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Allgemeine Zeitung. Nr. 11. Augsburg, 11. Januar 1840.

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und Baden allein hatten aber in ihrem frühern Zustande der Isolirung zusammen eine Einfuhr an seidenen und halbseidenen Waaren (nach Abzug der Ausfuhr) von ungefähr 3000 Centnern. Sie bezogen ihren Bedarf größtentheils aus nichtdeutschen Staaten, theils direct, theils durch Vermittlung der deutschen Messen. Es ist daher kein Zweifel, daß die Industrie der preußischen Provinzen (Rheinland, Westphalen und Brandenburg), welche den Hauptsitz der Seidenmanufacturen des Vereins bilden, der fremden Concurrenz die Befriedigung des einheimischen Bedarfs in größerem Umfang abgewonnen haben, und in so weit sie vor der Gründung des großen Vereins auf dem mittel- und süddeutschen Markte sich bereits eines beträchtlichen Absatzes erfreute, der nach der Vereinigung nicht mehr in den Ausfuhrlisten erscheinen konnte, läßt die, dessen ungeachtet, eingetretene Vermehrung der Gesammtausfuhr des Vereins auf eine beträchtliche Erweiterung der einheimischen Production schließen, da die süddeutschen Staaten bei ihrem Eintritt in die Gemeinschaft keine oder nur eine höchst unbedeutende Ausfuhr hatten.

"Leicht begreiflich konnte der Verein auf die Leinwandproduction keinen wesentlichen Einfluß ausüben, da in diesem Zweige keine erhebliche Concurrenz des Auslandes auf dem einheimischen Markt abzuwehren war. Nur in einigen Gegenden war die fremde Einfuhr von einiger Bedeutung. Im Allgemeinen deuten die Zolllisten auf eine Abnahme der Gesammteinfuhr und auf eine mäßige Zunahme der Ausfuhr von 1834 bis 1836.

"Was das rohe Leinengarn betrifft, so theilen wir hierüber folgende Uebersicht mit:
[irrelevantes Material - fehlt]

"Wir werden auf diese Erscheinung zurückkommen, die bei dem gezwirnten Garn um so auffallender ist, als der Eingangszoll im Jahr 1837 etwas erhöht wurde.

Zu den Zweigen, welche durch die Gründung des großen Vereins einen höhern Aufschwung genommen, gehören in erster Linie die Zuckersiedereien. Hatten in dem preußisch-hessischen Vereine die schon früher oder seit 1828 neu entstandenen Raffinerien nahe das ganze Bedürfniß für den innern Verbrauch geliefert, so verdrängten sie wetteifernd mit den jüngern Anstalten im Süden auch in dem erweiterten Vereinsgebiete fast gänzlich jede fremde Mitbewerbung. Noch vor wenigen Jahren wurden allein in das Großherzogthum Baden jährlich an fremdem, fast ausschließlich holländischem, raffinirtem Zucker 70,000 bis 80,000 Centner und in einzelnen Jahren noch weit mehr eingeführt, und im Jahr 1836 betrug die gesammte Einfuhr des großen Vereins an Raffinade und Kochzucker nur noch 7669 Centner, neben einer Einfuhr von 986,809 Centnern Schmelzlumpen und Rohzucker. Die Zahl der preußischen Raffinerien, die sich von 1829 bis 1831 von 42 auf 49 vermehrt hatte, stieg bis zum Jahr 1835 auf 74; in den übrigen Vereinsländern bestanden damals 12, im Ganzen daher 86, zu welchen in der nächsten Zeit noch eine beträchtliche Anzahl (in Baden allein 5) hinzukamen.

"Neben ihnen erhoben sich vom Jahr 1835 an im Süden wie im Norden ganze Reihen von Anstalten, welche ausschließlich mit der Bereitung von Zucker aus Runkelrüben oder zugleich mit der Verarbeitung von Colonialzucker oder Lumpen sich beschäftigten.

