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Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700.

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Th. IV. Sect. III. Num. XIV. Hamburgischer Streit mit dem Ministerio.
[Spaltenumbruch] die allerhöchste noth erfordert es/ eure eigene
und eurer Zuhörer seligkeit ist dran gelegen/ den-
cket auch nicht: ja fangen wir es so an/ so wer-
den wir nicht lange bleiben/ und werden denn
falsche miedlinge kommen/ und die heerde gantz
verderben; befehlet ihr das GOTT/ lasset
Christum dafür sorgen/ thut ihr unterdessen
was euer amt ist. Entschuldiget euch auch nicht
mit mangel der zeit/ sondern lasset dieß dilem-
ma
auff euer gewissen gepreget seyn: Entweder
ihr müsset euer Commentarien-lesen/ leich-gehen
und politische händel bleiben lassen/ oder ihr
müsset manche seele verwahrlosen/ oder zum
wenigsten mancher seelen versorgung und un-
terrichtung muß noch etwas auffgeschobenwer-
den. Dabedencket/ wie grausam/ tyrannisch und
mörderisch es seyn würde/ wenn ihr lieber eines
eintzigen bettlers seele verwarlosen oder sie zuver-
sorgen noch etliche wochen auffschieben woltet/
als das unnöthige lauffen und studiren bleiben
lassen. Wie? wenn der mensch unterdessen stür-
be/ dessen hüter zu seyn ihr noch etwas auffge-
schoben hattet? Sein blut würde von euren
händen gefordert werden.

O Mordstunden/ die ihr auff andere unnöthi-
ge sachen anwendet/ da noch seelen sind in eurer
gemeine/ die eurer hülffe bedürffen. Denn ho-
ris illis, in quibus pascendos non pavistis, oc-
cidistis. Ambrosius.
O diebstal/ da ihr so viel
edle stunden alle wochen so unnützlich zubringet/
und sie GOtt und eueren zuhörern stelet. Schi-
cket euch doch in die zeit/ dann es ist böse zeit/
ihr seyd ja keine Professores, was habt ihr denn
mit so weitläufftigen Commentarien zu thun?
hättet ihr zeit darzu/ so gieng es hin/ aber nun ist
solch ein studium bey euch unverantwortlich/
ein gewissenhaffter hirte wird in den Biblischen
büchern und Lutheri schrifften so viel finden/
daß er rebus sic stantibus keine zeit wird übrig
haben zu andern Glossen. Eurer zuhörer sind
zu viel/ die unwissenheit und boßheit ist zu groß/
die zeit ist zu kurtz/ zu dem nützlichen beichtsitzen
habet ihr die gantzevorhergehende woch enöthig;
denn es ist unmüglich/ daß euer 3. innerhalb 4.
oder 5. stunden etliche 100. personen recht ver-
hören/ prüffen/ examiniren/ ermahnen/ unterrich-
ten und trösten könnet. Jn den stunden/ da ihr zur
leiche gehet/ köntet ihr auch noch viel wuchern
mit catechiziren, visitiren; denn 3. stundenlauffet
ihr auff der gassen/ wenn ihr zu hauß kommet/ seyd
ihr müde/ euren leib mattet ihr ab und schwächet
ihn/ wenn der Pastor und beicht-vater der jeni-
gen kirchen/ der die leiche zugehöret/ mitfolgeten/
so wäre es allgnug/ ihr machet euch einer grossen
sünde theilhafftig mit eurem stillschweigen und
compraesentz/ da ihr doch pompose, ehrgeitzige/
stoltze/ außsaugende leich-processenstraffen sol-
tet; dieleute seuffzen und klagen darüber; daß
ihnen die leich-processus so hoch kommen/ und
niemand darüber sprechen will/ daß es etwas
gemindert| würde. Es würde euch auch an der
nührung deßwegen nicht viel abgehen; denn
wenn die leute fein unterrichtet würden/ daß sie
Christliche hertzen kriegten/ auch wenn sie eu-
ren ernstlichen eyffer merckten/ daß ihr gern euer
eigenes versäumet/ Exod. 23. ihre irrende seeln
zu recht zu bringen/ so würden sie ihnen auch die-
se gebote: Ein arbeiter ist seines lohnes werth;
Du solt| dem ochsen/ der da trischt/ nicht das maul
verbinden/ wohl zu hertzen gehen lassen/ und
[Spaltenumbruch] euch lehrern allerley gutes mittheilen/ daß ihr und
die eurigen nahrung und kleider haben würden.

