Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Allgemeine Zeitung. Nr. 16. Augsburg, 16. Januar 1840.

Bild:
<< vorherige Seite

Concessionen einen Vertrag zu schließen, aber vor der klaren Einsicht, daß man nur in Verbindung mit Mehemed Ali der um sich greifenden Macht Rußlands in Vorderasien eine Schranke setzen kann, sollten solche Rücksichten der Eigenliebe weichen. Die europäische Türkei ist todt; mit dieser ist nichts mehr anzufangen, wenn man nicht geradezu sich selbst Konstantinopels bemächtigen will, aber mit der asiatischen ist noch etwas zu gewinnen, und hier ist Mehemed Ali Herr, mit ihm muß man unterhandeln, und mit ihm will gewiß auch die Pforte unterhandeln, die ihre Interessen und ihre Lage vielleicht besser erkennt, als man gewöhnlich zu glauben geneigt ist.

Montenegro.

Schon in frühern Berichten ist bemerkt worden, daß die Autoritäten sowohl als die türkischen Unterthanen der westlichen Provinzen, besonders in letzter Zeit in eine unbeschreibliche Schlaffheit und Gleichgültigkeit versunken seyen. Es ließen sich eine Menge Belege für diese Behauptung anführen, indessen mag die muthwillige Mißhandlung, deren Gegenstand von Seite der unruhigen Montenegriner die ganze türkische Nachbarschaft ist, allein schon als Beweis gelten. Es vergeht keine Woche, in der nicht ein oder der andere türkische Ort im ganzen Halbkreis der montenegrinischen Gränze von Scutari bis Grahowo der Schauplatz von Raub, Mord und andern von einer Handvoll Montenegriner verübten Verbrechen wäre. Kaum rührt sich eine Hand zur Abwehr solchen Frevels, und Niemand denkt daran ihn zu rächen, vielmehr muß man zur Schmach des Islams bemerken, wie heute ein türkischer Capitän mit dem Vladika Frieden schließt, während sein nächster Nachbar erst einige Tage vorher, obgleich mit den Montenegrinern im Frieden lebend, meuchlings angefallen worden. Nur um wenigstens eine kurze Zeit in ungestörter Ruhe hinbrüten zu können, werden solche Friedensschlüsse gemacht und Nachbar und Freund geopfert, während ein wenig Energie und treues von oben geleitetes Einverständniß der türkischen Gränzbehörden genügte, jedem einzelnen Districte Sicherheit zu gewähren. Kürzlich war es auf den Capitän von Podgoritza abgesehen, man wollte sich seiner in Person bemächtigen, und traf alle Anstalten, um ihn auf der Rückkehr von einem Besuche in Scutari aufzuheben. Bei diesem Anlaß zeigte sich die mit dem türkischen Gleichmuthe so scharf contrastirende Energie der Montenegriner. Jenem Capitän war nämlich der auf ihn lauernde Hinterhalt verrathen worden, und er so der Gefahr durch einen Umweg entgangen; als dieß die Montenegriner merkten, war es für jeden die wichtigste Aufgabe, den in ihrer Mitte vermutheten Verräther zu erforschen, was bald gelang. Dieser war zwar noch so glücklich, zu den Türken zu entfliehen, und so sein Leben zu retten; der allgemeine Grimm wandte sich aber gegen sein Haus und seine Habe, die den Flammen überliefert wurden. Nicht nur in Führung der Waffen spricht sich diese Energie aus, auch auf dem Wege der Verhandlungen gibt sich solche kund. Sie sind vollendete Diplomaten in Benützung kleiner Künste, Schwächen und leeren Formen. Selbst offenbare Falschheit wird angewandt, wenn sie nur zum Ziele führt. So z. B. werden eben von Cetinje aus an Oesterreich die friedlichsten Versicherungen ertheilt, und solche sogar mit scheinbaren Beweisen belegt, allein zu gleicher Zeit hört man, daß montenegrinische Emissäre - natürlich vergebens - bemüht sind, unter den Bewohnern Cattaro's gegen die dort neu einzuführende Häusersteuer Unzufriedenheit zu erregen. - Die Erkrankung des Statthalters von Herzegowina, Ali Pascha, der allein noch die Montenegriner in einigen Schranken zu halten wußte, bietet den Montenegrinern nahe Aussicht auf eine größere Ausdehnung ihres Wirkungskreises. Der Tod dieses merkwürdigen Mannes, des bekannten Drängers der Christen, dürfte aber auch noch in manch' anderer Beziehung von wichtigen Folgen seyn. - In Prisrend erhält sich die Ruhe unter dem neuen Commandanten, obwohl den Beschwerden, welche den Aufstand erzeugten, im Wesentlichen nicht abgeholfen ist.

