Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700.

Bild:
<< vorherige Seite

wie auch einigen andern Medicis, die von den Theologen verworffen worden.
[Spaltenumbruch] Jahr
MDC.
biß
MDCC.
dern nur wuste/ was nichts/ oder nichts
würdig war etc.
Und nachdem er daselbst die
eitelkeit der gemeine schul-künste durchgegange/
erzehlet er/ wie er ferner über die moralia gerathe/
Von der
moralc.
und darinne etwas vor seine hungrige seele zu
"finden gemeinet. Er schreibet aber davon/
"daß er zwar den Senecam und Epictetum fleis-
"sig gelesen/ die ihm auch sehr wolgefallen hät-
"ten/ also daß er gemeinet/ er hätte nun den
"rechten kern der weißheit in der morale
"gefunden. Wie er sich denn eingebildet/ die-
"ses wäre eben die weißheit/ um welcher willen
"Pythagoras seinen schülern so viel jahr still-
"schweigen aufferlegt hätte/ und wegen dieses
"vortrefflichen judicii einen so |grossen gehor-
"sam gefordert.

3. "Endlich aber hätte er auch befunden|/
"daß/ wenn man etwas weniges ausnehme/
"ein Capuciner nichts anders als ein Christli-
"cher Stoicus wäre. Es hätte ihm zwar das
"verlangen nach der ewigkeit wol gefallen/ aber
"seine schwache leibes-constitution hätte eine
"so strenge lebens-art nicht ausstehen können.
"Deßwegen hätte er den Hertzog des lebens
"offte gebeten/ daß er die lautere wahrheit
"recht einsehen könte/ und unmittelbar
"lieb haben.
Hierinne hätte ihm Thomas a
"Kempis
und Taulerus sein verlangen sehr ver-
"mehrt/ weil er aber noch immer auff eine sto-
"i
sche arth in seinem Christenthum zu wachsen
"vermeinet/ hätte er sich nur vergeblich abge-
Von der
eitelkeit
des wis-
sens.
"mühet/ und selbst geplaget. Es hätte ihn
"auch darauff geträumet/ als wenn er eine gtos-
"se leere wasser-blase worden wäre/ welche von
"der erden biß an den Himmel gereichet/ dar-
"über oben ein sarg gehangen/ darunter aber ein
"tieffer und finsterer abgrund gewesen. Hier-
"über wäre er so sehr erschrocken/ daß er sich
"selbst und alle andere dinge vergessen gehabt.
"Da er nun wieder zu sich selber kommen/ hätte
Von der
einigen
weißheit
in CHri-
sto.
er auff einmal verstehen lernen; daß wir al-
lein in CHristo JEsu weben und seyn/
daß niemand den namen JESU zu
seiner seligkeit nennen könne ohne eine
sonderbare gnade GOttes/ daß man un-
auffhörlich beten müsse/ damit man
nicht in versuchung eingeführet werde.

Von den
eigenen
kräfften.

4. "Hier wäre ihm eine solche erkäntniß ge-
"schencket worden/ daß ohne eine sonder-
"bare gnade GOttes auff den menschen
"bey allem seinem thun nichts als sünde
"warte/
und als er dieses gesehen und em-
"pfindlich erkant/ hätte er sich über seine vorige
"blindheit verwundert und gemercket/ daß eine
"Stoische lebens-art ihn als eine lere blase zwi-
"schen der furcht des todes und dem abgrund
"der höllen auffgehalten hätte. Er hätte er-
"kant/ daß er bey selbiger befleißigung unter
"dem schein der demuth am aller hoch müthig-
"sten worden/ indem er sich auff seinen freyen
"willen verlassen/ die Göttliche Gnade hindan
"gesetzet und gemeinet/ es stünde bey ihm was er
Von der
Stoischen
philoso-
phi
e.
"thun wolte/ woraus er geschlossen/ daß de-
"nen Heiden zwar solche lästerung vor gut zu
"halten sey/ einem Christen aber nicht anstehe/
"und daß die Stoische philosophie deßwegen
Von den
gemeinen
schulen
und bü-
chern.
"verwerfflich sey. Bey dieser seiner erkäntniß
"habe er nun alsbald alle spitzfindige meinun-
"gen der bücher verlassen/ samt allen vergebli-
"chen pralereyen der schulen/ und gewiß geglau-
[Spaltenumbruch] bet/ daß alle gute gabe von oben herab von"Jahr
MDC.
biß
MDCC.

dem Vater der lichter komme/ und also auch"
die wahre geheime medicin der adeptorum."
Er wäre zwar durch unterschiedliche Länder"
gereiset/ hätte aber überall und bey allen einer-"
ley faulheit und blindheit gefunden. Wer"
darunter etwan curieuser gewesen wäre/ die"
hätte er zwar befunden/ daß sie in ihrem vorsatz"
beständiger und vorsichtiger gewesen/ sie"
wären aber dennoch eben so blind/ oder noch"
blinder als die andern ihm vorgekommen."
Daraus hätte er bey sich geschlossen/ daß die ge-"Von der
gemeinen
medicin.

meine medicin eine rechte betrügereyseyn mü-"
ste/ die von den Griechen eingefuhret wäre/ biß"
die Göttliche ihm etwas bessers gewiesen. Es"
hätte ihn alle zuvor angewandte arbeit gereu-"
et/ daß er sich darüber so geängstet gehabt. Jn"
den vielen büchern aber hätte er vollends gar"
keinen trost gefunden/ auch keine kunst/ son-"
dern leere versprechungen und viel mißbräuche"
und irrthümer."