Zum beschluß bitten wir E. E. verdencket
uns nicht/ daß wir diese Supplication so lang
gemacht; wir haben/ gern zu befriedigung unsers
gewissens/ unser hertz auff einmal außschütten
wollen gegen; ingl. auch damit ihr Ehrw. män-
ner hernach nicht nöthig hättet/ lang mit uns
jungen leuten/ von einem oder anderm punct,
zu reden oder zu fragen; auch damit ihr desto eher
zum werck greiffemöchtet: denn/ wie obengedacht
periculum animarum & irae divinae in mora.

Solte E. E. Ministerio belieben uns noch
weiter hierüber zu rede zu stellen/ so erbieten wir
uns euch hierin zu allem gehorsam/ und fürch-
ten uns nicht durch die krafft GOttes für euch
zu erscheinen/ und auff eure fragen/ einfältig
zu antworten/ doch bitten wir/ E. E. Ministe-
riu
wolle nicht einen von uns allein/ sondern alle
zugleich fordern lassen/ so sie uns zu sprechen be-
gehren. Hiemit befchlen wir euch GOTT/ und
wünschen von hertzen/ daß der barmhertzige
GOTT und Ertzhirte JEsus euch mit dem
geist der weißheit/ des raths/ der krafft/ des
verstandes/ stärcke und freudigkeit außrüsten
und krafft zu eurem wort geben wolle/ auff daß
ihr mit vielem segen geschmücket werdet/ undei-
nen sieg nach dem andern erhaltet/ daß man se-
hen könne der rechte GOTT sey zu Zion. Der
geist desfriedes und der demuth verbinde auch
eure hertzen mit brüderlicher einigkeit/ hertz-
licher vertraulichkeit und Gottseliger überein-
stimmung nach dem willen GOttes; wir verheis-
sen mit unserm schwachen gebett unsern GOtt
zu ersuchen/ daß euch gegeben werde das wort
mit freudigem auffthun eures mundes/ Ephes.
6. v.
19. verbleiben etc.

Copia literaru D. D. Henr. Mülleri Rostoch.
ad Joh. Christophorum Holtzhausen.
In Correptione fraterna attendenda sequentia:
I. Subjectum quod,
oder der sie verrichten soll.
Tenentur id facere omnes Christiani, sine dis-
crimine aetatis & conditionis; si tamen adannos
discretionis venerint, ut possint dignoscere ma-
lum a bono.
Denn was man nicht kennet/
kan man weder loben noch lästern/ weder gut
heissen noch straffen. Die sprüche/ so Matth. X.
& XVIII.
gefunden werden/ gehen alle Christen
an: Alle Christen/ ob sie gleich keine special voca-
tion
zum predigamt bekommen haben sie doch eine
general vocation zum geistlichen priesterthum/
denn sie sind in der tauffe Christen wordenund ha-
ben die salbung empfangen. Worzu nutzet eine
salbe/ wann sie nicht mit ihrem guten ruch den
stanck vertreiben soll. Alle Christen (si sunt viva
Ecclesiae membra
) sind tempel des H. Geistes/
der H. Geist aber strafft die welt/ nicht allein per
eos, quib praesens est donis administrantibus,

sondern auch und viel kräfftiger per eos, quosor-
nat donis sanctificantibus.
Das ist aber nöthig/
daß das subjectum/ so andere straffen will/ zuvor
sich selbst straffe. Wir mögen anderemit nutzen
nimmer reformiren, es sey dann/ daß wir den an-
fang machen von uns selbst/ ne, quod verbis
aedificamus, factis destruamus,
es heisset sonst:
Medice, cura te ipsum, und du heuchler/ zeuch
zuvor den balcken auß deinem eigenem auge etc.

