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Allgemeine Zeitung. Nr. 28. Augsburg, 28. Januar 1840.

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Griechenland.

Die zur österreichischen Division in der Levante gehörige Corvette "Adria", Capitän Morari, lief heute in unserm Hafen ein. Sie legte die Fahrt von Smyrna hieher in 27 Tagen zurück; schon vor 17 Tagen hatte sie die Rhede von Zante verlassen. Ich zeige Ihnen dieß absichtlich an, um so einem falschen Gerüchte in Betreff eines angeblich an König Otto begangenen Mordes zu begegnen, das sich heute nach Ankunft der Corvette hier allgemein verbreitete, und leicht auch zu Ihnen dringen könnte. Da das vorgestern eingelaufene Dampfboot Conte Kolowrat erst am 13 Jan. gegen Mittag den Piräus verlassen hatte, und damals die Ruhe in Athen hergestellt war, die Adria aber bereits am 5 Jan. Zante im Rücken hatte, so geht aus der einfachen Vergleichung der Daten das Lügenhafte der erwähnten, vielleicht von Böswilligen ausgestreuten Sage hervor. Ich kann noch beifügen, daß am griechischen Neujahrsfeste (13 neuen St.) der feierliche Gottesdienst in der Irenenkirche mit größter Ordnung statthatte, in Anwesenheit beider Majestäten. Am Neujahrsabend wurde ein glänzender Ball bei Hofe abgehalten. - Die Regierung hat in ihrem Blatte und in einem Circular versprochen, die Ergebnisse der eingeleiteten Untersuchung bald bekannt zu machen. Ein Privatbrief nennt unter den Verhafteten auch den alten Kolokotroni.

Türkei.