[71-72]

Preisfrage.

"Welches sind die Ursachen, warum so viel Gutes, was die Kinder in den Schulen gelernt haben, wieder verloren geht, sobald und nachdem sie die Schulen verlassen haben? Welche Mittel können gegen diesen Verlust nach dem Verlassen der Schulen angewendet werden durch die Kinder selbst, durch Eltern, Lehrer, Geistliche, Privatpersonen und Vereine, auch durch den Verein der deutschen Philologen und Schulmänner, und endlich durch den Staat, besonders in Hinsicht auf solche Kinder, welche nicht für den gelehrten Stand und damit zu dem Besuch einer Universität bestimmt sind?"

Bei der Beantwortung dieser Frage soll man erstens untersuchen, ob nicht vielleicht in dem Unterricht selbst der Keim des Verlustes liegt: theils weil viel von dem, was die Kinder in den Schulen lernen, wenn es auch den Namen eines guten Unterrichtes trägt, eigentlich nicht gut ist, und also vermöge seiner Beschaffenheit wieder verloren geht; und theils wenn es auch gut ist, nicht auf eine solche Weise gelehrt und gelernt werde, die es wahrscheinlich macht, daß es nicht wieder verloren gehe. Zweitens und hauptsächlich soll man aber die Mittel angeben, dem Verluste von dem, was wirklich gut ist und gut gelehrt und gelernt wurde, zuvorzukommen.

Für die beste Lösung wird ein Preis von dreihundert Gulden rhein. Währung bestimmt. Die Antworten müssen bis
1 Januar 1841
eingeschickt und der Name des Verfassers auf einem versiegelten Zettel beigelegt seyn, welchem die nämliche Ueberschrift zu geben ist, wie dem Aufsatze.

Die zweite Versammlung der deutschen Philologen und Schulmänner bringt vermöge Beschlusses vom 1 October d. J. vorstehende Preisfrage eines ihrer Mitglieder mit der Bemerkung zur öffentlichen Kenntniß, daß der Gegenstand derselben zwar ihren Gesichtskreis nicht unmittelbar berühre, daß sie aber den edlen Absichten des menschenfreundlichen Preisstellers mit Vergnügen als Organ der Veröffentlichung diene. Eine Commission erfahrener Schulmänner ist zur Prüfung der erwarteten Preisschriften ernannt und wird das Resultat ihrer Arbeiten der 4ten Versammlung deutscher Philologen und Schulmänner vorlegen. Die Preisschriften werden durch Buchhändlergelegenheit an Hrn. Geheimen Hofrath Dr. Nüßlin in Mannheim eingesandt. Die zum Preis bestimmte Summe ist bei der Sparcasse dahier angelegt. - Mannheim, den 3 October 1839.

Das Bureau der deutschen Philologen und Schulmänner.

Hofrath Fr. Thiersch, als Stellvertreter des dießjährigen Präsidenten.

Dr. Kayser. - Karl Bissinger, Lyceumslehrer.

