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Arnold, Gottfried: Erklärung/ Vom gemeinen Secten-wesen/ Kirchen- und Abendmahl-gehen. Leipzig, 1700.

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ne ehre vor GOtt ist/ wenn ihre jünger/ wie ihr meister/ und in gewisser mas-
sen vollkommen sind. Luc. VI. 40.

31. Und von solchen erwachsenen personen bleibet hier die frage al-
lein übrig/ und ist offenbar/ daß sie gefreyete CHristi sind/ bey dessen geist
es allein stehet/ wenn und wie sie noch aus heiligem rath annoch einer und
anderer denen minderjährigen zu gut gemachter satzung sich unterwerf-
fen wollen. Welches denn auch jedem lehrer desto träglicher/ und unan-
stößiger vorkommen würde/ wenn er an solcher seelen statt seyn/ und ihren
blutigen kampff/ und scharffe zucht über allen dingen ausstehen sollte. Zu-
mal ja die natur lieber und leichter das äussere mitmachte/ als ein eintzigmal
an die inwendigen gebährungs- wehen ginge/ worinnen sie ihren tod und
untergang würcklich findet.

32. Demnach ist ohne weiteres wiederholen klar/ daß solche jetztbe-
schriebene seelen allein ausgenommen werden/ bey welchen das gesetz der
Göttlichen freyheitnichts anders würcken kan/ als den wesentlichen wachs-
thum im geist und leben JEsu/ und von aussen ein bescheidenes/ züch-
tiges und ehrbahres wesen/
woraus man sehe/ der wandel seye im him-
mel/ und das hertz bey dem rechten schatz.

33. Sintemal von denen geistern/ der vollkommenen gerechten auch
vollkommene tugend/ und wahre liebes-dienste gelernet/ und nach Gött-
lichem winck und krafft ausgeübet werden. Also daß ein bescheidener/
lieb-voller und demüthiger Christ solche vor unsträfflich und Göttlich
gesinnet
erkennen wird: Gesetzt/ daß die vernunfft und eigen-liebe
noch manches an ihnen zu tadeln/ oder beflecken trachtet. Zumalen da
jene auch hierinnen CHristi weißheit haben/ welcher denen Pharisäern
kein zeichen und wunder sehen ließ/ wenn sies foderten; Dahero er auch
den seinigen gebothen/ ihre perlen (oder ihre inwendige kräffte/ und tugen-
den) zu bewahren und nicht den säuen vorzuwerffen/ sondern vor ihnen
zu verbergen.

Der III. Punct.
Von denen Ordnungen und Regierungen.

34. Diese pfleget man gemeiniglich schrifftmäßig und Göttlich
zu nennen. Von jenem werden wir im IV. punct suchen/ ob die
schrifft irgendwo eine ordnung melde/ die nicht der Christlichen freyheit völ-
lig gemäß sey. Jmgleichen ob einige ordnung aus der schrifft ohne die
krafft und beweisung eben desselben geistes vorzulegen sey/ durch wel-
chen die schrifft selbst auffgeschrieben ist. Zu welchem hochwichtigen be-

weiß
M 3

ne ehre vor GOtt iſt/ wenn ihre juͤnger/ wie ihr meiſter/ und in gewiſſer maſ-
ſen vollkommen ſind. Luc. VI. 40.

31. Und von ſolchen erwachſenen perſonen bleibet hier die frage al-
lein uͤbrig/ und iſt offenbar/ daß ſie gefreyete CHriſti ſind/ bey deſſen geiſt
es allein ſtehet/ wenn und wie ſie noch aus heiligem rath annoch einer und
anderer denen minderjaͤhrigen zu gut gemachter ſatzung ſich unterwerf-
fen wollen. Welches denn auch jedem lehrer deſto traͤglicher/ und unan-
ſtoͤßiger vorkommen wuͤrde/ wenn er an ſolcher ſeelen ſtatt ſeyn/ und ihren
blutigen kampff/ und ſcharffe zucht uͤber allen dingen ausſtehen ſollte. Zu-
mal ja die natur lieber und leichter das aͤuſſere mitmachte/ als ein eintzigmal
an die inwendigen gebaͤhrungs- wehen ginge/ worinnen ſie ihren tod und
untergang wuͤrcklich findet.

32. Demnach iſt ohne weiteres wiederholen klar/ daß ſolche jetztbe-
ſchriebene ſeelen allein ausgenommen werden/ bey welchen das geſetz der
Goͤttlichen freyheitnichts anders wuͤrcken kan/ als den weſentlichen wachs-
thum im geiſt und leben JEſu/ und von auſſen ein beſcheidenes/ zuͤch-
tiges und ehrbahres weſen/
woraus man ſehe/ der wandel ſeye im him-
mel/ und das hertz bey dem rechten ſchatz.

33. Sintemal von denen geiſtern/ der vollkommenen gerechten auch
vollkommene tugend/ und wahre liebes-dienſte gelernet/ und nach Goͤtt-
lichem winck und krafft ausgeuͤbet werden. Alſo daß ein beſcheidener/
lieb-voller und demuͤthiger Chriſt ſolche vor unſtraͤfflich und Goͤttlich
geſinnet
erkennen wird: Geſetzt/ daß die vernunfft und eigen-liebe
noch manches an ihnen zu tadeln/ oder beflecken trachtet. Zumalen da
jene auch hierinnen CHriſti weißheit haben/ welcher denen Phariſaͤern
kein zeichen und wunder ſehen ließ/ wenn ſies foderten; Dahero er auch
den ſeinigen gebothen/ ihre perlen (oder ihre inwendige kraͤffte/ und tugen-
den) zu bewahren und nicht den ſaͤuen vorzuwerffen/ ſondern vor ihnen
zu verbergen.

Der III. Punct.
Von denen Ordnungen und Regierungen.

34. Dieſe pfleget man gemeiniglich ſchrifftmaͤßig und Goͤttlich
zu nennen. Von jenem werden wir im IV. punct ſuchen/ ob die
ſchrifft irgendwo eine ordnung melde/ die nicht der Chriſtlichen freyheit voͤl-
lig gemaͤß ſey. Jmgleichen ob einige ordnung aus der ſchrifft ohne die
krafft und beweiſung eben deſſelben geiſtes vorzulegen ſey/ durch wel-
chen die ſchrifft ſelbſt auffgeſchrieben iſt. Zu welchem hochwichtigen be-

weiß
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Zitationshilfe: Arnold, Gottfried: Erklärung/ Vom gemeinen Secten-wesen/ Kirchen- und Abendmahl-gehen. Leipzig, 1700, S. 93. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnold_cyprian_1700/94>, abgerufen am 28.03.2024.