Auf die von Hrn. v. Pontois an die Pforte abgegebene Note, von der ich in meinem letzten Schreiben sprach, hat Reschid Pascha geantwortet, und auf ziemlich geschickte Weise die Vorwürfe zurückgewiesen, welche der französische Botschafter ihm wegen der gegen Admiral Lalande erhobenen Anschuldigungen, besonders wegen des deßhalb an das diplomatische Corps gerichteten Circulars gemacht hatte. Hr. v. Pontois war sehr stark in seiner Note aufgetreten, und hatte das Betragen Reschid Pascha's wenig freundschaftlich, ja fast gehässig gegen Frankreich genannt, da er auf die Aussage eines Dolmetschers so großen Werth lege, und sie gegen einen französischen Admiral zu benützen suche, um diesen in ein falsches Licht zu stellen. Hr. v. Pontois findet dieß unstatthaft, besonders deßhalb, weil der osmanische Minister eine Art von Anklagsacte gegen den Admiral vor ganz Europa gebracht habe, wofür er Frankreich verantwortlich sey. Hr. v. Pontois enthielt sich übrigens, die Genugthuung zu bezeichnen, die er nur im Allgemeinen verlangt; er erwarte dießfalls von seinem Gouvernement weitere Instructionen. Sein ganzes Verfahren scheint darauf abzuzielen, die Pforte einzuschüchtern, was bis jetzt nicht gelungen, und was ihn, wenn man in Paris über den ganzen Vorfall weggehen sollte, nur compromittiren kann. Hr. v. Pontois hat die Maxime aus den Augen verloren: wenn man kann, unduldsam, mit einiger Großmuth vermengt, sich zu zeigen, um dem Gegner zu imponiren; wenn man nicht kann, den Großmüthigen a toute outrance zu spielen. Er ist nun in Verlegenheit, und wird es bald noch mehr seyn. Die Feder, deren sich Reschid Pascha bedient hat, um die Note des französischen Botschafters zu beantworten, ist eine sehr gewandte, denn sie weiß mit Anstand zu entschuldigen, und dabei die nöthige Würde zu behaupten. Mit Bedauern läßt sie sich über das Geschehene vernehmen und beklagt, daß ein Ankläger gegen den Admiral Lalande habe auftreten müssen, dem Hr. v. Pontois keinen Glauben beimessen wolle, weil Hr. Lalande französischer Admiral sey; den Dragoman aber müsse die Pforte aus dem gleichen Grunde, d. h. weil er in ihren Diensten stehe, geachtet wissen. Mit Bedauern, versichert sie, habe die Pforte vernehmen müssen, daß Hr. v. Pontois sie unfreundlicher Intentionen gegen die Regierung Frankreichs für fähig halte, nachdem man von jeher in Konstantinopel bemüht gewesen, sich der Freundschaft Frankreichs würdig zu zeigen, nachdem man mit Bereitwilligkeit, wo irgend möglich, Allem zu entsprechen gesucht habe, was die Vertreter Frankreichs von der Pforte zu begehren sich veranlaßt fühlen mochten, so daß man ihnen mit gleicher Zuvorkommenheit wie allen andern Repräsentanten entgegengekommen sey. Wenn mehrere dieser Repräsentanten Abschriften von den Aussagen des Dolmetschers erhalten hätten, so sey dieß nicht geschehen, um etwas der französischen Regierung Unangenehmes zu thun, sondern um den Wünschen zu entsprechen, die an die Pforte gestellt worden. Diese Antwort soll Hrn. v. Pontois sehr verdrossen haben, der wahrscheinlich erwartet hatte, daß Reschid Pascha sich beeilen würde, den Dolmetscher preiszugeben und demüthige Entschuldigungen zu machen. Er hat die Piece nach Paris geschickt, um zu erfahren, wie man darüber denkt, und was man ihm nun zu thun räth. Im gegenwärtigen Augenblick ist ein solcher Zwischenfall äußerst unangenehm und nur geeignet, die Verlegenheiten zu vermehren, in denen sich Alle befinden. Hr. v. Pontois würde vielleicht besser gethan haben, sich ruhig zu verhalten und abzuwarten, wie die Dinge sich gestalten werden. - Hier ist man sehr gespannt, was in London zu Stande kommen wird. Man wünscht sehnlichst, daß etwas Entscheidendes geschehe, denn je länger trainirt wird, desto ängstlicher wird die Stellung der Pforte. Wie wahr dieß ist, mögen Sie aus folgendem Umstand entnehmen. Kurz nach Abgang der letzten Post traf hier ein Eilbote aus Smyrna an Lord Ponsonby ein, der ihm die Nachricht brachte, daß im Lager von Ibrahim Pascha ungewöhnliche Thätigkeit herrsche, und daß man jeden Augenblick darauf gefaßt seyn könne, Ibrahim Pascha gegen Konstantinopel vorrücken zu sehen. So unwahrscheinlich dieß auch im gegenwärtigen Augenblick und bei der schlechten Jahreszeit schien, so waren doch alle Lord Ponsonby zugekommenen Details zu genau und von einem Mann angegeben, in den er das größte Vertrauen setzt. Lord Ponsonby glaubte fast an eine neue Schilderhebung Ibrahims, fürchtete aber die Pforte zu erschrecken, wenn er seine Besorgnisse ihr kund gebe. Er begnügte sich daher mit Lord Stopford Verabredungen zu treffen, und eiligst nach London zu melden, was ihm von Smyrna zugekommen war, und seine Regierung anzufeuern, damit sie Alles aufbiete, um Ibrahim Pascha von einem Vorhaben zurückzuhalten, das einen Aufstand in Konstantinopel herbeiführen müßte, abgesehen davon daß es störend auf die Berathungen einwirken würde, welche die Mächte zur Beilegung der orientalischen Streitsache jetzt unterhalten. Lord Ponsonby war über die ihm gemachten Eröffnungen in sichtbarer Besorgniß. Er suchte sich durch seine Vertrauten genaue Auskunft über die Anzahl der Truppen, die in der Hauptstadt sich befinden, oder über welche die osmanische Regierung im eintretenden Falle schnell verfügen könnte, so wie über den Geist derselben zu verschaffen, und soll zu seinem größten Bedauern erkennen, daß Alles aufs Spiel gesetzt seyn würde, falls Ibrahim Pascha wirklich sich entschließen sollte, mit seiner Armee vorzurücken. Es fand sich nämlich, daß kaum 6000 Mann brauchbarer Truppen hier vorhanden sind, und daß über 14 Tage erforderlich wären, um andere Streitkräfte herbeizuziehen. Es fand sich ferner, daß der Geist der Truppen keine große Sicherheit darbiete und daß ihre Chefs wenig oder gar kein Vertrauen verdienen. Unter solchen Umständen ist es gewiß wünschenswerth, daß bald etwas von den Mächten beschlossen werde, damit die Weltfrage nicht ferner in ihrem Hauptpunkte gefährdet bleibe.

Griechenland.