"Im Jahr 1836 zählte man bereits in Preußen ungefähr 90 und in den übrigen Vereinsstaaten ungefähr 32 solcher Fabriken, die ihren Betrieb begonnen hatten, oder in der Anlage begriffen waren. Ihre Zahl stieg bis zum Jahr 1839 auf 159, wovon 123, deren Production bekannt war, ungefähr 145,000 Centner Rohzucker lieferten. Wie dieser neue Zweig, auf den wir weiter unten zurückkommen werden, verdankten manche andere ihr Emporblühen nicht ausschließlich dem Reize, den hohe Zölle zu industriellen Unternehmungen geben, sondern zugleich den Fortschritten in der Kunst zu produciren.

"Die Rückwirkung der vermehrten Gewerbsthätigkeit auf den Ackerbau konnte nicht ausbleiben. Er lebt von der Nachfrage nach seinen Producten, und diese Nachfrage wächst mit den Fortschritten der Industrie, welche seine Erzeugnisse in ihren Werkstätten veredelt, umwandelt oder verzehrt; sie wächst mit der Zahl der Arbeiter, welche die Unternehmer beschäftigen, und mit den Löhnen, die sie bezahlen. Daß aber die Production des Ackerbaues wirklich in fast allen Theilen des Vereinsgebiets im steten erfreulichen Fortschreiten begriffen sey, ist eine Thatsache, wofür es nicht schwer fällt, aus den Verhandlungen der zahlreichen landwirthschaftlichen Vereine der verschiedenen Länder die unzweideutigsten Belege beizubringen.

(Ein zweiter Artikel folgt.)

Preußen.

Bei den immer drückendern Absperrungsmaaßregeln Rußlands gegen Preußen und den täglich lauter werdenden Klagen des Publicums dürfte es an der Zeit seyn, die bisher bestandenen beiderseitigen Gränz- und Handelsverhältnisse durch eine summarische Darstellung dessen, was in dieser Beziehung durch die gegenseitigen Verträge bestimmt ist, zu beleuchten. Zuvörderst ist vorauszuschicken, daß während der sächsischen Herrschaft über das Herzogthum Warschau die preußischen Gränzprovinzen sich der freundlichsten Beziehungen mit diesem Lande, so weit solche irgend die damalige Politik gewähren konnte, erfreuten. Als das Schicksal Polens durch den Wiener Tractat entschieden war, beeilten sich Rußland und Preußen, in Betreff des Herzogthum Warschau den Vertrag vom 3 Mai 1815 in Wien zu errichten, um in Betreff sämmtlicher durch die Theilung Warschau's entstandenen neuen Berührungspunkte beider Staaten, wie es im Eingange jenes Vertrags heißt: "die Bande noch fester zu schließen, welche die beiderseitigen Heere und Völker in einem harten und mörderischen Kriege für den Frieden und die Befreiung Europa's vereinten." Der Nationalgeist, der Vortheil des Handels, die Verhältnisse, welche geeignet wären Wohlfahrt des Ganzen und des Einzelnen auf eine dauernde Art in die Provinzen der neuen Angränzungen beider Mächte zu bringen, sollten darin berücksichtigt und damit das Wohl beider Staaten gesichert werden. Diese Absicht sprachen die contrahirenden Mächte ausdrücklich aus. In der That athmet der erwähnte Vertrag auch diese ihm vorgezeichnete höhere Tendenz. In Betreff derjenigen Einwohner, deren Besitzungen von der Gränze durchschnitten werden, ward bestimmt, daß solche nach den liberalsten Grundsätzen behandelt werden sollten, und mehrere solche hierauf bezügliche Festsetzungen wurden getroffen. Die Schifffahrt auf allen Strömen und Canälen des frühern Polens sollte frei, nur eine einzige gemeinsam zu bestimmende Tonnenabgabe von der Schifffahrt erlaubt, alle deren Freiheit beeinträchtigenden Abgaben aufgehoben und der tägliche Gränzverkehr der Anwohner nicht im geringsten gehindert seyn. Trotz