Concessionen einen Vertrag zu schließen, aber vor der klaren Einsicht, daß man nur in Verbindung mit Mehemed Ali der um sich greifenden Macht Rußlands in Vorderasien eine Schranke setzen kann, sollten solche Rücksichten der Eigenliebe weichen. Die europäische Türkei ist todt; mit dieser ist nichts mehr anzufangen, wenn man nicht geradezu sich selbst Konstantinopels bemächtigen will, aber mit der asiatischen ist noch etwas zu gewinnen, und hier ist Mehemed Ali Herr, mit ihm muß man unterhandeln, und mit ihm will gewiß auch die Pforte unterhandeln, die ihre Interessen und ihre Lage vielleicht besser erkennt, als man gewöhnlich zu glauben geneigt ist.

Montenegro.

Schon in frühern Berichten ist bemerkt worden, daß die Autoritäten sowohl als die türkischen Unterthanen der westlichen Provinzen, besonders in letzter Zeit in eine unbeschreibliche Schlaffheit und Gleichgültigkeit versunken seyen. Es ließen sich eine Menge Belege für diese Behauptung anführen, indessen mag die muthwillige Mißhandlung, deren Gegenstand von Seite der unruhigen Montenegriner die ganze türkische Nachbarschaft ist, allein schon als Beweis gelten. Es vergeht keine Woche, in der nicht ein oder der andere türkische Ort im ganzen Halbkreis der montenegrinischen Gränze von Scutari bis Grahowo der Schauplatz von Raub, Mord und andern von einer Handvoll Montenegriner verübten Verbrechen wäre. Kaum rührt sich eine Hand zur Abwehr solchen Frevels, und Niemand denkt daran ihn zu rächen, vielmehr muß man zur Schmach des Islams bemerken, wie heute ein türkischer Capitän mit dem Vladika Frieden schließt, während sein nächster Nachbar erst einige Tage vorher, obgleich mit den Montenegrinern im Frieden lebend, meuchlings angefallen worden. Nur um wenigstens eine kurze Zeit in ungestörter Ruhe hinbrüten zu können, werden solche Friedensschlüsse gemacht und Nachbar und Freund geopfert, während ein wenig Energie und treues von oben geleitetes Einverständniß der türkischen Gränzbehörden genügte, jedem einzelnen Districte Sicherheit zu gewähren. Kürzlich war es auf den Capitän von Podgoritza abgesehen, man wollte sich seiner in Person bemächtigen, und traf alle Anstalten, um ihn auf der Rückkehr von einem Besuche in Scutari aufzuheben. Bei diesem Anlaß zeigte sich die mit dem türkischen Gleichmuthe so scharf contrastirende Energie der Montenegriner. Jenem Capitän war nämlich der auf ihn lauernde Hinterhalt verrathen worden, und er so der Gefahr durch einen Umweg entgangen; als dieß die Montenegriner merkten, war es für jeden die wichtigste Aufgabe, den in ihrer Mitte vermutheten Verräther zu erforschen, was bald gelang. Dieser war zwar noch so glücklich, zu den Türken zu entfliehen, und so sein Leben zu retten; der allgemeine Grimm wandte sich aber gegen sein Haus und seine Habe, die den Flammen überliefert wurden. Nicht nur in Führung der Waffen spricht sich diese Energie aus, auch auf dem Wege der Verhandlungen gibt sich solche kund. Sie sind vollendete Diplomaten in Benützung kleiner Künste, Schwächen und leeren Formen. Selbst offenbare Falschheit wird angewandt, wenn sie nur zum Ziele führt. So z. B. werden eben von Cetinje aus an Oesterreich die friedlichsten Versicherungen ertheilt, und solche sogar mit scheinbaren Beweisen belegt, allein zu gleicher Zeit hört man, daß montenegrinische Emissäre – natürlich vergebens – bemüht sind, unter den Bewohnern Cattaro's gegen die dort neu einzuführende Häusersteuer Unzufriedenheit zu erregen. – Die Erkrankung des Statthalters von Herzegowina, Ali Pascha, der allein noch die Montenegriner in einigen Schranken zu halten wußte, bietet den Montenegrinern nahe Aussicht auf eine größere Ausdehnung ihres Wirkungskreises. Der Tod dieses merkwürdigen Mannes, des bekannten Drängers der Christen, dürfte aber auch noch in manch' anderer Beziehung von wichtigen Folgen seyn. – In Prisrend erhält sich die Ruhe unter dem neuen Commandanten, obwohl den Beschwerden, welche den Aufstand erzeugten, im Wesentlichen nicht abgeholfen ist.

