Th. IV. Sect. III. Num. XIV. Hamburgischer Streit mit dem Ministerio.
[Spaltenumbruch]
Kirchen/ daß sie am jüngsten tage dem/ der nächst GOTT ihr geholffen zeugniß geben wolle. Was aber Anna Dahmens belanget/ wird dieselbe nicht in abrede stellen können/ daß sie in bey seyn Magister Volsch, Holtzhausen und anderer beständig bekant/ daß Herr Ma- gister Edzardus Pastor, als sie zu ihm nach der dienstags-predigt in die gärbe kammer kom- men/ ihm ihre grosse noth und anfechtung (weil sie gesinnet gewesen den folgenden Donnerstag zum Heil. Abendmahl zugehen) vorher zu kla- gen/ insonderheit/ daß sie nicht glauben könte/ ihr geantwortet/ so sie nicht glaube/ könte sie nicht selig werden/ und hat sie darauff un- getröstet von sich gelassen/ auch nicht gesaget daß sie wieder zu ihm kommen solte. Welches ich abermahl gar ungern melde/ weil unsere Intention nicht gewesen/ die Herrn Prediger zu beschimpffen/ warum ich auch die außge- strichene wort Herrn Ezardi vor den Herrn De- putirten E. E. Raths damahls nicht außge- saget/ muß aber anjetzo nothwendig der war- heit zu steuer geschthen.
Darnach habe ich laut des andern mich al- lein angehen den beschuldigungs-puncts nicht gestanden/ daß ich Herrn Magister Caspar Müllern durch tröstung des übelthäters in sein amt gegriffen/ sondern bekant/ daß ich auff inständige bitte der sehr betrübten übelthäter. E[r] durch Herrn Johann Reinier an mich/ sie in der büttcley/ da es von rohen leuten wim- melte/ und sie trostloß unter den vollen zapffen sassen/ besuchet/ unterrichtet und getröstet/ ferner auff ihr flehentliches anhalten mit zulas- sung Herrn Magist. Dassauen hinauß gangen/ und unter dem gerichte den von Herrn Magist. Casparo Müller begleiteten übelthäter/ da er unter der büttel-knechte händen zitternd und bebend ohne Prediger allein gestanden/ auß tringen der liebe des von mir in der bütteley em- pfangenen trostes und seiner darauff gethanen Christlichen Resolution erinnert: So bald aber Herr Magist. Müller herzu kommen und mich abgewiesen/ bin ich alsbald hinweg gan- gen mit diesen worten: So ein anderer komt/ gehe ich. Ob nun dieses (da ich den armen sünder/ der allein unter der büttel- knechten händen so hoch betrübet stund/ auß tringender liebe und hertzliche mitleyden getrö- stet) in ein frembd amt gegriffen seye/ gebe ich E. E. Minist. Christlich zu bedencken/ angesehen ja einem jedem gemeinem Christen solches frey gestanden/ solte ich aber in der that/ wie sie sagen/ Herrn Magist. Müller in sein amt ge- griffen haben/ wäre es ja billich gewesen/ daß ich bald nach solchem vermeintem verbrechen von E. E. Ministerio darüber wäre zu rede gese- tzet worden/ mit vermahnung/ mich dessen hin- führo zu enthalten.
Kurtze beantwortung der puncten 7. 8. 9. 10. die mich J. Holtzhausen allein angehen.
Was den 7. punct betrifft/ so gebe ich E. E. Minist. zu bedencken/ ob hierauß einige Injuria oder beschimpffung könne bezwungen werden/ in ansehung ich erstlich als ein beicht- kind mit einem Beicht-Vater; 2. Und zwar [Spaltenumbruch]privatim und heimlich (denn der bürger/ so da- bey gewesen/ war meiner Mutter bruder/ auff dessen/ wie auch auff meine bitte Herr Magist. von Petkum mich hatte fordern lassen) gere- det und mein Hertz außgeschüttet. 3. Ohne fernere Andung jederzeit von ihme absolviret und zum Heiligen Abendmahl gelassen bin. Und da ja Herr Magist. von Petkum deßwe- gen mit mir nicht zu frieden gewesen wäre/ hät- te ich ja gern zu ihm kommen/ und den grund/ wie auch den zweck meiner damals gefuhrten rede/ darauß dieser 7. punct zusammen getragen und gezogen gebührlichen entdecken wollen/ daß er in Christlicher erwegung desselben ver- hoffentlich mich keiner ungebührlichkeit beschul- diget hätte/ wie ich dann/ ob gleich solches an- hero zuerholen ich bedencken trage/ auff E. E. Minist. begehren solches zu entdecken/ mich noch anjetzo nicht scheue.
