wie die Sonnenstrahlen mich umwebten, die Bienen mich umsummten, die Käfer hin- und herschwirrten, die Spinne ihr Netz in's Gitter der Laube hing. -- In solcher Stunde bin ich Deiner zum erstenmal inne geworden. -- Da lauschte ich, da hörte ich in der Ferne den Lärm der Welt, da dachte ich: du bist außer dieser Welt, aber mit wem bist Du? -- Wer ist bei dir? -- Da besann ich mich auf nah und fern, da war nichts was mir an- gehörte. Da konnte ich nichts erfassen, mir nichts den- ken was mein sein könne. Da trat zufällig, oder war's in den Wolken geschrieben, Deine Gestalt hervor; ich hatte von Dir nichts weiter gehört als Tadel, man hatte in meiner Gegenwart gesagt: Goethe ist nicht mehr so wie sonst, er ist stolz und hochmüthig, er kennt die al- ten Freunde nicht mehr, seine Schönheit hat gewaltig abgenommen, und er sieht nicht mehr so edel aus wie sonst; noch manches wurde von der Tante und Groß- mutter über Dich gesprochen, was zu Deinem Nachtheil war. Ich hatte es nur im Vergessen angehört, denn ich wußte nicht wer Du seist. -- Jetzt in dieser Ein- samkeit und abgeschlossnen Stille unter den Bäumen die eben blühen wollten, da kamen diese Reden mir wieder in's Gedächtniß; da sah ich im Geist wie die Menschen, die über Dich urtheilen wollten, Unrecht hat-
wie die Sonnenſtrahlen mich umwebten, die Bienen mich umſummten, die Käfer hin- und herſchwirrten, die Spinne ihr Netz in's Gitter der Laube hing. — In ſolcher Stunde bin ich Deiner zum erſtenmal inne geworden. — Da lauſchte ich, da hörte ich in der Ferne den Lärm der Welt, da dachte ich: du biſt außer dieſer Welt, aber mit wem biſt Du? — Wer iſt bei dir? — Da beſann ich mich auf nah und fern, da war nichts was mir an- gehörte. Da konnte ich nichts erfaſſen, mir nichts den- ken was mein ſein könne. Da trat zufällig, oder war's in den Wolken geſchrieben, Deine Geſtalt hervor; ich hatte von Dir nichts weiter gehört als Tadel, man hatte in meiner Gegenwart geſagt: Goethe iſt nicht mehr ſo wie ſonſt, er iſt ſtolz und hochmüthig, er kennt die al- ten Freunde nicht mehr, ſeine Schönheit hat gewaltig abgenommen, und er ſieht nicht mehr ſo edel aus wie ſonſt; noch manches wurde von der Tante und Groß- mutter über Dich geſprochen, was zu Deinem Nachtheil war. Ich hatte es nur im Vergeſſen angehört, denn ich wußte nicht wer Du ſeiſt. — Jetzt in dieſer Ein- ſamkeit und abgeſchloſſnen Stille unter den Bäumen die eben blühen wollten, da kamen dieſe Reden mir wieder in's Gedächtniß; da ſah ich im Geiſt wie die Menſchen, die über Dich urtheilen wollten, Unrecht hat-
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wie die Sonnenſtrahlen mich umwebten, die Bienen mich
umſummten, die Käfer hin- und herſchwirrten, die Spinne
ihr Netz in's Gitter der Laube hing. — In ſolcher Stunde
bin ich Deiner zum erſtenmal inne geworden. — Da
lauſchte ich, da hörte ich in der Ferne den Lärm der
Welt, da dachte ich: du biſt außer dieſer Welt, aber
mit wem biſt Du? — Wer iſt bei dir? — Da beſann
ich mich auf nah und fern, da war nichts was mir an-
gehörte. Da konnte ich nichts erfaſſen, mir nichts den-
ken was mein ſein könne. Da trat zufällig, oder war's
in den Wolken geſchrieben, Deine Geſtalt hervor; ich
hatte von Dir nichts weiter gehört als Tadel, man hatte
in meiner Gegenwart geſagt: Goethe iſt nicht mehr ſo
wie ſonſt, er iſt ſtolz und hochmüthig, er kennt die al-
ten Freunde nicht mehr, ſeine Schönheit hat gewaltig
abgenommen, und er ſieht nicht mehr ſo edel aus wie
ſonſt; noch manches wurde von der Tante und Groß-
mutter über Dich geſprochen, was zu Deinem Nachtheil
war. Ich hatte es nur im Vergeſſen angehört, denn
ich wußte nicht wer Du ſeiſt. — Jetzt in dieſer Ein-
ſamkeit und abgeſchloſſnen Stille unter den Bäumen
die eben blühen wollten, da kamen dieſe Reden mir
wieder in's Gedächtniß; da ſah ich im Geiſt wie die
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[Arnim, Bettina von]: Tagebuch. Berlin, 1835, S. 154. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_goethe03_1835/164>, abgerufen am 19.05.2024.
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