und Baden allein hatten aber in ihrem frühern Zustande der Isolirung zusammen eine Einfuhr an seidenen und halbseidenen Waaren (nach Abzug der Ausfuhr) von ungefähr 3000 Centnern. Sie bezogen ihren Bedarf größtentheils aus nichtdeutschen Staaten, theils direct, theils durch Vermittlung der deutschen Messen. Es ist daher kein Zweifel, daß die Industrie der preußischen Provinzen (Rheinland, Westphalen und Brandenburg), welche den Hauptsitz der Seidenmanufacturen des Vereins bilden, der fremden Concurrenz die Befriedigung des einheimischen Bedarfs in größerem Umfang abgewonnen haben, und in so weit sie vor der Gründung des großen Vereins auf dem mittel- und süddeutschen Markte sich bereits eines beträchtlichen Absatzes erfreute, der nach der Vereinigung nicht mehr in den Ausfuhrlisten erscheinen konnte, läßt die, dessen ungeachtet, eingetretene Vermehrung der Gesammtausfuhr des Vereins auf eine beträchtliche Erweiterung der einheimischen Production schließen, da die süddeutschen Staaten bei ihrem Eintritt in die Gemeinschaft keine oder nur eine höchst unbedeutende Ausfuhr hatten.

„Leicht begreiflich konnte der Verein auf die Leinwandproduction keinen wesentlichen Einfluß ausüben, da in diesem Zweige keine erhebliche Concurrenz des Auslandes auf dem einheimischen Markt abzuwehren war. Nur in einigen Gegenden war die fremde Einfuhr von einiger Bedeutung. Im Allgemeinen deuten die Zolllisten auf eine Abnahme der Gesammteinfuhr und auf eine mäßige Zunahme der Ausfuhr von 1834 bis 1836.

„Was das rohe Leinengarn betrifft, so theilen wir hierüber folgende Uebersicht mit:
[irrelevantes Material – fehlt]

„Wir werden auf diese Erscheinung zurückkommen, die bei dem gezwirnten Garn um so auffallender ist, als der Eingangszoll im Jahr 1837 etwas erhöht wurde.

Zu den Zweigen, welche durch die Gründung des großen Vereins einen höhern Aufschwung genommen, gehören in erster Linie die Zuckersiedereien. Hatten in dem preußisch-hessischen Vereine die schon früher oder seit 1828 neu entstandenen Raffinerien nahe das ganze Bedürfniß für den innern Verbrauch geliefert, so verdrängten sie wetteifernd mit den jüngern Anstalten im Süden auch in dem erweiterten Vereinsgebiete fast gänzlich jede fremde Mitbewerbung. Noch vor wenigen Jahren wurden allein in das Großherzogthum Baden jährlich an fremdem, fast ausschließlich holländischem, raffinirtem Zucker 70,000 bis 80,000 Centner und in einzelnen Jahren noch weit mehr eingeführt, und im Jahr 1836 betrug die gesammte Einfuhr des großen Vereins an Raffinade und Kochzucker nur noch 7669 Centner, neben einer Einfuhr von 986,809 Centnern Schmelzlumpen und Rohzucker. Die Zahl der preußischen Raffinerien, die sich von 1829 bis 1831 von 42 auf 49 vermehrt hatte, stieg bis zum Jahr 1835 auf 74; in den übrigen Vereinsländern bestanden damals 12, im Ganzen daher 86, zu welchen in der nächsten Zeit noch eine beträchtliche Anzahl (in Baden allein 5) hinzukamen.

„Neben ihnen erhoben sich vom Jahr 1835 an im Süden wie im Norden ganze Reihen von Anstalten, welche ausschließlich mit der Bereitung von Zucker aus Runkelrüben oder zugleich mit der Verarbeitung von Colonialzucker oder Lumpen sich beschäftigten.

„Im Jahr 1836 zählte man bereits in Preußen ungefähr 90 und in den übrigen Vereinsstaaten ungefähr 32 solcher Fabriken, die ihren Betrieb begonnen hatten, oder in der Anlage begriffen waren. Ihre Zahl stieg bis zum Jahr 1839 auf 159, wovon 123, deren Production bekannt war, ungefähr 145,000 Centner Rohzucker lieferten. Wie dieser neue Zweig, auf den wir weiter unten zurückkommen werden, verdankten manche andere ihr Emporblühen nicht ausschließlich dem Reize, den hohe Zölle zu industriellen Unternehmungen geben, sondern zugleich den Fortschritten in der Kunst zu produciren.

