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Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700.

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wie auch einigen anderen Medicis, die von den Theologen verworffen worden.
[Spaltenumbruch] Jahr
MDC.
biß
MDCC.
spitzfündigen worte/ die zu behauptung
derer meinungen erfunden sind. Da sie
gleichwol dem worte GOTTes nicht
glauben/ sondern sich lieber auff läppi-
sche meinungen und aberglauben der
menschen verlassen/ die doch keine weiß-
heit zum grunde haben. Die
Platonicos
habe ich ein klein wenig besser befunden/
weil sie nicht so
arrogant gewesen/ und et-
was höhers gemercket haben.

54. Woferne ich aber nur einigen auszug
aus seinen tieffen meditationibus über alle theile
der wahren weißheit machen wolte/ würde der
raum viel zu enge seyn/ zumahl sein vortrag
durchgehends so nervos und gründlich abge-
fasset ist/ daß keine oder wenig worte vergeblich
gesetzet sind. Er hat in den gedachten schrifften
fast alle disciplinen und wissenschafften durch-
gegangen und emendirt/ zugeschweigen/ was
er in der Theologie erinnert/ da er meistens kath
an[fremdsprachliches Material - Zeichen fehlt]opon wider die gemeinen lehren derer schul-
theologen aus ihren eigenen Principiis und
zeugnissen disputirt. Welcher gestalt er sich
auch bey der erkanten gegenwärtigen allgemei-
nen verderbnis mit der hoffnung einer kunffti-
gen besserung und der wahrhaftigen offenbarung
GOttes und CHristi getröstet habe/ ist aus
seinen schrifften in dem Nube Testium D. Jo-
hann Wilhelm Petersen
L. III. p. 63, zu se-
hen. So wenig nun als die Theologi und
Seinlob
bey den
Politicis.
Philosphi mit ihm zu frieden gewesen/ haben
auch die Politici gar viel an ihm getadelt.
Zwar haben dieselben/ und darunter Herman-
nus Conringius
in der vorrede über die edition
des Machiavelli Campanellam deswegen sehr
gerühmet/ daß er die principia des Machiavelli
gewaltig umgestossen/ deswegen ihn auch
Conring ingenio & judicio acerrimum titulirt;
Und Schurtzfleischius setzet in einem Collegio
Manuscripto: Nescio, utrum quis doctior hoc
fuerit,
dabey er ihm doch allzugrosse subtilität
beymisset. Allein er hat doch hin und wieder
solche principia von der menschlichen societät/
gleichheit und gemeinschafft beygebracht/ die
denen heidnischen welt-klugen unmöglich an-
stehen können.

Vortrag
von der
gleichheit
und ge-
mein-
schafft der
güter.

55. Zum exempel in gedachtem tractat cap.
X. p.
3. schreibet er also: Wenn niemand
schätze sammlete/ so wären wir alle reich/
und das gemeine wesen hätte vor alle
güter gnug; weil aber die menschliche
güter unter wenige mächtige und rei-
che getheilet seyn/ so drücket die armuth
alle die übrigen/ da werden denn die ar-
men gemeiniglich leichtsinnig/ aufrüh-
risch/ hinterlistig/ meineydig/ diebe und
schmeichler/ die reichen werden stoltz/
geitzig/ verschwenderisch/ schwelgerisch/
faul/ unzüchtig/ schmähsüchtig und ty-
rannisch. Daher ist das gemeine wesen
voller elend und alles übels. Wenn wir
aber alle nach Christi rath in der ge-
meinschafft lebten/ und die Obrigkeit
alle bedienungen/ arbeiten und künste
einem jeden nach seiner natür lichen ge-
schickligkeit außtheilte/ oder auch die
güter alle dem regiment zukämen/ dar-
auß man gleiche eintheilung nach ver-
dienst machte/ damit die kinder derer
[Spaltenumbruch] wolverdienten leute/ wenn sie übel leb-
Jahr
MDC.
biß
MDCC.

