr/ als du dir vielleicht einbildest noch zur Zeit.
M. Er hat vor andre sich zu sterben angetragen.
C. So stirbet er alle in um eines andern wegen;
Ach/ tödtet mich darvor/ und schont der jungen Jahr:
Ich will mein graues Haubt ja gern um seines geben.
M. Mein Freund du phantasirst: was kommt dich an?
C. Warum steht mir nicht frey was ihm vergönnet war?
M. Weil du ein Fremder bist.
C. Und wenn ich es nicht
bin?
M. Es kan gleichwohl nicht seyn; denn wer einmahl sein
Leben
Vor andre dargesezt/ wie dieser hat gethan/
Kan sich durch fremden Tod dem Tode nicht entziehn.
Wer bist du aber denn/ wenn du nicht wilt ein Fremder
seyn?
Es stimmt ja deine Tracht mit unsrer Landes-Art nicht ein.

C. Ich
K 3
treuer Schaͤffer.
In mir des Leibes und Gemuͤttes Kraͤffte ſchwaͤcht.
Mein/ wende dich herum/ und nach dem Berge zu.
So/ ſo/ nun biſtu ſchon auff rechten Ort gericht.
C. Ach/ was erblick ich? Iſt nicht das Mirtill/ mein
Sohn?
M. Izt kan ich.
C. Ja/ er iſts.
M. Und haue.
C. Prie-
ſter/ was thuſt du?
M. O frevler Menſch/ warum greiffſtu mit kuͤhner Hand
Ans heilge Beil/ und thuſt dem Opffer Widerſtand?
C. Mein Kind/ ach ſoll ich dich in ſolchem Stand umfangen!
N. Verwegner/ packe dich.
C. Haͤtt ich mir ſollen dencken/
Daß ein ſo herber Blick mein Alter wuͤrde kraͤncken?
N. Geh hin/ ſag ich: was ſchon den Goͤttern iſt geweyht/
Darff von unreiner Hand nicht werden angeruͤhrt.
C. Auch ich bin ihnen lieb/ den ſie hieher gefuͤhrt.
M. Nicander; hoͤr ihn an/ und denn geh er von hier/
Und laß uns ungeſtoͤrt.
C. Mein Prieſter/ ſage mir/
Eh man den jungen Menſch bringt um/ was er begangen.
Darum beſchwer ich dich bey deiner Goͤttin Thron.
M. In dieſer Nahmen weiß ich dir nichts abzuſchlagen/
Was du mich fragſt: Was iſt dir aber dran gelegen?
C. Mehr/ als du dir vielleicht einbildeſt noch zur Zeit.
M. Er hat vor andre ſich zu ſterben angetragen.
C. So ſtirbet er alle in um eines andern wegen;
Ach/ toͤdtet mich darvor/ und ſchont der jungen Jahr:
Ich will mein graues Haubt ja gern um ſeines geben.
M. Mein Freund du phantaſirſt: was kommt dich an?
C. Warum ſteht mir nicht frey was ihm vergoͤnnet war?
M. Weil du ein Fremder biſt.
C. Und wenn ich es nicht
bin?
M. Es kan gleichwohl nicht ſeyn; denn wer einmahl ſein
Leben
Vor andre dargeſezt/ wie dieſer hat gethan/
Kan ſich durch fremden Tod dem Tode nicht entziehn.
Wer biſt du aber denn/ wenn du nicht wilt ein Fremder
ſeyn?
Es ſtimmt ja deine Tracht mit unſrer Landes-Art nicht ein.

C. Ich
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[149/0249] treuer Schaͤffer. In mir des Leibes und Gemuͤttes Kraͤffte ſchwaͤcht. Mein/ wende dich herum/ und nach dem Berge zu. So/ ſo/ nun biſtu ſchon auff rechten Ort gericht. C. Ach/ was erblick ich? Iſt nicht das Mirtill/ mein Sohn? M. Izt kan ich. C. Ja/ er iſts. M. Und haue. C. Prie- ſter/ was thuſt du? M. O frevler Menſch/ warum greiffſtu mit kuͤhner Hand Ans heilge Beil/ und thuſt dem Opffer Widerſtand? C. Mein Kind/ ach ſoll ich dich in ſolchem Stand umfangen! N. Verwegner/ packe dich. C. Haͤtt ich mir ſollen dencken/ Daß ein ſo herber Blick mein Alter wuͤrde kraͤncken? N. Geh hin/ ſag ich: was ſchon den Goͤttern iſt geweyht/ Darff von unreiner Hand nicht werden angeruͤhrt. C. Auch ich bin ihnen lieb/ den ſie hieher gefuͤhrt. M. Nicander; hoͤr ihn an/ und denn geh er von hier/ Und laß uns ungeſtoͤrt. C. Mein Prieſter/ ſage mir/ Eh man den jungen Menſch bringt um/ was er begangen. Darum beſchwer ich dich bey deiner Goͤttin Thron. M. In dieſer Nahmen weiß ich dir nichts abzuſchlagen/ Was du mich fragſt: Was iſt dir aber dran gelegen? C. Mehr/ als du dir vielleicht einbildeſt noch zur Zeit. M. Er hat vor andre ſich zu ſterben angetragen. C. So ſtirbet er alle in um eines andern wegen; Ach/ toͤdtet mich darvor/ und ſchont der jungen Jahr: Ich will mein graues Haubt ja gern um ſeines geben. M. Mein Freund du phantaſirſt: was kommt dich an? C. Warum ſteht mir nicht frey was ihm vergoͤnnet war? M. Weil du ein Fremder biſt. C. Und wenn ich es nicht bin? M. Es kan gleichwohl nicht ſeyn; denn wer einmahl ſein Leben Vor andre dargeſezt/ wie dieſer hat gethan/ Kan ſich durch fremden Tod dem Tode nicht entziehn. Wer biſt du aber denn/ wenn du nicht wilt ein Fremder ſeyn? Es ſtimmt ja deine Tracht mit unſrer Landes-Art nicht ein. C. Ich K 3

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Zitationshilfe: Abschatz, Hans Assmann von: Poetische Ubersetzungen und Gedichte. Leipzig, 1704, S. 149. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/abschatz_gedichte_1704/249>, abgerufen am 28.04.2024.