5. Dergestalt erzehlet Helmontius den pro-
cess,
wie er zu seiner erkäntnis nach und nach ge-
langet sey. Da man siehet/ daß es ihm frey-
lich die rechte Göttliche weißheit und wahrheit
zu erlangen ein rechter ernst gewesen/ und wie
ihn die einsicht in das allgemeine verderbnis der
gemeinen gelehrsamkeit und auch der medicin
etwas bessers und gewissers zu suchen gedrun-
gen gehabt. Er erzehlet auch anderswo garVon dem
anfang
seines
schrei-
dens.

auffrichtig/ wie er seine bücher zu schreiben an-
gefangen/ wenn er in der vorrede über den tra-
ctat de Lythiasi
also schreibet: Endlich stund
ich zwischen schamhafftigkeie und schre-
cken über diesem wichtigen werck zweif-
felhafftig und legte die feder sehr offt
wieder weg. Jch bat den HErrn aber-
mal ernstlich/ daß er einen erwehlen
möchte/ der würdiger als ich wäre. Dar-
um erzürnete der HErr billich über mich
bösen und unnützen knecht/ und ver-
hengete/ daß ich vom satan gesichtet
würde. Denn derjenige orden der gei-
ster/ dessen
Zenith das hauß der kräfften
und
Nadir die übrigen orden sind/ finge
an mich umsonst zu verfolgen mit greu-
lichen anläuffen. Da erkannte ich bald/
daß mich die hand des HErrn gerühre[t]
hätte. Deßwegen schrieb ich bey der
vollen verfolgung das buch/ dessen
titul
ist Ortus Medicinae oder Initia Phyticae inau-
dita.
Jn diesen hab ich die gewöhnli-
chen irrthümer der schulen in ihren artz-
neyen entdecket. Jch habe neue
prin-
cipia
der kranckheiten angegeben/ wie
auch bißher unerhörte
Theoremata, und
erwiesen/ wie man die Heidnischen thor-
heiten der
Universitaet verlassen/ und sich
hinfüro an die wahrheit gewöhnen soll
Hier hab ich in meiner seelen einen rech-
ten sabbat gefunden/ dergleichen ich
niemals in meinen guten tagen gehabt:
So gar/ daß es mir verdächtig war/ daß
so grosse stürme mir die ruhe meiner see-
len/ oder auch den leiblichen schlaff gar
nicht störten. Worinne ich deine güte/
oGOtt mein beschirmer/ nicht gnugsam
loben kan/ welche nicht zugelassen daß
meine seele im geringsten unter so gar

gros-
A. K. H. Dritter Theil. K

wie auch einigen andern Medicis, die von den Theologen verworffen worden.
[Spaltenumbruch] Jahr
MDC.
biß
MDCC.
dern nur wuſte/ was nichts/ oder nichts
wuͤrdig war ꝛc.
Und nachdem er daſelbſt die
eitelkeit der gemeinē ſchul-kuͤnſte durchgegangē/
eꝛzehlet er/ wie er ferner uͤber die moralia gerathē/
Von der
moralc.
und darinne etwas vor ſeine hungrige ſeele zu
„finden gemeinet. Er ſchreibet aber davon/
„daß er zwar den Senecam und Epictetum fleiſ-
„ſig geleſen/ die ihm auch ſehr wolgefallen haͤt-
„ten/ alſo daß er gemeinet/ er haͤtte nun den
„rechten kern der weißheit in der morale
„gefunden. Wie er ſich denn eingebildet/ die-
„ſes waͤre eben die weißheit/ um welcher willen
Pythagoras ſeinen ſchuͤlern ſo viel jahr ſtill-
„ſchweigen aufferlegt haͤtte/ und wegen dieſes
„vortrefflichen judicii einen ſo |groſſen gehor-
„ſam gefordert.

3. „Endlich aber haͤtte er auch befunden|/
„daß/ wenn man etwas weniges ausnehme/
„ein Capuciner nichts anders als ein Chriſtli-
„cher Stoicus waͤre. Es haͤtte ihm zwar das
„verlangen nach der ewigkeit wol gefallen/ aber
„ſeine ſchwache leibes-conſtitution haͤtte eine
„ſo ſtrenge lebens-art nicht ausſtehen koͤnnen.
„Deßwegen haͤtte er den Hertzog des lebens
„offte gebeten/ daß er die lautere wahrheit
„recht einſehen koͤnte/ und unmittelbar
„lieb haben.
Hierinne haͤtte ihm Thomas à
„Kempis
und Taulerus ſein verlangen ſehr ver-
„mehrt/ weil er aber noch immer auff eine ſto-
„i
ſche arth in ſeinem Chriſtenthum zu wachſen
„vermeinet/ haͤtte er ſich nur vergeblich abge-
Von der
eitelkeit
des wiſ-
ſens.
„muͤhet/ und ſelbſt geplaget. Es haͤtte ihn
„auch darauff getraͤumet/ als wenn er eine gtoſ-
„ſe leere waſſer-blaſe worden waͤre/ welche von
„der erden biß an den Himmel gereichet/ dar-
„uͤber oben ein ſarg gehangen/ darunter aber ein
„tieffer und finſterer abgrund geweſen. Hier-
„uͤber waͤre er ſo ſehr erſchrocken/ daß er ſich
„ſelbſt und alle andere dinge vergeſſen gehabt.
„Da er nun wieder zu ſich ſelber kommen/ haͤtte
Von der
einigen
weißheit
in CHri-
ſto.
er auff einmal verſtehen lernen; daß wir al-
lein in CHriſto JEſu weben und ſeyn/
daß niemand den namen JESU zu
ſeiner ſeligkeit nennen koͤnne ohne eine
ſonderbare gnade GOttes/ daß man un-
auffhoͤrlich beten muͤſſe/ damit man
nicht in verſuchung eingefuͤhret werde.

