Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Arnim, Achim von; Brentano, Clemens: Des Knaben Wunderhorn. Bd. 1. Heidelberg, 1806.

Bild:
<< vorherige Seite
Müllertücke.

Musikalisches Kunst-Magazin von J. F. Reichardt. I. B. S. 100.

Es ging ein Müller wohl übers Feld,
Der hatt' einen Beutel und hatt' kein Geld,
Er wird es wohl bekommen.
Und als er in den grünen Wald kam,
Drey Mörder unter dem Weidenbaum stahn,
Die hatten drey große Messer.
Der eine zog seinen Beutel heraus,
Drey hundert Thaler zahlt er draus:
"Nimm hin für Weib und Kinder."
Der Müller dacht in seinem Sinn,
Es wär zu wenig für Weib und Kind:
"Ich kanns euch nicht drum lassen."
Der andere zog seinen Beutel heraus,
Sechs hundert Thaler zahlt er draus:
"Nimm hin für Weib und Kinder."
Der Müller gedacht in seinem Sinn,
Es wär genug für Weib und Kind:
"Ich kanns euch wohl drum lassen."
Und als er wieder nach Hause kam,
Sein Weibchen hinter der Thüre fand,
Für Weh konnt sie kaum reden.

Muͤllertuͤcke.

Muſikaliſches Kunſt-Magazin von J. F. Reichardt. I. B. S. 100.

Es ging ein Muͤller wohl uͤbers Feld,
Der hatt' einen Beutel und hatt' kein Geld,
Er wird es wohl bekommen.
Und als er in den gruͤnen Wald kam,
Drey Moͤrder unter dem Weidenbaum ſtahn,
Die hatten drey große Meſſer.
Der eine zog ſeinen Beutel heraus,
Drey hundert Thaler zahlt er draus:
„Nimm hin fuͤr Weib und Kinder.“
Der Muͤller dacht in ſeinem Sinn,
Es waͤr zu wenig fuͤr Weib und Kind:
„Ich kanns euch nicht drum laſſen.“
Der andere zog ſeinen Beutel heraus,
Sechs hundert Thaler zahlt er draus:
„Nimm hin fuͤr Weib und Kinder.“
Der Muͤller gedacht in ſeinem Sinn,
Es waͤr genug fuͤr Weib und Kind:
„Ich kanns euch wohl drum laſſen.“
Und als er wieder nach Hauſe kam,
Sein Weibchen hinter der Thuͤre fand,
Fuͤr Weh konnt ſie kaum reden.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0227" n="218"/>
        <div n="2">
          <head><hi rendition="#g">Mu&#x0364;llertu&#x0364;cke</hi>.</head><lb/>
          <p rendition="#c">Mu&#x017F;ikali&#x017F;ches Kun&#x017F;t-Magazin von J. F. Reichardt. <hi rendition="#aq">I.</hi> B. S. 100.</p><lb/>
          <lg type="poem">
            <lg n="1">
              <l><hi rendition="#in">E</hi>s ging ein Mu&#x0364;ller wohl u&#x0364;bers Feld,</l><lb/>
              <l>Der hatt' einen Beutel und hatt' kein Geld,</l><lb/>
              <l>Er wird es wohl bekommen.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="2">
              <l>Und als er in den gru&#x0364;nen Wald kam,</l><lb/>
              <l>Drey Mo&#x0364;rder unter dem Weidenbaum &#x017F;tahn,</l><lb/>
              <l>Die hatten drey große Me&#x017F;&#x017F;er.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="3">
              <l>Der eine zog &#x017F;einen Beutel heraus,</l><lb/>
              <l>Drey hundert Thaler zahlt er draus:</l><lb/>
              <l>&#x201E;Nimm hin fu&#x0364;r Weib und Kinder.&#x201C;</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="4">
              <l>Der Mu&#x0364;ller dacht in &#x017F;einem Sinn,</l><lb/>
              <l>Es wa&#x0364;r zu wenig fu&#x0364;r Weib und Kind:</l><lb/>
              <l>&#x201E;Ich kanns euch nicht drum la&#x017F;&#x017F;en.&#x201C;</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="5">
              <l>Der andere zog &#x017F;einen Beutel heraus,</l><lb/>
              <l>Sechs hundert Thaler zahlt er draus:</l><lb/>
              <l>&#x201E;Nimm hin fu&#x0364;r Weib und Kinder.&#x201C;</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="6">
              <l>Der Mu&#x0364;ller gedacht in &#x017F;einem Sinn,</l><lb/>
              <l>Es wa&#x0364;r genug fu&#x0364;r Weib und Kind:</l><lb/>
              <l>&#x201E;Ich kanns euch wohl drum la&#x017F;&#x017F;en.&#x201C;</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="7">
              <l>Und als er wieder nach Hau&#x017F;e kam,</l><lb/>
              <l>Sein Weibchen hinter der Thu&#x0364;re fand,</l><lb/>
              <l>Fu&#x0364;r Weh konnt &#x017F;ie kaum reden.</l>
            </lg><lb/>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[218/0227] Muͤllertuͤcke. Muſikaliſches Kunſt-Magazin von J. F. Reichardt. I. B. S. 100. Es ging ein Muͤller wohl uͤbers Feld, Der hatt' einen Beutel und hatt' kein Geld, Er wird es wohl bekommen. Und als er in den gruͤnen Wald kam, Drey Moͤrder unter dem Weidenbaum ſtahn, Die hatten drey große Meſſer. Der eine zog ſeinen Beutel heraus, Drey hundert Thaler zahlt er draus: „Nimm hin fuͤr Weib und Kinder.“ Der Muͤller dacht in ſeinem Sinn, Es waͤr zu wenig fuͤr Weib und Kind: „Ich kanns euch nicht drum laſſen.“ Der andere zog ſeinen Beutel heraus, Sechs hundert Thaler zahlt er draus: „Nimm hin fuͤr Weib und Kinder.“ Der Muͤller gedacht in ſeinem Sinn, Es waͤr genug fuͤr Weib und Kind: „Ich kanns euch wohl drum laſſen.“ Und als er wieder nach Hauſe kam, Sein Weibchen hinter der Thuͤre fand, Fuͤr Weh konnt ſie kaum reden.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/arnim_wunderhorn01_1806
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/arnim_wunderhorn01_1806/227
Zitationshilfe: Arnim, Achim von; Brentano, Clemens: Des Knaben Wunderhorn. Bd. 1. Heidelberg, 1806, S. 218. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnim_wunderhorn01_1806/227>, abgerufen am 06.11.2024.