ten/ die väterlichen güter nicht also ver-
schlüngen/ und das gemeine wesen mit
ihren exempeln/ worten und wercken
verderbten; alsdenn würden wir wol
leben/ und den reichthum nicht lieber
haben als Gott/ auch dieses leben auff
ein besseres
appliciren. Und wenn gleich
noch sünden wären/ wie die Apostel be-
kennen/ so würden sie doch das gemeine
wesen nicht verderben/ noch die liebe zu
Gott.
Eben daselbst p. 116. klaget er auch/
daß man nach Aristotelis lehre die
gemeinschafft der güter vor eine ketze-
rey hielte;
nur weil Augustinus solche leute
unter die ketzer gesetzet/ und das Coneilium zu
Costnitz Johann Hussen verdammet hätte/ daß
er gesagt/ die Pfaffen solten nichts eigenes besi-
tzen. Dagegen sagt er/ achte ich die ge-
meinschafft des wegen vor schwer/ weil
es an der liebe mangelt; die liebe aber
wird mehr in der gemeinschafft als in
der eigenheit vermehret etc.

Von den
ehren-stel-
len und
dem vor-
zug.

56. Auff gleichen schlag discurirt er auch
daselbst von der gleichheit p. 112. als Chri-
stus befahl/ daß der grössere soll seyn wie
der diener/ und daß wir nicht wie die
Heiden herrschen/ sondern als brüder
einander dienen sollen; wolte er alle
hoffarth auff heben/ und alle
materie der
straff-gerechtigkeit. Denn diese findet
nicht statt/ wo die liebe herrschet als ein
hauß-vater in der
familie. Mangelt
aber diese/ so ist das straffen nöthig. Hin-
gegen bringet die liebe das regierende
gesetz und diejenige gerechtigkeit mit
sich/ so die verrichtungen/ arbeit/ gü-
ter/ hülffe und dienste untereinander aus-
theilet/ dadurch alle glieder mit einan-
der leiden/ und sich freuen/ und einander
dienen. Gleichwie es vor diesem unter
der Clerisey gewesen/ und annoch unter
vielen orden der heiligen
familien CHri-
sti. Wiewol auch die straffgerechtig-
keit überall im schwange gehet/ indem
einer des andern sünden nicht träget/
und diese auch offt allzugroß/ und uner-
träglich seyn/ weil sie die liebe auffhe-
ben als den grund der heiligen
Republic.

57. Wenn wir nun diese bisher angeführteSeine
verfol-
gung.

erklärungen Campanellae ansehen/ mag man
leichturtheilen/ was er bey der welt/ und sonder-
lich bey der Clerisey mit seinen schrifften verdie-
net haben müsse/ nemlich nichts als feindschafft
und verfolgung. Gestalt et auch bereits umAusge-
standene
inquisiti-
on.

das jahr 1610. zu Neapoli von denen Spaniern
gefangen/ und in die inquisition gezogen wor-
den. Einige wollen vorgeben/ es sey des wegen
geschehe/ weil er verschiedene geheime staats-ma-
xim
en entdecket hätte: andere aber setzen noch
diese ursache hinzu/ die auch wahrscheinlicher ist/
weil er den Aristotelem so sehr herunter ge-
macht/ und damit die Schul-lehrer erzürnet
hätte. Wie grausam aber seine feinde ihn da-Und grau-
same mar-
ter.

mals tractiret/ hat er selbst in seinen quaestioni-
bus moralibus p.
8. folgender gestalt beschrie-
ben/ da er beweiset/ kein mensch könne beleidi-
get werden/ wo er nicht in das böse willige:
Dieses habe ich erfahren/ da ich 40. stun-
den lang an einem strick hangen muste/

daran

wie auch einigen anderen Medicis, die von den Theologen verworffen worden.
[Spaltenumbruch] Jahr
MDC.
biß
MDCC.
ſpitzfuͤndigen wortē/ die zu behauptung
derer meinungen erfunden ſind. Da ſie
gleichwol dem worte GOTTes nicht
glauben/ ſondern ſich lieber auff laͤppi-
ſche meinungen und aberglauben der
menſchen verlaſſen/ die doch keine weiß-
heit zum grunde haben. Die
Platonicos
habe ich ein klein wenig beſſer befunden/
weil ſie nicht ſo
arrogant geweſen/ und et-
was hoͤhers gemercket haben.