Von den
eigenen
kraͤfften.

4. „Hier waͤre ihm eine ſolche erkaͤntniß ge-
„ſchencket worden/ daß ohne eine ſonder-
„bare gnade GOttes auff den menſchen
„bey allem ſeinem thun nichts als ſuͤnde
„warte/
und als er dieſes geſehen und em-
„pfindlich erkant/ haͤtte er ſich uͤber ſeine vorige
„blindheit verwundert und gemercket/ daß eine
Stoiſche lebens-art ihn als eine lere blaſe zwi-
„ſchen der furcht des todes und dem abgrund
„der hoͤllen auffgehalten haͤtte. Er haͤtte er-
„kant/ daß er bey ſelbiger befleißigung unter
„dem ſchein der demuth am aller hoch muͤthig-
„ſten worden/ indem er ſich auff ſeinen freyen
„willen verlaſſen/ die Goͤttliche Gnade hindan
„geſetzet und gemeinet/ es ſtuͤnde bey ihm was er
Von der
Stoiſchen
philoſo-
phi
e.
„thun wolte/ woraus er geſchloſſen/ daß de-
„nen Heiden zwar ſolche laͤſterung vor gut zu
„halten ſey/ einem Chriſten aber nicht anſtehe/
„und daß die Stoiſche philoſophie deßwegen
Von den
gemeinen
ſchulen
und buͤ-
chern.
„verwerfflich ſey. Bey dieſer ſeiner erkaͤntniß
„habe er nun alsbald alle ſpitzfindige meinun-
„gen der buͤcher verlaſſen/ ſamt allen vergebli-
„chen pralereyen der ſchulen/ und gewiß geglau-
[Spaltenumbruch] bet/ daß alle gute gabe von oben herab von„Jahr
MDC.
biß
MDCC.

dem Vater der lichter komme/ und alſo auch“
die wahre geheime medicin der adeptorum.
Er waͤre zwar durch unterſchiedliche Laͤnder“
gereiſet/ haͤtte aber uͤberall und bey allen einer-“
ley faulheit und blindheit gefunden. Wer“
darunter etwan curieuſer geweſen waͤre/ die“
haͤtte er zwar befunden/ daß ſie in ihrem vorſatz“
beſtaͤndiger und vorſichtiger geweſen/ ſie“
waͤren aber dennoch eben ſo blind/ oder noch“
blinder als die andern ihm vorgekommen.“
Daꝛaus haͤtte eꝛ bey ſich geſchloſſen/ daß die ge-„Von der
gemeinen
medicin.

meine medicin eine rechte betruͤgereyſeyn muͤ-“
ſte/ die von den Griechen eingefuhret waͤre/ biß“
die Goͤttliche ihm etwas beſſers gewieſen. Es“
haͤtte ihn alle zuvor angewandte arbeit gereu-“
et/ daß er ſich daruͤber ſo geaͤngſtet gehabt. Jn“
den vielen buͤchern aber haͤtte er vollends gar“
keinen troſt gefunden/ auch keine kunſt/ ſon-“
dern leere verſprechungen und viel mißbraͤuche“
und irꝛthuͤmer.‟

5. Dergeſtalt erzehlet Helmontius den pro-
ceſs,
wie er zu ſeiner erkaͤntnis nach und nach ge-
langet ſey. Da man ſiehet/ daß es ihm frey-
lich die rechte Goͤttliche weißheit und wahrheit
zu erlangen ein rechter ernſt geweſen/ und wie
ihn die einſicht in das allgemeine verderbnis der
gemeinen gelehrſamkeit und auch der medicin
etwas beſſers und gewiſſers zu ſuchen gedrun-
gen gehabt. Er erzehlet auch anderswo garVon dem
anfang
ſeines
ſchrei-
dens.

auffrichtig/ wie er ſeine buͤcher zu ſchreiben an-
gefangen/ wenn er in der vorrede uͤber den tra-
ctat de Lythiaſi
alſo ſchreibet: Endlich ſtund
ich zwiſchen ſchamhafftigkeie und ſchre-
cken uͤber dieſem wichtigen werck zweif-
felhafftig und legte die feder ſehr offt
wieder weg. Jch bat den HErrn aber-
mal ernſtlich/ daß er einen erwehlen
moͤchte/ der wuͤrdiger als ich waͤre. Dar-
um erzuͤrnete der HErꝛ billich uͤber mich
boͤſen und unnuͤtzen knecht/ und ver-
hengete/ daß ich vom ſatan geſichtet
wuͤrde. Denn derjenige orden der gei-
ſter/ deſſen
Zenith das hauß der kraͤfften
und
Nadir die uͤbrigen orden ſind/ finge
an mich umſonſt zu verfolgen mit greu-
lichen anlaͤuffen. Da erkannte ich bald/
daß mich die hand des HErrn geruͤhre[t]
haͤtte. Deßwegen ſchrieb ich bey der
vollen verfolgung das buch/ deſſen
titul
iſt Ortus Medicinæ oder Initia Phyticæ inau-
dita.
Jn dieſen hab ich die gewoͤhnli-
chen irrthuͤmer der ſchulen in ihren artz-
neyen entdecket. Jch habe neue
prin-
cipia
der kranckheiten angegeben/ wie
auch bißher unerhoͤrte
Theoremata, und
erwieſen/ wie man die Heidniſchen thor-
heiten der
Univerſitæt verlaſſen/ und ſich
hinfuͤro an die wahrheit gewoͤhnen ſoll
Hier hab ich in meiner ſeelen einen rech-
ten ſabbat gefunden/ dergleichen ich
niemals in meinen guten tagen gehabt:
So gar/ daß es mir verdaͤchtig war/ daß
ſo groſſe ſtuͤrme mir die ruhe meiner ſee-
len/ oder auch den leiblichen ſchlaff gar
nicht ſtoͤrten. Worinne ich deine guͤte/
oGOtt mein beſchirmer/ nicht gnugſam
loben kan/ welche nicht zugelaſſen daß
meine ſeele im geringſten unter ſo gar

