Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 1. Berlin, 1852.

Bild:
<< vorherige Seite

"Bei Torgau war es ja wohl!"

"Da fiel der Major, der mein Regiment komman¬
dirte, und schon der dritte, der mir vorgezogen war.
Fiel auf den ersten Schuß. Ich kommandirte, es war
nun mal kein anderer da, und nahm das Fichten¬
wäldchen. Die Herren gratulirten mir schon: dies¬
mal komme ich doch nicht zu früh, Herr Major? sagte
der alte Ziethen, der an mir vorüber ritt. Kam doch
zu früh. Der junge Capitain -- was soll ich in
meinem Groll einen Ehrenmann nennen! -- der
noch Page beim König war, kurz vor Ausbruch des
Krieges, ward Major auf dem Schlachtfeld, und
erhielt nachher als Obrist das Regiment, hatte es
gewiß verdient, und was konnte er dafür, daß die
Uebermacht auf ihn fiel und ihn aus der Schanze
trieb. Friedrich wußte es, hatte ihn vom Pferde
stürzen sehen, überreiten und wieder aufsitzen; so
war er blutend zu den Seinen zurückgekehrt."

"Jedermann giebt Dir das Zeugniß, daß Du
es auch verdient hattest, Rittgarten. Ich habe viele
brave Officiere gesprochen."

"Wer sagt denn, daß es Friedrich nicht auch
dachte. Aber er hatte mich zwei Mal übergangen.
Wenn er es nun zum dritten Mal anders machte,
strafte er sich ja selbst. So wird der König gedacht
haben, und darum avancirte ich nicht auf dem Schlacht¬
feld und erhielt nicht das Regiment. Er ließ mich
nachmalen fragen, ob ich nicht ein Paar Freibataillons
commandiren wolle, die sich damals über der Elbe

„Bei Torgau war es ja wohl!“

„Da fiel der Major, der mein Regiment komman¬
dirte, und ſchon der dritte, der mir vorgezogen war.
Fiel auf den erſten Schuß. Ich kommandirte, es war
nun mal kein anderer da, und nahm das Fichten¬
wäldchen. Die Herren gratulirten mir ſchon: dies¬
mal komme ich doch nicht zu früh, Herr Major? ſagte
der alte Ziethen, der an mir vorüber ritt. Kam doch
zu früh. Der junge Capitain — was ſoll ich in
meinem Groll einen Ehrenmann nennen! — der
noch Page beim König war, kurz vor Ausbruch des
Krieges, ward Major auf dem Schlachtfeld, und
erhielt nachher als Obriſt das Regiment, hatte es
gewiß verdient, und was konnte er dafür, daß die
Uebermacht auf ihn fiel und ihn aus der Schanze
trieb. Friedrich wußte es, hatte ihn vom Pferde
ſtürzen ſehen, überreiten und wieder aufſitzen; ſo
war er blutend zu den Seinen zurückgekehrt.“

„Jedermann giebt Dir das Zeugniß, daß Du
es auch verdient hatteſt, Rittgarten. Ich habe viele
brave Officiere geſprochen.“

„Wer ſagt denn, daß es Friedrich nicht auch
dachte. Aber er hatte mich zwei Mal übergangen.
Wenn er es nun zum dritten Mal anders machte,
ſtrafte er ſich ja ſelbſt. So wird der König gedacht
haben, und darum avancirte ich nicht auf dem Schlacht¬
feld und erhielt nicht das Regiment. Er ließ mich
nachmalen fragen, ob ich nicht ein Paar Freibataillons
commandiren wolle, die ſich damals über der Elbe