Den 8. punct belangend/ der mich auch al- lein angehet/ so bedarff derselbe keiner ver- antwortung; denn ich hoffe/ sie werden hier keine kirchen-ordnung haben/ die nicht mit GOt- tes wort übereinstimmen solte; wenn man aber zum gehorsam einer geschriebenen oder getruck- t[e]n ordnung/ die man nie gesehen hat/ ermah- net wird/ so antwortet ein jeder Christ ja bil- lich und am sichersten/ er wolle solche ordnung annehmen/ so fern sie mit GOttes wort über- einstimme.
Den 9. punct belangend/ so kan und will ich nicht läugnen/ daß ich von aller meiner glaubens freudigkeit zuäusserster seelen- und gei- stes-armuth gekommen/ eben daher daß ich der allgemeinen Christenthums-pflicht/ welcher ich in meinem gewissen durch GOttes wort vom Heil. Geist stätig erinnert worden/ mit brü- derlichem ermahnen unterrichten und freund- lichen/ straffen nicht gebührlich nachgekommen/ auch da ich auß menschen-furcht solches unter- lassen/ sehr betrübet und durch betrachtung der klaren sprüche und vieler rechtschaffenen Theo- logen judicium in meinem gewissen geängstet und gestraffet worden bin/ welches wie es zu einer beschuldigung könne gerechnet werden/ ich nicht sehe.
Den 10. Punct belangend/ so setze ich hieher den Casum Conscientiae wie ihn Doctor Haberkorn gesetzet hat: An quis fidelis te- neatur Christianum alium, cujuscunque sexus, aetatis & dignitatis cum quo consuetudinem antea non habuerit, modesta correptione de peccato quocunque e. g. abusu nominis JE- SU vel DEI, de juramento levi, execratione, superbia in actibus &c. scurrilibus sermoni- bus &c. admonere, si fidelis ille tale peccatum vel in templo, vel in platea, foro, curia, aedi- bus &c. committi videat. Darauß zusehen/ auff was für eine frage die belehrung geschrieben/ und da dieselbe solte gezeiget werden/ würde man sehen/ ob sie nicht viel mehr für uns als wie- der unssey. Daher ich dann nicht kan bekant haben/ daß Doctor Haberkorns belehrung mir zuwider/ was diese sache belanget/ gestalt ich auch nicht sagen kan/ wie mir beygemessen wer- den will/ ob hiengen mir viel seelen an.
Copia
A. K. H. Vierter Theil. R r r r 2
Th. IV. Sect. III. Num. XIV. Hamburgiſcher Streit mit dem Miniſterio.
[Spaltenumbruch]
Kirchen/ daß ſie am juͤngſten tage dem/ der naͤchſt GOTT ihr geholffen zeugniß geben wolle. Was aber Anna Dahmens belanget/ wird dieſelbe nicht in abrede ſtellen koͤnnen/ daß ſie in bey ſeyn Magiſter Volſch, Holtzhauſen und anderer beſtaͤndig bekant/ daß Herr Ma- giſter Edzardus Paſtor, als ſie zu ihm nach der dienſtags-predigt in die gaͤrbe kammer kom- men/ ihm ihre groſſe noth und anfechtung (weil ſie geſinnet geweſen den folgenden Donnerſtag zum Heil. Abendmahl zugehen) vorher zu kla- gen/ inſonderheit/ daß ſie nicht glauben koͤnte/ ihr geantwortet/ ſo ſie nicht glaube/ koͤnte ſie nicht ſelig werden/ und hat ſie darauff un- getroͤſtet von ſich gelaſſen/ auch nicht geſaget daß ſie wieder zu ihm kommen ſolte. Welches ich abermahl gar ungern melde/ weil unſere Intention nicht geweſen/ die Herrn Prediger zu beſchimpffen/ warum ich auch die außge- ſtrichene wort Herrn Ezardi vor den Herrn De- putirten E. E. Raths damahls nicht außge- ſaget/ muß aber anjetzo nothwendig der war- heit zu ſteuer geſchthen.