[71-72]

Preisfrage.

„Welches sind die Ursachen, warum so viel Gutes, was die Kinder in den Schulen gelernt haben, wieder verloren geht, sobald und nachdem sie die Schulen verlassen haben? Welche Mittel können gegen diesen Verlust nach dem Verlassen der Schulen angewendet werden durch die Kinder selbst, durch Eltern, Lehrer, Geistliche, Privatpersonen und Vereine, auch durch den Verein der deutschen Philologen und Schulmänner, und endlich durch den Staat, besonders in Hinsicht auf solche Kinder, welche nicht für den gelehrten Stand und damit zu dem Besuch einer Universität bestimmt sind?“

Bei der Beantwortung dieser Frage soll man erstens untersuchen, ob nicht vielleicht in dem Unterricht selbst der Keim des Verlustes liegt: theils weil viel von dem, was die Kinder in den Schulen lernen, wenn es auch den Namen eines guten Unterrichtes trägt, eigentlich nicht gut ist, und also vermöge seiner Beschaffenheit wieder verloren geht; und theils wenn es auch gut ist, nicht auf eine solche Weise gelehrt und gelernt werde, die es wahrscheinlich macht, daß es nicht wieder verloren gehe. Zweitens und hauptsächlich soll man aber die Mittel angeben, dem Verluste von dem, was wirklich gut ist und gut gelehrt und gelernt wurde, zuvorzukommen.

Für die beste Lösung wird ein Preis von dreihundert Gulden rhein. Währung bestimmt. Die Antworten müssen bis
1 Januar 1841
eingeschickt und der Name des Verfassers auf einem versiegelten Zettel beigelegt seyn, welchem die nämliche Ueberschrift zu geben ist, wie dem Aufsatze.

Die zweite Versammlung der deutschen Philologen und Schulmänner bringt vermöge Beschlusses vom 1 October d. J. vorstehende Preisfrage eines ihrer Mitglieder mit der Bemerkung zur öffentlichen Kenntniß, daß der Gegenstand derselben zwar ihren Gesichtskreis nicht unmittelbar berühre, daß sie aber den edlen Absichten des menschenfreundlichen Preisstellers mit Vergnügen als Organ der Veröffentlichung diene. Eine Commission erfahrener Schulmänner ist zur Prüfung der erwarteten Preisschriften ernannt und wird das Resultat ihrer Arbeiten der 4ten Versammlung deutscher Philologen und Schulmänner vorlegen. Die Preisschriften werden durch Buchhändlergelegenheit an Hrn. Geheimen Hofrath Dr. Nüßlin in Mannheim eingesandt. Die zum Preis bestimmte Summe ist bei der Sparcasse dahier angelegt. – Mannheim, den 3 October 1839.

Das Bureau der deutschen Philologen und Schulmänner.

Hofrath Fr. Thiersch, als Stellvertreter des dießjährigen Präsidenten.

