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Arent, Wilhelm (Hrsg.): Moderne Dichter-Charaktere. Leipzig, [1885].

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Wolfgang Kirchbach.
Deine Seele nur singt mein Seufzen,
Deine Seele nur sucht meine Sehnsucht,
Zieht zu dir nach der holden Heimath,
Du heiliges Weib, das ich heilig liebe.
Wie der einsame Stern erstrahlet
Und dem Wanderer Weisung winket
Abends, ehe die Nacht sich öffnet,
Wie in Schlacken und gelbem Fluthschlamm
Suchend der Forscher ein seltenes Goldkorn
Endlich findet und jubelnd aufjauchzt,
Also unwandelbar hab' ich gewählet
Dich, du Meine, vor Menschenmillionen.
Und nun schwindet auch meine Schwermuth
Und die Angst vor des Weltalls Abgrund,
Denn wie nichtig und klein und kläglich
Wir auch wandeln im Weltenwalten:
Groß ist die Welt, in der wir stehen,
Großes greift in unsere Seele,
Denn die Kernkraft der Weltenkräfte,
Denn das Mark des mehrenden Mühens,
Duftende Blume des blühenden Daseins
Ist die Kraft der lebendigen Liebe.
Nicht mehr einsam ist nun mein Ahnen.
Ueber Ströme im Mondenstrahle,
Ueber Burgen auf mächtigen Bergen,
Wandelt mein Geist auf goldenen Bahnen,
Und an deine bräutliche Brust,
Bald gebettet an deinen Busen
Fühl' ich selber in Freud' und Frieden
Stark eine Welt in uns erstehen.
Sei gesegnet, du Seelenvolle! --


Wolfgang Kirchbach.
Deine Seele nur ſingt mein Seufzen,
Deine Seele nur ſucht meine Sehnſucht,
Zieht zu dir nach der holden Heimath,
Du heiliges Weib, das ich heilig liebe.
Wie der einſame Stern erſtrahlet
Und dem Wanderer Weiſung winket
Abends, ehe die Nacht ſich öffnet,
Wie in Schlacken und gelbem Fluthſchlamm
Suchend der Forſcher ein ſeltenes Goldkorn
Endlich findet und jubelnd aufjauchzt,
Alſo unwandelbar hab’ ich gewählet
Dich, du Meine, vor Menſchenmillionen.
Und nun ſchwindet auch meine Schwermuth
Und die Angſt vor des Weltalls Abgrund,
Denn wie nichtig und klein und kläglich
Wir auch wandeln im Weltenwalten:
Groß iſt die Welt, in der wir ſtehen,
Großes greift in unſere Seele,
Denn die Kernkraft der Weltenkräfte,
Denn das Mark des mehrenden Mühens,
Duftende Blume des blühenden Daſeins
Iſt die Kraft der lebendigen Liebe.
Nicht mehr einſam iſt nun mein Ahnen.
Ueber Ströme im Mondenſtrahle,
Ueber Burgen auf mächtigen Bergen,
Wandelt mein Geiſt auf goldenen Bahnen,
Und an deine bräutliche Bruſt,
Bald gebettet an deinen Buſen
Fühl’ ich ſelber in Freud’ und Frieden
Stark eine Welt in uns erſtehen.
Sei geſegnet, du Seelenvolle! —


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[267/0285] Wolfgang Kirchbach. Deine Seele nur ſingt mein Seufzen, Deine Seele nur ſucht meine Sehnſucht, Zieht zu dir nach der holden Heimath, Du heiliges Weib, das ich heilig liebe. Wie der einſame Stern erſtrahlet Und dem Wanderer Weiſung winket Abends, ehe die Nacht ſich öffnet, Wie in Schlacken und gelbem Fluthſchlamm Suchend der Forſcher ein ſeltenes Goldkorn Endlich findet und jubelnd aufjauchzt, Alſo unwandelbar hab’ ich gewählet Dich, du Meine, vor Menſchenmillionen. Und nun ſchwindet auch meine Schwermuth Und die Angſt vor des Weltalls Abgrund, Denn wie nichtig und klein und kläglich Wir auch wandeln im Weltenwalten: Groß iſt die Welt, in der wir ſtehen, Großes greift in unſere Seele, Denn die Kernkraft der Weltenkräfte, Denn das Mark des mehrenden Mühens, Duftende Blume des blühenden Daſeins Iſt die Kraft der lebendigen Liebe. Nicht mehr einſam iſt nun mein Ahnen. Ueber Ströme im Mondenſtrahle, Ueber Burgen auf mächtigen Bergen, Wandelt mein Geiſt auf goldenen Bahnen, Und an deine bräutliche Bruſt, Bald gebettet an deinen Buſen Fühl’ ich ſelber in Freud’ und Frieden Stark eine Welt in uns erſtehen. Sei geſegnet, du Seelenvolle! —

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Zitationshilfe: Arent, Wilhelm (Hrsg.): Moderne Dichter-Charaktere. Leipzig, [1885], S. 267. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arent_dichtercharaktere_1885/285>, abgerufen am 29.04.2024.