54. Woferne ich aber nur einigen auszug
aus ſeinen tieffen meditationibus uͤber alle theile
der wahren weißheit machen wolte/ wuͤrde der
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durchgehends ſo nervos und gruͤndlich abge-
faſſet iſt/ daß keine oder wenig worte vergeblich
geſetzet ſind. Er hat in den gedachten ſchrifften
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ἀν[fremdsprachliches Material – Zeichen fehlt]ωπον wider die gemeinen lehren derer ſchul-
theologen aus ihren eigenen Principiis und
zeugniſſen diſputirt. Welcher geſtalt er ſich
auch bey der erkanten gegenwaͤrtigen allgemei-
nen verderbnis mit der hoffnung einer kunffti-
gen beſſerung uñ der wahrhaftigen offenbarung
GOttes und CHriſti getroͤſtet habe/ iſt aus
ſeinen ſchrifften in dem Nube Teſtium D. Jo-
hann Wilhelm Peterſen
L. III. p. 63, zu ſe-
hen. So wenig nun als die Theologi und
Seinlob
bey den
Politicis.
Philoſphi mit ihm zu frieden geweſen/ haben
auch die Politici gar viel an ihm getadelt.
Zwar haben dieſelben/ und darunter Herman-
nus Conringius
in der vorrede uͤber die edition
des Machiavelli Campanellam deswegen ſehr
geruͤhmet/ daß er die principia des Machiavelli
gewaltig umgeſtoſſen/ deswegen ihn auch
Conring ingenio & judicio acerrimum titulirt;
Und Schurtzfleiſchius ſetzet in einem Collegio
Manuſcripto: Neſcio, utrum quis doctior hoc
fuerit,
dabey er ihm doch allzugroſſe ſubtilitaͤt
beymiſſet. Allein er hat doch hin und wieder
ſolche principia von der menſchlichen ſocietaͤt/
gleichheit und gemeinſchafft beygebracht/ die
denen heidniſchen welt-klugen unmoͤglich an-
ſtehen koͤnnen.

Vortrag
von der
gleichheit
und ge-
mein-
ſchafft der
guͤter.

55. Zum exempel in gedachtem tractat cap.
X. p.
3. ſchreibet er alſo: Wenn niemand
ſchaͤtze ſammlete/ ſo waͤren wiꝛ alle reich/
und das gemeine weſen haͤtte vor alle
guͤter gnug; weil aber die menſchliche
guͤter unter wenige maͤchtige und rei-
che getheilet ſeyn/ ſo druͤcket die armuth
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voller elend und alles uͤbels. Wenn wir
aber alle nach Chriſti rath in der ge-
meinſchafft lebten/ und die Obrigkeit
alle bedienungen/ arbeiten und kuͤnſte
einem jeden nach ſeiner natuͤr lichen ge-
ſchickligkeit außtheilte/ oder auch die
guͤter alle dem regiment zukaͤmen/ dar-
auß man gleiche eintheilung nach ver-
dienſt machte/ damit die kinder derer
[Spaltenumbruch] wolverdienten leute/ wenn ſie uͤbel leb-
Jahr
MDC.
biß
MDCC.