„Die Rückwirkung der vermehrten Gewerbsthätigkeit auf den Ackerbau konnte nicht ausbleiben. Er lebt von der Nachfrage nach seinen Producten, und diese Nachfrage wächst mit den Fortschritten der Industrie, welche seine Erzeugnisse in ihren Werkstätten veredelt, umwandelt oder verzehrt; sie wächst mit der Zahl der Arbeiter, welche die Unternehmer beschäftigen, und mit den Löhnen, die sie bezahlen. Daß aber die Production des Ackerbaues wirklich in fast allen Theilen des Vereinsgebiets im steten erfreulichen Fortschreiten begriffen sey, ist eine Thatsache, wofür es nicht schwer fällt, aus den Verhandlungen der zahlreichen landwirthschaftlichen Vereine der verschiedenen Länder die unzweideutigsten Belege beizubringen.

(Ein zweiter Artikel folgt.)

Preußen.

Bei den immer drückendern Absperrungsmaaßregeln Rußlands gegen Preußen und den täglich lauter werdenden Klagen des Publicums dürfte es an der Zeit seyn, die bisher bestandenen beiderseitigen Gränz- und Handelsverhältnisse durch eine summarische Darstellung dessen, was in dieser Beziehung durch die gegenseitigen Verträge bestimmt ist, zu beleuchten. Zuvörderst ist vorauszuschicken, daß während der sächsischen Herrschaft über das Herzogthum Warschau die preußischen Gränzprovinzen sich der freundlichsten Beziehungen mit diesem Lande, so weit solche irgend die damalige Politik gewähren konnte, erfreuten. Als das Schicksal Polens durch den Wiener Tractat entschieden war, beeilten sich Rußland und Preußen, in Betreff des Herzogthum Warschau den Vertrag vom 3 Mai 1815 in Wien zu errichten, um in Betreff sämmtlicher durch die Theilung Warschau's entstandenen neuen Berührungspunkte beider Staaten, wie es im Eingange jenes Vertrags heißt: „die Bande noch fester zu schließen, welche die beiderseitigen Heere und Völker in einem harten und mörderischen Kriege für den Frieden und die Befreiung Europa's vereinten.“ Der Nationalgeist, der Vortheil des Handels, die Verhältnisse, welche geeignet wären Wohlfahrt des Ganzen und des Einzelnen auf eine dauernde Art in die Provinzen der neuen Angränzungen beider Mächte zu bringen, sollten darin berücksichtigt und damit das Wohl beider Staaten gesichert werden. Diese Absicht sprachen die contrahirenden Mächte ausdrücklich aus. In der That athmet der erwähnte Vertrag auch diese ihm vorgezeichnete höhere Tendenz. In Betreff derjenigen Einwohner, deren Besitzungen von der Gränze durchschnitten werden, ward bestimmt, daß solche nach den liberalsten Grundsätzen behandelt werden sollten, und mehrere solche hierauf bezügliche Festsetzungen wurden getroffen. Die Schifffahrt auf allen Strömen und Canälen des frühern Polens sollte frei, nur eine einzige gemeinsam zu bestimmende Tonnenabgabe von der Schifffahrt erlaubt, alle deren Freiheit beeinträchtigenden Abgaben aufgehoben und der tägliche Gränzverkehr der Anwohner nicht im geringsten gehindert seyn. Trotz