groſ-
A. K. H. Dritter Theil. K
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0085" n="73"/><fw place="top" type="header">wie auch einigen andern <hi rendition="#aq">Medicis,</hi> die von den <hi rendition="#aq">Theolog</hi>en verworffen worden.</fw><lb/><cb/><note place="left">Jahr<lb/><hi rendition="#aq">MDC.</hi><lb/>
biß<lb/><hi rendition="#aq">MDCC.</hi></note><hi rendition="#fr">dern nur wu&#x017F;te/ was nichts/ oder nichts<lb/>
wu&#x0364;rdig war &#xA75B;c.</hi> Und nachdem er da&#x017F;elb&#x017F;t die<lb/>
eitelkeit der gemein&#x0113; &#x017F;chul-ku&#x0364;n&#x017F;te durchgegang&#x0113;/<lb/>
e&#xA75B;zehlet er/ wie er ferner u&#x0364;ber die <hi rendition="#aq">moralia</hi> gerath&#x0113;/<lb/><note place="left">Von der<lb/><hi rendition="#aq">moralc.</hi></note>und darinne etwas vor &#x017F;eine hungrige &#x017F;eele zu<lb/>
&#x201E;finden gemeinet. Er &#x017F;chreibet aber davon/<lb/>
&#x201E;daß er zwar den <hi rendition="#aq">Senecam</hi> und <hi rendition="#aq">Epictetum</hi> flei&#x017F;-<lb/>
&#x201E;&#x017F;ig gele&#x017F;en/ die ihm auch &#x017F;ehr wolgefallen ha&#x0364;t-<lb/>
&#x201E;ten/ al&#x017F;o daß er gemeinet/ er ha&#x0364;tte nun den<lb/>
&#x201E;rechten kern der weißheit in der <hi rendition="#aq">morale</hi><lb/>
&#x201E;gefunden. Wie er &#x017F;ich denn eingebildet/ die-<lb/>
&#x201E;&#x017F;es wa&#x0364;re eben die weißheit/ um welcher willen<lb/>
&#x201E;<hi rendition="#aq">Pythagoras</hi> &#x017F;einen &#x017F;chu&#x0364;lern &#x017F;o viel jahr &#x017F;till-<lb/>
&#x201E;&#x017F;chweigen aufferlegt ha&#x0364;tte/ und wegen die&#x017F;es<lb/>
&#x201E;vortrefflichen <hi rendition="#aq">judicii</hi> einen &#x017F;o |gro&#x017F;&#x017F;en gehor-<lb/>
&#x201E;&#x017F;am gefordert.</p><lb/>
          <p>3. &#x201E;Endlich aber ha&#x0364;tte er auch befunden|/<lb/>
&#x201E;daß/ wenn man etwas weniges ausnehme/<lb/>
&#x201E;ein Capuciner nichts anders als ein Chri&#x017F;tli-<lb/>
&#x201E;cher <hi rendition="#aq">Stoicus</hi> wa&#x0364;re. Es ha&#x0364;tte ihm zwar das<lb/>
&#x201E;verlangen nach der ewigkeit wol gefallen/ aber<lb/>
&#x201E;&#x017F;eine &#x017F;chwache leibes-<hi rendition="#aq">con&#x017F;titution</hi> ha&#x0364;tte eine<lb/>
&#x201E;&#x017F;o &#x017F;trenge lebens-art nicht aus&#x017F;tehen ko&#x0364;nnen.<lb/>
&#x201E;Deßwegen ha&#x0364;tte er den Hertzog des lebens<lb/>
&#x201E;offte gebeten/ <hi rendition="#fr">daß er die lautere wahrheit<lb/>
&#x201E;recht ein&#x017F;ehen ko&#x0364;nte/ und unmittelbar<lb/>
&#x201E;lieb haben.</hi> Hierinne ha&#x0364;tte ihm <hi rendition="#aq">Thomas à<lb/>
&#x201E;Kempis</hi> und <hi rendition="#aq">Taulerus</hi> &#x017F;ein verlangen &#x017F;ehr ver-<lb/>
&#x201E;mehrt/ weil er aber noch immer auff eine <hi rendition="#aq">&#x017F;to-<lb/>
&#x201E;i</hi>&#x017F;che arth in &#x017F;einem Chri&#x017F;tenthum zu wach&#x017F;en<lb/>
&#x201E;vermeinet/ ha&#x0364;tte er &#x017F;ich nur vergeblich abge-<lb/><note place="left">Von der<lb/>
eitelkeit<lb/>
des wi&#x017F;-<lb/>
&#x017F;ens.</note>&#x201E;mu&#x0364;het/ und &#x017F;elb&#x017F;t geplaget. Es ha&#x0364;tte ihn<lb/>
&#x201E;auch darauff getra&#x0364;umet/ als wenn er eine gto&#x017F;-<lb/>
&#x201E;&#x017F;e leere wa&#x017F;&#x017F;er-bla&#x017F;e worden wa&#x0364;re/ welche von<lb/>
&#x201E;der erden biß an den Himmel gereichet/ dar-<lb/>
&#x201E;u&#x0364;ber oben ein &#x017F;arg gehangen/ darunter aber ein<lb/>
&#x201E;tieffer und fin&#x017F;terer abgrund gewe&#x017F;en. Hier-<lb/>
&#x201E;u&#x0364;ber wa&#x0364;re er &#x017F;o &#x017F;ehr er&#x017F;chrocken/ daß er &#x017F;ich<lb/>
&#x201E;&#x017F;elb&#x017F;t und alle andere dinge verge&#x017F;&#x017F;en gehabt.<lb/>
&#x201E;Da er nun wieder zu &#x017F;ich &#x017F;elber kommen/ ha&#x0364;tte<lb/><note place="left">Von der<lb/>