ten/ die vaͤterlichen guͤter nicht alſo ver-
ſchluͤngen/ und das gemeine weſen mit
ihren exempeln/ worten und wercken
verderbten; alsdenn wuͤrden wir wol
leben/ und den reichthum nicht lieber
haben als Gott/ auch dieſes leben auff
ein beſſeres
appliciren. Und wenn gleich
noch ſuͤnden waͤren/ wie die Apoſtel be-
kennen/ ſo wuͤrden ſie doch das gemeine
weſen nicht verderben/ noch die liebe zu
Gott.
Eben daſelbſt p. 116. klaget er auch/
daß man nach Ariſtotelis lehre die
gemeinſchafft der guͤter vor eine ketze-
rey hielte;
nur weil Auguſtinus ſolche leute
unter die ketzer geſetzet/ und das Coneilium zu
Coſtnitz Johann Huſſen verdammet haͤtte/ daß
er geſagt/ die Pfaffen ſolten nichts eigenes beſi-
tzen. Dagegen ſagt er/ achte ich die ge-
meinſchafft des wegen vor ſchwer/ weil
es an der liebe mangelt; die liebe aber
wird mehr in der gemeinſchafft als in
der eigenheit vermehret ꝛc.

Von den
ehren-ſtel-
len und
dem vor-
zug.

56. Auff gleichen ſchlag diſcurirt er auch
daſelbſt von der gleichheit p. 112. als Chri-
ſtus befahl/ daß deꝛ groͤſſere ſoll ſeyn wie
der diener/ und daß wir nicht wie die
Heiden herrſchen/ ſondern als bruͤder
einander dienen ſollen; wolte er alle
hoffarth auff heben/ und alle
materie der
ſtraff-gerechtigkeit. Denn dieſe findet
nicht ſtatt/ wo die liebe herrſchet als ein
hauß-vater in der
familie. Mangelt
aber dieſe/ ſo iſt das ſtraffen noͤthig. Hin-
gegen bringet die liebe das regierende
geſetz und diejenige gerechtigkeit mit
ſich/ ſo die verrichtungen/ arbeit/ guͤ-
ter/ huͤlffe und dienſte unteꝛeinander aus-
theilet/ dadurch alle glieder mit einan-
der leiden/ und ſich freuen/ und einander
dienen. Gleichwie es vor dieſem unter
der Cleriſey geweſen/ und annoch unter
vielen orden der heiligen
familien CHri-
ſti. Wiewol auch die ſtraffgerechtig-
keit uͤberall im ſchwange gehet/ indem
einer des andern ſuͤnden nicht traͤget/
und dieſe auch offt allzugroß/ und uner-
traͤglich ſeyn/ weil ſie die liebe auffhe-
ben als den grund der heiligen
Republic.

57. Wenn wir nun dieſe bisher angefuͤhrteSeine
verfol-
gung.

erklaͤrungen Campanellæ anſehen/ mag man
leichturtheilen/ was er bey der welt/ und ſonder-
lich bey der Cleriſey mit ſeinen ſchrifften verdie-
net haben muͤſſe/ nemlich nichts als feindſchafft
und verfolgung. Geſtalt et auch bereits umAusge-
ſtandene
inquiſiti-
on.

das jahr 1610. zu Neapoli von denen Spaniern
gefangen/ und in die inquiſition gezogen wor-
den. Einige wollen vorgeben/ es ſey des wegen
geſchehē/ weil er veꝛſchiedene geheime ſtaats-ma-
xim
en entdecket haͤtte: andere aber ſetzen noch
dieſe urſache hinzu/ die auch wahrſcheinlicher iſt/
weil er den Ariſtotelem ſo ſehr herunter ge-
macht/ und damit die Schul-lehrer erzuͤrnet
haͤtte. Wie grauſam aber ſeine feinde ihn da-Und grau-
ſame mar-
ter.

