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Allgemeine Zeitung. Nr. 28. Augsburg, 28. Januar 1840.

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erheischen. Die Legislatur hat die Macht und die Pflicht, die öffentlichen Ausgaben so zu ordnen, daß dieses Ziel erreicht werden kann. Executive und legislative Gewalt müssen dahin nach Kräften zusammenwirken. Zur Zeit, als ich meine gegenwärtigen Functionen antrat, hatten sich unsere Ausgaben - diejenigen zur Deckung der öffentlichen Schuld und die Kosten des Postamts ungerechnet - durch die Geldanweisungen für die Entfernung der Indianer, für die Abwehr indianischer Feindseligkeiten und für andere minder dringende Ausgaben, die aus einem überfüllten Schatz entspringen, um ein Bedeutendes vermehrt. Unabhängig von der Einlösung der öffentlichen Schuld und der Pflegschaftsgelder, war die Gesammtausgabe, die in den Jahren 1834 und 1835 17,000,000 und 18,000,000 Dollars betragen, im Jahr 1836 auf 29,000,000 Dollars angeschwollen, und die bis zum 4 März 1837 gemachten Appopriationen erhöhten die Ausgabe auf die ungeheure Summe von 33,000,000 Dollars. Wir waren im Jahr 1838, trotz der Fortdauer unserer indianischen Verlegenheiten, im Stande, diese Summe einigermaßen zu vermindern, und die für das Jahr 1839 wird aller Wahrscheinlichkeit nach 26,000,000 Dollars nicht überschreiten, oder 6,000,000 weniger betragen als im letzten Jahr. Mit dem Entschluß, diese Reduction, so viel von mir abhängt, fortzusetzen, habe ich befohlen, die Voranschläge für 1840 der strengsten Prüfung zu unterwerfen und sie auf die unbedingten Erfordernisse des öffentlichen Dienstes zu beschränken. Man wird finden, daß sie um mehr als 5,000,000 D. weniger betragen, als die Ausgaben für 1839. Die Vorsichtsmaaßregeln, welche der Staatssecretär des Schatzes vorschlagen wird, um den öffentlichen Credit bei den Schwankungen und Zufällen, denen unsere Einnahmen und Ausgaben ausgesetzt sind, und besonders in einer Handelskrisis, wie die jetzige, zu sichern, werden Ihrer baldigen Aufmerksamkeit empfohlen. Bei einer frühern Gelegenheit lenkte ich Ihre Aufmerksamkeit auf verschiedene Betrachtungen über ein Vorkaufgesetz zu Gunsten der Ansiedler auf öffentlichen Ländereien; deßgleichen auf ein die Preise derjenigen Ländereien, welche in Folge ihrer geringern Beschaffenheit lange unverkauft ausgesetzt gewesen, bestimmendes Gesetz. Die Vollziehung der Acte, die über erstern Gegenstand erlassen worden, hat die glücklichsten Folgen gehabt, indem sie namentlich die Betrügereien, die unter den frühern Vorkaufsgesetzen im Schwange waren, großentheils beseitigte. Gleichzeitig trug sie reichlich zur Vermehrung der Einnahmen des Schatzes im Laufe des gegenwärtigen Jahres bei, wird sie mehrere Jahre lang beträchtlich vermehren und auch in andern Beziehungen gerecht und wohlthätig sich erweisen. Ich empfehle daher diesen Gegenstand noch einmal ernstich Ihrer Erwägung.

(Fortsetzung folgt.)

Die Schweiz zu Ende des Jahrs 1839.

(Zweiter Artikel.)

Meinem Versprechen gemäß lasse ich hier eine gedrängte Darstellung der politischen Zustände derjenigen eilf Cantone folgen, welche in meinem letzten Schreiben nicht als solche bezeichnet worden, in welchen wichtige Krisen bevorstehen oder erst durchgemacht worden sind.

