Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 1. Berlin, 1852.

Bild:
<< vorherige Seite
Eilftes Kapitel.
Die Frau Obristin.


"Herr Gott, wo sind die Kinder!"

Kaum aber war der Angstruf heraus, als die
Verschwundenen schon unter den Bäumen zum Vor¬
schein kamen; doch nicht allein. Eine fremde Dame
führte Klara an der Hand, zwei junge Mädchen die
andern beiden Kinder, dem Tische der Familie zu.

"Da sind gewiß die lieben Eltern, rief schon
von fern eine Dame halb im Reisekleide, aber doch
in einer sehr geschmackvollen Toilette. Entschuldigen
Sie nur meine Herrschaften, daß ich mich so unan¬
gemeldet eindränge. Aber die englischen Kleinen
gingen mir an's Herz, und ich weiß, was ein Mutter¬
herz leidet, wenn es in Angst ist um seine Kinder.
Da liebe Kleinen sind Eure Eltern. Habt sie nun
auch recht lieb, und lauft ihnen nie mehr fort."

"Mein Gott, was ist es!" rief die Kriegsräthin.

Die fremde Dame gab eine Erklärung, die wir
kurz zusammenfassen. Sie war von einer Reise mit
ihren Nichten zurückgekehrt und hatte am Eingang

Eilftes Kapitel.
Die Frau Obriſtin.


„Herr Gott, wo ſind die Kinder!“

Kaum aber war der Angſtruf heraus, als die
Verſchwundenen ſchon unter den Bäumen zum Vor¬
ſchein kamen; doch nicht allein. Eine fremde Dame
führte Klara an der Hand, zwei junge Mädchen die
andern beiden Kinder, dem Tiſche der Familie zu.

„Da ſind gewiß die lieben Eltern, rief ſchon
von fern eine Dame halb im Reiſekleide, aber doch
in einer ſehr geſchmackvollen Toilette. Entſchuldigen
Sie nur meine Herrſchaften, daß ich mich ſo unan¬
gemeldet eindränge. Aber die engliſchen Kleinen
gingen mir an's Herz, und ich weiß, was ein Mutter¬
herz leidet, wenn es in Angſt iſt um ſeine Kinder.
Da liebe Kleinen ſind Eure Eltern. Habt ſie nun
auch recht lieb, und lauft ihnen nie mehr fort.“

„Mein Gott, was iſt es!“ rief die Kriegsräthin.

Die fremde Dame gab eine Erklärung, die wir
kurz zuſammenfaſſen. Sie war von einer Reiſe mit
ihren Nichten zurückgekehrt und hatte am Eingang

<TEI>
  <text>
    <body>
      <pb facs="#f0162" n="[148]"/>
      <div n="1">
        <head>Eilftes Kapitel.<lb/><hi rendition="#b">Die Frau Obri&#x017F;tin.</hi><lb/></head>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <p>&#x201E;Herr Gott, wo &#x017F;ind die Kinder!&#x201C;</p><lb/>
        <p>Kaum aber war der Ang&#x017F;truf heraus, als die<lb/>
Ver&#x017F;chwundenen &#x017F;chon unter den Bäumen zum Vor¬<lb/>
&#x017F;chein kamen; doch nicht allein. Eine fremde Dame<lb/>
führte Klara an der Hand, zwei junge Mädchen die<lb/>
andern beiden Kinder, dem Ti&#x017F;che der Familie zu.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Da &#x017F;ind gewiß die lieben Eltern, rief &#x017F;chon<lb/>
von fern eine Dame halb im Rei&#x017F;ekleide, aber doch<lb/>
in einer &#x017F;ehr ge&#x017F;chmackvollen Toilette. Ent&#x017F;chuldigen<lb/>
Sie nur meine Herr&#x017F;chaften, daß ich mich &#x017F;o unan¬<lb/>
gemeldet eindränge. Aber die engli&#x017F;chen Kleinen<lb/>
gingen mir an's Herz, und ich weiß, was ein Mutter¬<lb/>
herz leidet, wenn es in Ang&#x017F;t i&#x017F;t um &#x017F;eine Kinder.<lb/>
Da liebe Kleinen &#x017F;ind Eure Eltern. Habt &#x017F;ie nun<lb/>
auch recht lieb, und lauft ihnen nie mehr fort.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Mein Gott, was i&#x017F;t es!&#x201C; rief die Kriegsräthin.</p><lb/>
        <p>Die fremde Dame gab eine Erklärung, die wir<lb/>
kurz zu&#x017F;ammenfa&#x017F;&#x017F;en. Sie war von einer Rei&#x017F;e mit<lb/>
ihren Nichten zurückgekehrt und hatte am Eingang<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[[148]/0162] Eilftes Kapitel. Die Frau Obriſtin. „Herr Gott, wo ſind die Kinder!“ Kaum aber war der Angſtruf heraus, als die Verſchwundenen ſchon unter den Bäumen zum Vor¬ ſchein kamen; doch nicht allein. Eine fremde Dame führte Klara an der Hand, zwei junge Mädchen die andern beiden Kinder, dem Tiſche der Familie zu. „Da ſind gewiß die lieben Eltern, rief ſchon von fern eine Dame halb im Reiſekleide, aber doch in einer ſehr geſchmackvollen Toilette. Entſchuldigen Sie nur meine Herrſchaften, daß ich mich ſo unan¬ gemeldet eindränge. Aber die engliſchen Kleinen gingen mir an's Herz, und ich weiß, was ein Mutter¬ herz leidet, wenn es in Angſt iſt um ſeine Kinder. Da liebe Kleinen ſind Eure Eltern. Habt ſie nun auch recht lieb, und lauft ihnen nie mehr fort.“ „Mein Gott, was iſt es!“ rief die Kriegsräthin. Die fremde Dame gab eine Erklärung, die wir kurz zuſammenfaſſen. Sie war von einer Reiſe mit ihren Nichten zurückgekehrt und hatte am Eingang

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe01_1852
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe01_1852/162
Zitationshilfe: Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 1. Berlin, 1852, S. [148]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe01_1852/162>, abgerufen am 05.10.2024.