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und Baden allein hatten aber in ihrem frühern Zustande der Isolirung zusammen eine Einfuhr an seidenen und halbseidenen Waaren (nach Abzug der Ausfuhr) von ungefähr 3000 Centnern. Sie bezogen ihren Bedarf größtentheils aus nichtdeutschen Staaten, theils direct, theils durch Vermittlung der deutschen Messen. Es ist daher kein Zweifel, daß die Industrie der preußischen Provinzen (Rheinland, Westphalen und Brandenburg), welche den Hauptsitz der Seidenmanufacturen des Vereins bilden, der fremden Concurrenz die Befriedigung des einheimischen Bedarfs in größerem Umfang abgewonnen haben, und in so weit sie vor der Gründung des großen Vereins auf dem mittel- und süddeutschen Markte sich bereits eines beträchtlichen Absatzes erfreute, der nach der Vereinigung nicht mehr in den Ausfuhrlisten erscheinen konnte, läßt die, dessen ungeachtet, eingetretene Vermehrung der Gesammtausfuhr des Vereins auf eine beträchtliche Erweiterung der einheimischen Production schließen, da die süddeutschen Staaten bei ihrem Eintritt in die Gemeinschaft keine oder nur eine höchst unbedeutende Ausfuhr hatten.</p><lb/>
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[0085/0013] und Baden allein hatten aber in ihrem frühern Zustande der Isolirung zusammen eine Einfuhr an seidenen und halbseidenen Waaren (nach Abzug der Ausfuhr) von ungefähr 3000 Centnern. Sie bezogen ihren Bedarf größtentheils aus nichtdeutschen Staaten, theils direct, theils durch Vermittlung der deutschen Messen. Es ist daher kein Zweifel, daß die Industrie der preußischen Provinzen (Rheinland, Westphalen und Brandenburg), welche den Hauptsitz der Seidenmanufacturen des Vereins bilden, der fremden Concurrenz die Befriedigung des einheimischen Bedarfs in größerem Umfang abgewonnen haben, und in so weit sie vor der Gründung des großen Vereins auf dem mittel- und süddeutschen Markte sich bereits eines beträchtlichen Absatzes erfreute, der nach der Vereinigung nicht mehr in den Ausfuhrlisten erscheinen konnte, läßt die, dessen ungeachtet, eingetretene Vermehrung der Gesammtausfuhr des Vereins auf eine beträchtliche Erweiterung der einheimischen Production schließen, da die süddeutschen Staaten bei ihrem Eintritt in die Gemeinschaft keine oder nur eine höchst unbedeutende Ausfuhr hatten. „Leicht begreiflich konnte der Verein auf die Leinwandproduction keinen wesentlichen Einfluß ausüben, da in diesem Zweige keine erhebliche Concurrenz des Auslandes auf dem einheimischen Markt abzuwehren war. Nur in einigen Gegenden war die fremde Einfuhr von einiger Bedeutung. Im Allgemeinen deuten die Zolllisten auf eine Abnahme der Gesammteinfuhr und auf eine mäßige Zunahme der Ausfuhr von 1834 bis 1836. „Was das rohe Leinengarn betrifft, so theilen wir hierüber folgende Uebersicht mit: _ „Wir werden auf diese Erscheinung zurückkommen, die bei dem gezwirnten Garn um so auffallender ist, als der Eingangszoll im Jahr 1837 etwas erhöht wurde. Zu den Zweigen, welche durch die Gründung des großen Vereins einen höhern Aufschwung genommen, gehören in erster Linie die Zuckersiedereien. Hatten in dem preußisch-hessischen Vereine die schon früher oder seit 1828 neu entstandenen Raffinerien nahe das ganze Bedürfniß für den innern Verbrauch geliefert, so verdrängten sie wetteifernd mit den jüngern Anstalten im Süden auch in dem erweiterten Vereinsgebiete fast gänzlich jede fremde Mitbewerbung. Noch vor wenigen Jahren wurden allein in das Großherzogthum Baden jährlich an fremdem, fast ausschließlich holländischem, raffinirtem Zucker 70,000 bis 80,000 Centner und in einzelnen Jahren noch weit mehr eingeführt, und im Jahr 1836 betrug die gesammte Einfuhr des großen Vereins an Raffinade und Kochzucker nur noch 7669 Centner, neben einer Einfuhr von 986,809 Centnern Schmelzlumpen und Rohzucker. Die Zahl der preußischen Raffinerien, die sich von 1829 bis 1831 von 42 auf 49 vermehrt hatte, stieg bis zum Jahr 1835 auf 74; in den übrigen Vereinsländern bestanden damals 12, im Ganzen daher 86, zu