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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 4. Berlin, 1852.

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tranken, und ich trank auch Muth, sie sagten mir
nichts Neues -- und da stach es mich, und trieb
mich, Dich wollte ich noch einmal glücklich sehen.
-- Und das hab ich nun auch aufgegeben, da ich
weiß -- --"

Hier waren einige Zeilen von Thränen verwischt.

"Das Geld brauchst Du nicht -- das kümmert
mich auch nicht mehr, -- und mich wirst Du verges¬
sen -- aber wenn ich nur etwas wüßte, was Dir
recht lieb wäre, ich wollte Alles thun, mir einen
Finger abschneiden, mich wieder verkaufen, wenn ich
nur wüßte -- Und nicht wahr, das war nicht un¬
recht von mir. Manche hat sich betrunken, ehe sie
in's Wasser sprang. Ich wollte ja nur Dich noch
einmal sehen, Dich sehen, wenn Dein schön Auge
so recht aus voller Seele lacht. -- Nein, ich werde
es nicht mehr sehen -- Lebe wohl, Du mein Alles --"

Die Unterschrift war wieder von den Thränen
ausgelöscht. Aber dahinter noch einige kaum lesbare
Zeilen: "Aber ich muß Dich sehen -- hilf mir Gott,
wenn ich mein Wort breche. Wenn Du in die
Kirche gehst mit ihr. Ganz von ferne -- sieh Dich
nicht um, Du wirst mich nicht entdecken. Trinken
muß ich den Strahl aus Deinem Auge, und dann --"

Die letzten Worte gingen in ein fieberhaftes
Gekritzel über. Walter war von der Lecture aufge¬
regt; aber sein Entschluß schnell gefaßt.

"Es giebt doch etwas auch neben dem Vater¬
lande, um was der Mensch sein Höchstes einsetzt,

IV. 17

tranken, und ich trank auch Muth, ſie ſagten mir
nichts Neues — und da ſtach es mich, und trieb
mich, Dich wollte ich noch einmal glücklich ſehen.
— Und das hab ich nun auch aufgegeben, da ich
weiß — —“

Hier waren einige Zeilen von Thränen verwiſcht.

„Das Geld brauchſt Du nicht — das kümmert
mich auch nicht mehr, — und mich wirſt Du vergeſ¬
ſen — aber wenn ich nur etwas wüßte, was Dir
recht lieb wäre, ich wollte Alles thun, mir einen
Finger abſchneiden, mich wieder verkaufen, wenn ich
nur wüßte — Und nicht wahr, das war nicht un¬
recht von mir. Manche hat ſich betrunken, ehe ſie
in's Waſſer ſprang. Ich wollte ja nur Dich noch
einmal ſehen, Dich ſehen, wenn Dein ſchön Auge
ſo recht aus voller Seele lacht. — Nein, ich werde
es nicht mehr ſehen — Lebe wohl, Du mein Alles —“

Die Unterſchrift war wieder von den Thränen
ausgelöſcht. Aber dahinter noch einige kaum lesbare
Zeilen: „Aber ich muß Dich ſehen — hilf mir Gott,
wenn ich mein Wort breche. Wenn Du in die
Kirche gehſt mit ihr. Ganz von ferne — ſieh Dich
nicht um, Du wirſt mich nicht entdecken. Trinken
muß ich den Strahl aus Deinem Auge, und dann —“

Die letzten Worte gingen in ein fieberhaftes
Gekritzel über. Walter war von der Lecture aufge¬
regt; aber ſein Entſchluß ſchnell gefaßt.

„Es giebt doch etwas auch neben dem Vater¬
lande, um was der Menſch ſein Höchſtes einſetzt,

IV. 17
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[257/0267] tranken, und ich trank auch Muth, ſie ſagten mir nichts Neues — und da ſtach es mich, und trieb mich, Dich wollte ich noch einmal glücklich ſehen. — Und das hab ich nun auch aufgegeben, da ich weiß — —“ Hier waren einige Zeilen von Thränen verwiſcht. „Das Geld brauchſt Du nicht — das kümmert mich auch nicht mehr, — und mich wirſt Du vergeſ¬ ſen — aber wenn ich nur etwas wüßte, was Dir recht lieb wäre, ich wollte Alles thun, mir einen Finger abſchneiden, mich wieder verkaufen, wenn ich nur wüßte — Und nicht wahr, das war nicht un¬ recht von mir. Manche hat ſich betrunken, ehe ſie in's Waſſer ſprang. Ich wollte ja nur Dich noch einmal ſehen, Dich ſehen, wenn Dein ſchön Auge ſo recht aus voller Seele lacht. — Nein, ich werde es nicht mehr ſehen — Lebe wohl, Du mein Alles —“ Die Unterſchrift war wieder von den Thränen ausgelöſcht. Aber dahinter noch einige kaum lesbare Zeilen: „Aber ich muß Dich ſehen — hilf mir Gott, wenn ich mein Wort breche. Wenn Du in die Kirche gehſt mit ihr. Ganz von ferne — ſieh Dich nicht um, Du wirſt mich nicht entdecken. Trinken muß ich den Strahl aus Deinem Auge, und dann —“ Die letzten Worte gingen in ein fieberhaftes Gekritzel über. Walter war von der Lecture aufge¬ regt; aber ſein Entſchluß ſchnell gefaßt. „Es giebt doch etwas auch neben dem Vater¬ lande, um was der Menſch ſein Höchſtes einſetzt, IV. 17

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Zitationshilfe: Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 4. Berlin, 1852, S. 257. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe04_1852/267>, abgerufen am 29.04.2024.