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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 4. Berlin, 1852.

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"Ich auch, lachte der Legationsrath. Nur habe
ich die achtzig Tausend so gut wie in der Hand;
beim andern Geschäft aber sind Schwierigkeiten zu
überwinden; es ist, würde der Engländer sagen, ein
steeple chase mit Hindernissen."

"Sie winden sich durch, Herr Legationsrath."

"Ich nehme es als ein gutes Omen an, lächelte
Wandel. Wir scheiden doch als Freunde."

"Wie vorher."

Der Legationsrath hatte den Kaufmann bis zur
Thür begleitet.

"Nun sehen Sie, da wir als Freunde scheiden,
und Sie sich so honett gezeigt, ist ein Dienst des
andern werth. Sie haben mich gerettet, ich gesteh's
Ihnen, für den Moment. Und aus purer Gefällig¬
keit! Der alte Asten ist aber kein Bettler. Er
nimmt nichts umsonst. Also erstens dafür: tiefste
Verschwiegenheit; von mir hört keiner eine Sylbe.
Zweitens eine Maxime: ein Kaufmann darf nicht zu
viel Speculationen auf ein Mal vor sich haben.
Wenn er zu lange wählt, entschließt er sich zu spät.
Sieht er zu eifrig nach der Taube auf dem Dache,
so fliegt ihm auch der Sperling aus der Hand.
Merken Sie sich das; rasch zugegriffen. Und drittens
ist mir schon lange für Sie was eingefallen. Machen
Sie sich doch an Madame Braunbiegler. Das wäre
eine Partie für Sie. So reich wie dick. Hundert¬
zwanzig Tausend unter Brüdern. Der alte Braun¬
biegler verstand's. Lauter solide Hypotheken und

„Ich auch, lachte der Legationsrath. Nur habe
ich die achtzig Tauſend ſo gut wie in der Hand;
beim andern Geſchäft aber ſind Schwierigkeiten zu
überwinden; es iſt, würde der Engländer ſagen, ein
steeple chase mit Hinderniſſen.“

Sie winden ſich durch, Herr Legationsrath.“

„Ich nehme es als ein gutes Omen an, lächelte
Wandel. Wir ſcheiden doch als Freunde.“

„Wie vorher.“

Der Legationsrath hatte den Kaufmann bis zur
Thür begleitet.

„Nun ſehen Sie, da wir als Freunde ſcheiden,
und Sie ſich ſo honett gezeigt, iſt ein Dienſt des
andern werth. Sie haben mich gerettet, ich geſteh's
Ihnen, für den Moment. Und aus purer Gefällig¬
keit! Der alte Aſten iſt aber kein Bettler. Er
nimmt nichts umſonſt. Alſo erſtens dafür: tiefſte
Verſchwiegenheit; von mir hört keiner eine Sylbe.
Zweitens eine Maxime: ein Kaufmann darf nicht zu
viel Speculationen auf ein Mal vor ſich haben.
Wenn er zu lange wählt, entſchließt er ſich zu ſpät.
Sieht er zu eifrig nach der Taube auf dem Dache,
ſo fliegt ihm auch der Sperling aus der Hand.
Merken Sie ſich das; raſch zugegriffen. Und drittens
iſt mir ſchon lange für Sie was eingefallen. Machen
Sie ſich doch an Madame Braunbiegler. Das wäre
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zwanzig Tauſend unter Brüdern. Der alte Braun¬
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[328/0338] „Ich auch, lachte der Legationsrath. Nur habe ich die achtzig Tauſend ſo gut wie in der Hand; beim andern Geſchäft aber ſind Schwierigkeiten zu überwinden; es iſt, würde der Engländer ſagen, ein steeple chase mit Hinderniſſen.“ „Sie winden ſich durch, Herr Legationsrath.“ „Ich nehme es als ein gutes Omen an, lächelte Wandel. Wir ſcheiden doch als Freunde.“ „Wie vorher.“ Der Legationsrath hatte den Kaufmann bis zur Thür begleitet. „Nun ſehen Sie, da wir als Freunde ſcheiden, und Sie ſich ſo honett gezeigt, iſt ein Dienſt des andern werth. Sie haben mich gerettet, ich geſteh's Ihnen, für den Moment. Und aus purer Gefällig¬ keit! Der alte Aſten iſt aber kein Bettler. Er nimmt nichts umſonſt. Alſo erſtens dafür: tiefſte Verſchwiegenheit; von mir hört keiner eine Sylbe. Zweitens eine Maxime: ein Kaufmann darf nicht zu viel Speculationen auf ein Mal vor ſich haben. Wenn er zu lange wählt, entſchließt er ſich zu ſpät. Sieht er zu eifrig nach der Taube auf dem Dache, ſo fliegt ihm auch der Sperling aus der Hand. Merken Sie ſich das; raſch zugegriffen. Und drittens iſt mir ſchon lange für Sie was eingefallen. Machen Sie ſich doch an Madame Braunbiegler. Das wäre eine Partie für Sie. So reich wie dick. Hundert¬ zwanzig Tauſend unter Brüdern. Der alte Braun¬ biegler verſtand's. Lauter ſolide Hypotheken und

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Zitationshilfe: Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 4. Berlin, 1852, S. 328. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe04_1852/338>, abgerufen am 29.04.2024.