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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 1. Berlin, 1852.

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Vorfeier des königlichen Geburtstags einen ungebühr¬
lichen Lärm gemacht, daß sie dadurch den Voigt in
ihr Gefängniß gelockt, daß sie die Thür hinter ihm
verschlossen, und ihn gezwungen, an ihrem Gelage
Theil zu nehmen, bis es ihm zu arg geworden. Ich
bitte Sie, was constirt denn selbst aus dieser Er¬
zählung? Selbst wenn die Fabel Wahrheit wäre, hat
ein Mensch, der so wenig seine Autorität zu erhalten
weiß, sein Amt verwirkt. -- Wer ist dieser Herr v. Wan¬
del? fragte er mit verändertem Tone. Warum inte¬
ressirt sich dieser Legationsrath so lebhaft für die Sache?"

"Es ist nicht die erste, Excellenz."

"In die er sich mischt. Ich weiß es. Er tritt
auf wie der "Alte überall und nirgends." Diese Ge¬
flissentlichkeit, sich in Dinge zu mischen, die ihn nichts
angehen, gefällt mir nicht!"

"Was kann er davon haben, daß Lupinus los
kommt? -- Excellenz halten ihn für einen Aventurier.
Aber er spielt nicht, macht keinen übermäßigen Auf¬
wand, er beschäftigt sich mit den Naturwissenschaften."

"Darum kommt man wohl jetzt nach Berlin!
Darum drängt man sich in alle Gesellschaften, macht
den Affairirten, weiß um alle Secrets, macht sich bei
Prinzen und Damen beliebt, spielt hier den Weisen,
dort den Liebenswürdigen, und für uns Alle den
Räthselhaften."

"Er ist ein Mann des Friedens," lächelte Bo¬
villard.

"Aber unseres Friedens! Er ist zu klug, um

I. 15

Vorfeier des königlichen Geburtstags einen ungebühr¬
lichen Lärm gemacht, daß ſie dadurch den Voigt in
ihr Gefängniß gelockt, daß ſie die Thür hinter ihm
verſchloſſen, und ihn gezwungen, an ihrem Gelage
Theil zu nehmen, bis es ihm zu arg geworden. Ich
bitte Sie, was conſtirt denn ſelbſt aus dieſer Er¬
zählung? Selbſt wenn die Fabel Wahrheit wäre, hat
ein Menſch, der ſo wenig ſeine Autorität zu erhalten
weiß, ſein Amt verwirkt. — Wer iſt dieſer Herr v. Wan¬
del? fragte er mit verändertem Tone. Warum inte¬
reſſirt ſich dieſer Legationsrath ſo lebhaft für die Sache?“

„Es iſt nicht die erſte, Excellenz.“

„In die er ſich miſcht. Ich weiß es. Er tritt
auf wie der „Alte überall und nirgends.“ Dieſe Ge¬
fliſſentlichkeit, ſich in Dinge zu miſchen, die ihn nichts
angehen, gefällt mir nicht!“

„Was kann er davon haben, daß Lupinus los
kommt? — Excellenz halten ihn für einen Aventurier.
Aber er ſpielt nicht, macht keinen übermäßigen Auf¬
wand, er beſchäftigt ſich mit den Naturwiſſenſchaften.“

„Darum kommt man wohl jetzt nach Berlin!
Darum drängt man ſich in alle Geſellſchaften, macht
den Affairirten, weiß um alle Secrets, macht ſich bei
Prinzen und Damen beliebt, ſpielt hier den Weiſen,
dort den Liebenswürdigen, und für uns Alle den
Räthſelhaften.“

„Er iſt ein Mann des Friedens,“ lächelte Bo¬
villard.

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[225/0239] Vorfeier des königlichen Geburtstags einen ungebühr¬ lichen Lärm gemacht, daß ſie dadurch den Voigt in ihr Gefängniß gelockt, daß ſie die Thür hinter ihm verſchloſſen, und ihn gezwungen, an ihrem Gelage Theil zu nehmen, bis es ihm zu arg geworden. Ich bitte Sie, was conſtirt denn ſelbſt aus dieſer Er¬ zählung? Selbſt wenn die Fabel Wahrheit wäre, hat ein Menſch, der ſo wenig ſeine Autorität zu erhalten weiß, ſein Amt verwirkt. — Wer iſt dieſer Herr v. Wan¬ del? fragte er mit verändertem Tone. Warum inte¬ reſſirt ſich dieſer Legationsrath ſo lebhaft für die Sache?“ „Es iſt nicht die erſte, Excellenz.“ „In die er ſich miſcht. Ich weiß es. Er tritt auf wie der „Alte überall und nirgends.“ Dieſe Ge¬ fliſſentlichkeit, ſich in Dinge zu miſchen, die ihn nichts angehen, gefällt mir nicht!“ „Was kann er davon haben, daß Lupinus los kommt? — Excellenz halten ihn für einen Aventurier. Aber er ſpielt nicht, macht keinen übermäßigen Auf¬ wand, er beſchäftigt ſich mit den Naturwiſſenſchaften.“ „Darum kommt man wohl jetzt nach Berlin! Darum drängt man ſich in alle Geſellſchaften, macht den Affairirten, weiß um alle Secrets, macht ſich bei Prinzen und Damen beliebt, ſpielt hier den Weiſen, dort den Liebenswürdigen, und für uns Alle den Räthſelhaften.“ „Er iſt ein Mann des Friedens,“ lächelte Bo¬ villard. „Aber unſeres Friedens! Er iſt zu klug, um I. 15

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Zitationshilfe: Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 1. Berlin, 1852, S. 225. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe01_1852/239>, abgerufen am 02.05.2024.