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Altenberg, Peter: Pròdrŏmŏs. 2. Aufl. Berlin, 1906.

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Verzweiflung. Und alles ausgelöst durch Alkohol und Musik. Frei geworden in der geknechteten Seele!

In den Ruhepausen singt die süsse, sanfte Geige: "Madrigal" und "Ouvres tes yeux bleus" und "Wenn es am schönsten ist, dann muss man scheiden".

Tertschi, du hast die idealsten zartesten Beine und Füsse von der Welt und die süsseste wienerische Anmut!

Wally, du tanzest die Leiden der Seele und ihre Qualen!

Steffi, du bist die Tanzkönigin an und für sich, in edler Bewegung jauchzend, erst dabei du selbst werdend!

Morgens zwischen 3 bis 5 Uhr spendet ihr eure edle Künstlerschaft! Im "Englischen Garten" waret ihr Angestellte, Verkäuferinnen, Sklavinnen. Da aber seid ihr freie Herrinnen, so ohne Wunsch und Zweck. Edle, süsse, geniale Tänzerinnen! Seid bedankt und gesegnet!

[Abbildung]

Fliegen in der Sommer-Schwüle.

Er fiel ab bei ihr. Der Herr A. Obzwar er ein ganz netter Bursche war. Nichts interessierte sie nämlich an ihm. Ihr zartes Nervensystem blieb stumpf in seiner Gesellschaft. "Er regt mich nicht an," sagte sie. Es war eben einmal so und nichts zu machen trotz aller seiner guten Eigenschaften.

An einem sehr drückenden August-Tage (die Zeitungen brachten ungeheuerliche Berichte von Sonnen-Stich

Verzweiflung. Und alles ausgelöst durch Alkohol und Musik. Frei geworden in der geknechteten Seele!

In den Ruhepausen singt die süsse, sanfte Geige: „Madrigal“ und „Ouvres tes yeux bleus“ und „Wenn es am schönsten ist, dann muss man scheiden“.

Tertschi, du hast die idealsten zartesten Beine und Füsse von der Welt und die süsseste wienerische Anmut!

Wally, du tanzest die Leiden der Seele und ihre Qualen!

Steffi, du bist die Tanzkönigin an und für sich, in edler Bewegung jauchzend, erst dabei du selbst werdend!

Morgens zwischen 3 bis 5 Uhr spendet ihr eure edle Künstlerschaft! Im „Englischen Garten“ waret ihr Angestellte, Verkäuferinnen, Sklavinnen. Da aber seid ihr freie Herrinnen, so ohne Wunsch und Zweck. Edle, süsse, geniale Tänzerinnen! Seid bedankt und gesegnet!

[Abbildung]

Fliegen in der Sommer-Schwüle.

Er fiel ab bei ihr. Der Herr A. Obzwar er ein ganz netter Bursche war. Nichts interessierte sie nämlich an ihm. Ihr zartes Nervensystem blieb stumpf in seiner Gesellschaft. „Er regt mich nicht an,“ sagte sie. Es war eben einmal so und nichts zu machen trotz aller seiner guten Eigenschaften.

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[200/0200] Verzweiflung. Und alles ausgelöst durch Alkohol und Musik. Frei geworden in der geknechteten Seele! In den Ruhepausen singt die süsse, sanfte Geige: „Madrigal“ und „Ouvres tes yeux bleus“ und „Wenn es am schönsten ist, dann muss man scheiden“. Tertschi, du hast die idealsten zartesten Beine und Füsse von der Welt und die süsseste wienerische Anmut! Wally, du tanzest die Leiden der Seele und ihre Qualen! Steffi, du bist die Tanzkönigin an und für sich, in edler Bewegung jauchzend, erst dabei du selbst werdend! Morgens zwischen 3 bis 5 Uhr spendet ihr eure edle Künstlerschaft! Im „Englischen Garten“ waret ihr Angestellte, Verkäuferinnen, Sklavinnen. Da aber seid ihr freie Herrinnen, so ohne Wunsch und Zweck. Edle, süsse, geniale Tänzerinnen! Seid bedankt und gesegnet! [Abbildung] Fliegen in der Sommer-Schwüle. Er fiel ab bei ihr. Der Herr A. Obzwar er ein ganz netter Bursche war. Nichts interessierte sie nämlich an ihm. Ihr zartes Nervensystem blieb stumpf in seiner Gesellschaft. „Er regt mich nicht an,“ sagte sie. Es war eben einmal so und nichts zu machen trotz aller seiner guten Eigenschaften. An einem sehr drückenden August-Tage (die Zeitungen brachten ungeheuerliche Berichte von Sonnen-Stich

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Zitationshilfe: Altenberg, Peter: Pròdrŏmŏs. 2. Aufl. Berlin, 1906, S. 200. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/altenberg_prodromos_1906/200>, abgerufen am 29.04.2024.