Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 2. Berlin, 1852.

Bild:
<< vorherige Seite

In dem Augenblick rasselte eine staubbedeckte Ka¬
lesche um die Ecke. Bei der raschen Wendung mochte
das Hinterrad an einen Stein gestoßen sein, das
Rad brach und der leichte Wagen stürzte um. Schon
im nächsten Augenblick hatte der darin Sitzende mit
einem Fluch sich aus dem Wagen gearbeitet. Der
Fluch galt den Pferden, oder dem Kutscher, eine
barsche Zurechtweisung den Beiden, welche zum Helfen
hinzugesprungen waren. Auf ihre Frage, ob er keinen
Schaden gelitten, antwortete der Mann, der seinen
militairischen Mantel in die Kalesche zurückwarf und
hastig nach einer Ledertasche griff: "Das wäre das
Wenigste!"

"Verfluchter Kerl, warum hier grade! rief er
sich umsehend dem Kutscher zu. Es ist ja noch eine
Viertelstunde bis zum --" Er nannte den Namen
eines Ministers.

"Wenn es Ihnen darauf ankommt, führe ich
Sie auf kürzerem Wege dahin?" sagte Bovillard.

Es war ein Courier. Der Rittmeister, im Schein
der Laterne, bei welchem der Reisende die Ledertasche
besah, erkannte einen befreundeten jüngern Officier.

"Was bringen Sie in Ihrer Tasche, Schmi¬
linsky?"

"Brennend Feuer," antwortete der Feldofficier,
indem er die Tasche wieder zuschloß. "Ja auf dem
nächsten Weg, meine Herren, zum Minister."

Der wohlbeleibtere Cavallerieofficier hatte Mühe,
den Beiden nachzukommen.

In dem Augenblick raſſelte eine ſtaubbedeckte Ka¬
leſche um die Ecke. Bei der raſchen Wendung mochte
das Hinterrad an einen Stein geſtoßen ſein, das
Rad brach und der leichte Wagen ſtürzte um. Schon
im nächſten Augenblick hatte der darin Sitzende mit
einem Fluch ſich aus dem Wagen gearbeitet. Der
Fluch galt den Pferden, oder dem Kutſcher, eine
barſche Zurechtweiſung den Beiden, welche zum Helfen
hinzugeſprungen waren. Auf ihre Frage, ob er keinen
Schaden gelitten, antwortete der Mann, der ſeinen
militairiſchen Mantel in die Kaleſche zurückwarf und
haſtig nach einer Ledertaſche griff: „Das wäre das
Wenigſte!“

„Verfluchter Kerl, warum hier grade! rief er
ſich umſehend dem Kutſcher zu. Es iſt ja noch eine
Viertelſtunde bis zum —“ Er nannte den Namen
eines Miniſters.

„Wenn es Ihnen darauf ankommt, führe ich
Sie auf kürzerem Wege dahin?“ ſagte Bovillard.

Es war ein Courier. Der Rittmeiſter, im Schein
der Laterne, bei welchem der Reiſende die Ledertaſche
beſah, erkannte einen befreundeten jüngern Officier.

„Was bringen Sie in Ihrer Taſche, Schmi¬
linsky?“

„Brennend Feuer,“ antwortete der Feldofficier,
indem er die Taſche wieder zuſchloß. „Ja auf dem
nächſten Weg, meine Herren, zum Miniſter.“

