Brust schlagend, wie mein kleiner Fritz neulich, den Sie die Güte hatten aus der Taufe zu heben, die Verse von Gleim hersagen sollte:
Und die Tugend, sie ist kein leerer Wahn,
Erzeugt in dem Hirne des Thoren!
drängte sich die stille Thräne des Mitgefühls auch aus meinen Augen. Wer erkennt nicht dieses su¬ blime Beispiel des erhabenen Königspaares! Ich er¬ laubte mir daher auch neulich in der Loge --"
"Mit freimaurerischen Redensarten ist es nicht mehr gethan. Man soll auch en verite die Tugend executiren. Bemerken Sie denn nicht, wie die Dinge in Berlin schon jetzt ein andres Ansehn gewinnen. Man muß sich fügen, mein Lieber, man muß mit dem Strome schwimmen, man muß sich kleiden wie die andern, wenn uns auch die Mode nicht gefällt. Ou voulez-vous etre un original, qui ne se desori¬ ginalisera jamais. Glauben Sie mir, es gefällt manchem am Hofe nicht, ich muß manche Klagen hören, aber -- man fügt sich. Manche Liaisons sind stadtkundig, wer hatte bisher Arges daran, aber -- man genirt sich jetzt, man fährt nicht mehr zusam¬ men in den Thiergarten. Ich könnte Ihnen -- aber n'en parlons pas -- a propos -- man sagt mir, Sie besuchen noch immer das Haus der Schubitz."
Der Nichtwirkliche blickte ihn verwundert an.
"Mein hochverehrtester Gönner, auch das" -- Offenbar wollte er, was man nennt mit etwas heraus¬ platzen, vielleicht aus der Defensive in die Offensive
Bruſt ſchlagend, wie mein kleiner Fritz neulich, den Sie die Güte hatten aus der Taufe zu heben, die Verſe von Gleim herſagen ſollte:
Und die Tugend, ſie iſt kein leerer Wahn,
Erzeugt in dem Hirne des Thoren!
drängte ſich die ſtille Thräne des Mitgefühls auch aus meinen Augen. Wer erkennt nicht dieſes ſu¬ blime Beiſpiel des erhabenen Königspaares! Ich er¬ laubte mir daher auch neulich in der Loge —“
„Mit freimaureriſchen Redensarten iſt es nicht mehr gethan. Man ſoll auch en vérité die Tugend executiren. Bemerken Sie denn nicht, wie die Dinge in Berlin ſchon jetzt ein andres Anſehn gewinnen. Man muß ſich fügen, mein Lieber, man muß mit dem Strome ſchwimmen, man muß ſich kleiden wie die andern, wenn uns auch die Mode nicht gefällt. Ou voulez-vous être un original, qui ne se désori¬ ginalisera jamais. Glauben Sie mir, es gefällt manchem am Hofe nicht, ich muß manche Klagen hören, aber — man fügt ſich. Manche Liaiſons ſind ſtadtkundig, wer hatte bisher Arges daran, aber — man genirt ſich jetzt, man fährt nicht mehr zuſam¬ men in den Thiergarten. Ich könnte Ihnen — aber n'en parlons pas — à propos — man ſagt mir, Sie beſuchen noch immer das Haus der Schubitz.“
Der Nichtwirkliche blickte ihn verwundert an.
„Mein hochverehrteſter Gönner, auch das“ — Offenbar wollte er, was man nennt mit etwas heraus¬ platzen, vielleicht aus der Defenſive in die Offenſive
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Bruſt ſchlagend, wie mein kleiner Fritz neulich, den
Sie die Güte hatten aus der Taufe zu heben, die
Verſe von Gleim herſagen ſollte:
Und die Tugend, ſie iſt kein leerer Wahn,
Erzeugt in dem Hirne des Thoren!
drängte ſich die ſtille Thräne des Mitgefühls auch
aus meinen Augen. Wer erkennt nicht dieſes ſu¬
blime Beiſpiel des erhabenen Königspaares! Ich er¬
laubte mir daher auch neulich in der Loge —“
„Mit freimaureriſchen Redensarten iſt es nicht
mehr gethan. Man ſoll auch en vérité die Tugend
executiren. Bemerken Sie denn nicht, wie die Dinge
in Berlin ſchon jetzt ein andres Anſehn gewinnen.
Man muß ſich fügen, mein Lieber, man muß mit
dem Strome ſchwimmen, man muß ſich kleiden wie
die andern, wenn uns auch die Mode nicht gefällt.
Ou voulez-vous être un original, qui ne se désori¬
ginalisera jamais. Glauben Sie mir, es gefällt
manchem am Hofe nicht, ich muß manche Klagen
hören, aber — man fügt ſich. Manche Liaiſons ſind
ſtadtkundig, wer hatte bisher Arges daran, aber —
man genirt ſich jetzt, man fährt nicht mehr zuſam¬
men in den Thiergarten. Ich könnte Ihnen — aber
n'en parlons pas — à propos — man ſagt mir, Sie
beſuchen noch immer das Haus der Schubitz.“
Der Nichtwirkliche blickte ihn verwundert an.
„Mein hochverehrteſter Gönner, auch das“ —
Offenbar wollte er, was man nennt mit etwas heraus¬
platzen, vielleicht aus der Defenſive in die Offenſive
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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 1. Berlin, 1852, S. 106. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe01_1852/120>, abgerufen am 17.06.2024.
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