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Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 1. Grünberg u. a., 1840.

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Vergebens wollt' den Flüchtigen ich fassen,
Er kann doch nie vom steten Wandel lassen,
Drum führe mich zum Kreis der stillen Mächte,
In deren tiefem Schooß das Chaos schlief,
Eh, aus dem Dunkel ew'ger Mitternächte,
Der Lichtgeist es herauf zum Leben rief.
Dort, wo der Erde Schooß noch unbezwungen
In dunkle Schleier züchtig sich verhüllt,
Wo er, vom frechen Lichte nicht durchdrungen,
Noch nicht erzeugt dies schwankende Gebild
Der Dinge Ordnung, dies Geschlecht der Erde!
Dem Schmerz und Irrsal ewig bleibt Gefährte.

Führer.
Willst du die Götter befragen,
Die des Erdballs Stützen tragen,
Lieben der Erde Geschlecht.
Die in seliger Eintracht wohnen,
Ungeblendet von irdischen Sonnen,
Ewig streng und gerecht;
So komm, eh ich mein Leben ganz verhauchet,
Eh mich die Nacht in ihre Schatten tauchet.

Horch! es heulen laut die Winde,
Und es engt sich das Gewinde
Meines Wegs durch Klüfte hin.
Die verschloß'nen Ströme brausen,

Vergebens wollt' den Flüchtigen ich faſſen,
Er kann doch nie vom ſteten Wandel laſſen,
Drum führe mich zum Kreis der ſtillen Mächte,
In deren tiefem Schooß das Chaos ſchlief,
Eh, aus dem Dunkel ew'ger Mitternächte,
Der Lichtgeiſt es herauf zum Leben rief.
Dort, wo der Erde Schooß noch unbezwungen
In dunkle Schleier züchtig ſich verhüllt,
Wo er, vom frechen Lichte nicht durchdrungen,
Noch nicht erzeugt dies ſchwankende Gebild
Der Dinge Ordnung, dies Geſchlecht der Erde!
Dem Schmerz und Irrſal ewig bleibt Gefährte.

Führer.
Willſt du die Götter befragen,
Die des Erdballs Stützen tragen,
Lieben der Erde Geſchlecht.
Die in ſeliger Eintracht wohnen,
Ungeblendet von irdiſchen Sonnen,
Ewig ſtreng und gerecht;
So komm, eh ich mein Leben ganz verhauchet,
Eh mich die Nacht in ihre Schatten tauchet.

Horch! es heulen laut die Winde,
Und es engt ſich das Gewinde
Meines Wegs durch Klüfte hin.
Die verſchloß'nen Ströme brauſen,
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[343/0359] Vergebens wollt' den Flüchtigen ich faſſen, Er kann doch nie vom ſteten Wandel laſſen, Drum führe mich zum Kreis der ſtillen Mächte, In deren tiefem Schooß das Chaos ſchlief, Eh, aus dem Dunkel ew'ger Mitternächte, Der Lichtgeiſt es herauf zum Leben rief. Dort, wo der Erde Schooß noch unbezwungen In dunkle Schleier züchtig ſich verhüllt, Wo er, vom frechen Lichte nicht durchdrungen, Noch nicht erzeugt dies ſchwankende Gebild Der Dinge Ordnung, dies Geſchlecht der Erde! Dem Schmerz und Irrſal ewig bleibt Gefährte. Führer. Willſt du die Götter befragen, Die des Erdballs Stützen tragen, Lieben der Erde Geſchlecht. Die in ſeliger Eintracht wohnen, Ungeblendet von irdiſchen Sonnen, Ewig ſtreng und gerecht; So komm, eh ich mein Leben ganz verhauchet, Eh mich die Nacht in ihre Schatten tauchet. Horch! es heulen laut die Winde, Und es engt ſich das Gewinde Meines Wegs durch Klüfte hin. Die verſchloß'nen Ströme brauſen,

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Zitationshilfe: Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 1. Grünberg u. a., 1840, S. 343. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode01_1840/359>, abgerufen am 07.05.2024.