Aston, Louise: Aus dem Leben einer Frau. Hamburg, 1847.Wiese versammelt. Unter den schönen, blühenden Lindenbäumen hatten sich Coterieen gebildet, die Chocolade schlürften, Blätter lasen, oder durch leichtes Plaudern die Stunden verkürzten, die sich vom Brunnentrinken bis zum Diner träg und langweilig dahinschleppten. Schönheiten aller Art, bleich und blühend, im ersten und letzten Stadium, junge, reiche Wittwen, interessante, geschiedene Frauen, Mütter mit mannbaren Töchtern -- alles war wie noch heute, auf diesem Markt der Schönheit anzutreffen. -- Auf der Promenade von der Wiese zum Freundschaftssaal lustwandelten zwei junge Männer von höherem Rang, in lautem Gespräch, das für sie ein besonderes Interesse zu haben schien. Plötzlich unterbrach der Eine seine Rede, mit dem Ausruf: "ach, da kommt sie!" Diese begeisterten Worte galten keiner berühmten Persönlichkeit, keiner Prinzessin oder Schauspielerin, sondern einer jungen Frau in einfacher eleganter Kleidung, die rasch an den Herren vorüberging, als wollte sie ihre frechen Blicke fliehen. "Ich möchte nur wissen, wer sie eigentlich ist," sprach Graf Reitzenstein zu seinem Gefährten, dem Baron Stein, "sie Wiese versammelt. Unter den schönen, blühenden Lindenbäumen hatten sich Coterieen gebildet, die Chocolade schlürften, Blätter lasen, oder durch leichtes Plaudern die Stunden verkürzten, die sich vom Brunnentrinken bis zum Diner träg und langweilig dahinschleppten. Schönheiten aller Art, bleich und blühend, im ersten und letzten Stadium, junge, reiche Wittwen, interessante, geschiedene Frauen, Mütter mit mannbaren Töchtern — alles war wie noch heute, auf diesem Markt der Schönheit anzutreffen. — Auf der Promenade von der Wiese zum Freundschaftssaal lustwandelten zwei junge Männer von höherem Rang, in lautem Gespräch, das für sie ein besonderes Interesse zu haben schien. Plötzlich unterbrach der Eine seine Rede, mit dem Ausruf: “ach, da kommt sie!“ Diese begeisterten Worte galten keiner berühmten Persönlichkeit, keiner Prinzessin oder Schauspielerin, sondern einer jungen Frau in einfacher eleganter Kleidung, die rasch an den Herren vorüberging, als wollte sie ihre frechen Blicke fliehen. „Ich möchte nur wissen, wer sie eigentlich ist,“ sprach Graf Reitzenstein zu seinem Gefährten, dem Baron Stein, „sie <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0044" n="32"/> Wiese versammelt. Unter den schönen, blühenden Lindenbäumen hatten sich Coterieen gebildet, die Chocolade schlürften, Blätter lasen, oder durch leichtes Plaudern die Stunden verkürzten, die sich vom Brunnentrinken bis zum Diner träg und langweilig dahinschleppten. Schönheiten aller Art, bleich und blühend, im ersten und letzten Stadium, junge, reiche Wittwen, interessante, geschiedene Frauen, Mütter mit mannbaren Töchtern — alles war wie noch heute, auf diesem Markt der Schönheit anzutreffen. — Auf der Promenade von der Wiese zum Freundschaftssaal lustwandelten zwei junge Männer von höherem Rang, in lautem Gespräch, das für sie ein besonderes Interesse zu haben schien. Plötzlich unterbrach der Eine seine Rede, mit dem Ausruf: “ach, da kommt sie!“ Diese begeisterten Worte galten keiner berühmten Persönlichkeit, keiner Prinzessin oder Schauspielerin, sondern einer jungen Frau in einfacher eleganter Kleidung, die rasch an den Herren vorüberging, als wollte sie ihre frechen Blicke fliehen. „Ich möchte nur wissen, wer sie eigentlich ist,“ sprach Graf Reitzenstein zu seinem Gefährten, dem Baron Stein, „sie </p> </div> </body> </text> </TEI> [32/0044]
Wiese versammelt. Unter den schönen, blühenden Lindenbäumen hatten sich Coterieen gebildet, die Chocolade schlürften, Blätter lasen, oder durch leichtes Plaudern die Stunden verkürzten, die sich vom Brunnentrinken bis zum Diner träg und langweilig dahinschleppten. Schönheiten aller Art, bleich und blühend, im ersten und letzten Stadium, junge, reiche Wittwen, interessante, geschiedene Frauen, Mütter mit mannbaren Töchtern — alles war wie noch heute, auf diesem Markt der Schönheit anzutreffen. — Auf der Promenade von der Wiese zum Freundschaftssaal lustwandelten zwei junge Männer von höherem Rang, in lautem Gespräch, das für sie ein besonderes Interesse zu haben schien. Plötzlich unterbrach der Eine seine Rede, mit dem Ausruf: “ach, da kommt sie!“ Diese begeisterten Worte galten keiner berühmten Persönlichkeit, keiner Prinzessin oder Schauspielerin, sondern einer jungen Frau in einfacher eleganter Kleidung, die rasch an den Herren vorüberging, als wollte sie ihre frechen Blicke fliehen. „Ich möchte nur wissen, wer sie eigentlich ist,“ sprach Graf Reitzenstein zu seinem Gefährten, dem Baron Stein, „sie
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Zitationshilfe: | Aston, Louise: Aus dem Leben einer Frau. Hamburg, 1847, S. 32. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/aston_leben_1847/44>, abgerufen am 30.11.2023. |