einigen<lb/>
weißheit<lb/>
in CHri-<lb/>
&#x017F;to.</note>er auff einmal ver&#x017F;tehen lernen; <hi rendition="#fr">daß wir al-<lb/>
lein in CHri&#x017F;to JE&#x017F;u weben und &#x017F;eyn/<lb/>
daß niemand den namen JESU zu<lb/>
&#x017F;einer &#x017F;eligkeit nennen ko&#x0364;nne ohne eine<lb/>
&#x017F;onderbare gnade GOttes/ daß man un-<lb/>
auffho&#x0364;rlich beten mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e/ damit man<lb/>
nicht in ver&#x017F;uchung eingefu&#x0364;hret werde.</hi></p><lb/>
          <note place="left">Von den<lb/>
eigenen<lb/>
kra&#x0364;fften.</note>
          <p>4. &#x201E;Hier wa&#x0364;re ihm eine &#x017F;olche erka&#x0364;ntniß ge-<lb/>
&#x201E;&#x017F;chencket worden/ <hi rendition="#fr">daß ohne eine &#x017F;onder-<lb/>
&#x201E;bare gnade GOttes auff den men&#x017F;chen<lb/>
&#x201E;bey allem &#x017F;einem thun nichts als &#x017F;u&#x0364;nde<lb/>
&#x201E;warte/</hi> und als er die&#x017F;es ge&#x017F;ehen und em-<lb/>
&#x201E;pfindlich erkant/ ha&#x0364;tte er &#x017F;ich u&#x0364;ber &#x017F;eine vorige<lb/>
&#x201E;blindheit verwundert und gemercket/ daß eine<lb/>
&#x201E;<hi rendition="#aq">Stoi</hi>&#x017F;che lebens-art ihn als eine lere bla&#x017F;e zwi-<lb/>
&#x201E;&#x017F;chen der furcht des todes und dem abgrund<lb/>
&#x201E;der ho&#x0364;llen auffgehalten ha&#x0364;tte. Er ha&#x0364;tte er-<lb/>
&#x201E;kant/ daß er bey &#x017F;elbiger befleißigung unter<lb/>
&#x201E;dem &#x017F;chein der demuth am aller hoch mu&#x0364;thig-<lb/>
&#x201E;&#x017F;ten worden/ indem er &#x017F;ich auff &#x017F;einen freyen<lb/>
&#x201E;willen verla&#x017F;&#x017F;en/ die Go&#x0364;ttliche Gnade hindan<lb/>
&#x201E;ge&#x017F;etzet und gemeinet/ es &#x017F;tu&#x0364;nde bey ihm was er<lb/><note place="left">Von der<lb/><hi rendition="#aq">Stoi</hi>&#x017F;chen<lb/><hi rendition="#aq">philo&#x017F;o-<lb/>
phi</hi>e.</note>&#x201E;thun wolte/ woraus er ge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en/ daß de-<lb/>
&#x201E;nen Heiden zwar &#x017F;olche la&#x0364;&#x017F;terung vor gut zu<lb/>
&#x201E;halten &#x017F;ey/ einem Chri&#x017F;ten aber nicht an&#x017F;tehe/<lb/>
&#x201E;und daß die <hi rendition="#aq">Stoi</hi>&#x017F;che <hi rendition="#aq">philo&#x017F;ophie</hi> deßwegen<lb/><note place="left">Von den<lb/>
gemeinen<lb/>
&#x017F;chulen<lb/>
und bu&#x0364;-<lb/>
chern.</note>&#x201E;verwerfflich &#x017F;ey. Bey die&#x017F;er &#x017F;einer erka&#x0364;ntniß<lb/>
&#x201E;habe er nun alsbald alle &#x017F;pitzfindige meinun-<lb/>
&#x201E;gen der bu&#x0364;cher verla&#x017F;&#x017F;en/ &#x017F;amt allen vergebli-<lb/>
&#x201E;chen pralereyen der &#x017F;chulen/ und gewiß geglau-<lb/><cb/>
bet/ daß alle gute gabe von oben herab von&#x201E;<note place="right">Jahr<lb/><hi rendition="#aq">MDC.</hi><lb/>
biß<lb/><hi rendition="#aq">MDCC.</hi></note><lb/>
dem Vater der lichter komme/ und al&#x017F;o auch&#x201C;<lb/>
die wahre geheime <hi rendition="#aq">medicin</hi> der <hi rendition="#aq">adeptorum.</hi>&#x201C;<lb/>
Er wa&#x0364;re zwar durch unter&#x017F;chiedliche La&#x0364;nder&#x201C;<lb/>
gerei&#x017F;et/ ha&#x0364;tte aber u&#x0364;berall und bey allen einer-&#x201C;<lb/>
ley faulheit und blindheit gefunden. Wer&#x201C;<lb/>
darunter etwan <hi rendition="#aq">curieu</hi>&#x017F;er gewe&#x017F;en wa&#x0364;re/ die&#x201C;<lb/>
ha&#x0364;tte er zwar befunden/ daß &#x017F;ie in ihrem vor&#x017F;atz&#x201C;<lb/>
be&#x017F;ta&#x0364;ndiger und vor&#x017F;ichtiger gewe&#x017F;en/ &#x017F;ie&#x201C;<lb/>
wa&#x0364;ren aber dennoch eben &#x017F;o blind/ oder noch&#x201C;<lb/>
blinder als die andern ihm vorgekommen.&#x201C;<lb/>
Da&#xA75B;aus ha&#x0364;tte e&#xA75B; bey &#x017F;ich ge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en/ daß die ge-&#x201E;<note place="right">Von der<lb/>
