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Altenberg, Peter: Pròdrŏmŏs. 2. Aufl. Berlin, 1906.

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Und jeder Seelenschritt spürt dein Gewicht, Helene!
Wie ich mich nach der Freiheit sehne!
Du hängst an mir und deine Augen blicken ängstlich wie ein Hund,
dem der Gebieter vorschnell die Eingangstüre schliessen will - - -. Dein Mund,
längst dankt' er ab ob seiner Unzulänglichkeiten
zugunsten deines Auges stummer Sprache!
Du hängst an mir. Und einmal schriebst du mir:
"Wenn and're sprechen, hör' ich zu, wenn du sprichst, lausch' ich!"
Und einmal: "Dass du bist, ist gut!"
So spricht der Fisch zum Wasser: "Dass du bist, ist gut!"
Sieh', da verlor ich jedesmal, zu morden dich, den Mut!
Du hängst an mir, ich spüre deine Schwere, schlafloser Nächte tränenschwere Last!
Dennoch wird es enden. Denn endlich stirbt die Seele doch - - -.
Und eines Tages werde ich die leichten Seelenschritte des Befreiten schreiten - - -.
Siehe, dann aber ist auch schon die Stunde nahe,
da, wie im Jachtboot das Zentner-Eisen-Schwert zu unterst nötig ist für leichte Fahrt,
ich wieder, allzuleicht, labilen Gleichgewichts, Helene,
mich nach dem Bleigewichte deiner Tränen sehne!
[Abbildung]
Und jeder Seelenschritt spürt dein Gewicht, Helene!
Wie ich mich nach der Freiheit sehne!
Du hängst an mir und deine Augen blicken ängstlich wie ein Hund,
dem der Gebieter vorschnell die Eingangstüre schliessen will – – –. Dein Mund,
längst dankt’ er ab ob seiner Unzulänglichkeiten
zugunsten deines Auges stummer Sprache!
Du hängst an mir. Und einmal schriebst du mir:
„Wenn and’re sprechen, hör’ ich zu, wenn du sprichst, lausch’ ich!“
Und einmal: „Dass du bist, ist gut!“
So spricht der Fisch zum Wasser: „Dass du bist, ist gut!“
Sieh’, da verlor ich jedesmal, zu morden dich, den Mut!
Du hängst an mir, ich spüre deine Schwere, schlafloser Nächte tränenschwere Last!
Dennoch wird es enden. Denn endlich stirbt die Seele doch – – –.
Und eines Tages werde ich die leichten Seelenschritte des Befreiten schreiten – – –.
Siehe, dann aber ist auch schon die Stunde nahe,
da, wie im Jachtboot das Zentner-Eisen-Schwert zu unterst nötig ist für leichte Fahrt,
ich wieder, allzuleicht, labilen Gleichgewichts, Helene,
mich nach dem Bleigewichte deiner Tränen sehne!
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[145/0145] Und jeder Seelenschritt spürt dein Gewicht, Helene! Wie ich mich nach der Freiheit sehne! Du hängst an mir und deine Augen blicken ängstlich wie ein Hund, dem der Gebieter vorschnell die Eingangstüre schliessen will – – –. Dein Mund, längst dankt’ er ab ob seiner Unzulänglichkeiten zugunsten deines Auges stummer Sprache! Du hängst an mir. Und einmal schriebst du mir: „Wenn and’re sprechen, hör’ ich zu, wenn du sprichst, lausch’ ich!“ Und einmal: „Dass du bist, ist gut!“ So spricht der Fisch zum Wasser: „Dass du bist, ist gut!“ Sieh’, da verlor ich jedesmal, zu morden dich, den Mut! Du hängst an mir, ich spüre deine Schwere, schlafloser Nächte tränenschwere Last! Dennoch wird es enden. Denn endlich stirbt die Seele doch – – –. Und eines Tages werde ich die leichten Seelenschritte des Befreiten schreiten – – –. Siehe, dann aber ist auch schon die Stunde nahe, da, wie im Jachtboot das Zentner-Eisen-Schwert zu unterst nötig ist für leichte Fahrt, ich wieder, allzuleicht, labilen Gleichgewichts, Helene, mich nach dem Bleigewichte deiner Tränen sehne! [Abbildung]

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Zitationshilfe: Altenberg, Peter: Pròdrŏmŏs. 2. Aufl. Berlin, 1906, S. 145. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/altenberg_prodromos_1906/145>, abgerufen am 29.04.2024.