Dr. Kayser. – Karl Bissinger, Lyceumslehrer.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0014" n="0126"/>
Concessionen einen Vertrag zu schließen, aber vor der klaren Einsicht, daß man nur in Verbindung mit Mehemed Ali der um sich greifenden Macht Rußlands in Vorderasien eine Schranke setzen kann, sollten solche Rücksichten der Eigenliebe weichen. Die europäische Türkei ist todt; mit dieser ist nichts mehr anzufangen, wenn man nicht geradezu sich selbst Konstantinopels bemächtigen will, aber mit der asiatischen ist noch etwas zu gewinnen, und hier ist Mehemed Ali Herr, mit ihm muß man unterhandeln, und mit ihm will gewiß auch die Pforte unterhandeln, die ihre Interessen und ihre Lage vielleicht besser erkennt, als man gewöhnlich zu glauben geneigt ist.</p><lb/>
      </div>
      <div n="1">
        <head> <hi rendition="#b">Montenegro.</hi> </head><lb/>
        <div type="jArticle" n="2">
          <dateline><hi rendition="#b">Von der türkischen Gränze,</hi> 2 Jan.</dateline>
          <p> Schon in frühern Berichten ist bemerkt worden, daß die Autoritäten sowohl als die türkischen Unterthanen der westlichen Provinzen, besonders in letzter Zeit in eine unbeschreibliche Schlaffheit und Gleichgültigkeit versunken seyen. Es ließen sich eine Menge Belege für diese Behauptung anführen, indessen mag die muthwillige Mißhandlung, deren Gegenstand von Seite der unruhigen Montenegriner die ganze türkische Nachbarschaft ist, allein schon als Beweis gelten. Es vergeht keine Woche, in der nicht ein oder der andere türkische Ort im ganzen Halbkreis der montenegrinischen Gränze von Scutari bis Grahowo der Schauplatz von Raub, Mord und andern von einer Handvoll Montenegriner verübten Verbrechen wäre. Kaum rührt sich eine Hand zur Abwehr solchen Frevels, und Niemand denkt daran ihn zu rächen, vielmehr muß man zur Schmach des Islams bemerken, wie heute ein türkischer Capitän mit dem Vladika Frieden schließt, während sein nächster Nachbar erst einige Tage vorher, obgleich mit den Montenegrinern im Frieden lebend, meuchlings angefallen worden. Nur um wenigstens eine kurze Zeit in ungestörter Ruhe hinbrüten zu können, werden solche Friedensschlüsse gemacht und Nachbar und Freund geopfert, während ein wenig Energie und treues von oben geleitetes Einverständniß der türkischen Gränzbehörden genügte, jedem einzelnen Districte Sicherheit zu gewähren. Kürzlich war es auf den Capitän von Podgoritza abgesehen, man wollte sich seiner in Person bemächtigen, und traf alle Anstalten, um ihn auf der Rückkehr von einem Besuche in Scutari aufzuheben. Bei diesem Anlaß zeigte sich die mit dem türkischen Gleichmuthe so scharf contrastirende Energie der Montenegriner. Jenem Capitän war nämlich der auf ihn lauernde Hinterhalt verrathen worden, und er so der Gefahr durch einen Umweg entgangen; als dieß die Montenegriner merkten, war es für jeden die wichtigste Aufgabe, den in ihrer Mitte vermutheten Verräther zu erforschen, was bald gelang. Dieser war zwar noch so glücklich, zu den Türken zu entfliehen, und so sein Leben zu retten; der allgemeine Grimm wandte sich aber gegen sein Haus und seine Habe, die den Flammen überliefert wurden. Nicht nur in Führung der Waffen spricht sich diese Energie aus, auch auf dem Wege der Verhandlungen gibt sich solche kund. Sie sind vollendete Diplomaten in Benützung kleiner Künste, Schwächen und leeren Formen. Selbst offenbare Falschheit wird angewandt, wenn sie nur zum Ziele führt. So z. B. werden eben von Cetinje aus an Oesterreich die friedlichsten Versicherungen ertheilt, und solche sogar mit scheinbaren Beweisen belegt, allein zu gleicher Zeit hört man, daß montenegrinische