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0152" n="138"/>
        <p>&#x201E;Bei Torgau war es ja wohl!&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Da fiel der Major, der mein Regiment komman¬<lb/>
dirte, und &#x017F;chon der dritte, der mir vorgezogen war.<lb/>
Fiel auf den er&#x017F;ten Schuß. Ich kommandirte, es war<lb/>
nun mal kein anderer da, und nahm das Fichten¬<lb/>
wäldchen. Die Herren gratulirten mir &#x017F;chon: dies¬<lb/>
mal komme ich doch nicht zu früh, Herr Major? &#x017F;agte<lb/>
der alte Ziethen, der an mir vorüber ritt. Kam doch<lb/>
zu früh. Der junge Capitain &#x2014; was &#x017F;oll ich in<lb/>
meinem Groll einen Ehrenmann nennen! &#x2014; der<lb/>
noch Page beim König war, kurz vor Ausbruch des<lb/>
Krieges, ward Major auf dem Schlachtfeld, und<lb/>
erhielt nachher als Obri&#x017F;t das Regiment, hatte es<lb/>
gewiß verdient, und was konnte er dafür, daß die<lb/>
Uebermacht auf ihn fiel und ihn aus der Schanze<lb/>
trieb. Friedrich wußte es, hatte ihn vom Pferde<lb/>
&#x017F;türzen &#x017F;ehen, überreiten und wieder auf&#x017F;itzen; &#x017F;o<lb/>
war er blutend zu den Seinen zurückgekehrt.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Jedermann giebt Dir das Zeugniß, daß Du<lb/>
es auch verdient hatte&#x017F;t, Rittgarten. Ich habe viele<lb/>
brave Officiere ge&#x017F;prochen.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Wer &#x017F;agt denn, daß es Friedrich nicht auch<lb/>
dachte. Aber er hatte mich zwei Mal übergangen.<lb/>
Wenn er es nun zum dritten Mal anders machte,<lb/>
&#x017F;trafte er &#x017F;ich ja &#x017F;elb&#x017F;t. So wird der König gedacht<lb/>
haben, und darum avancirte ich nicht auf dem Schlacht¬<lb/>
feld und erhielt nicht das Regiment. Er ließ mich<lb/>
nachmalen fragen, ob ich nicht ein Paar Freibataillons<lb/>
commandiren wolle, die &#x017F;ich damals über der Elbe<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[138/0152] „Bei Torgau war es ja wohl!“ „Da fiel der Major, der mein Regiment komman¬ dirte, und ſchon der dritte, der mir vorgezogen war. Fiel auf den erſten Schuß. Ich kommandirte, es war nun mal kein anderer da, und nahm das Fichten¬ wäldchen. Die Herren gratulirten mir ſchon: dies¬ mal komme ich doch nicht zu früh, Herr Major? ſagte der alte Ziethen, der an mir vorüber ritt. Kam doch zu früh. Der junge Capitain — was ſoll ich in meinem Groll einen Ehrenmann nennen! — der noch Page beim König war, kurz vor Ausbruch des Krieges, ward Major auf dem Schlachtfeld, und erhielt nachher als Obriſt das Regiment, hatte es gewiß verdient, und was konnte er dafür, daß die Uebermacht auf ihn fiel und ihn aus der Schanze trieb. Friedrich wußte es, hatte ihn vom Pferde ſtürzen ſehen, überreiten und wieder aufſitzen; ſo war er blutend zu den Seinen zurückgekehrt.“ „Jedermann giebt Dir das Zeugniß, daß Du es auch verdient hatteſt, Rittgarten. Ich habe viele brave Officiere geſprochen.“ „Wer ſagt denn, daß es Friedrich nicht auch dachte. Aber er hatte mich zwei Mal übergangen. Wenn er es nun zum dritten Mal anders machte, ſtrafte er ſich ja ſelbſt. So wird der König gedacht haben, und darum avancirte ich nicht auf dem Schlacht¬ feld und erhielt nicht das Regiment. Er ließ mich nachmalen fragen, ob ich nicht ein Paar Freibataillons commandiren wolle, die ſich damals über der Elbe

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe01_1852
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe01_1852/152
Zitationshilfe: Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 1. Berlin, 1852, S. 138. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe01_1852/152>, abgerufen am 29.04.2024.