Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 2. Grünberg u. a., 1840.

Bild:
<< vorherige Seite

mich kurz fassen, sonst wollt ich mich noch besser be¬
sinnen.

Die Berührung zwischen Gott und der Seele ist
Musik, Gedanke ist Blüthe der Geistesallheit wie Me¬
lodie Blüthe ist der Harmonie.

Alles was sich dem Menschengeist offenbart ist Me¬
lodie in der Geistesallheit getragen, das ist Gottpoesie.
Es enthüllt sich das Gefühl in ihr, sie genießend, em¬
pfindend, keimt auf in der Geistessonne, ich nenn es Liebe.
Es gestaltet sich der Geist in ihr, wird Blüte der Poesie
Gottes, ich nenn es Philosophie. Ich mein wir kön¬
nen die Philosophie nicht fassen, erst die Blüthe wird in
uns. Und Gott allein ist die Geistesallheit, die Harmo¬
nie der Weisheit. -- Ach ich hab das alles nicht sagen
wollen, der Kopf brennt mir und das Herz klopft mir
zu stark wenn ich will denken, als daß ich deutlich sein
könnt. Ich wollt vom Reimen sprechen.

Mir kommen Reime kleinlich vor so wie ich sie bilden
soll, ich denke immer: ach der Gedanke will wohl gar nicht
gereimt sein, oder er will wo anders hinaus und ich stör
ihn nur, -- was soll ich seine Äste verbiegen die frei in die
Luft hinausschwanken und allerlei feinfühlig Leben einsau¬
gen, was liegt mir doch daran, daß es symetrisch verputzt
sei. Ich schweife gern zwischen wildem Gerank wo hie

mich kurz faſſen, ſonſt wollt ich mich noch beſſer be¬
ſinnen.

Die Berührung zwiſchen Gott und der Seele iſt
Muſik, Gedanke iſt Blüthe der Geiſtesallheit wie Me¬
lodie Blüthe iſt der Harmonie.

Alles was ſich dem Menſchengeiſt offenbart iſt Me¬
lodie in der Geiſtesallheit getragen, das iſt Gottpoeſie.
Es enthüllt ſich das Gefühl in ihr, ſie genießend, em¬
pfindend, keimt auf in der Geiſtesſonne, ich nenn es Liebe.
Es geſtaltet ſich der Geiſt in ihr, wird Blüte der Poeſie
Gottes, ich nenn es Philoſophie. Ich mein wir kön¬
nen die Philoſophie nicht faſſen, erſt die Blüthe wird in
uns. Und Gott allein iſt die Geiſtesallheit, die Harmo¬
nie der Weisheit. — Ach ich hab das alles nicht ſagen
wollen, der Kopf brennt mir und das Herz klopft mir
zu ſtark wenn ich will denken, als daß ich deutlich ſein
könnt. Ich wollt vom Reimen ſprechen.

Mir kommen Reime kleinlich vor ſo wie ich ſie bilden
ſoll, ich denke immer: ach der Gedanke will wohl gar nicht
gereimt ſein, oder er will wo anders hinaus und ich ſtör
ihn nur, — was ſoll ich ſeine Äſte verbiegen die frei in die
Luft hinausſchwanken und allerlei feinfühlig Leben einſau¬
gen, was liegt mir doch daran, daß es ſymetriſch verputzt
ſei. Ich ſchweife gern zwiſchen wildem Gerank wo hie