Die alten Urstände, Uri und Unterwalden, und ihr alter Bundesbruder Zug, haben ihre frühere Bedeutung verloren durch das Aufhören der gemeinsamen Landvogteien. Ihre gleiche Stimmberechtigung an eidgenössischen Tagen ist seither unnatürlich, und gründet sich nur auf eine gewisse Pietät, auf deren Dauer man aber im Staatsleben leider nicht zu sehr zählen darf. - So lange der fremde Kriegsdienst bestand, widmeten sich die Geschlechter dieser Cantone hauptsächlich der militärischen Laufbahn, und gewannen im Ausland weitere Lebensansichten, die Befähigung zum Regieren und Geld. Wie es in Zukunft werden soll, ist Gott bekannt; statt in die weite Welt als Soldaten, gehen die jungen Leute dieser Cantone nunmehr in die engen Klosterschulen zu Engelberg oder zu den Jesuiten nach Schwyz, und erhalten dort eben keine andern Lebensansichten, als wie sie in jenen engen Thälern gäng und gäbe sind. - Binnen wenigen Jahren werden die Deputirten jener Cantone mit denjenigen der übrigen eidgenössischen Stände auf sehr ungleicher Bildungsstufe stehen, und ihre Stellung dadurch noch unhaltbarer werden. In Uri wurde in neuester Zeit, sehr unüberlegt, das einzige Bollwerk gegen wilde Demagogie - die Lebenslänglichkeit der Rathsstellen - abgeschafft, und dadurch der Aemtergier und Intrigue Thür und Thor geöffnet. - In Zug stehen die Sachen jämmerlich; kaum daß man dort tüchtige Leute für eine Stadtadministration findet; und doch soll die Stimme von Zug so viel entscheiden als die von Bern! Dieß ist unnatürlich und wird darum nicht halten.

Der Canton Solothurn sollte in Canton Olten umgetauft werden, denn von dorther empfängt derselbe Regenten, Militär- und Civilbeamte und Kalendermacher. Die Stadt Solothurn, welche noch ein Drittel der Repräsentation im großen Rath besitzt, wird dieß Vorrecht, das sich auf keinen vernünftigen Grund mehr stützt, wahrscheinlich bald verlieren.

In Schaffhausen hat man sich im Verlauf der letzten zehn Jahre drei neue Verfassungen gegeben, dadurch aber der Verarmung von Stadt und Canton nicht vorgebeugt. Die Stellung dieses vom deutschen Zollverein gänzlich umschlossenen Cantons ist auf die Dauer nicht haltbar.

Von Appenzell Außer-Rhoden erwartete man einen Abfall von der reinen Demokratie zu dem Repräsentativsystem; das Volk hängt aber noch zu sehr an den althergebrachten Formen, obschon dieselben zu der jetzigen Culturstufe nicht mehr passen.

Appenzell Inner-Rhoden ist vielleicht der ungebildetste, ärmste, am schlechtesten administrirte Fleck der Schweiz; seine Bevölkerung aber eine der lebensfrohesten und geistesfrischesten, die sich nur irgend finden läßt.

Graubündten, seit dem Verlust des Veltlins verarmt, kann vermöge seiner schwerfälligen Verfassungsformen in der Eidgenossenschaft keine active Rolle spielen; dort liegen am meisten edle Kräfte brach: der bündtnerische Volkscharakter ist männlich, edel und einfach.

Thurgau und Waadt werden von Advocaten administrirt; denn vom Regieren ist in diesen beiden Cantonen längst keine Rede mehr. Im Thurgau stehen Triumvirn in einer Justizcommission vereinigt an der Spitze des Staats, drei junge Männer, nicht ohne Talent, aber kaum hinlänglich beschäftigt. Diese Justiztriumvirn nullificiren die thurgauische Regierung, deren Mitglieder, wie in der Waadt, nur consultative Stimme im großen Rath besitzen, gänzlich. Vortrefflich administrirt ist der Canton Waadt, welcher vielleicht über die meisten materiellen und intellectuellen Kräfte in der Schweiz zu gebieten hat. Republicanisch sind hier aber nur noch die Milizeinrichtungen, die übrige bureaukratische Administration hat einen durchaus monarchischen Zuschnitt.

