Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Abschatz, Hans Assmann von: Poetische Ubersetzungen und Gedichte. Leipzig, 1704.

Bild:
<< vorherige Seite
Schertz-Sonnette.
36. Der schöne bemählte Hals.

Ein ander sagt vielleicht/ er will der Schönheit darben/
Die/ was ihr übel steht/ bald an der Seiten spürt/
Bey der das edle Glied/ das zum Gesichte führt/
An glatter Weiße statt hegt rauhe Purpur-Farben.
Dämpfft braune Röthe wohl den Preiß der Weitzen-Garben?
Der Liebe Pulver-Schlag hat/ Schöne/ dich gerührt;
Damit des Bildes Haubt der Künstler mehr beziert/
Gräbt er in dessen Fuß viel Wunden/ Stich und Narben.
Seh ich dich eigen an/ schau ich Trajanus Spitze/
Mausolens Grab erhöht vertiefft durch so viel Ritze
Und Zeichen/ die allein die Liebe lesen kan.
O Spötter/ scheue dich die Fehler dieser Schönen/
Als Wercke der Natur/ muttwillig zu verhönen:
Der König rühret sie ohn Widerwillen an.



Quid intuemini debilia infelicium membra, nescio qua tabe
onsumta?

Animus nobilis supra humana potest se attollere, & ulceratio-
es & vulnera circa se frementia securus aspicere.

Tace ingratissime mortalium, quis enim est tam miser, tam
eglectus, quis tam duro fato & in poenam genitus, ut Deorum
unificentiam non sentiat.

Aliquando extrinsecus morbus, quo admoneatur mortalita-
is, intervenit, sed id leve & quod summam cutem stringat.


* 37. Der
P 2
Schertz-Sonnette.
36. Der ſchoͤne bemaͤhlte Hals.

Ein ander ſagt vielleicht/ er will der Schoͤnheit darben/
Die/ was ihr uͤbel ſteht/ bald an der Seiten ſpuͤrt/
Bey der das edle Glied/ das zum Geſichte fuͤhrt/
An glatter Weiße ſtatt hegt rauhe Purpur-Farben.
Daͤmpfft braune Roͤthe wohl den Preiß der Weitzen-Garben?
Der Liebe Pulver-Schlag hat/ Schoͤne/ dich geruͤhrt;
Damit des Bildes Haubt der Kuͤnſtler mehr beziert/
Graͤbt er in deſſen Fuß viel Wunden/ Stich und Narben.
Seh ich dich eigen an/ ſchau ich Trajanus Spitze/
Mauſolens Grab erhoͤht vertiefft durch ſo viel Ritze
Und Zeichen/ die allein die Liebe leſen kan.
O Spoͤtter/ ſcheue dich die Fehler dieſer Schoͤnen/
Als Wercke der Natur/ muttwillig zu verhoͤnen:
Der Koͤnig ruͤhret ſie ohn Widerwillen an.



Quid intuemini debilia infelicium membra, neſcio qua tabe
onſumta?

Animus nobilis ſupra humana poteſt ſe attollere, & ulceratio-
es & vulnera circa ſe frementia ſecurus aſpicere.

Tace ingratiſſime mortalium, quis enim eſt tam miſer, tam
eglectus, quis tam duro fato & in pœnam genitus, ut Deorum
unificentiam non ſentiat.

Aliquando extrinſecus morbus, quo admoneatur mortalita-
is, intervenit, ſed id leve & quod ſummam cutem ſtringat.