Emissäre &#x2013; natürlich vergebens &#x2013; bemüht sind, unter den Bewohnern Cattaro's gegen die dort neu einzuführende Häusersteuer Unzufriedenheit zu erregen. &#x2013; Die Erkrankung des Statthalters von Herzegowina, Ali Pascha, der allein noch die Montenegriner in einigen Schranken zu halten wußte, bietet den Montenegrinern nahe Aussicht auf eine größere Ausdehnung ihres Wirkungskreises. Der Tod dieses merkwürdigen Mannes, des bekannten Drängers der Christen, dürfte aber auch noch in manch' anderer Beziehung von wichtigen Folgen seyn. &#x2013; In Prisrend erhält sich die Ruhe unter dem neuen Commandanten, obwohl den Beschwerden, welche den Aufstand erzeugten, im Wesentlichen nicht abgeholfen ist.</p>
        </div>
      </div><lb/>
      <div xml:id="jAn71-72" type="jAn" n="2">
        <head>[71-72]</head><lb/>
        <p>Preisfrage.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Welches sind die Ursachen, warum so viel Gutes, was die Kinder in den Schulen gelernt haben, wieder verloren geht, sobald und nachdem sie die Schulen verlassen haben? Welche Mittel können gegen diesen Verlust nach dem Verlassen der Schulen angewendet werden durch die Kinder selbst, durch Eltern, Lehrer, Geistliche, Privatpersonen und Vereine, auch durch den Verein der deutschen Philologen und Schulmänner, und endlich durch den Staat, besonders in Hinsicht auf solche Kinder, welche nicht für den gelehrten Stand und damit zu dem Besuch einer Universität bestimmt sind?&#x201C;</p><lb/>
        <p>Bei der Beantwortung dieser Frage soll man erstens untersuchen, ob nicht vielleicht in dem Unterricht selbst der Keim des Verlustes liegt: theils weil viel von dem, was die Kinder in den Schulen lernen, wenn es auch den Namen eines guten Unterrichtes trägt, eigentlich nicht gut ist, und also vermöge seiner Beschaffenheit wieder verloren geht; und theils wenn es auch gut ist, nicht auf eine solche Weise gelehrt und gelernt werde, die es wahrscheinlich macht, daß es nicht wieder verloren gehe. Zweitens und hauptsächlich soll man aber die Mittel angeben, dem Verluste von dem, was wirklich gut ist und gut gelehrt und gelernt wurde, zuvorzukommen.</p><lb/>
        <p>Für die beste Lösung wird ein Preis von dreihundert Gulden rhein. Währung bestimmt. Die Antworten müssen bis<lb/>
1 Januar 1841<lb/>
eingeschickt und der Name des Verfassers auf einem versiegelten Zettel beigelegt seyn, welchem die nämliche Ueberschrift zu geben ist, wie dem Aufsatze.</p><lb/>
        <p>Die zweite Versammlung der deutschen Philologen und Schulmänner bringt vermöge Beschlusses vom 1 October d. J. vorstehende Preisfrage eines ihrer Mitglieder mit der Bemerkung zur öffentlichen Kenntniß, daß der Gegenstand derselben zwar ihren Gesichtskreis nicht unmittelbar berühre, daß sie aber den edlen Absichten des menschenfreundlichen Preisstellers mit Vergnügen als Organ der Veröffentlichung diene. Eine Commission erfahrener Schulmänner ist zur Prüfung der erwarteten Preisschriften ernannt und wird das Resultat ihrer Arbeiten der 4ten Versammlung deutscher Philologen und Schulmänner vorlegen. Die Preisschriften werden durch Buchhändlergelegenheit an Hrn. Geheimen Hofrath Dr. Nüßlin in Mannheim eingesandt. Die zum Preis bestimmte Summe ist bei der Sparcasse dahier angelegt. &#x2013; Mannheim, den 3 October 1839.</p><lb/>
        <p>Das Bureau der deutschen Philologen und Schulmänner.</p><lb/>
        <p>Hofrath Fr. Thiersch, als Stellvertreter des dießjährigen Präsidenten.</p><lb/>
        <p>Dr. Kayser. &#x2013; Karl Bissinger, Lyceumslehrer.</p>