Darnach habe ich laut des andern mich al- lein angehen den beſchuldigungs-puncts nicht geſtanden/ daß ich Herrn Magiſter Caſpar Müllern durch troͤſtung des uͤbelthaͤters in ſein amt gegriffen/ ſondern bekant/ daß ich auff inſtaͤndige bitte der ſehr betruͤbten uͤbelthaͤter. E[r] durch Herrn Johann Reinier an mich/ ſie in der buͤttcley/ da es von rohen leuten wim- melte/ und ſie troſtloß unter den vollen zapffen ſaſſen/ beſuchet/ unterrichtet und getroͤſtet/ ferner auff ihr flehentliches anhalten mit zulaſ- ſung Herrn Magiſt. Daſſauen hinauß gangen/ und unter dem gerichte den von Herrn Magiſt. Caſparo Müller begleiteten uͤbelthaͤter/ da er unter der buͤttel-knechte haͤnden zitternd und bebend ohne Prediger allein geſtanden/ auß tringen der liebe des von mir in der buͤtteley em- pfangenen troſtes und ſeiner darauff gethanen Chriſtlichen Reſolution erinnert: So bald aber Herr Magiſt. Müller herzu kommen und mich abgewieſen/ bin ich alsbald hinweg gan- gen mit dieſen worten: So ein anderer komt/ gehe ich. Ob nun dieſes (da ich den armen ſuͤnder/ der allein unter der buͤttel- knechten haͤnden ſo hoch betruͤbet ſtund/ auß tringender liebe und hertzlichē mitleyden getroͤ- ſtet) in ein frembd amt gegriffen ſeye/ gebe ich E. E. Miniſt. Chriſtlich zu bedencken/ angeſehen ja einem jedem gemeinem Chriſten ſolches frey geſtanden/ ſolte ich aber in der that/ wie ſie ſagen/ Herrn Magiſt. Müller in ſein amt ge- griffen haben/ waͤre es ja billich geweſen/ daß ich bald nach ſolchem vermeintem verbrechen von E. E. Miniſterio daruͤber waͤre zu rede geſe- tzet worden/ mit vermahnung/ mich deſſen hin- fuͤhro zu enthalten.
Kurtze beantwortung der puncten 7. 8. 9. 10. die mich J. Holtzhauſen allein angehen.
Was den 7. punct betrifft/ ſo gebe ich E. E. Miniſt. zu bedencken/ ob hierauß einige Injuria oder beſchimpffung koͤnne bezwungen werden/ in anſehung ich erſtlich als ein beicht- kind mit einem Beicht-Vater; 2. Und zwar [Spaltenumbruch]privatim und heimlich (denn der buͤrger/ ſo da- bey geweſen/ war meiner Mutter bruder/ auff deſſen/ wie auch auff meine bitte Herr Magiſt. von Petkum mich hatte fordern laſſen) gere- det und mein Hertz außgeſchuͤttet. 3. Ohne fernere Andung jederzeit von ihme abſolviret und zum Heiligen Abendmahl gelaſſen bin. Und da ja Herr Magiſt. von Petkum deßwe- gen mit mir nicht zu frieden geweſen waͤre/ haͤt- te ich ja gern zu ihm kom̃en/ und den grund/ wie auch den zweck meiner damals gefuhrten rede/ darauß dieſer 7. punct zuſammen getragen und gezogen gebuͤhrlichen entdecken wollen/ daß er in Chriſtlicher erwegung deſſelben ver- hoffentlich mich keiner ungebuͤhrlichkeit beſchul- diget haͤtte/ wie ich dann/ ob gleich ſolches an- hero zuerholen ich bedencken trage/ auff E. E. Miniſt. begehren ſolches zu entdecken/ mich noch anjetzo nicht ſcheue.
Den 8. punct belangend/ der mich auch al- lein angehet/ ſo bedarff derſelbe keiner ver- antwortung; denn ich hoffe/ ſie werden hier keine kirchen-ordnung haben/ die nicht mit GOt- tes wort uͤbereinſtimmen ſolte; wenn man aber zum gehorſam einer geſchriebenen oder getruck- t[e]n ordnung/ die man nie geſehen hat/ ermah- net wird/ ſo antwortet ein jeder Chriſt ja bil- lich und am ſicherſten/ er wolle ſolche ordnung annehmen/ ſo fern ſie mit GOttes wort uͤber- einſtimme.
Den 9. punct belangend/ ſo kan und will ich nicht laͤugnen/ daß ich von aller meiner glaubens freudigkeit zuaͤuſſerſter ſeelen- und gei- ſtes-armuth gekommen/ eben daher daß ich der allgemeinen Chriſtenthums-pflicht/ welcher ich in meinem gewiſſen durch GOttes wort vom Heil. Geiſt ſtaͤtig erinnert worden/ mit bruͤ- derlichem ermahnen unterrichten und freund- lichẽ/ ſtraffen nicht gebuͤhrlich nachgekommen/ auch da ich auß menſchen-furcht ſolches unter- laſſen/ ſehr betruͤbet und durch betrachtung der klaren ſpruͤche und vieler rechtſchaffenen Theo- logen judicium in meinem gewiſſen geaͤngſtet und geſtraffet worden bin/ welches wie es zu einer beſchuldigung koͤnne gerechnet werden/ ich nicht ſehe.
