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Alexis, Willibald: Herr von Sacken. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 10. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 95–202. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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-- im fernsten Asien, Einer wohl gar bei der Zobeljagd, naturhistorischen Studien nachhänge.

Sacken's Ingrimm barg sich in die Maske des Trotzes. Er eilte nach dem Palast; der Herzog war grade in Mitau. Im Vorzimmer begegnete ihm sein Jugendfreund Keyserlingk, von dem er seit Jahren kaum mehr erfahren, als daß derselbe, nicht weniger mißvergnügt, als er, sein Vaterland auf längere Zeit gemieden. Die Verwunderung, sich hier wiederzusehen, war auf Sacken's Seite größer. Keyserlingk zog ihn bei Seite und sprach in einem Tone, den er an dem gewaltigen Senior der Kuronen nicht gewohnt war: Du thust recht daran. Wie die Sachen liegen, blieb uns kein anderer Ausweg. Man muß verstehen, die Träume der Jugend von der Wirksamkeit des Mannesalters zu unterscheiden. Er ist heftig, eitel, aber darin vernünftig: er denkt nicht zurück, wenn wir ihn nicht daran erinnern. Ich schloß meinen Frieden mit ihm. Versuche du es auch. Er ist zur Versöhnung geneigt, und du triffst ihn in einer guten Stunde. Er wird thun, als ob er dich zum ersten Male sähe; sei auch du klug und setze nicht um einer auftauchenden Jugendgrille wegen das Glück des Lebens aufs Spiel.

Keyserlingk eilte fort. -- Was sollte der Herzog, den er nie gesehen, mit dem er nie verhandelt, ihm vergeben? dachte Sacken. An ihm war es, ob er dem Manne verzeihen wolle, der ihm seine Braut geraubt, der sich in seine Familienangelegenheiten unberufen mischte.

— im fernsten Asien, Einer wohl gar bei der Zobeljagd, naturhistorischen Studien nachhänge.

Sacken's Ingrimm barg sich in die Maske des Trotzes. Er eilte nach dem Palast; der Herzog war grade in Mitau. Im Vorzimmer begegnete ihm sein Jugendfreund Keyserlingk, von dem er seit Jahren kaum mehr erfahren, als daß derselbe, nicht weniger mißvergnügt, als er, sein Vaterland auf längere Zeit gemieden. Die Verwunderung, sich hier wiederzusehen, war auf Sacken's Seite größer. Keyserlingk zog ihn bei Seite und sprach in einem Tone, den er an dem gewaltigen Senior der Kuronen nicht gewohnt war: Du thust recht daran. Wie die Sachen liegen, blieb uns kein anderer Ausweg. Man muß verstehen, die Träume der Jugend von der Wirksamkeit des Mannesalters zu unterscheiden. Er ist heftig, eitel, aber darin vernünftig: er denkt nicht zurück, wenn wir ihn nicht daran erinnern. Ich schloß meinen Frieden mit ihm. Versuche du es auch. Er ist zur Versöhnung geneigt, und du triffst ihn in einer guten Stunde. Er wird thun, als ob er dich zum ersten Male sähe; sei auch du klug und setze nicht um einer auftauchenden Jugendgrille wegen das Glück des Lebens aufs Spiel.

Keyserlingk eilte fort. — Was sollte der Herzog, den er nie gesehen, mit dem er nie verhandelt, ihm vergeben? dachte Sacken. An ihm war es, ob er dem Manne verzeihen wolle, der ihm seine Braut geraubt, der sich in seine Familienangelegenheiten unberufen mischte.

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-14T12:11:53Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-14T12:11:53Z)

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Zitationshilfe: Alexis, Willibald: Herr von Sacken. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 10. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 95–202. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_sacken_1910/78>, abgerufen am 28.04.2024.