      </div><lb/>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0126/0014] Concessionen einen Vertrag zu schließen, aber vor der klaren Einsicht, daß man nur in Verbindung mit Mehemed Ali der um sich greifenden Macht Rußlands in Vorderasien eine Schranke setzen kann, sollten solche Rücksichten der Eigenliebe weichen. Die europäische Türkei ist todt; mit dieser ist nichts mehr anzufangen, wenn man nicht geradezu sich selbst Konstantinopels bemächtigen will, aber mit der asiatischen ist noch etwas zu gewinnen, und hier ist Mehemed Ali Herr, mit ihm muß man unterhandeln, und mit ihm will gewiß auch die Pforte unterhandeln, die ihre Interessen und ihre Lage vielleicht besser erkennt, als man gewöhnlich zu glauben geneigt ist. Montenegro. Von der türkischen Gränze, 2 Jan. Schon in frühern Berichten ist bemerkt worden, daß die Autoritäten sowohl als die türkischen Unterthanen der westlichen Provinzen, besonders in letzter Zeit in eine unbeschreibliche Schlaffheit und Gleichgültigkeit versunken seyen. Es ließen sich eine Menge Belege für diese Behauptung anführen, indessen mag die muthwillige Mißhandlung, deren Gegenstand von Seite der unruhigen Montenegriner die ganze türkische Nachbarschaft ist, allein schon als Beweis gelten. Es vergeht keine Woche, in der nicht ein oder der andere türkische Ort im ganzen Halbkreis der montenegrinischen Gränze von Scutari bis Grahowo der Schauplatz von Raub, Mord und andern von einer Handvoll Montenegriner verübten Verbrechen wäre. Kaum rührt sich eine Hand zur Abwehr solchen Frevels, und Niemand denkt daran ihn zu rächen, vielmehr muß man zur Schmach des Islams bemerken, wie heute ein türkischer Capitän mit dem Vladika Frieden schließt, während sein nächster Nachbar erst einige Tage vorher, obgleich mit den Montenegrinern im Frieden lebend, meuchlings angefallen worden. Nur um wenigstens eine kurze Zeit in ungestörter Ruhe hinbrüten zu können, werden solche Friedensschlüsse gemacht und Nachbar und Freund geopfert, während ein wenig Energie und treues von oben geleitetes Einverständniß der türkischen Gränzbehörden genügte, jedem einzelnen Districte Sicherheit zu gewähren. Kürzlich war es auf den Capitän von Podgoritza abgesehen, man wollte sich seiner in Person bemächtigen, und traf alle Anstalten, um ihn auf der Rückkehr von einem Besuche in Scutari aufzuheben. Bei diesem Anlaß zeigte sich die mit dem türkischen Gleichmuthe so scharf contrastirende Energie der Montenegriner. Jenem Capitän war nämlich der auf ihn lauernde Hinterhalt verrathen worden, und er so der Gefahr durch einen Umweg entgangen; als dieß die Montenegriner merkten, war es für jeden die wichtigste Aufgabe, den in ihrer Mitte vermutheten Verräther zu erforschen, was bald gelang. Dieser war zwar noch so glücklich, zu den Türken zu entfliehen, und so sein Leben zu retten; der allgemeine Grimm wandte sich aber gegen sein Haus und seine Habe, die den Flammen überliefert wurden. Nicht nur in Führung der Waffen spricht sich diese Energie aus, auch auf dem Wege der Verhandlungen gibt sich solche kund. Sie sind vollendete Diplomaten in Benützung kleiner Künste, Schwächen und leeren Formen. Selbst offenbare Falschheit wird angewandt, wenn sie nur zum Ziele führt. So z. B. werden eben von Cetinje aus an Oesterreich die friedlichsten Versicherungen ertheilt, und solche sogar mit scheinbaren Beweisen belegt, allein zu gleicher Zeit hört man, daß montenegrinische Emissäre – natürlich vergebens – bemüht sind, unter den Bewohnern Cattaro's gegen die dort neu einzuführende Häusersteuer Unzufriedenheit zu erregen. – Die Erkrankung des Statthalters von Herzegowina, Ali Pascha, der allein noch die Montenegriner in einigen Schranken zu halten wußte, bietet den Montenegrinern nahe