* 37. Der
P 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0327" n="227"/>
          <fw place="top" type="header">Schertz-Sonnette.</fw><lb/>
          <lg type="poem">
            <head> <hi rendition="#b">36. Der &#x017F;cho&#x0364;ne bema&#x0364;hlte Hals.</hi> </head><lb/>
            <l><hi rendition="#in">E</hi>in ander &#x017F;agt vielleicht/ er will der Scho&#x0364;nheit darben/</l><lb/>
            <l>Die/ was ihr u&#x0364;bel &#x017F;teht/ bald an der Seiten &#x017F;pu&#x0364;rt/</l><lb/>
            <l>Bey der das edle Glied/ das zum Ge&#x017F;ichte fu&#x0364;hrt/</l><lb/>
            <l>An glatter Weiße &#x017F;tatt hegt rauhe Purpur-Farben.</l><lb/>
            <l>Da&#x0364;mpfft braune Ro&#x0364;the wohl den Preiß der Weitzen-Garben?</l><lb/>
            <l>Der Liebe Pulver-Schlag hat/ Scho&#x0364;ne/ dich geru&#x0364;hrt;</l><lb/>
            <l>Damit des Bildes Haubt der Ku&#x0364;n&#x017F;tler mehr beziert/</l><lb/>
            <l>Gra&#x0364;bt er in de&#x017F;&#x017F;en Fuß viel Wunden/ Stich und Narben.</l><lb/>
            <l>Seh ich dich eigen an/ &#x017F;chau ich Trajanus Spitze/</l><lb/>
            <l>Mau&#x017F;olens Grab erho&#x0364;ht vertiefft durch &#x017F;o viel Ritze</l><lb/>
            <l>Und Zeichen/ die allein die Liebe le&#x017F;en kan.</l><lb/>
            <l>O Spo&#x0364;tter/ &#x017F;cheue dich die Fehler die&#x017F;er Scho&#x0364;nen/</l><lb/>
            <l>Als Wercke der Natur/ muttwillig zu verho&#x0364;nen:</l><lb/>
            <l>Der Ko&#x0364;nig ru&#x0364;hret &#x017F;ie ohn Widerwillen an.</l>
          </lg><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          <p> <hi rendition="#aq">Quid intuemini debilia infelicium membra, ne&#x017F;cio qua tabe<lb/>
on&#x017F;umta?</hi> </p><lb/>
          <p> <hi rendition="#aq">Animus nobilis &#x017F;upra humana pote&#x017F;t &#x017F;e attollere, &amp; ulceratio-<lb/>
es &amp; vulnera circa &#x017F;e frementia &#x017F;ecurus a&#x017F;picere.</hi> </p><lb/>
          <p> <hi rendition="#aq">Tace ingrati&#x017F;&#x017F;ime mortalium, quis enim <hi rendition="#i">e</hi>&#x017F;t tam mi&#x017F;er, tam<lb/>
eglectus, quis tam duro fato &amp; in p&#x0153;nam genitus, ut Deorum<lb/>
unificentiam non &#x017F;entiat.</hi> </p><lb/>
          <p> <hi rendition="#aq">Aliquando extrin&#x017F;ecus morbus, quo admoneatur mortalita-<lb/>
is, intervenit, &#x017F;ed id leve &amp; quod &#x017F;ummam cutem &#x017F;tringat.</hi> </p><lb/>
          <fw place="bottom" type="sig"> <hi rendition="#b">P 2</hi> </fw>
          <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#b">* 37. Der</hi> </fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[227/0327] Schertz-Sonnette. 36. Der ſchoͤne bemaͤhlte Hals. Ein ander ſagt vielleicht/ er will der Schoͤnheit darben/ Die/ was ihr uͤbel ſteht/ bald an der Seiten ſpuͤrt/ Bey der das edle Glied/ das zum Geſichte fuͤhrt/ An glatter Weiße ſtatt hegt rauhe Purpur-Farben. Daͤmpfft braune Roͤthe wohl den Preiß der Weitzen-Garben? Der Liebe Pulver-Schlag hat/ Schoͤne/ dich geruͤhrt; Damit des Bildes Haubt der Kuͤnſtler mehr beziert/ Graͤbt er in deſſen Fuß viel Wunden/ Stich und Narben. Seh ich dich eigen an/ ſchau ich Trajanus Spitze/ Mauſolens Grab erhoͤht vertiefft durch ſo viel Ritze Und Zeichen/ die allein die Liebe leſen kan. O Spoͤtter/ ſcheue dich die Fehler dieſer Schoͤnen/ Als Wercke der Natur/ muttwillig zu verhoͤnen: Der Koͤnig ruͤhret ſie ohn Widerwillen an. Quid intuemini debilia infelicium membra, neſcio qua tabe onſumta? Animus nobilis ſupra humana poteſt ſe attollere, & ulceratio- es & vulnera circa ſe frementia ſecurus aſpicere. Tace ingratiſſime mortalium, quis enim eſt tam miſer, tam eglectus, quis tam duro fato & in pœnam genitus, ut Deorum unificentiam non ſentiat. Aliquando extrinſecus morbus, quo admoneatur mortalita- is, intervenit, ſed id leve & quod ſummam cutem ſtringat. * 37. Der P 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Das Exemplar enthält mehrere Werke. Herausgegeben… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/abschatz_gedichte_1704
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/abschatz_gedichte_1704/327
Zitationshilfe: Abschatz, Hans Assmann von: Poetische Ubersetzungen und Gedichte. Leipzig, 1704, S. 227. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/abschatz_gedichte_1704/327>, abgerufen am 10.05.2024.