gemeinen<lb/><hi rendition="#aq">medicin.</hi></note><lb/>
meine <hi rendition="#aq">medicin</hi> eine rechte betru&#x0364;gerey&#x017F;eyn mu&#x0364;-&#x201C;<lb/>
&#x017F;te/ die von den Griechen eingefuhret wa&#x0364;re/ biß&#x201C;<lb/>
die Go&#x0364;ttliche ihm etwas be&#x017F;&#x017F;ers gewie&#x017F;en. Es&#x201C;<lb/>
ha&#x0364;tte ihn alle zuvor angewandte arbeit gereu-&#x201C;<lb/>
et/ daß er &#x017F;ich daru&#x0364;ber &#x017F;o gea&#x0364;ng&#x017F;tet gehabt. Jn&#x201C;<lb/>
den vielen bu&#x0364;chern aber ha&#x0364;tte er vollends gar&#x201C;<lb/>
keinen tro&#x017F;t gefunden/ auch keine kun&#x017F;t/ &#x017F;on-&#x201C;<lb/>
dern leere ver&#x017F;prechungen und viel mißbra&#x0364;uche&#x201C;<lb/>
und ir&#xA75B;thu&#x0364;mer.&#x201F;</p><lb/>
          <p>5. Derge&#x017F;talt erzehlet <hi rendition="#aq">Helmontius</hi> den <hi rendition="#aq">pro-<lb/>
ce&#x017F;s,</hi> wie er zu &#x017F;einer erka&#x0364;ntnis nach und nach ge-<lb/>
langet &#x017F;ey. Da man &#x017F;iehet/ daß es ihm frey-<lb/>
lich die rechte Go&#x0364;ttliche weißheit und wahrheit<lb/>
zu erlangen ein rechter ern&#x017F;t gewe&#x017F;en/ und wie<lb/>
ihn die ein&#x017F;icht in das allgemeine verderbnis der<lb/>
gemeinen gelehr&#x017F;amkeit und auch der <hi rendition="#aq">medicin</hi><lb/>
etwas be&#x017F;&#x017F;ers und gewi&#x017F;&#x017F;ers zu &#x017F;uchen gedrun-<lb/>
gen gehabt. Er erzehlet auch anderswo gar<note place="right">Von dem<lb/>
anfang<lb/>
&#x017F;eines<lb/>
&#x017F;chrei-<lb/>
dens.</note><lb/>
auffrichtig/ wie er &#x017F;eine bu&#x0364;cher zu &#x017F;chreiben an-<lb/>
gefangen/ wenn er in der vorrede u&#x0364;ber den <hi rendition="#aq">tra-<lb/>
ctat de Lythia&#x017F;i</hi> al&#x017F;o &#x017F;chreibet: <hi rendition="#fr">Endlich &#x017F;tund<lb/>
ich zwi&#x017F;chen &#x017F;chamhafftigkeie und &#x017F;chre-<lb/>
cken u&#x0364;ber die&#x017F;em wichtigen werck zweif-<lb/>
felhafftig und legte die feder &#x017F;ehr offt<lb/>
wieder weg. Jch bat den HErrn aber-<lb/>
mal ern&#x017F;tlich/ daß er einen erwehlen<lb/>
mo&#x0364;chte/ der wu&#x0364;rdiger als ich wa&#x0364;re. Dar-<lb/>
um erzu&#x0364;rnete der HEr&#xA75B; billich u&#x0364;ber mich<lb/>
bo&#x0364;&#x017F;en und unnu&#x0364;tzen knecht/ und ver-<lb/>
hengete/ daß ich vom &#x017F;atan ge&#x017F;ichtet<lb/>
wu&#x0364;rde. Denn derjenige orden der gei-<lb/>
&#x017F;ter/ de&#x017F;&#x017F;en</hi> <hi rendition="#aq">Zenith</hi> <hi rendition="#fr">das hauß der kra&#x0364;fften<lb/>
und</hi> <hi rendition="#aq">Nadir</hi> <hi rendition="#fr">die u&#x0364;brigen orden &#x017F;ind/ finge<lb/>
an mich um&#x017F;on&#x017F;t zu verfolgen mit greu-<lb/>
lichen anla&#x0364;uffen. Da erkannte ich bald/<lb/>
daß mich die hand des HErrn geru&#x0364;hre<supplied>t</supplied><lb/>
ha&#x0364;tte. Deßwegen &#x017F;chrieb ich bey der<lb/>
vollen verfolgung das buch/ de&#x017F;&#x017F;en</hi> <hi rendition="#aq">titul</hi><lb/><hi rendition="#fr">i&#x017F;t</hi> <hi rendition="#aq">Ortus Medicinæ</hi> <hi rendition="#fr">oder</hi> <hi rendition="#aq">Initia Phyticæ inau-<lb/>
dita.</hi> <hi rendition="#fr">Jn die&#x017F;en hab ich die gewo&#x0364;hnli-<lb/>
chen irrthu&#x0364;mer der &#x017F;chulen in ihren artz-<lb/>
neyen entdecket. Jch habe neue</hi> <hi rendition="#aq">prin-<lb/>
cipia</hi> <hi rendition="#fr">der kranckheiten angegeben/ wie<lb/>
auch bißher unerho&#x0364;rte</hi> <hi rendition="#aq">Theoremata,</hi> <hi rendition="#fr">und<lb/>
erwie&#x017F;en/ wie man die Heidni&#x017F;chen thor-<lb/>
heiten der</hi> <hi rendition="#aq">Univer&#x017F;itæt</hi> <hi rendition="#fr">verla&#x017F;&#x017F;en/ und &#x017F;ich<lb/>
hinfu&#x0364;ro an die wahrheit gewo&#x0364;hnen &#x017F;oll<lb/>
Hier hab ich in meiner &#x017F;eelen einen rech-<lb/>