Aussicht auf eine größere Ausdehnung ihres Wirkungskreises. Der Tod dieses merkwürdigen Mannes, des bekannten Drängers der Christen, dürfte aber auch noch in manch' anderer Beziehung von wichtigen Folgen seyn. – In Prisrend erhält sich die Ruhe unter dem neuen Commandanten, obwohl den Beschwerden, welche den Aufstand erzeugten, im Wesentlichen nicht abgeholfen ist. [71-72] Preisfrage. „Welches sind die Ursachen, warum so viel Gutes, was die Kinder in den Schulen gelernt haben, wieder verloren geht, sobald und nachdem sie die Schulen verlassen haben? Welche Mittel können gegen diesen Verlust nach dem Verlassen der Schulen angewendet werden durch die Kinder selbst, durch Eltern, Lehrer, Geistliche, Privatpersonen und Vereine, auch durch den Verein der deutschen Philologen und Schulmänner, und endlich durch den Staat, besonders in Hinsicht auf solche Kinder, welche nicht für den gelehrten Stand und damit zu dem Besuch einer Universität bestimmt sind?“ Bei der Beantwortung dieser Frage soll man erstens untersuchen, ob nicht vielleicht in dem Unterricht selbst der Keim des Verlustes liegt: theils weil viel von dem, was die Kinder in den Schulen lernen, wenn es auch den Namen eines guten Unterrichtes trägt, eigentlich nicht gut ist, und also vermöge seiner Beschaffenheit wieder verloren geht; und theils wenn es auch gut ist, nicht auf eine solche Weise gelehrt und gelernt werde, die es wahrscheinlich macht, daß es nicht wieder verloren gehe. Zweitens und hauptsächlich soll man aber die Mittel angeben, dem Verluste von dem, was wirklich gut ist und gut gelehrt und gelernt wurde, zuvorzukommen. Für die beste Lösung wird ein Preis von dreihundert Gulden rhein. Währung bestimmt. Die Antworten müssen bis 1 Januar 1841 eingeschickt und der Name des Verfassers auf einem versiegelten Zettel beigelegt seyn, welchem die nämliche Ueberschrift zu geben ist, wie dem Aufsatze. Die zweite Versammlung der deutschen Philologen und Schulmänner bringt vermöge Beschlusses vom 1 October d. J. vorstehende Preisfrage eines ihrer Mitglieder mit der Bemerkung zur öffentlichen Kenntniß, daß der Gegenstand derselben zwar ihren Gesichtskreis nicht unmittelbar berühre, daß sie aber den edlen Absichten des menschenfreundlichen Preisstellers mit Vergnügen als Organ der Veröffentlichung diene. Eine Commission erfahrener Schulmänner ist zur Prüfung der erwarteten Preisschriften ernannt und wird das Resultat ihrer Arbeiten der 4ten Versammlung deutscher Philologen und Schulmänner vorlegen. Die Preisschriften werden durch Buchhändlergelegenheit an Hrn. Geheimen Hofrath Dr. Nüßlin in Mannheim eingesandt. Die zum Preis bestimmte Summe ist bei der Sparcasse dahier angelegt. – Mannheim, den 3 October 1839. Das Bureau der deutschen Philologen und Schulmänner. Hofrath Fr. Thiersch, als Stellvertreter des dießjährigen Präsidenten. Dr. Kayser. – Karl Bissinger, Lyceumslehrer.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Deutsches Textarchiv: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-06-28T11:37:15Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-06-28T11:37:15Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: gekennzeichnet; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: gekennzeichnet; Kustoden: gekennzeichnet; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: teilweise erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_016_18400116
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_016_18400116/14
Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 16. Augsburg, 16. Januar 1840, S. 0126. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_016_18400116/14>, abgerufen am 29.04.2024.