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Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 2. Grünberg u. a., 1840.

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die zukünftigen Zeiten nicht mit Abscheu ausreuten, dem
sie jetzt mit leidenschaftlicher Blindheit anhängen. Oder
sollte es möglich sein daß nach so schauderhaften Ge¬
spensterschicksalen, der Zeit nicht gegönnt sei sich zu be¬
sinnen? -- Ich zweifle nicht dran, alles nimmt ein
End und nur was lebenweckend ist, das lebt. -- Ich
habe Dir genug gesagt hierüber, Du wirst mich verste¬
hen. Und warum sollte nicht ein jeder seine eigne Lauf¬
bahn feierlich mit Heiligung beginnen, sich selbst als
Entwicklung betrachtend, da unser aller Ziel das Gött¬
liche ist, wie und wodurch es auch gefördert werde? --
Ja ich habe Dir genug gesagt um Dir nah zu legen
daß jene Anlagen des höheren Menschengeistes das ein¬
zige wirkliche Ziel Deiner inneren Anschauung sein müsse,
daß es Dir ganz einerlei sein müsse ob, und wie fern Dein
Vermögen zur Thätigkeit komme. Innerlich bleibt nichts
ungeprüft im Menschen was seine höhere ideale Natur
hervorbringen soll. -- Denn unser Schicksal ist die Mutter,
die diese Frucht des Ideals unterm Herzen trägt. -- Nehme
Dir aus diesen Zeilen alles was Deine angehäuften Blät¬
ter berührt, beschwichtige Deine Ängstlichkeit um mich
damit. Lebe wohl und habe Dank für alle Liebe und
auch den guten Ephraim grüße in meinem Namen, und
schreib mir von ihm, und sprich auch mit ihm von mir.

die zukünftigen Zeiten nicht mit Abſcheu ausreuten, dem
ſie jetzt mit leidenſchaftlicher Blindheit anhängen. Oder
ſollte es möglich ſein daß nach ſo ſchauderhaften Ge¬
ſpenſterſchickſalen, der Zeit nicht gegönnt ſei ſich zu be¬
ſinnen? — Ich zweifle nicht dran, alles nimmt ein
End und nur was lebenweckend iſt, das lebt. — Ich
habe Dir genug geſagt hierüber, Du wirſt mich verſte¬
hen. Und warum ſollte nicht ein jeder ſeine eigne Lauf¬
bahn feierlich mit Heiligung beginnen, ſich ſelbſt als
Entwicklung betrachtend, da unſer aller Ziel das Gött¬
liche iſt, wie und wodurch es auch gefördert werde? —
Ja ich habe Dir genug geſagt um Dir nah zu legen
daß jene Anlagen des höheren Menſchengeiſtes das ein¬
zige wirkliche Ziel Deiner inneren Anſchauung ſein müſſe,
daß es Dir ganz einerlei ſein müſſe ob, und wie fern Dein
Vermögen zur Thätigkeit komme. Innerlich bleibt nichts
ungeprüft im Menſchen was ſeine höhere ideale Natur
hervorbringen ſoll. — Denn unſer Schickſal iſt die Mutter,
die dieſe Frucht des Ideals unterm Herzen trägt. — Nehme
Dir aus dieſen Zeilen alles was Deine angehäuften Blät¬
ter berührt, beſchwichtige Deine Ängſtlichkeit um mich
damit. Lebe wohl und habe Dank für alle Liebe und
auch den guten Ephraim grüße in meinem Namen, und
ſchreib mir von ihm, und ſprich auch mit ihm von mir.

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[278/0292] die zukünftigen Zeiten nicht mit Abſcheu ausreuten, dem ſie jetzt mit leidenſchaftlicher Blindheit anhängen. Oder ſollte es möglich ſein daß nach ſo ſchauderhaften Ge¬ ſpenſterſchickſalen, der Zeit nicht gegönnt ſei ſich zu be¬ ſinnen? — Ich zweifle nicht dran, alles nimmt ein End und nur was lebenweckend iſt, das lebt. — Ich habe Dir genug geſagt hierüber, Du wirſt mich verſte¬ hen. Und warum ſollte nicht ein jeder ſeine eigne Lauf¬ bahn feierlich mit Heiligung beginnen, ſich ſelbſt als Entwicklung betrachtend, da unſer aller Ziel das Gött¬ liche iſt, wie und wodurch es auch gefördert werde? — Ja ich habe Dir genug geſagt um Dir nah zu legen daß jene Anlagen des höheren Menſchengeiſtes das ein¬ zige wirkliche Ziel Deiner inneren Anſchauung ſein müſſe, daß es Dir ganz einerlei ſein müſſe ob, und wie fern Dein Vermögen zur Thätigkeit komme. Innerlich bleibt nichts ungeprüft im Menſchen was ſeine höhere ideale Natur hervorbringen ſoll. — Denn unſer Schickſal iſt die Mutter, die dieſe Frucht des Ideals unterm Herzen trägt. — Nehme Dir aus dieſen Zeilen alles was Deine angehäuften Blät¬ ter berührt, beſchwichtige Deine Ängſtlichkeit um mich damit. Lebe wohl und habe Dank für alle Liebe und auch den guten Ephraim grüße in meinem Namen, und ſchreib mir von ihm, und ſprich auch mit ihm von mir.

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Zitationshilfe: Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 2. Grünberg u. a., 1840, S. 278. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode02_1840/292>, abgerufen am 26.04.2024.