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Aston, Louise: Aus dem Leben einer Frau. Hamburg, 1847.

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Der Schmerz des Mannes mußte groß sein: denn eine Flut schwerer Thränen entstürzte seinen Augen; doch er schämte sich dieser Zeichen seiner Qual, drückte noch einen innigen Kuß auf die Augenlieder seiner Geliebten, und verschwand rasch.

Sie selbst saß starr und unbeweglich, so lange sie noch die verhallenden Tritte hören konnte. Dann bedeckte sie noch einige Minuten mit beiden Händen die Augen -- und erhob sich plötzlich mit entschiedener Willenskraft. Nur den verstörten Zügen war es anzusehn, daß sie erst nach schwerem Kampf diesen Sieg über ihr Gefühl errungen. Mit fester Haltung, das Haupt kühn und frei erhebend, ging sie dann nach ihrer Wohnung, dem lieblichen Wiesenthale.

"Wieder einmal ein Schäferspiel gratis, ohne Entree, eine rührende Scene," ließ sich die kreischende Stimme des Grafen Reitzenstein vernehmen; "was sagen Sie dazu, Baron? Irgend eine wohlmeinende Fee führt uns a tempo herbei, wenn von dem Gott der Liebe eine Episode in Scene gesetzt wird. Doch zum Teufel, wer war denn der Glückliche, der diesen Schäfer spielen

Der Schmerz des Mannes mußte groß sein: denn eine Flut schwerer Thränen entstürzte seinen Augen; doch er schämte sich dieser Zeichen seiner Qual, drückte noch einen innigen Kuß auf die Augenlieder seiner Geliebten, und verschwand rasch.

Sie selbst saß starr und unbeweglich, so lange sie noch die verhallenden Tritte hören konnte. Dann bedeckte sie noch einige Minuten mit beiden Händen die Augen — und erhob sich plötzlich mit entschiedener Willenskraft. Nur den verstörten Zügen war es anzusehn, daß sie erst nach schwerem Kampf diesen Sieg über ihr Gefühl errungen. Mit fester Haltung, das Haupt kühn und frei erhebend, ging sie dann nach ihrer Wohnung, dem lieblichen Wiesenthale.

„Wieder einmal ein Schäferspiel gratis, ohne Entrèe, eine rührende Scene,“ ließ sich die kreischende Stimme des Grafen Reitzenstein vernehmen; „was sagen Sie dazu, Baron? Irgend eine wohlmeinende Fee führt uns a tempo herbei, wenn von dem Gott der Liebe eine Episode in Scene gesetzt wird. Doch zum Teufel, wer war denn der Glückliche, der diesen Schäfer spielen

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[40/0052] Der Schmerz des Mannes mußte groß sein: denn eine Flut schwerer Thränen entstürzte seinen Augen; doch er schämte sich dieser Zeichen seiner Qual, drückte noch einen innigen Kuß auf die Augenlieder seiner Geliebten, und verschwand rasch. Sie selbst saß starr und unbeweglich, so lange sie noch die verhallenden Tritte hören konnte. Dann bedeckte sie noch einige Minuten mit beiden Händen die Augen — und erhob sich plötzlich mit entschiedener Willenskraft. Nur den verstörten Zügen war es anzusehn, daß sie erst nach schwerem Kampf diesen Sieg über ihr Gefühl errungen. Mit fester Haltung, das Haupt kühn und frei erhebend, ging sie dann nach ihrer Wohnung, dem lieblichen Wiesenthale. „Wieder einmal ein Schäferspiel gratis, ohne Entrèe, eine rührende Scene,“ ließ sich die kreischende Stimme des Grafen Reitzenstein vernehmen; „was sagen Sie dazu, Baron? Irgend eine wohlmeinende Fee führt uns a tempo herbei, wenn von dem Gott der Liebe eine Episode in Scene gesetzt wird. Doch zum Teufel, wer war denn der Glückliche, der diesen Schäfer spielen

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Zitationshilfe: Aston, Louise: Aus dem Leben einer Frau. Hamburg, 1847, S. 40. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/aston_leben_1847/52>, abgerufen am 29.04.2024.