ten &#x017F;abbat gefunden/ dergleichen ich<lb/>
niemals in meinen guten tagen gehabt:<lb/>
So gar/ daß es mir verda&#x0364;chtig war/ daß<lb/>
&#x017F;o gro&#x017F;&#x017F;e &#x017F;tu&#x0364;rme mir die ruhe meiner &#x017F;ee-<lb/>
len/ oder auch den leiblichen &#x017F;chlaff gar<lb/>
nicht &#x017F;to&#x0364;rten. Worinne ich deine gu&#x0364;te/<lb/>
oGOtt mein be&#x017F;chirmer/ nicht gnug&#x017F;am<lb/>
loben kan/ welche nicht zugela&#x017F;&#x017F;en daß<lb/>
meine &#x017F;eele im gering&#x017F;ten unter &#x017F;o gar</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#fr">A. K. H. Dritter Theil. K</hi></fw><fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#fr">gro&#x017F;-</hi></fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[73/0085] wie auch einigen andern Medicis, die von den Theologen verworffen worden. dern nur wuſte/ was nichts/ oder nichts wuͤrdig war ꝛc. Und nachdem er daſelbſt die eitelkeit der gemeinē ſchul-kuͤnſte durchgegangē/ eꝛzehlet er/ wie er ferner uͤber die moralia gerathē/ und darinne etwas vor ſeine hungrige ſeele zu „finden gemeinet. Er ſchreibet aber davon/ „daß er zwar den Senecam und Epictetum fleiſ- „ſig geleſen/ die ihm auch ſehr wolgefallen haͤt- „ten/ alſo daß er gemeinet/ er haͤtte nun den „rechten kern der weißheit in der morale „gefunden. Wie er ſich denn eingebildet/ die- „ſes waͤre eben die weißheit/ um welcher willen „Pythagoras ſeinen ſchuͤlern ſo viel jahr ſtill- „ſchweigen aufferlegt haͤtte/ und wegen dieſes „vortrefflichen judicii einen ſo |groſſen gehor- „ſam gefordert. Jahr MDC. biß MDCC. Von der moralc. 3. „Endlich aber haͤtte er auch befunden|/ „daß/ wenn man etwas weniges ausnehme/ „ein Capuciner nichts anders als ein Chriſtli- „cher Stoicus waͤre. Es haͤtte ihm zwar das „verlangen nach der ewigkeit wol gefallen/ aber „ſeine ſchwache leibes-conſtitution haͤtte eine „ſo ſtrenge lebens-art nicht ausſtehen koͤnnen. „Deßwegen haͤtte er den Hertzog des lebens „offte gebeten/ daß er die lautere wahrheit „recht einſehen koͤnte/ und unmittelbar „lieb haben. Hierinne haͤtte ihm Thomas à „Kempis und Taulerus ſein verlangen ſehr ver- „mehrt/ weil er aber noch immer auff eine ſto- „iſche arth in ſeinem Chriſtenthum zu wachſen „vermeinet/ haͤtte er ſich nur vergeblich abge- „muͤhet/ und ſelbſt geplaget. Es haͤtte ihn „auch darauff getraͤumet/ als wenn er eine gtoſ- „ſe leere waſſer-blaſe worden waͤre/ welche von „der erden biß an den Himmel gereichet/ dar- „uͤber oben ein ſarg gehangen/ darunter aber ein „tieffer und finſterer abgrund geweſen. Hier- „uͤber waͤre er ſo ſehr erſchrocken/ daß er ſich „ſelbſt und alle andere dinge vergeſſen gehabt. „Da er nun wieder zu ſich ſelber kommen/ haͤtte er auff einmal verſtehen lernen; daß wir al- lein in CHriſto JEſu weben und ſeyn/ daß niemand den namen JESU zu ſeiner ſeligkeit nennen koͤnne ohne eine ſonderbare gnade GOttes/ daß man un- auffhoͤrlich beten muͤſſe/ damit man nicht in verſuchung eingefuͤhret werde. Von der eitelkeit des wiſ- ſens. Von der einigen weißheit in CHri- ſto. 4. „Hier waͤre ihm eine ſolche erkaͤntniß ge- „ſchencket worden/ daß ohne eine ſonder- „bare gnade GOttes auff den menſchen „bey allem ſeinem thun nichts als ſuͤnde „warte/ und als er dieſes geſehen und em- „pfindlich erkant/ haͤtte er ſich uͤber ſeine vorige „blindheit verwundert und gemercket/ daß eine „Stoiſche lebens-art ihn als eine lere blaſe zwi- „ſchen der furcht des todes und dem abgrund „der hoͤllen auffgehalten haͤtte. Er haͤtte er- „kant/ daß er bey ſelbiger befleißigung unter „dem ſchein der demuth am aller hoch muͤthig- „ſten worden/ indem er ſich auff ſeinen freyen „willen verlaſſen/ die Goͤttliche Gnade hindan „geſetzet und gemeinet/ es ſtuͤnde bey ihm was er „thun wolte/ woraus er geſchloſſen/ daß de- „nen Heiden zwar ſolche laͤſterung vor gut zu „halten ſey/ einem Chriſten aber nicht anſtehe/ „und daß die Stoiſche philoſophie deßwegen „verwerfflich ſey. Bey dieſer ſeiner erkaͤntniß „habe er nun alsbald alle ſpitzfindige meinun- „gen der buͤcher verlaſſen/ ſamt allen vergebli- „chen pralereyen der ſchulen/ und gewiß geglau- bet/ daß alle gute gabe von oben herab von„ dem Vater der lichter komme/ und alſo auch“ die wahre geheime medicin der adeptorum.