2. Subjectum recipiens correptionem, das
muß also disponiret seyn/ daß man den finem
correptionis fraternae
bey ihm erreichenkan/

finis

Th. IV. Sect. III. Num. XIV. Hamburgiſcher Streit mit dem Miniſterio.
[Spaltenumbruch] die allerhoͤchſte noth erfordert es/ eure eigene
und eurer Zuhoͤrer ſeligkeit iſt dran gelegen/ den-
cket auch nicht: ja fangen wir es ſo an/ ſo wer-
den wir nicht lange bleiben/ und werden denn
falſche miedlinge kommen/ und die heerde gantz
verderben; befehlet ihr das GOTT/ laſſet
Chriſtum dafuͤr ſorgen/ thut ihr unterdeſſen
was euer amt iſt. Entſchuldiget euch auch nicht
mit mangel der zeit/ ſondern laſſet dieß dilem-
ma
auff euer gewiſſen gepreget ſeyn: Entweder
ihr muͤſſet euer Commentarien-leſen/ leich-gehen
und politiſche haͤndel bleiben laſſen/ oder ihr
muͤſſet manche ſeele verwahrloſen/ oder zum
wenigſten mancher ſeelen verſorgung und un-
terrichtung muß noch etwas auffgeſchobenwer-
den. Dabedencket/ wie grauſam/ tyranniſch und
moͤrderiſch es ſeyn wuͤrde/ wenn ihr lieber eines
eintzigen bettlers ſeele verwarloſen oder ſie zuver-
ſorgen noch etliche wochen auffſchieben woltet/
als das unnoͤthige lauffen und ſtudiren bleiben
laſſen. Wie? wenn der menſch unterdeſſen ſtuͤr-
be/ deſſen huͤter zu ſeyn ihr noch etwas auffge-
ſchoben hattet? Sein blut wuͤrde von euren
haͤnden gefordert werden.

