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Adler, Emma: Die berühmten Frauen der französischen Revolution 1789–1795. Wien, 1906.

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ihren zu vergiessen: "Bedeckt mich mit Schmach wie sie, sättigt Euch zum zweitenmal an diesem tierischen Schauspiel. Oh! Pariser, ist's inmitten Euerer Mauern, ehemals die Stätte des feinen Betragens, dass solche Greueltaten sich ereignen? Verzeihe, o Charlotte, wenn es mir unmöglich ist, in meinem letzten Augenblick einen Mut und eine Sanftheit gleich der deinen zu zeigen! Ich freue mich über deine Ueberlegenheit, denn ist es nicht gerecht, dass das angebetete Wesen den Anbetenden überragt?" Er erschauerte vor Freude, als er festgenommen wurde und liess nur die Worte hören: "Ich werde für sie sterben."

Tatsächlich erlitt er bald das gleiche Schicksal wie sie. Seine letzte Seligheit war, dass derselbe Stahl, der den schönen Hals derjenigen getroffen, die er geliebt hatte, auch den seinen treffen würde. Auf diesen einzigen Gedanken vereinigten sich alle Kraft, alle Fähigkeiten seines Daseins. Das längste Leben schien ihm mit diesem Augenblick des Todes nicht vergleichbar.

ihren zu vergiessen: „Bedeckt mich mit Schmach wie sie, sättigt Euch zum zweitenmal an diesem tierischen Schauspiel. Oh! Pariser, ist’s inmitten Euerer Mauern, ehemals die Stätte des feinen Betragens, dass solche Greueltaten sich ereignen? Verzeihe, o Charlotte, wenn es mir unmöglich ist, in meinem letzten Augenblick einen Mut und eine Sanftheit gleich der deinen zu zeigen! Ich freue mich über deine Ueberlegenheit, denn ist es nicht gerecht, dass das angebetete Wesen den Anbetenden überragt?“ Er erschauerte vor Freude, als er festgenommen wurde und liess nur die Worte hören: „Ich werde für sie sterben.“

Tatsächlich erlitt er bald das gleiche Schicksal wie sie. Seine letzte Seligheit war, dass derselbe Stahl, der den schönen Hals derjenigen getroffen, die er geliebt hatte, auch den seinen treffen würde. Auf diesen einzigen Gedanken vereinigten sich alle Kraft, alle Fähigkeiten seines Daseins. Das längste Leben schien ihm mit diesem Augenblick des Todes nicht vergleichbar.

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[48/0066] ihren zu vergiessen: „Bedeckt mich mit Schmach wie sie, sättigt Euch zum zweitenmal an diesem tierischen Schauspiel. Oh! Pariser, ist’s inmitten Euerer Mauern, ehemals die Stätte des feinen Betragens, dass solche Greueltaten sich ereignen? Verzeihe, o Charlotte, wenn es mir unmöglich ist, in meinem letzten Augenblick einen Mut und eine Sanftheit gleich der deinen zu zeigen! Ich freue mich über deine Ueberlegenheit, denn ist es nicht gerecht, dass das angebetete Wesen den Anbetenden überragt?“ Er erschauerte vor Freude, als er festgenommen wurde und liess nur die Worte hören: „Ich werde für sie sterben.“ Tatsächlich erlitt er bald das gleiche Schicksal wie sie. Seine letzte Seligheit war, dass derselbe Stahl, der den schönen Hals derjenigen getroffen, die er geliebt hatte, auch den seinen treffen würde. Auf diesen einzigen Gedanken vereinigten sich alle Kraft, alle Fähigkeiten seines Daseins. Das längste Leben schien ihm mit diesem Augenblick des Todes nicht vergleichbar.

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Zitationshilfe: Adler, Emma: Die berühmten Frauen der französischen Revolution 1789–1795. Wien, 1906, S. 48. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/adler_frauen_1906/66>, abgerufen am 28.04.2024.