welchen in der nächsten Zeit noch eine beträchtliche Anzahl (in Baden allein 5) hinzukamen. „Neben ihnen erhoben sich vom Jahr 1835 an im Süden wie im Norden ganze Reihen von Anstalten, welche ausschließlich mit der Bereitung von Zucker aus Runkelrüben oder zugleich mit der Verarbeitung von Colonialzucker oder Lumpen sich beschäftigten. „Im Jahr 1836 zählte man bereits in Preußen ungefähr 90 und in den übrigen Vereinsstaaten ungefähr 32 solcher Fabriken, die ihren Betrieb begonnen hatten, oder in der Anlage begriffen waren. Ihre Zahl stieg bis zum Jahr 1839 auf 159, wovon 123, deren Production bekannt war, ungefähr 145,000 Centner Rohzucker lieferten. Wie dieser neue Zweig, auf den wir weiter unten zurückkommen werden, verdankten manche andere ihr Emporblühen nicht ausschließlich dem Reize, den hohe Zölle zu industriellen Unternehmungen geben, sondern zugleich den Fortschritten in der Kunst zu produciren. „Die Rückwirkung der vermehrten Gewerbsthätigkeit auf den Ackerbau konnte nicht ausbleiben. Er lebt von der Nachfrage nach seinen Producten, und diese Nachfrage wächst mit den Fortschritten der Industrie, welche seine Erzeugnisse in ihren Werkstätten veredelt, umwandelt oder verzehrt; sie wächst mit der Zahl der Arbeiter, welche die Unternehmer beschäftigen, und mit den Löhnen, die sie bezahlen. Daß aber die Production des Ackerbaues wirklich in fast allen Theilen des Vereinsgebiets im steten erfreulichen Fortschreiten begriffen sey, ist eine Thatsache, wofür es nicht schwer fällt, aus den Verhandlungen der zahlreichen landwirthschaftlichen Vereine der verschiedenen Länder die unzweideutigsten Belege beizubringen. (Ein zweiter Artikel folgt.) Preußen. Aus Oberschlesien, im December. Bei den immer drückendern Absperrungsmaaßregeln Rußlands gegen Preußen und den täglich lauter werdenden Klagen des Publicums dürfte es an der Zeit seyn, die bisher bestandenen beiderseitigen Gränz- und Handelsverhältnisse durch eine summarische Darstellung dessen, was in dieser Beziehung durch die gegenseitigen Verträge bestimmt ist, zu beleuchten. Zuvörderst ist vorauszuschicken, daß während der sächsischen Herrschaft über das Herzogthum Warschau die preußischen Gränzprovinzen sich der freundlichsten Beziehungen mit diesem Lande, so weit solche irgend die damalige Politik gewähren konnte, erfreuten. Als das Schicksal Polens durch den Wiener Tractat entschieden war, beeilten sich Rußland und Preußen, in Betreff des Herzogthum Warschau den Vertrag vom 3 Mai 1815 in Wien zu errichten, um in Betreff sämmtlicher durch die Theilung Warschau's entstandenen neuen Berührungspunkte beider Staaten, wie es im Eingange jenes Vertrags heißt: „die Bande noch fester zu schließen, welche die beiderseitigen Heere und Völker in einem harten und mörderischen Kriege für den Frieden und die Befreiung Europa's vereinten.“ Der Nationalgeist, der Vortheil des Handels, die Verhältnisse, welche geeignet wären Wohlfahrt des Ganzen und des Einzelnen auf eine dauernde Art in die Provinzen der neuen Angränzungen beider Mächte zu bringen, sollten darin berücksichtigt und damit das Wohl beider Staaten gesichert werden. Diese Absicht sprachen die contrahirenden Mächte ausdrücklich aus. In der That athmet der erwähnte Vertrag auch diese ihm vorgezeichnete höhere Tendenz. In Betreff derjenigen Einwohner, deren Besitzungen von der Gränze durchschnitten werden, ward bestimmt, daß solche nach den liberalsten Grundsätzen behandelt werden sollten, und mehrere solche hierauf bezügliche Festsetzungen wurden getroffen. Die Schifffahrt auf allen Strömen und Canälen des frühern Polens sollte frei, nur eine einzige gemeinsam zu bestimmende Tonnenabgabe von der Schifffahrt erlaubt, alle deren Freiheit beeinträchtigenden Abgaben aufgehoben und der tägliche Gränzverkehr der Anwohner nicht im geringsten gehindert seyn. Trotz

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 11. Augsburg, 11. Januar 1840, S. 0085. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_011_18400111/13>, abgerufen am 27.04.2024.