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0021" n="7"/>
mich kurz fa&#x017F;&#x017F;en, &#x017F;on&#x017F;t wollt ich mich noch be&#x017F;&#x017F;er be¬<lb/>
&#x017F;innen.</p><lb/>
          <p>Die Berührung zwi&#x017F;chen Gott und der Seele i&#x017F;t<lb/>
Mu&#x017F;ik, Gedanke i&#x017F;t Blüthe der Gei&#x017F;tesallheit wie Me¬<lb/>
lodie Blüthe i&#x017F;t der Harmonie.</p><lb/>
          <p>Alles was &#x017F;ich dem Men&#x017F;chengei&#x017F;t offenbart i&#x017F;t Me¬<lb/>
lodie in der Gei&#x017F;tesallheit getragen, das i&#x017F;t Gottpoe&#x017F;ie.<lb/>
Es enthüllt &#x017F;ich das Gefühl in ihr, &#x017F;ie genießend, em¬<lb/>
pfindend, keimt auf in der Gei&#x017F;tes&#x017F;onne, ich nenn es Liebe.<lb/>
Es ge&#x017F;taltet &#x017F;ich der Gei&#x017F;t in ihr, wird Blüte der Poe&#x017F;ie<lb/>
Gottes, ich nenn es Philo&#x017F;ophie. Ich mein wir kön¬<lb/>
nen die Philo&#x017F;ophie nicht fa&#x017F;&#x017F;en, er&#x017F;t die Blüthe wird in<lb/>
uns. Und Gott allein i&#x017F;t die Gei&#x017F;tesallheit, die Harmo¬<lb/>
nie der Weisheit. &#x2014; Ach ich hab das alles nicht &#x017F;agen<lb/>
wollen, der Kopf brennt mir und das Herz klopft mir<lb/>
zu &#x017F;tark wenn ich will denken, als daß ich deutlich &#x017F;ein<lb/>
könnt. Ich wollt vom Reimen &#x017F;prechen.</p><lb/>
          <p>Mir kommen Reime kleinlich vor &#x017F;o wie ich &#x017F;ie bilden<lb/>
&#x017F;oll, ich denke immer: ach der Gedanke will wohl gar nicht<lb/>
gereimt &#x017F;ein, oder er will wo anders hinaus und ich &#x017F;tör<lb/>
ihn nur, &#x2014; was &#x017F;oll ich &#x017F;eine Ä&#x017F;te verbiegen die frei in die<lb/>
Luft hinaus&#x017F;chwanken und allerlei feinfühlig Leben ein&#x017F;au¬<lb/>
gen, was liegt mir doch daran, daß es &#x017F;ymetri&#x017F;ch verputzt<lb/>
&#x017F;ei. Ich &#x017F;chweife gern zwi&#x017F;chen wildem Gerank wo hie<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[7/0021] mich kurz faſſen, ſonſt wollt ich mich noch beſſer be¬ ſinnen. Die Berührung zwiſchen Gott und der Seele iſt Muſik, Gedanke iſt Blüthe der Geiſtesallheit wie Me¬ lodie Blüthe iſt der Harmonie. Alles was ſich dem Menſchengeiſt offenbart iſt Me¬ lodie in der Geiſtesallheit getragen, das iſt Gottpoeſie. Es enthüllt ſich das Gefühl in ihr, ſie genießend, em¬ pfindend, keimt auf in der Geiſtesſonne, ich nenn es Liebe. Es geſtaltet ſich der Geiſt in ihr, wird Blüte der Poeſie Gottes, ich nenn es Philoſophie. Ich mein wir kön¬ nen die Philoſophie nicht faſſen, erſt die Blüthe wird in uns. Und Gott allein iſt die Geiſtesallheit, die Harmo¬ nie der Weisheit. — Ach ich hab das alles nicht ſagen wollen, der Kopf brennt mir und das Herz klopft mir zu ſtark wenn ich will denken, als daß ich deutlich ſein könnt. Ich wollt vom Reimen ſprechen. Mir kommen Reime kleinlich vor ſo wie ich ſie bilden ſoll, ich denke immer: ach der Gedanke will wohl gar nicht gereimt ſein, oder er will wo anders hinaus und ich ſtör ihn nur, — was ſoll ich ſeine Äſte verbiegen die frei in die Luft hinausſchwanken und allerlei feinfühlig Leben einſau¬ gen, was liegt mir doch daran, daß es ſymetriſch verputzt ſei. Ich ſchweife gern zwiſchen wildem Gerank wo hie

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode02_1840
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode02_1840/21
Zitationshilfe: Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 2. Grünberg u. a., 1840, S. 7. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode02_1840/21>, abgerufen am 30.04.2024.