O Mordſtunden/ die ihr auff andere unnoͤthi-
ge ſachen anwendet/ da noch ſeelen ſind in eurer
gemeine/ die eurer huͤlffe beduͤrffen. Denn ho-
ris illis, in quibus paſcendos non paviſtis, oc-
cidiſtis. Ambroſius.
O diebſtal/ da ihr ſo viel
edle ſtunden alle wochen ſo unnuͤtzlich zubringet/
und ſie GOtt und eueren zuhoͤrern ſtelet. Schi-
cket euch doch in die zeit/ dann es iſt boͤſe zeit/
ihr ſeyd ja keine Profeſſores, was habt ihr denn
mit ſo weitlaͤufftigen Commentarien zu thun?
haͤttet ihr zeit darzu/ ſo gieng es hin/ aber nun iſt
ſolch ein ſtudium bey euch unverantwortlich/
ein gewiſſenhaffter hirte wird in den Bibliſchen
buͤchern und Lutheri ſchrifften ſo viel finden/
daß er rebus ſic ſtantibus keine zeit wird uͤbrig
haben zu andern Gloſſen. Eurer zuhoͤrer ſind
zu viel/ die unwiſſenheit und boßheit iſt zu groß/
die zeit iſt zu kurtz/ zu dem nuͤtzlichen beichtſitzen
habet ihr die gantzevorhergehende woch enoͤthig;
denn es iſt unmuͤglich/ daß euer 3. innerhalb 4.
oder 5. ſtunden etliche 100. perſonen recht ver-
hoͤren/ pruͤffen/ examiniren/ ermahnẽ/ unterrich-
ten und troͤſten koͤñet. Jn den ſtunden/ da ihr zur
leiche gehet/ koͤntet ihr auch noch viel wuchern
mit catechiziren, viſitiren; denn 3. ſtundenlauffet
ihr auff der gaſſen/ wenn ihr zu hauß kom̃et/ ſeyd
ihr muͤde/ euren leib mattet ihr ab und ſchwaͤchet
ihn/ wenn der Paſtor und beicht-vater der jeni-
gen kirchen/ der die leiche zugehoͤret/ mitfolgeten/
ſo waͤre es allgnug/ ihr machet euch einer groſſen
ſuͤnde theilhafftig mit eurem ſtillſchweigen und
compræſentz/ da ihr doch pompose, ehrgeitzige/
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tet; dieleute ſeuffzen und klagen daruͤber; daß
ihnen die leich-proceſſus ſo hoch kommen/ und
niemand daruͤber ſprechen will/ daß es etwas
gemindert| wuͤrde. Es wuͤrde euch auch an der
nuͤhrung deßwegen nicht viel abgehen; denn
wenn die leute fein unterrichtet wuͤrden/ daß ſie
Chriſtliche hertzen kriegten/ auch wenn ſie eu-
ren ernſtlichen eyffer merckten/ daß ihr gern euer
eigenes verſaͤumet/ Exod. 23. ihre irrende ſeeln
zu recht zu bringen/ ſo wuͤrden ſie ihnen auch die-
ſe gebote: Ein arbeiter iſt ſeines lohnes werth;
Du ſolt| dem ochſẽ/ der da triſcht/ nicht das maul
verbinden/ wohl zu hertzen gehen laſſen/ und
[Spaltenumbruch] euch lehrern allerley gutes mittheilen/ daß ihr uñ
die eurigen nahrung und kleider haben wuͤrden.

Zum beſchluß bitten wir E. E. verdencket
uns nicht/ daß wir dieſe Supplication ſo lang
gemacht; wir haben/ gern zu befriedigung unſers
gewiſſens/ unſer hertz auff einmal außſchuͤtten
wollen gegen; ingl. auch damit ihr Ehrw. maͤn-
ner hernach nicht noͤthig haͤttet/ lang mit uns
jungen leuten/ von einem oder anderm punct,
zu reden oder zu fragen; auch damit ihr deſto eher
zum werck greiffēmoͤchtet: deñ/ wie obengedacht
periculum animarum & iræ divinæ in mora.

Solte E. E. Miniſterio belieben uns noch
weiter hieruͤber zu rede zu ſtellen/ ſo erbieten wir
uns euch hierin zu allem gehorſam/ und fuͤrch-
ten uns nicht durch die krafft GOttes fuͤr euch
zu erſcheinen/ und auff eure fragen/ einfaͤltig
zu antworten/ doch bitten wir/ E. E. Miniſte-
riū
wolle nicht einen von uns allein/ ſondern alle
zugleich fordern laſſen/ ſo ſie uns zu ſprechen be-
gehren. Hiemit befchlen wir euch GOTT/ und
wuͤnſchen von hertzen/ daß der barmhertzige
GOTT und Ertzhirte JEſus euch mit dem
geiſt der weißheit/ des raths/ der krafft/ des
verſtandes/ ſtaͤrcke und freudigkeit außruͤſten
und krafft zu eurem wort geben wolle/ auff daß
ihr mit vielem ſegen geſchmuͤcket werdet/ undei-
nen ſieg nach dem andern erhaltet/ daß man ſe-
hen koͤnne der rechte GOTT ſey zu Zion. Der
geiſt desfriedes und der demuth verbinde auch
eure hertzen mit bruͤderlicher einigkeit/ hertz-
licher vertraulichkeit und Gottſeliger uͤberein-
ſtimmung nach dem willen GOttes; wir verheiſ-
ſen mit unſerm ſchwachen gebett unſern GOtt
zu erſuchen/ daß euch gegeben werde das wort
mit freudigem auffthun eures mundes/ Epheſ.
6. v.
19. verbleiben ꝛc.