“ Er waͤre zwar durch unterſchiedliche Laͤnder“ gereiſet/ haͤtte aber uͤberall und bey allen einer-“ ley faulheit und blindheit gefunden. Wer“ darunter etwan curieuſer geweſen waͤre/ die“ haͤtte er zwar befunden/ daß ſie in ihrem vorſatz“ beſtaͤndiger und vorſichtiger geweſen/ ſie“ waͤren aber dennoch eben ſo blind/ oder noch“ blinder als die andern ihm vorgekommen.“ Daꝛaus haͤtte eꝛ bey ſich geſchloſſen/ daß die ge-„ meine medicin eine rechte betruͤgereyſeyn muͤ-“ ſte/ die von den Griechen eingefuhret waͤre/ biß“ die Goͤttliche ihm etwas beſſers gewieſen. Es“ haͤtte ihn alle zuvor angewandte arbeit gereu-“ et/ daß er ſich daruͤber ſo geaͤngſtet gehabt. Jn“ den vielen buͤchern aber haͤtte er vollends gar“ keinen troſt gefunden/ auch keine kunſt/ ſon-“ dern leere verſprechungen und viel mißbraͤuche“ und irꝛthuͤmer.‟ Von der Stoiſchen philoſo- phie. Von den gemeinen ſchulen und buͤ- chern. Jahr MDC. biß MDCC. Von der gemeinen medicin. 5. Dergeſtalt erzehlet Helmontius den pro- ceſs, wie er zu ſeiner erkaͤntnis nach und nach ge- langet ſey. Da man ſiehet/ daß es ihm frey- lich die rechte Goͤttliche weißheit und wahrheit zu erlangen ein rechter ernſt geweſen/ und wie ihn die einſicht in das allgemeine verderbnis der gemeinen gelehrſamkeit und auch der medicin etwas beſſers und gewiſſers zu ſuchen gedrun- gen gehabt. Er erzehlet auch anderswo gar auffrichtig/ wie er ſeine buͤcher zu ſchreiben an- gefangen/ wenn er in der vorrede uͤber den tra- ctat de Lythiaſi alſo ſchreibet: Endlich ſtund ich zwiſchen ſchamhafftigkeie und ſchre- cken uͤber dieſem wichtigen werck zweif- felhafftig und legte die feder ſehr offt wieder weg. Jch bat den HErrn aber- mal ernſtlich/ daß er einen erwehlen moͤchte/ der wuͤrdiger als ich waͤre. Dar- um erzuͤrnete der HErꝛ billich uͤber mich boͤſen und unnuͤtzen knecht/ und ver- hengete/ daß ich vom ſatan geſichtet wuͤrde. Denn derjenige orden der gei- ſter/ deſſen Zenith das hauß der kraͤfften und Nadir die uͤbrigen orden ſind/ finge an mich umſonſt zu verfolgen mit greu- lichen anlaͤuffen. Da erkannte ich bald/ daß mich die hand des HErrn geruͤhret haͤtte. Deßwegen ſchrieb ich bey der vollen verfolgung das buch/ deſſen titul iſt Ortus Medicinæ oder Initia Phyticæ inau- dita. Jn dieſen hab ich die gewoͤhnli- chen irrthuͤmer der ſchulen in ihren artz- neyen entdecket. Jch habe neue prin- cipia der kranckheiten angegeben/ wie auch bißher unerhoͤrte Theoremata, und erwieſen/ wie man die Heidniſchen thor- heiten der Univerſitæt verlaſſen/ und ſich hinfuͤro an die wahrheit gewoͤhnen ſoll Hier hab ich in meiner ſeelen einen rech- ten ſabbat gefunden/ dergleichen ich niemals in meinen guten tagen gehabt: So gar/ daß es mir verdaͤchtig war/ daß ſo groſſe ſtuͤrme mir die ruhe meiner ſee- len/ oder auch den leiblichen ſchlaff gar nicht ſtoͤrten. Worinne ich deine guͤte/ oGOtt mein beſchirmer/ nicht gnugſam loben kan/ welche nicht zugelaſſen daß meine ſeele im geringſten unter ſo gar groſ- Von dem anfang ſeines ſchrei- dens. A. K. H. Dritter Theil. K

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/arnold_ketzerhistorie02_1700
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/arnold_ketzerhistorie02_1700/85
Zitationshilfe: Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700, S. 73. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnold_ketzerhistorie02_1700/85>, abgerufen am 29.04.2024.