Der wohlbeleibtere Cavallerieofficier hatte Mühe,
den Beiden nachzukommen.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0332" n="322"/>
        <p>In dem Augenblick ra&#x017F;&#x017F;elte eine &#x017F;taubbedeckte Ka¬<lb/>
le&#x017F;che um die Ecke. Bei der ra&#x017F;chen Wendung mochte<lb/>
das Hinterrad an einen Stein ge&#x017F;toßen &#x017F;ein, das<lb/>
Rad brach und der leichte Wagen &#x017F;türzte um. Schon<lb/>
im näch&#x017F;ten Augenblick hatte der darin Sitzende mit<lb/>
einem Fluch &#x017F;ich aus dem Wagen gearbeitet. Der<lb/>
Fluch galt den Pferden, oder dem Kut&#x017F;cher, eine<lb/>
bar&#x017F;che Zurechtwei&#x017F;ung den Beiden, welche zum Helfen<lb/>
hinzuge&#x017F;prungen waren. Auf ihre Frage, ob er keinen<lb/>
Schaden gelitten, antwortete der Mann, der &#x017F;einen<lb/>
militairi&#x017F;chen Mantel in die Kale&#x017F;che zurückwarf und<lb/>
ha&#x017F;tig nach einer Lederta&#x017F;che griff: &#x201E;Das wäre das<lb/>
Wenig&#x017F;te!&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Verfluchter Kerl, warum hier grade! rief er<lb/>
&#x017F;ich um&#x017F;ehend dem Kut&#x017F;cher zu. Es i&#x017F;t ja noch eine<lb/>
Viertel&#x017F;tunde bis zum &#x2014;&#x201C; Er nannte den Namen<lb/>
eines Mini&#x017F;ters.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Wenn es Ihnen darauf ankommt, führe ich<lb/>
Sie auf kürzerem Wege dahin?&#x201C; &#x017F;agte Bovillard.</p><lb/>
        <p>Es war ein Courier. Der Rittmei&#x017F;ter, im Schein<lb/>
der Laterne, bei welchem der Rei&#x017F;ende die Lederta&#x017F;che<lb/>
be&#x017F;ah, erkannte einen befreundeten jüngern Officier.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Was bringen Sie in Ihrer Ta&#x017F;che, Schmi¬<lb/>
linsky?&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Brennend Feuer,&#x201C; antwortete der Feldofficier,<lb/>
indem er die Ta&#x017F;che wieder zu&#x017F;chloß. &#x201E;Ja auf dem<lb/>
näch&#x017F;ten Weg, meine Herren, zum Mini&#x017F;ter.&#x201C;</p><lb/>
        <p>Der wohlbeleibtere Cavallerieofficier hatte Mühe,<lb/>
den Beiden nachzukommen.</p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[322/0332] In dem Augenblick raſſelte eine ſtaubbedeckte Ka¬ leſche um die Ecke. Bei der raſchen Wendung mochte das Hinterrad an einen Stein geſtoßen ſein, das Rad brach und der leichte Wagen ſtürzte um. Schon im nächſten Augenblick hatte der darin Sitzende mit einem Fluch ſich aus dem Wagen gearbeitet. Der Fluch galt den Pferden, oder dem Kutſcher, eine barſche Zurechtweiſung den Beiden, welche zum Helfen hinzugeſprungen waren. Auf ihre Frage, ob er keinen Schaden gelitten, antwortete der Mann, der ſeinen militairiſchen Mantel in die Kaleſche zurückwarf und haſtig nach einer Ledertaſche griff: „Das wäre das Wenigſte!“ „Verfluchter Kerl, warum hier grade! rief er ſich umſehend dem Kutſcher zu. Es iſt ja noch eine Viertelſtunde bis zum —“ Er nannte den Namen eines Miniſters. „Wenn es Ihnen darauf ankommt, führe ich Sie auf kürzerem Wege dahin?“ ſagte Bovillard. Es war ein Courier. Der Rittmeiſter, im Schein der Laterne, bei welchem der Reiſende die Ledertaſche beſah, erkannte einen befreundeten jüngern Officier. „Was bringen Sie in Ihrer Taſche, Schmi¬ linsky?“ „Brennend Feuer,“ antwortete der Feldofficier, indem er die Taſche wieder zuſchloß. „Ja auf dem nächſten Weg, meine Herren, zum Miniſter.“ Der wohlbeleibtere Cavallerieofficier hatte Mühe, den Beiden nachzukommen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe02_1852
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe02_1852/332
Zitationshilfe: Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 2. Berlin, 1852, S. 322. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe02_1852/332>, abgerufen am 30.04.2024.