Den 10. Punct belangend/ ſo ſetze ich hieher den Caſum Conſcientiæ wie ihn Doctor Haberkorn geſetzet hat: An quis fidelis te- neatur Chriſtianum alium, cujuſcunque ſexus, ætatis & dignitatis cum quo conſuetudinem antea non habuerit, modeſta correptione de peccato quocunque e. g. abuſu nominis JE- SU vel DEI, de juramento levi, execratione, ſuperbia in actibus &c. ſcurrilibus ſermoni- bus &c. admonere, ſi fidelis ille tale peccatum vel in templo, vel in platea, foro, curia, ædi- bus &c. committi videat. Darauß zuſehen/ auff was fuͤr eine frage die belehrung geſchrieben/ und da dieſelbe ſolte gezeiget werden/ wuͤrde man ſehen/ ob ſie nicht viel mehr fuͤr uns als wie- der unsſey. Daher ich dann nicht kan bekant haben/ daß Doctor Haberkorns belehrung mir zuwider/ was dieſe ſache belanget/ geſtalt ich auch nicht ſagen kan/ wie mir beygemeſſen wer- den will/ ob hiengen mir viel ſeelen an.
Copia
A. K. H. Vierter Theil. R r r r 2
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[683/0991]
Th. IV. Sect. III. Num. XIV. Hamburgiſcher Streit mit dem Miniſterio.
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naͤchſt GOTT ihr geholffen zeugniß geben
wolle. Was aber Anna Dahmens belanget/
wird dieſelbe nicht in abrede ſtellen koͤnnen/ daß
ſie in bey ſeyn Magiſter Volſch, Holtzhauſen
und anderer beſtaͤndig bekant/ daß Herr Ma-
giſter Edzardus Paſtor, als ſie zu ihm nach der
dienſtags-predigt in die gaͤrbe kammer kom-
men/ ihm ihre groſſe noth und anfechtung (weil
ſie geſinnet geweſen den folgenden Donnerſtag
zum Heil. Abendmahl zugehen) vorher zu kla-
gen/ inſonderheit/ daß ſie nicht glauben koͤnte/
ihr geantwortet/ ſo ſie nicht glaube/ koͤnte
ſie nicht ſelig werden/ und hat ſie darauff un-
getroͤſtet von ſich gelaſſen/ auch nicht geſaget
daß ſie wieder zu ihm kommen ſolte. Welches
ich abermahl gar ungern melde/ weil unſere
Intention nicht geweſen/ die Herrn Prediger
zu beſchimpffen/ warum ich auch die außge-
ſtrichene wort Herrn Ezardi vor den Herrn De-
putirten E. E. Raths damahls nicht außge-
ſaget/ muß aber anjetzo nothwendig der war-
heit zu ſteuer geſchthen.
Darnach habe ich laut des andern mich al-
lein angehen den beſchuldigungs-puncts nicht
geſtanden/ daß ich Herrn Magiſter Caſpar
Müllern durch troͤſtung des uͤbelthaͤters in
ſein amt gegriffen/ ſondern bekant/ daß ich auff
inſtaͤndige bitte der ſehr betruͤbten uͤbelthaͤter.
Er durch Herrn Johann Reinier an mich/ ſie
in der buͤttcley/ da es von rohen leuten wim-
melte/ und ſie troſtloß unter den vollen zapffen
ſaſſen/ beſuchet/ unterrichtet und getroͤſtet/
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und unter dem gerichte den von Herrn Magiſt.
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unter der buͤttel-knechte haͤnden zitternd und
bebend ohne Prediger allein geſtanden/ auß
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pfangenen troſtes und ſeiner darauff gethanen
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aber Herr Magiſt. Müller herzu kommen und
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gen mit dieſen worten: So ein anderer
komt/ gehe ich. Ob nun dieſes (da ich den
armen ſuͤnder/ der allein unter der buͤttel-
knechten haͤnden ſo hoch betruͤbet ſtund/ auß
tringender liebe und hertzlichē mitleyden getroͤ-
ſtet) in ein frembd amt gegriffen ſeye/ gebe ich
E. E. Miniſt. Chriſtlich zu bedencken/ angeſehen
ja einem jedem gemeinem Chriſten ſolches
frey geſtanden/ ſolte ich aber in der that/ wie
ſie ſagen/ Herrn Magiſt. Müller in ſein amt ge-
griffen haben/ waͤre es ja billich geweſen/ daß
ich bald nach ſolchem vermeintem verbrechen
von E. E. Miniſterio daruͤber waͤre zu rede geſe-
tzet worden/ mit vermahnung/ mich deſſen hin-
fuͤhro zu enthalten.
