Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 1. Berlin, 1852.

Bild:
<< vorherige Seite

"Daß er davon läuft, das will ich glauben, er
hat mehr Schulden als Haare auf dem Kopf."

"Nein, auch er soll kleben wie eine Klette. Und
sie verliebt sein, wie -- Na, wie denn? -- Wie ein
verliebter Maikäfer. Das ist das Einzige, was mir
aus einer tollen Tragödie kleben blieb, aus der Iff¬
land uns neulich zum Jocus vorlas, von dem ver¬
rückten Kleist."

"Auch in den Herrn Rittmeister Stier v. Doh¬
leneck? Getrauen Sie sich auch mit dem eine Liaison
zu Stande zu bringen?"

Der Geheimrath sprang auf: "Was gilt die
Wette!"

"Bovillard, sein Sie nicht unsinnig," sagte der
Minister.

"Ich frage, wer wettet! fuhr der Erhitzte fort.
Aber dazu andern Wein, feurigern! Er schleuderte
das Glas hinter sich. Vom Spanischen her, einen
Pedro Ximenes! Die Eitelbach und Dohleneck, eine
liaison tragique, eine liaison dangereuse, ein Turtel¬
pärchen, was Ihr wollt. Wer hält die Wette, auf
was es sei! Christian parire!"

"Bovillard weiß nicht --"

"Alles weiß ich, daß sie wie Katze und Hund
sind, eine Aversion fühlen, eine gegenseitige Idiosyn¬
krasie, die stadtkundig ist. Desto besser; je schwieriger
die Aufgabe, so ehrenvoller der Succeß. Va-t-en,
Christian, wettest Du?"

"Meinethalben."

„Daß er davon läuft, das will ich glauben, er
hat mehr Schulden als Haare auf dem Kopf.“

„Nein, auch er ſoll kleben wie eine Klette. Und
ſie verliebt ſein, wie — Na, wie denn? — Wie ein
verliebter Maikäfer. Das iſt das Einzige, was mir
aus einer tollen Tragödie kleben blieb, aus der Iff¬
land uns neulich zum Jocus vorlas, von dem ver¬
rückten Kleiſt.“

„Auch in den Herrn Rittmeiſter Stier v. Doh¬
leneck? Getrauen Sie ſich auch mit dem eine Liaiſon
zu Stande zu bringen?“

Der Geheimrath ſprang auf: „Was gilt die
Wette!“

„Bovillard, ſein Sie nicht unſinnig,“ ſagte der
Miniſter.

„Ich frage, wer wettet! fuhr der Erhitzte fort.
Aber dazu andern Wein, feurigern! Er ſchleuderte
das Glas hinter ſich. Vom Spaniſchen her, einen
Pedro Ximenes! Die Eitelbach und Dohleneck, eine
liaison tragique, eine liaison dangereuse, ein Turtel¬
pärchen, was Ihr wollt. Wer hält die Wette, auf
was es ſei! Chriſtian parire!“

„Bovillard weiß nicht —“

„Alles weiß ich, daß ſie wie Katze und Hund
ſind, eine Averſion fühlen, eine gegenſeitige Idioſyn¬
kraſie, die ſtadtkundig iſt. Deſto beſſer; je ſchwieriger
die Aufgabe, ſo ehrenvoller der Succeß. Va-t-en,
Chriſtian, wetteſt Du?“