In Neuenburg schließen sich allmählich unter einer weisen Landesverwaltung alte Wunden. Gewerbs- und Niederlassungsfreiheit besteht nirgends vollständiger als in diesem Canton.

In den Räthen der Stadt und Republik Genf wird wenigstens

erheischen. Die Legislatur hat die Macht und die Pflicht, die öffentlichen Ausgaben so zu ordnen, daß dieses Ziel erreicht werden kann. Executive und legislative Gewalt müssen dahin nach Kräften zusammenwirken. Zur Zeit, als ich meine gegenwärtigen Functionen antrat, hatten sich unsere Ausgaben – diejenigen zur Deckung der öffentlichen Schuld und die Kosten des Postamts ungerechnet – durch die Geldanweisungen für die Entfernung der Indianer, für die Abwehr indianischer Feindseligkeiten und für andere minder dringende Ausgaben, die aus einem überfüllten Schatz entspringen, um ein Bedeutendes vermehrt. Unabhängig von der Einlösung der öffentlichen Schuld und der Pflegschaftsgelder, war die Gesammtausgabe, die in den Jahren 1834 und 1835 17,000,000 und 18,000,000 Dollars betragen, im Jahr 1836 auf 29,000,000 Dollars angeschwollen, und die bis zum 4 März 1837 gemachten Appopriationen erhöhten die Ausgabe auf die ungeheure Summe von 33,000,000 Dollars. Wir waren im Jahr 1838, trotz der Fortdauer unserer indianischen Verlegenheiten, im Stande, diese Summe einigermaßen zu vermindern, und die für das Jahr 1839 wird aller Wahrscheinlichkeit nach 26,000,000 Dollars nicht überschreiten, oder 6,000,000 weniger betragen als im letzten Jahr. Mit dem Entschluß, diese Reduction, so viel von mir abhängt, fortzusetzen, habe ich befohlen, die Voranschläge für 1840 der strengsten Prüfung zu unterwerfen und sie auf die unbedingten Erfordernisse des öffentlichen Dienstes zu beschränken. Man wird finden, daß sie um mehr als 5,000,000 D. weniger betragen, als die Ausgaben für 1839. Die Vorsichtsmaaßregeln, welche der Staatssecretär des Schatzes vorschlagen wird, um den öffentlichen Credit bei den Schwankungen und Zufällen, denen unsere Einnahmen und Ausgaben ausgesetzt sind, und besonders in einer Handelskrisis, wie die jetzige, zu sichern, werden Ihrer baldigen Aufmerksamkeit empfohlen. Bei einer frühern Gelegenheit lenkte ich Ihre Aufmerksamkeit auf verschiedene Betrachtungen über ein Vorkaufgesetz zu Gunsten der Ansiedler auf öffentlichen Ländereien; deßgleichen auf ein die Preise derjenigen Ländereien, welche in Folge ihrer geringern Beschaffenheit lange unverkauft ausgesetzt gewesen, bestimmendes Gesetz. Die Vollziehung der Acte, die über erstern Gegenstand erlassen worden, hat die glücklichsten Folgen gehabt, indem sie namentlich die Betrügereien, die unter den frühern Vorkaufsgesetzen im Schwange waren, großentheils beseitigte. Gleichzeitig trug sie reichlich zur Vermehrung der Einnahmen des Schatzes im Laufe des gegenwärtigen Jahres bei, wird sie mehrere Jahre lang beträchtlich vermehren und auch in andern Beziehungen gerecht und wohlthätig sich erweisen. Ich empfehle daher diesen Gegenstand noch einmal ernstich Ihrer Erwägung.

(Fortsetzung folgt.)

Die Schweiz zu Ende des Jahrs 1839.

(Zweiter Artikel.)

