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Arnim, Bettina von: Goethe's Briefwechsel mit einem Kinde. Bd. 2. Berlin, 1835.

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terie einen bösen Streich spielte; ich schäme mich noch
wenn ich dran denke; sie holte eine weiße langge-
strickte wollne Zipfelmütze aus ihrer Schürzentasche,
schob sie in einander und zog sie dem Jacobi weit über
die Ohren, weil die Abendluft beginne rauh zu werden;
grade in dem Augenblick als ich ihm sagte: heute ver-
steh ich's recht daß Sie schön sind, und er mir zum
Dank die Rose in die Brust steckte die ich ihm gegeben
hatte. Jacobi wehrte sich gegen die Nachtmütze, Tante
Lehne behauptete den Sieg, ich mochte nicht wieder auf-
wärts sehen so beschämt war ich. -- Sie sind recht Con-
quett, sagte der Graf Westerhold, ich flocht still an
meinem Kranz, da aber Tante Lehne und Lotte einstim-
mend mir gute Lehren gaben, sprang ich plötzlich auf,
und trappelte so, daß der Kahn heftig schwankte, um
Gotteswillen wir fallen! schrie alles, ja, ja! rief ich,
wenn Sie noch ein Wort weiter sagen über Dinge die Sie
nicht verstehen. Ich schwankte weiter, "haben Sie Ruh
es wird mir schwindlich." -- Westerhold wollte mich an-
rühren, aber da schwankte ich so, daß er sich nicht vom
Platz getraute, der Schiffer lachte und half schwanken,
ich hatte mich vor Jacobi gestellt um ihn nicht in der
fatalen Mütze zu sehen, jetzt wo ich sie alle in der Ge-
walt hatte, wendete ich mich nach ihm, nahm die Mütze

terie einen böſen Streich ſpielte; ich ſchäme mich noch
wenn ich dran denke; ſie holte eine weiße langge-
ſtrickte wollne Zipfelmütze aus ihrer Schürzentaſche,
ſchob ſie in einander und zog ſie dem Jacobi weit über
die Ohren, weil die Abendluft beginne rauh zu werden;
grade in dem Augenblick als ich ihm ſagte: heute ver-
ſteh ich's recht daß Sie ſchön ſind, und er mir zum
Dank die Roſe in die Bruſt ſteckte die ich ihm gegeben
hatte. Jacobi wehrte ſich gegen die Nachtmütze, Tante
Lehne behauptete den Sieg, ich mochte nicht wieder auf-
wärts ſehen ſo beſchämt war ich. — Sie ſind recht Con-
quett, ſagte der Graf Weſterhold, ich flocht ſtill an
meinem Kranz, da aber Tante Lehne und Lotte einſtim-
mend mir gute Lehren gaben, ſprang ich plötzlich auf,
und trappelte ſo, daß der Kahn heftig ſchwankte, um
Gotteswillen wir fallen! ſchrie alles, ja, ja! rief ich,
wenn Sie noch ein Wort weiter ſagen über Dinge die Sie
nicht verſtehen. Ich ſchwankte weiter, „haben Sie Ruh
es wird mir ſchwindlich.“ — Weſterhold wollte mich an-
rühren, aber da ſchwankte ich ſo, daß er ſich nicht vom
Platz getraute, der Schiffer lachte und half ſchwanken,
ich hatte mich vor Jacobi geſtellt um ihn nicht in der
fatalen Mütze zu ſehen, jetzt wo ich ſie alle in der Ge-
walt hatte, wendete ich mich nach ihm, nahm die Mütze

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[77/0087] terie einen böſen Streich ſpielte; ich ſchäme mich noch wenn ich dran denke; ſie holte eine weiße langge- ſtrickte wollne Zipfelmütze aus ihrer Schürzentaſche, ſchob ſie in einander und zog ſie dem Jacobi weit über die Ohren, weil die Abendluft beginne rauh zu werden; grade in dem Augenblick als ich ihm ſagte: heute ver- ſteh ich's recht daß Sie ſchön ſind, und er mir zum Dank die Roſe in die Bruſt ſteckte die ich ihm gegeben hatte. Jacobi wehrte ſich gegen die Nachtmütze, Tante Lehne behauptete den Sieg, ich mochte nicht wieder auf- wärts ſehen ſo beſchämt war ich. — Sie ſind recht Con- quett, ſagte der Graf Weſterhold, ich flocht ſtill an meinem Kranz, da aber Tante Lehne und Lotte einſtim- mend mir gute Lehren gaben, ſprang ich plötzlich auf, und trappelte ſo, daß der Kahn heftig ſchwankte, um Gotteswillen wir fallen! ſchrie alles, ja, ja! rief ich, wenn Sie noch ein Wort weiter ſagen über Dinge die Sie nicht verſtehen. Ich ſchwankte weiter, „haben Sie Ruh es wird mir ſchwindlich.“ — Weſterhold wollte mich an- rühren, aber da ſchwankte ich ſo, daß er ſich nicht vom Platz getraute, der Schiffer lachte und half ſchwanken, ich hatte mich vor Jacobi geſtellt um ihn nicht in der fatalen Mütze zu ſehen, jetzt wo ich ſie alle in der Ge- walt hatte, wendete ich mich nach ihm, nahm die Mütze

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Zitationshilfe: Arnim, Bettina von: Goethe's Briefwechsel mit einem Kinde. Bd. 2. Berlin, 1835, S. 77. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_goethe02_1835/87>, abgerufen am 30.04.2024.