Copia literarũ D. D. Henr. Mülleri Rostoch.
ad Joh. Chriſtophorum Holtzhauſen.
In Correptione fraterna attendenda ſequentia:
I. Subjectum quod,
oder der ſie verrichten ſoll.
Tenentur id facere omnes Chriſtiani, ſine diſ-
crimine ætatis & conditionis; ſi tamen adaños
diſcretionis venerint, ut poſſint dignoſcere ma-
lum à bono.
Denn was man nicht kennet/
kan man weder loben noch laͤſtern/ weder gut
heiſſen noch ſtraffen. Die ſpruͤche/ ſo Matth. X.
& XVIII.
gefunden werden/ gehen alle Chriſten
an: Alle Chriſten/ ob ſie gleich keine ſpecial voca-
tion
zum predigamt bekom̃ẽ haben ſie doch eine
general vocation zum geiſtlichen prieſterthum/
deñ ſie ſind in der tauffe Chriſten wordenund ha-
ben die ſalbung empfangen. Worzu nutzet eine
ſalbe/ wann ſie nicht mit ihrem guten ruch den
ſtanck vertreiben ſoll. Alle Chriſten (ſi ſunt viva
Eccleſiæ membra
) ſind tempel des H. Geiſtes/
der H. Geiſt aber ſtrafft die welt/ nicht allein per
eos, quibꝰ præſens eſt donis adminiſtrantibus,

ſondern auch und viel kraͤfftiger per eos, quosor-
nat donis ſanctificantibus.
Das iſt aber noͤthig/
daß das ſubjectum/ ſo andere ſtraffen will/ zuvor
ſich ſelbſt ſtraffe. Wir moͤgen anderemit nutzen
nim̃er reformiren, es ſey dann/ daß wir den an-
fang machen von uns ſelbſt/ ne, quod verbis
ædificamus, factis deſtruamus,
es heiſſet ſonſt:
Medice, cura te ipſum, und du heuchler/ zeuch
zuvor den balcken auß deinem eigenem auge ꝛc.