Meinem Versprechen gemäß lasse ich hier eine gedrängte Darstellung der politischen Zustände derjenigen eilf Cantone folgen, welche in meinem letzten Schreiben nicht als solche bezeichnet worden, in welchen wichtige Krisen bevorstehen oder erst durchgemacht worden sind.

Die alten Urstände, Uri und Unterwalden, und ihr alter Bundesbruder Zug, haben ihre frühere Bedeutung verloren durch das Aufhören der gemeinsamen Landvogteien. Ihre gleiche Stimmberechtigung an eidgenössischen Tagen ist seither unnatürlich, und gründet sich nur auf eine gewisse Pietät, auf deren Dauer man aber im Staatsleben leider nicht zu sehr zählen darf. – So lange der fremde Kriegsdienst bestand, widmeten sich die Geschlechter dieser Cantone hauptsächlich der militärischen Laufbahn, und gewannen im Ausland weitere Lebensansichten, die Befähigung zum Regieren und Geld. Wie es in Zukunft werden soll, ist Gott bekannt; statt in die weite Welt als Soldaten, gehen die jungen Leute dieser Cantone nunmehr in die engen Klosterschulen zu Engelberg oder zu den Jesuiten nach Schwyz, und erhalten dort eben keine andern Lebensansichten, als wie sie in jenen engen Thälern gäng und gäbe sind. – Binnen wenigen Jahren werden die Deputirten jener Cantone mit denjenigen der übrigen eidgenössischen Stände auf sehr ungleicher Bildungsstufe stehen, und ihre Stellung dadurch noch unhaltbarer werden. In Uri wurde in neuester Zeit, sehr unüberlegt, das einzige Bollwerk gegen wilde Demagogie – die Lebenslänglichkeit der Rathsstellen – abgeschafft, und dadurch der Aemtergier und Intrigue Thür und Thor geöffnet. – In Zug stehen die Sachen jämmerlich; kaum daß man dort tüchtige Leute für eine Stadtadministration findet; und doch soll die Stimme von Zug so viel entscheiden als die von Bern! Dieß ist unnatürlich und wird darum nicht halten.

Der Canton Solothurn sollte in Canton Olten umgetauft werden, denn von dorther empfängt derselbe Regenten, Militär- und Civilbeamte und Kalendermacher. Die Stadt Solothurn, welche noch ein Drittel der Repräsentation im großen Rath besitzt, wird dieß Vorrecht, das sich auf keinen vernünftigen Grund mehr stützt, wahrscheinlich bald verlieren.

In Schaffhausen hat man sich im Verlauf der letzten zehn Jahre drei neue Verfassungen gegeben, dadurch aber der Verarmung von Stadt und Canton nicht vorgebeugt. Die Stellung dieses vom deutschen Zollverein gänzlich umschlossenen Cantons ist auf die Dauer nicht haltbar.

Von Appenzell Außer-Rhoden erwartete man einen Abfall von der reinen Demokratie zu dem Repräsentativsystem; das Volk hängt aber noch zu sehr an den althergebrachten Formen, obschon dieselben zu der jetzigen Culturstufe nicht mehr passen.

Appenzell Inner-Rhoden ist vielleicht der ungebildetste, ärmste, am schlechtesten administrirte Fleck der Schweiz; seine Bevölkerung aber eine der lebensfrohesten und geistesfrischesten, die sich nur irgend finden läßt.

Graubündten, seit dem Verlust des Veltlins verarmt, kann vermöge seiner schwerfälligen Verfassungsformen in der Eidgenossenschaft keine active Rolle spielen; dort liegen am meisten edle Kräfte brach: der bündtnerische Volkscharakter ist männlich, edel und einfach.

