Ich gebe auch zu, daß in der Lüge etwas Wahres war. Wir spielten Schach mit einander, weil sie uns dazu nöthigten, zwangen. Genug, wir haben gespielt. Weiter war es nichts."
"Und Euer Erlaucht gewannen."
"Die Erlaucht hatte nichts damit zu schaffen. Wir gingen unserm Penchant nach, und in einem Punkte stießen wir an einander."
"Ich gebe keine Gesellschaften mehr. Mein Haus ist ein Haus der Trauer geworden, mein guter Mann --"
"Wird gewiß unter solcher Pflege genesen. Wer redet davon! Wir wollen ja nur unsre Gedanken über das Wesen der Geselligkeit einklingen lassen. Lieben wir sie etwa um ihrer selbst willen? Um daraus Belehrung, Trost, Hülfe zu schöpfen? Sind wir lüstern wie die unsterblichen Götter im Olymp, die den Opferduft der Menschen mit Wohlgefallen einschlürfen sollen? Oder ist es bei uns die Nei¬ gung, das Verlangen, mit unsers Gleichen zusammen zu sein? Sehn Sie, wie unser Freund lächelt. Nicht wahr, das brauchen wir beide nicht, wir haben Ressourcen in uns, um uns vor der Einsamkeit nicht zu fürchten."
"Ich lächle nur, sagte Wandel, weil Sie von ""Ihres Gleichen"" sprechen."
"Und mit Ihrer Bosheit treffen Sie es. Wir zaubern das um uns, was uns doch nicht entgeht. Weil wir unter Thoren leben müssen, verschaffen
Ich gebe auch zu, daß in der Lüge etwas Wahres war. Wir ſpielten Schach mit einander, weil ſie uns dazu nöthigten, zwangen. Genug, wir haben geſpielt. Weiter war es nichts.“
„Und Euer Erlaucht gewannen.“
„Die Erlaucht hatte nichts damit zu ſchaffen. Wir gingen unſerm Penchant nach, und in einem Punkte ſtießen wir an einander.“
„Ich gebe keine Geſellſchaften mehr. Mein Haus iſt ein Haus der Trauer geworden, mein guter Mann —“
„Wird gewiß unter ſolcher Pflege geneſen. Wer redet davon! Wir wollen ja nur unſre Gedanken über das Weſen der Geſelligkeit einklingen laſſen. Lieben wir ſie etwa um ihrer ſelbſt willen? Um daraus Belehrung, Troſt, Hülfe zu ſchöpfen? Sind wir lüſtern wie die unſterblichen Götter im Olymp, die den Opferduft der Menſchen mit Wohlgefallen einſchlürfen ſollen? Oder iſt es bei uns die Nei¬ gung, das Verlangen, mit unſers Gleichen zuſammen zu ſein? Sehn Sie, wie unſer Freund lächelt. Nicht wahr, das brauchen wir beide nicht, wir haben Reſſourcen in uns, um uns vor der Einſamkeit nicht zu fürchten.“
„Ich lächle nur, ſagte Wandel, weil Sie von „„Ihres Gleichen““ ſprechen.“
„Und mit Ihrer Bosheit treffen Sie es. Wir zaubern das um uns, was uns doch nicht entgeht. Weil wir unter Thoren leben müſſen, verſchaffen
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Ich gebe auch zu, daß in der Lüge etwas Wahres
war. Wir ſpielten Schach mit einander, weil ſie uns
dazu nöthigten, zwangen. Genug, wir haben geſpielt.
Weiter war es nichts.“
„Und Euer Erlaucht gewannen.“
„Die Erlaucht hatte nichts damit zu ſchaffen.
Wir gingen unſerm Penchant nach, und in einem
Punkte ſtießen wir an einander.“
„Ich gebe keine Geſellſchaften mehr. Mein Haus
iſt ein Haus der Trauer geworden, mein guter
Mann —“
„Wird gewiß unter ſolcher Pflege geneſen. Wer
redet davon! Wir wollen ja nur unſre Gedanken
über das Weſen der Geſelligkeit einklingen laſſen.
Lieben wir ſie etwa um ihrer ſelbſt willen? Um
daraus Belehrung, Troſt, Hülfe zu ſchöpfen? Sind
wir lüſtern wie die unſterblichen Götter im Olymp,
die den Opferduft der Menſchen mit Wohlgefallen
einſchlürfen ſollen? Oder iſt es bei uns die Nei¬
gung, das Verlangen, mit unſers Gleichen zuſammen
zu ſein? Sehn Sie, wie unſer Freund lächelt.
Nicht wahr, das brauchen wir beide nicht, wir haben
Reſſourcen in uns, um uns vor der Einſamkeit nicht
zu fürchten.“
„Ich lächle nur, ſagte Wandel, weil Sie von
„„Ihres Gleichen““ ſprechen.“
„Und mit Ihrer Bosheit treffen Sie es. Wir
zaubern das um uns, was uns doch nicht entgeht.
Weil wir unter Thoren leben müſſen, verſchaffen
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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 4. Berlin, 1852, S. 141. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe04_1852/151>, abgerufen am 17.06.2024.
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