2. Subjectum recipiens correptionem, das
muß alſo diſponiret ſeyn/ daß man den finem
correptionis fraternæ
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[660/0968] Th. IV. Sect. III. Num. XIV. Hamburgiſcher Streit mit dem Miniſterio. die allerhoͤchſte noth erfordert es/ eure eigene und eurer Zuhoͤrer ſeligkeit iſt dran gelegen/ den- cket auch nicht: ja fangen wir es ſo an/ ſo wer- den wir nicht lange bleiben/ und werden denn falſche miedlinge kommen/ und die heerde gantz verderben; befehlet ihr das GOTT/ laſſet Chriſtum dafuͤr ſorgen/ thut ihr unterdeſſen was euer amt iſt. Entſchuldiget euch auch nicht mit mangel der zeit/ ſondern laſſet dieß dilem- ma auff euer gewiſſen gepreget ſeyn: Entweder ihr muͤſſet euer Commentarien-leſen/ leich-gehen und politiſche haͤndel bleiben laſſen/ oder ihr muͤſſet manche ſeele verwahrloſen/ oder zum wenigſten mancher ſeelen verſorgung und un- terrichtung muß noch etwas auffgeſchobenwer- den. Dabedencket/ wie grauſam/ tyranniſch und moͤrderiſch es ſeyn wuͤrde/ wenn ihr lieber eines eintzigen bettlers ſeele verwarloſen oder ſie zuver- ſorgen noch etliche wochen auffſchieben woltet/ als das unnoͤthige lauffen und ſtudiren bleiben laſſen. Wie? wenn der menſch unterdeſſen ſtuͤr- be/ deſſen huͤter zu ſeyn ihr noch etwas auffge- ſchoben hattet? Sein blut wuͤrde von euren haͤnden gefordert werden. O Mordſtunden/ die ihr auff andere unnoͤthi- ge ſachen anwendet/ da noch ſeelen ſind in eurer gemeine/ die eurer huͤlffe beduͤrffen. Denn ho- ris illis, in quibus paſcendos non paviſtis, oc- cidiſtis. Ambroſius. O diebſtal/ da ihr ſo viel edle ſtunden alle wochen ſo unnuͤtzlich zubringet/ und ſie GOtt und eueren zuhoͤrern ſtelet. Schi- cket euch doch in die zeit/ dann es iſt boͤſe zeit/ ihr ſeyd ja keine Profeſſores, was habt ihr denn mit ſo weitlaͤufftigen Commentarien zu thun? haͤttet ihr zeit darzu/ ſo gieng es hin/ aber nun iſt ſolch ein ſtudium bey euch unverantwortlich/ ein gewiſſenhaffter hirte wird in den Bibliſchen buͤchern und Lutheri ſchrifften ſo viel finden/ daß er rebus ſic ſtantibus keine zeit wird uͤbrig haben zu andern Gloſſen. Eurer zuhoͤrer ſind zu viel/ die unwiſſenheit und boßheit iſt zu groß/ die zeit iſt zu kurtz/ zu dem nuͤtzlichen beichtſitzen habet ihr die gantzevorhergehende woch enoͤthig; denn es iſt unmuͤglich/ daß euer 3. innerhalb 4. oder 5. ſtunden etliche 100. perſonen recht ver- hoͤren/ pruͤffen/ examiniren/ ermahnẽ/ unterrich- ten und troͤſten koͤñet. Jn den ſtunden/ da ihr zur leiche gehet/ koͤntet ihr auch noch viel wuchern mit catechiziren, viſitiren; denn 3. ſtundenlauffet ihr auff der gaſſen/ wenn ihr zu hauß kom̃et/ ſeyd ihr muͤde/ euren leib mattet ihr ab und ſchwaͤchet ihn/ wenn der Paſtor und beicht-vater der jeni- gen kirchen/ der die leiche zugehoͤret/ mitfolgeten/ ſo waͤre es allgnug/ ihr machet euch einer groſſen ſuͤnde theilhafftig mit eurem ſtillſchweigen und compræſentz/ da ihr doch pompose, ehrgeitzige/ ſtoltze/ außſaugende leich-proceſsenſtraffen ſol- tet; dieleute ſeuffzen und klagen daruͤber; daß ihnen die leich-proceſſus ſo hoch kommen/ und niemand daruͤber ſprechen will/ daß es etwas gemindert| wuͤrde. Es wuͤrde euch auch an der nuͤhrung deßwegen nicht viel abgehen; denn wenn die leute fein unterrichtet wuͤrden/ daß ſie Chriſtliche hertzen kriegten/ auch wenn ſie eu- ren ernſtlichen eyffer merckten/ daß ihr gern euer eigenes verſaͤumet/ Exod. 23. ihre irrende ſeeln zu recht zu bringen/ ſo wuͤrden ſie ihnen auch die- ſe gebote: Ein arbeiter iſt ſeines lohnes werth; Du ſolt| dem ochſẽ/ der da triſcht/ nicht