Thurgau und Waadt werden von Advocaten administrirt; denn vom Regieren ist in diesen beiden Cantonen längst keine Rede mehr. Im Thurgau stehen Triumvirn in einer Justizcommission vereinigt an der Spitze des Staats, drei junge Männer, nicht ohne Talent, aber kaum hinlänglich beschäftigt. Diese Justiztriumvirn nullificiren die thurgauische Regierung, deren Mitglieder, wie in der Waadt, nur consultative Stimme im großen Rath besitzen, gänzlich. Vortrefflich administrirt ist der Canton Waadt, welcher vielleicht über die meisten materiellen und intellectuellen Kräfte in der Schweiz zu gebieten hat. Republicanisch sind hier aber nur noch die Milizeinrichtungen, die übrige bureaukratische Administration hat einen durchaus monarchischen Zuschnitt.

In Neuenburg schließen sich allmählich unter einer weisen Landesverwaltung alte Wunden. Gewerbs- und Niederlassungsfreiheit besteht nirgends vollständiger als in diesem Canton.

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Wir waren im Jahr 1838, trotz der Fortdauer unserer indianischen Verlegenheiten, im Stande, diese Summe einigermaßen zu vermindern, und die für das Jahr 1839 wird aller Wahrscheinlichkeit nach 26,000,000 Dollars nicht überschreiten, oder 6,000,000 weniger betragen als im letzten Jahr. Mit dem Entschluß, diese Reduction, so viel von mir abhängt, fortzusetzen, habe ich befohlen, die Voranschläge für 1840 der strengsten Prüfung zu unterwerfen und sie auf die unbedingten Erfordernisse des öffentlichen Dienstes zu beschränken. Man wird finden, daß sie um mehr als 5,000,000 D. weniger betragen, als die Ausgaben für 1839. Die Vorsichtsmaaßregeln, welche der Staatssecretär des Schatzes vorschlagen wird, um den öffentlichen Credit bei den Schwankungen und Zufällen, denen unsere Einnahmen und Ausgaben ausgesetzt sind, und besonders in einer Handelskrisis, wie die jetzige, zu sichern, werden Ihrer baldigen Aufmerksamkeit empfohlen. Bei einer frühern Gelegenheit lenkte ich Ihre Aufmerksamkeit auf verschiedene Betrachtungen über ein Vorkaufgesetz zu Gunsten der Ansiedler auf öffentlichen Ländereien; deßgleichen auf ein die Preise derjenigen Ländereien, welche in Folge ihrer geringern Beschaffenheit lange unverkauft ausgesetzt gewesen, bestimmendes Gesetz. Die Vollziehung der Acte, die über erstern Gegenstand erlassen worden, hat die glücklichsten Folgen gehabt, indem sie namentlich die Betrügereien, die unter den frühern Vorkaufsgesetzen im Schwange waren, großentheils beseitigte. Gleichzeitig trug sie reichlich zur Vermehrung der Einnahmen des Schatzes im Laufe des gegenwärtigen Jahres bei, wird sie mehrere Jahre lang beträchtlich vermehren und auch in andern Beziehungen gerecht und wohlthätig sich erweisen. Ich empfehle daher diesen Gegenstand noch einmal ernstich Ihrer Erwägung. (Fortsetzung folgt.) Die Schweiz zu Ende des Jahrs 1839. (Zweiter Artikel.) _ Bern, 17 Jan. Meinem Versprechen gemäß lasse ich hier eine gedrängte Darstellung der politischen Zustände derjenigen eilf Cantone folgen, welche in meinem letzten Schreiben nicht als solche bezeichnet worden, in welchen wichtige Krisen bevorstehen oder erst durchgemacht worden sind. Die alten Urstände, Uri und Unterwalden, und ihr alter Bundesbruder Zug, haben ihre frühere Bedeutung verloren durch das Aufhören der gemeinsamen Landvogteien. Ihre gleiche Stimmberechtigung an eidgenössischen Tagen ist seither unnatürlich, und gründet sich nur auf eine gewisse Pietät, auf deren Dauer man aber im Staatsleben leider nicht zu sehr zählen darf. – So lange der fremde Kriegsdienst bestand, widmeten sich die Geschlechter dieser Cantone hauptsächlich der militärischen Laufbahn, und gewannen im Ausland