mals tractiret/ hat er ſelbſt in ſeinen quæſtioni-
bus moralibus p.
8. folgender geſtalt beſchrie-
ben/ da er beweiſet/ kein menſch koͤnne beleidi-
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[87/0099] wie auch einigen anderen Medicis, die von den Theologen verworffen worden. ſpitzfuͤndigen wortē/ die zu behauptung derer meinungen erfunden ſind. Da ſie gleichwol dem worte GOTTes nicht glauben/ ſondern ſich lieber auff laͤppi- ſche meinungen und aberglauben der menſchen verlaſſen/ die doch keine weiß- heit zum grunde haben. Die Platonicos habe ich ein klein wenig beſſer befunden/ weil ſie nicht ſo arrogant geweſen/ und et- was hoͤhers gemercket haben. Jahr MDC. biß MDCC. 54. Woferne ich aber nur einigen auszug aus ſeinen tieffen meditationibus uͤber alle theile der wahren weißheit machen wolte/ wuͤrde der raum viel zu enge ſeyn/ zumahl ſein vortrag durchgehends ſo nervos und gruͤndlich abge- faſſet iſt/ daß keine oder wenig worte vergeblich geſetzet ſind. Er hat in den gedachten ſchrifften faſt alle diſciplinen und wiſſenſchafften durch- gegangen und emendirt/ zugeſchweigen/ was er in der Theologie erinnert/ da er meiſtens ϰαθ̕ ἀν_ ωπον wider die gemeinen lehren derer ſchul- theologen aus ihren eigenen Principiis und zeugniſſen diſputirt. Welcher geſtalt er ſich auch bey der erkanten gegenwaͤrtigen allgemei- nen verderbnis mit der hoffnung einer kunffti- gen beſſerung uñ der wahrhaftigen offenbarung GOttes und CHriſti getroͤſtet habe/ iſt aus ſeinen ſchrifften in dem Nube Teſtium D. Jo- hann Wilhelm Peterſen L. III. p. 63, zu ſe- hen. So wenig nun als die Theologi und Philoſphi mit ihm zu frieden geweſen/ haben auch die Politici gar viel an ihm getadelt. Zwar haben dieſelben/ und darunter Herman- nus Conringius in der vorrede uͤber die edition des Machiavelli Campanellam deswegen ſehr geruͤhmet/ daß er die principia des Machiavelli gewaltig umgeſtoſſen/ deswegen ihn auch Conring ingenio & judicio acerrimum titulirt; Und Schurtzfleiſchius ſetzet in einem Collegio Manuſcripto: Neſcio, utrum quis doctior hoc fuerit, dabey er ihm doch allzugroſſe ſubtilitaͤt beymiſſet. Allein er hat doch hin und wieder ſolche principia von der menſchlichen ſocietaͤt/ gleichheit und gemeinſchafft beygebracht/ die denen heidniſchen welt-klugen unmoͤglich an- ſtehen koͤnnen. Seinlob bey den Politicis. 55. Zum exempel in gedachtem tractat cap. X. p. 3. ſchreibet er alſo: Wenn niemand ſchaͤtze ſammlete/ ſo waͤren wiꝛ alle reich/ und das gemeine weſen haͤtte vor alle guͤter gnug; weil aber die menſchliche guͤter unter wenige maͤchtige und rei- che getheilet ſeyn/ ſo druͤcket die armuth alle die uͤbrigen/ da werden denn die ar- men gemeiniglich leichtſinnig/ aufruͤh- riſch/ hinterliſtig/ meineydig/ diebe und ſchmeichler/ die reichen werden ſtoltz/ geitzig/ veꝛſchwenderiſch/ ſchwelgeriſch/ faul/ unzuͤchtig/ ſchmaͤhſuͤchtig und ty- ranniſch. Daher iſt das gemeine weſen voller elend und alles uͤbels. Wenn wir aber alle nach Chriſti rath in der ge- meinſchafft lebten/ und die Obrigkeit alle bedienungen/ arbeiten und kuͤnſte einem jeden nach ſeiner natuͤr lichen ge- ſchickligkeit außtheilte/ oder auch die guͤter alle dem regiment zukaͤmen/ dar- auß man gleiche eintheilung nach ver- dienſt machte/ damit die kinder derer wolverdienten leute/ wenn ſie