das maul verbinden/ wohl zu hertzen gehen laſſen/ und euch lehrern allerley gutes mittheilen/ daß ihr uñ die eurigen nahrung und kleider haben wuͤrden. Zum beſchluß bitten wir E. E. verdencket uns nicht/ daß wir dieſe Supplication ſo lang gemacht; wir haben/ gern zu befriedigung unſers gewiſſens/ unſer hertz auff einmal außſchuͤtten wollen gegen; ingl. auch damit ihr Ehrw. maͤn- ner hernach nicht noͤthig haͤttet/ lang mit uns jungen leuten/ von einem oder anderm punct, zu reden oder zu fragen; auch damit ihr deſto eher zum werck greiffēmoͤchtet: deñ/ wie obengedacht periculum animarum & iræ divinæ in mora. Solte E. E. Miniſterio belieben uns noch weiter hieruͤber zu rede zu ſtellen/ ſo erbieten wir uns euch hierin zu allem gehorſam/ und fuͤrch- ten uns nicht durch die krafft GOttes fuͤr euch zu erſcheinen/ und auff eure fragen/ einfaͤltig zu antworten/ doch bitten wir/ E. E. Miniſte- riū wolle nicht einen von uns allein/ ſondern alle zugleich fordern laſſen/ ſo ſie uns zu ſprechen be- gehren. Hiemit befchlen wir euch GOTT/ und wuͤnſchen von hertzen/ daß der barmhertzige GOTT und Ertzhirte JEſus euch mit dem geiſt der weißheit/ des raths/ der krafft/ des verſtandes/ ſtaͤrcke und freudigkeit außruͤſten und krafft zu eurem wort geben wolle/ auff daß ihr mit vielem ſegen geſchmuͤcket werdet/ undei- nen ſieg nach dem andern erhaltet/ daß man ſe- hen koͤnne der rechte GOTT ſey zu Zion. Der geiſt desfriedes und der demuth verbinde auch eure hertzen mit bruͤderlicher einigkeit/ hertz- licher vertraulichkeit und Gottſeliger uͤberein- ſtimmung nach dem willen GOttes; wir verheiſ- ſen mit unſerm ſchwachen gebett unſern GOtt zu erſuchen/ daß euch gegeben werde das wort mit freudigem auffthun eures mundes/ Epheſ. 6. v. 19. verbleiben ꝛc. Copia literarũ D. D. Henr. Mülleri Rostoch. ad Joh. Chriſtophorum Holtzhauſen. In Correptione fraterna attendenda ſequentia: I. Subjectum quod, oder der ſie verrichten ſoll. Tenentur id facere omnes Chriſtiani, ſine diſ- crimine ætatis & conditionis; ſi tamen adaños diſcretionis venerint, ut poſſint dignoſcere ma- lum à bono. Denn was man nicht kennet/ kan man weder loben noch laͤſtern/ weder gut heiſſen noch ſtraffen. Die ſpruͤche/ ſo Matth. X. & XVIII. gefunden werden/ gehen alle Chriſten an: Alle Chriſten/ ob ſie gleich keine ſpecial voca- tion zum predigamt bekom̃ẽ haben ſie doch eine general vocation zum geiſtlichen prieſterthum/ deñ ſie ſind in der tauffe Chriſten wordenund ha- ben die ſalbung empfangen. Worzu nutzet eine ſalbe/ wann ſie nicht mit ihrem guten ruch den ſtanck vertreiben ſoll. Alle Chriſten (ſi ſunt viva Eccleſiæ membra) ſind tempel des H. Geiſtes/ der H. Geiſt aber ſtrafft die welt/ nicht allein per eos, quibꝰ præſens eſt donis adminiſtrantibus, ſondern auch und viel kraͤfftiger per eos, quosor- nat donis ſanctificantibus. Das iſt aber noͤthig/ daß das ſubjectum/ ſo andere ſtraffen will/ zuvor ſich ſelbſt ſtraffe. Wir moͤgen anderemit nutzen nim̃er reformiren, es ſey dann/ daß wir den an- fang machen von uns ſelbſt/ ne, quod verbis ædificamus, factis deſtruamus, es heiſſet ſonſt: Medice, cura te ipſum, und du heuchler/ zeuch zuvor den balcken auß deinem eigenem auge ꝛc. 2. Subjectum recipiens correptionem, das muß alſo diſponiret ſeyn/ daß man den finem correptionis fraternæ bey ihm erreichenkan/ finis

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Zitationshilfe: Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700, S. 660. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnold_ketzerhistorie02_1700/968>, abgerufen am 02.05.2024.