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Alexis, Willibald: Herr von Sacken. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 10. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 95–202. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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mußten erst die Pferde gewechselt werden. Der Weg zur Post führte ihn vor des Bürger Lauson's Hause vorbei. Der mußte ja um das Complot wissen. In dem neu geweißten Flure war es auch still. An der Wand stand folgender Vers mit Kohle geschrieben:

Juchheißa, mein Faß Ungerwein bleibt doch in dem Keller,
Der Kurländer hat bezahlt bei Pfennig und Heller.
Vivat der Herzog von Kurland, und der es geworden,
Und auch der Königlich Preußische schwarze Adlerorden!

Von einem tauben alten Manne, der eine Art Hausknecht- oder Verwalterstelle im Hause versah, konnte der Freiherr über das tolle Gedicht nicht mehr erfahren, als daß sein Herr es selbst in der Freude an die Wand geschrieben, und daß der Herr Advocat Behrend und seine Freunde herzlich darüber gelacht. Die letzte Zeile sei aber erst nachher hinzugeschrieben, denn des Herrn Lauson Freunde hätten es bedenklich gefunden, wenn er, als guter Preuße und brandenburgischer Patriot, einen fremden Potentaten allein in seinem Hause leben lasse, und es möchte ihm in Potsdam übel angerechnet werden. Um deßhalb habe sein Herr Lauson, sagte mit Wohlgefallen der Mensch, auch den schwarzen Adlerorden leben lassen, den dazumal gerade Seine Excellenz der Herr Gouverneur aus der Residenz erhalten. Und daran habe er sehr klug gethan, und es sei sehr gelobt worden von Allen. -- Wo ist Sein Herr? fragte Sacken ungeduldig. -- I zur Hochzeit in Kurland, war die Antwort.

Das wird ja eine recht lustige Hochzeit, dachte der

mußten erst die Pferde gewechselt werden. Der Weg zur Post führte ihn vor des Bürger Lauson's Hause vorbei. Der mußte ja um das Complot wissen. In dem neu geweißten Flure war es auch still. An der Wand stand folgender Vers mit Kohle geschrieben:

Juchheißa, mein Faß Ungerwein bleibt doch in dem Keller,
Der Kurländer hat bezahlt bei Pfennig und Heller.
Vivat der Herzog von Kurland, und der es geworden,
Und auch der Königlich Preußische schwarze Adlerorden!

Von einem tauben alten Manne, der eine Art Hausknecht- oder Verwalterstelle im Hause versah, konnte der Freiherr über das tolle Gedicht nicht mehr erfahren, als daß sein Herr es selbst in der Freude an die Wand geschrieben, und daß der Herr Advocat Behrend und seine Freunde herzlich darüber gelacht. Die letzte Zeile sei aber erst nachher hinzugeschrieben, denn des Herrn Lauson Freunde hätten es bedenklich gefunden, wenn er, als guter Preuße und brandenburgischer Patriot, einen fremden Potentaten allein in seinem Hause leben lasse, und es möchte ihm in Potsdam übel angerechnet werden. Um deßhalb habe sein Herr Lauson, sagte mit Wohlgefallen der Mensch, auch den schwarzen Adlerorden leben lassen, den dazumal gerade Seine Excellenz der Herr Gouverneur aus der Residenz erhalten. Und daran habe er sehr klug gethan, und es sei sehr gelobt worden von Allen. — Wo ist Sein Herr? fragte Sacken ungeduldig. — I zur Hochzeit in Kurland, war die Antwort.

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[0076] mußten erst die Pferde gewechselt werden. Der Weg zur Post führte ihn vor des Bürger Lauson's Hause vorbei. Der mußte ja um das Complot wissen. In dem neu geweißten Flure war es auch still. An der Wand stand folgender Vers mit Kohle geschrieben: Juchheißa, mein Faß Ungerwein bleibt doch in dem Keller, Der Kurländer hat bezahlt bei Pfennig und Heller. Vivat der Herzog von Kurland, und der es geworden, Und auch der Königlich Preußische schwarze Adlerorden! Von einem tauben alten Manne, der eine Art Hausknecht- oder Verwalterstelle im Hause versah, konnte der Freiherr über das tolle Gedicht nicht mehr erfahren, als daß sein Herr es selbst in der Freude an die Wand geschrieben, und daß der Herr Advocat Behrend und seine Freunde herzlich darüber gelacht. Die letzte Zeile sei aber erst nachher hinzugeschrieben, denn des Herrn Lauson Freunde hätten es bedenklich gefunden, wenn er, als guter Preuße und brandenburgischer Patriot, einen fremden Potentaten allein in seinem Hause leben lasse, und es möchte ihm in Potsdam übel angerechnet werden. Um deßhalb habe sein Herr Lauson, sagte mit Wohlgefallen der Mensch, auch den schwarzen Adlerorden leben lassen, den dazumal gerade Seine Excellenz der Herr Gouverneur aus der Residenz erhalten. Und daran habe er sehr klug gethan, und es sei sehr gelobt worden von Allen. — Wo ist Sein Herr? fragte Sacken ungeduldig. — I zur Hochzeit in Kurland, war die Antwort. Das wird ja eine recht lustige Hochzeit, dachte der

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Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-14T12:11:53Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
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Zitationshilfe: Alexis, Willibald: Herr von Sacken. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 10. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 95–202. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_sacken_1910/76>, abgerufen am 28.04.2024.