uͤbel leb- ten/ die vaͤterlichen guͤter nicht alſo ver- ſchluͤngen/ und das gemeine weſen mit ihren exempeln/ worten und wercken verderbten; alsdenn wuͤrden wir wol leben/ und den reichthum nicht lieber haben als Gott/ auch dieſes leben auff ein beſſeres appliciren. Und wenn gleich noch ſuͤnden waͤren/ wie die Apoſtel be- kennen/ ſo wuͤrden ſie doch das gemeine weſen nicht verderben/ noch die liebe zu Gott. Eben daſelbſt p. 116. klaget er auch/ daß man nach Ariſtotelis lehre die gemeinſchafft der guͤter vor eine ketze- rey hielte; nur weil Auguſtinus ſolche leute unter die ketzer geſetzet/ und das Coneilium zu Coſtnitz Johann Huſſen verdammet haͤtte/ daß er geſagt/ die Pfaffen ſolten nichts eigenes beſi- tzen. Dagegen ſagt er/ achte ich die ge- meinſchafft des wegen vor ſchwer/ weil es an der liebe mangelt; die liebe aber wird mehr in der gemeinſchafft als in der eigenheit vermehret ꝛc. Jahr MDC. biß MDCC. 56. Auff gleichen ſchlag diſcurirt er auch daſelbſt von der gleichheit p. 112. als Chri- ſtus befahl/ daß deꝛ groͤſſere ſoll ſeyn wie der diener/ und daß wir nicht wie die Heiden herrſchen/ ſondern als bruͤder einander dienen ſollen; wolte er alle hoffarth auff heben/ und alle materie der ſtraff-gerechtigkeit. Denn dieſe findet nicht ſtatt/ wo die liebe herrſchet als ein hauß-vater in der familie. Mangelt aber dieſe/ ſo iſt das ſtraffen noͤthig. Hin- gegen bringet die liebe das regierende geſetz und diejenige gerechtigkeit mit ſich/ ſo die verrichtungen/ arbeit/ guͤ- ter/ huͤlffe und dienſte unteꝛeinander aus- theilet/ dadurch alle glieder mit einan- der leiden/ und ſich freuen/ und einander dienen. Gleichwie es vor dieſem unter der Cleriſey geweſen/ und annoch unter vielen orden der heiligen familien CHri- ſti. Wiewol auch die ſtraffgerechtig- keit uͤberall im ſchwange gehet/ indem einer des andern ſuͤnden nicht traͤget/ und dieſe auch offt allzugroß/ und uner- traͤglich ſeyn/ weil ſie die liebe auffhe- ben als den grund der heiligen Republic. 57. Wenn wir nun dieſe bisher angefuͤhrte erklaͤrungen Campanellæ anſehen/ mag man leichturtheilen/ was er bey der welt/ und ſonder- lich bey der Cleriſey mit ſeinen ſchrifften verdie- net haben muͤſſe/ nemlich nichts als feindſchafft und verfolgung. Geſtalt et auch bereits um das jahr 1610. zu Neapoli von denen Spaniern gefangen/ und in die inquiſition gezogen wor- den. Einige wollen vorgeben/ es ſey des wegen geſchehē/ weil er veꝛſchiedene geheime ſtaats-ma- ximen entdecket haͤtte: andere aber ſetzen noch dieſe urſache hinzu/ die auch wahrſcheinlicher iſt/ weil er den Ariſtotelem ſo ſehr herunter ge- macht/ und damit die Schul-lehrer erzuͤrnet haͤtte. Wie grauſam aber ſeine feinde ihn da- mals tractiret/ hat er ſelbſt in ſeinen quæſtioni- bus moralibus p. 8. folgender geſtalt beſchrie- ben/ da er beweiſet/ kein menſch koͤnne beleidi- get werden/ wo er nicht in das boͤſe willige: Dieſes habe ich erfahren/ da ich 40. ſtun- den lang an einem ſtrick hangen muſte/ daran Seine verfol- gung. Ausge- ſtandene inquiſiti- on. Und grau- ſame mar- ter.

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Zitationshilfe: Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700, S. 87. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnold_ketzerhistorie02_1700/99>, abgerufen am 29.04.2024.