weitere Lebensansichten, die Befähigung zum Regieren und Geld. Wie es in Zukunft werden soll, ist Gott bekannt; statt in die weite Welt als Soldaten, gehen die jungen Leute dieser Cantone nunmehr in die engen Klosterschulen zu Engelberg oder zu den Jesuiten nach Schwyz, und erhalten dort eben keine andern Lebensansichten, als wie sie in jenen engen Thälern gäng und gäbe sind. – Binnen wenigen Jahren werden die Deputirten jener Cantone mit denjenigen der übrigen eidgenössischen Stände auf sehr ungleicher Bildungsstufe stehen, und ihre Stellung dadurch noch unhaltbarer werden. In Uri wurde in neuester Zeit, sehr unüberlegt, das einzige Bollwerk gegen wilde Demagogie – die Lebenslänglichkeit der Rathsstellen – abgeschafft, und dadurch der Aemtergier und Intrigue Thür und Thor geöffnet. – In Zug stehen die Sachen jämmerlich; kaum daß man dort tüchtige Leute für eine Stadtadministration findet; und doch soll die Stimme von Zug so viel entscheiden als die von Bern! Dieß ist unnatürlich und wird darum nicht halten. Der Canton Solothurn sollte in Canton Olten umgetauft werden, denn von dorther empfängt derselbe Regenten, Militär- und Civilbeamte und Kalendermacher. Die Stadt Solothurn, welche noch ein Drittel der Repräsentation im großen Rath besitzt, wird dieß Vorrecht, das sich auf keinen vernünftigen Grund mehr stützt, wahrscheinlich bald verlieren. In Schaffhausen hat man sich im Verlauf der letzten zehn Jahre drei neue Verfassungen gegeben, dadurch aber der Verarmung von Stadt und Canton nicht vorgebeugt. Die Stellung dieses vom deutschen Zollverein gänzlich umschlossenen Cantons ist auf die Dauer nicht haltbar. Von Appenzell Außer-Rhoden erwartete man einen Abfall von der reinen Demokratie zu dem Repräsentativsystem; das Volk hängt aber noch zu sehr an den althergebrachten Formen, obschon dieselben zu der jetzigen Culturstufe nicht mehr passen. Appenzell Inner-Rhoden ist vielleicht der ungebildetste, ärmste, am schlechtesten administrirte Fleck der Schweiz; seine Bevölkerung aber eine der lebensfrohesten und geistesfrischesten, die sich nur irgend finden läßt. Graubündten, seit dem Verlust des Veltlins verarmt, kann vermöge seiner schwerfälligen Verfassungsformen in der Eidgenossenschaft keine active Rolle spielen; dort liegen am meisten edle Kräfte brach: der bündtnerische Volkscharakter ist männlich, edel und einfach. Thurgau und Waadt werden von Advocaten administrirt; denn vom Regieren ist in diesen beiden Cantonen längst keine Rede mehr. Im Thurgau stehen Triumvirn in einer Justizcommission vereinigt an der Spitze des Staats, drei junge Männer, nicht ohne Talent, aber kaum hinlänglich beschäftigt. Diese Justiztriumvirn nullificiren die thurgauische Regierung, deren Mitglieder, wie in der Waadt, nur consultative Stimme im großen Rath besitzen, gänzlich. Vortrefflich administrirt ist der Canton Waadt, welcher vielleicht über die meisten materiellen und intellectuellen Kräfte in der Schweiz zu gebieten hat. Republicanisch sind hier aber nur noch die Milizeinrichtungen, die übrige bureaukratische Administration hat einen durchaus monarchischen Zuschnitt. In Neuenburg schließen sich allmählich unter einer weisen Landesverwaltung alte Wunden. Gewerbs- und Niederlassungsfreiheit besteht nirgends vollständiger als in diesem Canton. In den Räthen der Stadt und Republik Genf wird wenigstens

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Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-06-28T11:37:15Z)

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 28. Augsburg, 28. Januar 1840, S. 0219. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_028_18400128/11>, abgerufen am 29.04.2024.