Kurtze beantwortung der puncten 7. 8. 9.
10. die mich J. Holtzhauſen allein angehen.
Was den 7. punct betrifft/ ſo gebe ich
E. E. Miniſt. zu bedencken/ ob hierauß einige
Injuria oder beſchimpffung koͤnne bezwungen
werden/ in anſehung ich erſtlich als ein beicht-
kind mit einem Beicht-Vater; 2. Und zwar
privatim und heimlich (denn der buͤrger/ ſo da-
bey geweſen/ war meiner Mutter bruder/ auff
deſſen/ wie auch auff meine bitte Herr Magiſt.
von Petkum mich hatte fordern laſſen) gere-
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und zum Heiligen Abendmahl gelaſſen bin.
Und da ja Herr Magiſt. von Petkum deßwe-
gen mit mir nicht zu frieden geweſen waͤre/ haͤt-
te ich ja gern zu ihm kom̃en/ und den grund/ wie
auch den zweck meiner damals gefuhrten rede/
darauß dieſer 7. punct zuſammen getragen
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daß er in Chriſtlicher erwegung deſſelben ver-
hoffentlich mich keiner ungebuͤhrlichkeit beſchul-
diget haͤtte/ wie ich dann/ ob gleich ſolches an-
hero zuerholen ich bedencken trage/ auff E. E.
Miniſt. begehren ſolches zu entdecken/ mich
noch anjetzo nicht ſcheue.
Den 8. punct belangend/ der mich auch al-
lein angehet/ ſo bedarff derſelbe keiner ver-
antwortung; denn ich hoffe/ ſie werden hier keine
kirchen-ordnung haben/ die nicht mit GOt-
tes wort uͤbereinſtimmen ſolte; wenn man aber
zum gehorſam einer geſchriebenen oder getruck-
ten ordnung/ die man nie geſehen hat/ ermah-
net wird/ ſo antwortet ein jeder Chriſt ja bil-
lich und am ſicherſten/ er wolle ſolche ordnung
annehmen/ ſo fern ſie mit GOttes wort uͤber-
einſtimme.
Den 9. punct belangend/ ſo kan und will
ich nicht laͤugnen/ daß ich von aller meiner
glaubens freudigkeit zuaͤuſſerſter ſeelen- und gei-
ſtes-armuth gekommen/ eben daher daß ich der
allgemeinen Chriſtenthums-pflicht/ welcher ich
in meinem gewiſſen durch GOttes wort vom
Heil. Geiſt ſtaͤtig erinnert worden/ mit bruͤ-
derlichem ermahnen unterrichten und freund-
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auch da ich auß menſchen-furcht ſolches unter-
laſſen/ ſehr betruͤbet und durch betrachtung der
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logen judicium in meinem gewiſſen geaͤngſtet
und geſtraffet worden bin/ welches wie es zu
einer beſchuldigung koͤnne gerechnet werden/
ich nicht ſehe.
Den 10. Punct belangend/ ſo ſetze ich
hieher den Caſum Conſcientiæ wie ihn Doctor
Haberkorn geſetzet hat: An quis fidelis te-
neatur Chriſtianum alium, cujuſcunque ſexus,
ætatis & dignitatis cum quo conſuetudinem
antea non habuerit, modeſta correptione de
peccato quocunque e. g. abuſu nominis JE-
SU vel DEI, de juramento levi, execratione,
ſuperbia in actibus &c. ſcurrilibus ſermoni-
bus &c. admonere, ſi fidelis ille tale peccatum
vel in templo, vel in platea, foro, curia, ædi-
bus &c. committi videat. Darauß zuſehen/ auff
was fuͤr eine frage die belehrung geſchrieben/
und da dieſelbe ſolte gezeiget werden/ wuͤrde
man ſehen/ ob ſie nicht viel mehr fuͤr uns als wie-
der unsſey. Daher ich dann nicht kan bekant
haben/ daß Doctor Haberkorns belehrung mir
zuwider/ was dieſe ſache belanget/ geſtalt ich
auch nicht ſagen kan/ wie mir beygemeſſen wer-
den will/ ob hiengen mir viel ſeelen an.
Copia
A. K. H. Vierter Theil. R r r r 2
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Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700, S. 683. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnold_ketzerhistorie02_1700/991>, abgerufen am 03.05.2024.
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