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Abschatz, Hans Assmann von: Poetische Ubersetzungen und Gedichte. Leipzig, 1704.

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Himmel-Schlüssel.
Alle drey Stimmen.
O JESU/ verleyhe bey Schmertzen Geduld/
Verzeyhe/ befreye von schwärtzender Schuld!
Zeige zu lezteren Stunden die Wunden/
Drinnen wir Leben und Labsal gefunden!
Hilff mir wohl schliessen den irrdischen Lauff!
Vater/ am Ende nimm meinen Geist auff!


Des Leydens Maaß ist voll/ mein Heyland ist erblichen!
Seht/ wie der holde Mund nach leztem Ruffen schweigt:
Wie durch des Speeres Stich das lezte Blutt entwichen/
Wie sich das müde Haubt vom Creutz herunter neigt:
Die Glieder hangen welck/ die ausgespannten Sehnen
Erstarrt: Die fromme Schaar vergeust viel Todten-Thrä-
nen.
O Seele/ billig ists/ den HErren zu beweinen:
Das reinste Seelen-Blutt soll ihm geopffert seyn/
Laß deine Lieb und Treu zu ihm noch ferner scheinen/
Und seinen Leichnam nicht am Holtze mehr entweyhn:
Es bitt ihn Joseph loß/ so wirst du dich nicht schämen/
Ihn von des Creutzes Stamm in deinen Arm zu nehmen.
Bringt Leitern her/ den Baum des Sieges zu besteigen/
Daran der grosse Held im Tode triumphirt:
Diß ist die Seule die der Simson muste neigen/
Des Dagons Schwarm verfällt/ wenn diese wird gerührt.
Zieht nun die Nägel aus/ und legt die bleichen Glieder/
Zur Reinigung vom Blutt/ auff saubre Tücher nieder.
Wo find ich einen Ort bey diesen rauhen Klippen/
Da man des HErren Leib gemächlich strecken kan?
Ach wehle meine Schoß! Ach nimm von meinen Lippen/
Verstorbner Lebens-HErr/ den Kuß im Glauben an.
Laß mich dein Todten-Bild fest in mein Hertze drücken/
Und mich in lezter Angst mit reichem Trost erquicken.
Ich
Himmel-Schluͤſſel.
Alle drey Stimmen.
O JESU/ verleyhe bey Schmertzen Geduld/
Verzeyhe/ befreye von ſchwaͤrtzender Schuld!
Zeige zu lezteren Stunden die Wunden/
Drinnen wir Leben und Labſal gefunden!
Hilff mir wohl ſchlieſſen den irrdiſchen Lauff!
Vater/ am Ende nimm meinen Geiſt auff!


Des Leydens Maaß iſt voll/ mein Heyland iſt erblichen!
Seht/ wie der holde Mund nach leztem Ruffen ſchweigt:
Wie durch des Speeres Stich das lezte Blutt entwichen/
Wie ſich das muͤde Haubt vom Creutz herunter neigt:
Die Glieder hangen welck/ die ausgeſpannten Sehnen
Erſtarrt: Die fromme Schaar vergeuſt viel Todten-Thraͤ-
nen.
O Seele/ billig iſts/ den HErren zu beweinen:
Das reinſte Seelen-Blutt ſoll ihm geopffert ſeyn/
Laß deine Lieb und Treu zu ihm noch ferner ſcheinen/
Und ſeinen Leichnam nicht am Holtze mehr entweyhn:
Es bitt ihn Joſeph loß/ ſo wirſt du dich nicht ſchaͤmen/
Ihn von des Creutzes Stamm in deinen Arm zu nehmen.
Bringt Leitern her/ den Baum des Sieges zu beſteigen/
Daran der groſſe Held im Tode triumphirt:
Diß iſt die Seule die der Simſon muſte neigen/
Des Dagons Schwarm verfaͤllt/ wenn dieſe wird geruͤhrt.
Zieht nun die Naͤgel aus/ und legt die bleichen Glieder/
Zur Reinigung vom Blutt/ auff ſaubre Tuͤcher nieder.
Wo find ich einen Ort bey dieſen rauhen Klippen/
Da man des HErren Leib gemaͤchlich ſtrecken kan?
Ach wehle meine Schoß! Ach nimm von meinen Lippen/
Verſtorbner Lebens-HErr/ den Kuß im Glauben an.
Laß mich dein Todten-Bild feſt in mein Hertze druͤcken/
Und mich in lezter Angſt mit reichem Troſt erquicken.
Ich
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[155/0575] Himmel-Schluͤſſel. Alle drey Stimmen. O JESU/ verleyhe bey Schmertzen Geduld/ Verzeyhe/ befreye von ſchwaͤrtzender Schuld! Zeige zu lezteren Stunden die Wunden/ Drinnen wir Leben und Labſal gefunden! Hilff mir wohl ſchlieſſen den irrdiſchen Lauff! Vater/ am Ende nimm meinen Geiſt auff! Des Leydens Maaß iſt voll/ mein Heyland iſt erblichen! Seht/ wie der holde Mund nach leztem Ruffen ſchweigt: Wie durch des Speeres Stich das lezte Blutt entwichen/ Wie ſich das muͤde Haubt vom Creutz herunter neigt: Die Glieder hangen welck/ die ausgeſpannten Sehnen Erſtarrt: Die fromme Schaar vergeuſt viel Todten-Thraͤ- nen. O Seele/ billig iſts/ den HErren zu beweinen: Das reinſte Seelen-Blutt ſoll ihm geopffert ſeyn/ Laß deine Lieb und Treu zu ihm noch ferner ſcheinen/ Und ſeinen Leichnam nicht am Holtze mehr entweyhn: Es bitt ihn Joſeph loß/ ſo wirſt du dich nicht ſchaͤmen/ Ihn von des Creutzes Stamm in deinen Arm zu nehmen. Bringt Leitern her/ den Baum des Sieges zu beſteigen/ Daran der groſſe Held im Tode triumphirt: Diß iſt die Seule die der Simſon muſte neigen/ Des Dagons Schwarm verfaͤllt/ wenn dieſe wird geruͤhrt. Zieht nun die Naͤgel aus/ und legt die bleichen Glieder/ Zur Reinigung vom Blutt/ auff ſaubre Tuͤcher nieder. Wo find ich einen Ort bey dieſen rauhen Klippen/ Da man des HErren Leib gemaͤchlich ſtrecken kan? Ach wehle meine Schoß! Ach nimm von meinen Lippen/ Verſtorbner Lebens-HErr/ den Kuß im Glauben an. Laß mich dein Todten-Bild feſt in mein Hertze druͤcken/ Und mich in lezter Angſt mit reichem Troſt erquicken. Ich

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Zitationshilfe: Abschatz, Hans Assmann von: Poetische Ubersetzungen und Gedichte. Leipzig, 1704, S. 155. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/abschatz_gedichte_1704/575>, abgerufen am 11.05.2024.