„Meinethalben.“

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0276" n="262"/>
        <p>&#x201E;Daß er davon läuft, das will ich glauben, er<lb/>
hat mehr Schulden als Haare auf dem Kopf.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Nein, auch er &#x017F;oll kleben wie eine Klette. Und<lb/>
&#x017F;ie verliebt &#x017F;ein, wie &#x2014; Na, wie denn? &#x2014; Wie ein<lb/>
verliebter Maikäfer. Das i&#x017F;t das Einzige, was mir<lb/>
aus einer tollen Tragödie kleben blieb, aus der Iff¬<lb/>
land uns neulich zum Jocus vorlas, von dem ver¬<lb/>
rückten Klei&#x017F;t.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Auch in den Herrn Rittmei&#x017F;ter Stier v. Doh¬<lb/>
leneck? Getrauen Sie &#x017F;ich auch mit dem eine Liai&#x017F;on<lb/>
zu Stande zu bringen?&#x201C;</p><lb/>
        <p>Der Geheimrath &#x017F;prang auf: &#x201E;Was gilt die<lb/>
Wette!&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Bovillard, &#x017F;ein Sie nicht un&#x017F;innig,&#x201C; &#x017F;agte der<lb/>
Mini&#x017F;ter.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Ich frage, wer wettet! fuhr der Erhitzte fort.<lb/>
Aber dazu andern Wein, feurigern! Er &#x017F;chleuderte<lb/>
das Glas hinter &#x017F;ich. Vom Spani&#x017F;chen her, einen<lb/>
Pedro Ximenes! Die Eitelbach und Dohleneck, eine<lb/><hi rendition="#aq">liaison tragique,</hi> eine <hi rendition="#aq">liaison dangereuse,</hi> ein Turtel¬<lb/>
pärchen, was Ihr wollt. Wer hält die Wette, auf<lb/>
was es &#x017F;ei! Chri&#x017F;tian parire!&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Bovillard weiß nicht &#x2014;&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Alles weiß ich, daß &#x017F;ie wie Katze und Hund<lb/>
&#x017F;ind, eine Aver&#x017F;ion fühlen, eine gegen&#x017F;eitige Idio&#x017F;yn¬<lb/>
kra&#x017F;ie, die &#x017F;tadtkundig i&#x017F;t. De&#x017F;to be&#x017F;&#x017F;er; je &#x017F;chwieriger<lb/>
die Aufgabe, &#x017F;o ehrenvoller der Succeß. <hi rendition="#aq">Va-t-en</hi>,<lb/>
Chri&#x017F;tian, wette&#x017F;t Du?&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Meinethalben.&#x201C;</p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[262/0276] „Daß er davon läuft, das will ich glauben, er hat mehr Schulden als Haare auf dem Kopf.“ „Nein, auch er ſoll kleben wie eine Klette. Und ſie verliebt ſein, wie — Na, wie denn? — Wie ein verliebter Maikäfer. Das iſt das Einzige, was mir aus einer tollen Tragödie kleben blieb, aus der Iff¬ land uns neulich zum Jocus vorlas, von dem ver¬ rückten Kleiſt.“ „Auch in den Herrn Rittmeiſter Stier v. Doh¬ leneck? Getrauen Sie ſich auch mit dem eine Liaiſon zu Stande zu bringen?“ Der Geheimrath ſprang auf: „Was gilt die Wette!“ „Bovillard, ſein Sie nicht unſinnig,“ ſagte der Miniſter. „Ich frage, wer wettet! fuhr der Erhitzte fort. Aber dazu andern Wein, feurigern! Er ſchleuderte das Glas hinter ſich. Vom Spaniſchen her, einen Pedro Ximenes! Die Eitelbach und Dohleneck, eine liaison tragique, eine liaison dangereuse, ein Turtel¬ pärchen, was Ihr wollt. Wer hält die Wette, auf was es ſei! Chriſtian parire!“ „Bovillard weiß nicht —“ „Alles weiß ich, daß ſie wie Katze und Hund ſind, eine Averſion fühlen, eine gegenſeitige Idioſyn¬ kraſie, die ſtadtkundig iſt. Deſto beſſer; je ſchwieriger die Aufgabe, ſo ehrenvoller der Succeß. Va-t-en, Chriſtian, wetteſt Du?“ „Meinethalben.“

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe01_1852
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe01_1852/276
Zitationshilfe: Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 1. Berlin, 1852, S. 262. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe01_1852/276>, abgerufen am 14.05.2024.