Die zur österreichischen Division in der Levante gehörige Corvette „Adria“, Capitän Morari, lief heute in unserm Hafen ein. Sie legte die Fahrt von Smyrna hieher in 27 Tagen zurück; schon vor 17 Tagen hatte sie die Rhede von Zante verlassen. Ich zeige Ihnen dieß absichtlich an, um so einem falschen Gerüchte in Betreff eines angeblich an König Otto begangenen Mordes zu begegnen, das sich heute nach Ankunft der Corvette hier allgemein verbreitete, und leicht auch zu Ihnen dringen könnte. Da das vorgestern eingelaufene Dampfboot Conte Kolowrat erst am 13 Jan. gegen Mittag den Piräus verlassen hatte, und damals die Ruhe in Athen hergestellt war, die Adria aber bereits am 5 Jan. Zante im Rücken hatte, so geht aus der einfachen Vergleichung der Daten das Lügenhafte der erwähnten, vielleicht von Böswilligen ausgestreuten Sage hervor. Ich kann noch beifügen, daß am griechischen Neujahrsfeste (13 neuen St.) der feierliche Gottesdienst in der Irenenkirche mit größter Ordnung statthatte, in Anwesenheit beider Majestäten. Am Neujahrsabend wurde ein glänzender Ball bei Hofe abgehalten. – Die Regierung hat in ihrem Blatte und in einem Circular versprochen, die Ergebnisse der eingeleiteten Untersuchung bald bekannt zu machen. Ein Privatbrief nennt unter den Verhafteten auch den alten Kolokotroni.

Türkei.

Auf die von Hrn. v. Pontois an die Pforte abgegebene Note, von der ich in meinem letzten Schreiben sprach, hat Reschid Pascha geantwortet, und auf ziemlich geschickte Weise die Vorwürfe zurückgewiesen, welche der französische Botschafter ihm wegen der gegen Admiral Lalande erhobenen Anschuldigungen, besonders wegen des deßhalb an das diplomatische Corps gerichteten Circulars gemacht hatte. Hr. v. Pontois war sehr stark in seiner Note aufgetreten, und hatte das Betragen Reschid Pascha's wenig freundschaftlich, ja fast gehässig gegen Frankreich genannt, da er auf die Aussage eines Dolmetschers so großen Werth lege, und sie gegen einen französischen Admiral zu benützen suche, um diesen in ein falsches Licht zu stellen. Hr. v. Pontois findet dieß unstatthaft, besonders deßhalb, weil der osmanische Minister eine Art von Anklagsacte gegen den Admiral vor ganz Europa gebracht habe, wofür er Frankreich verantwortlich sey. Hr. v. Pontois enthielt sich übrigens, die Genugthuung zu bezeichnen, die er nur im Allgemeinen verlangt; er erwarte dießfalls von seinem Gouvernement weitere Instructionen. Sein ganzes Verfahren scheint darauf abzuzielen, die Pforte einzuschüchtern, was bis jetzt nicht gelungen, und was ihn, wenn man in Paris über den ganzen Vorfall weggehen sollte, nur compromittiren kann. Hr. v. Pontois hat die Maxime aus den Augen verloren: wenn man kann, unduldsam, mit einiger Großmuth vermengt, sich zu zeigen, um dem Gegner zu imponiren; wenn man nicht kann, den Großmüthigen à toute outrance zu spielen. Er ist nun in Verlegenheit, und wird es bald noch mehr seyn. Die Feder, deren sich Reschid Pascha bedient hat, um die Note des französischen Botschafters zu beantworten, ist eine sehr gewandte, denn sie weiß mit Anstand zu entschuldigen, und dabei die nöthige Würde zu behaupten. Mit Bedauern läßt sie sich über das Geschehene vernehmen und beklagt, daß ein Ankläger gegen den Admiral Lalande habe auftreten müssen, dem Hr. v. Pontois keinen Glauben beimessen wolle, weil Hr. Lalande französischer Admiral sey; den Dragoman aber müsse die Pforte aus dem gleichen Grunde, d. h. weil er in ihren Diensten stehe, geachtet wissen. Mit Bedauern, versichert sie, habe die Pforte vernehmen müssen, daß Hr. v. Pontois sie unfreundlicher Intentionen gegen die Regierung Frankreichs für fähig halte, nachdem man von jeher in Konstantinopel bemüht gewesen, sich der Freundschaft Frankreichs würdig zu zeigen, nachdem man mit Bereitwilligkeit, wo irgend möglich, Allem zu entsprechen gesucht habe, was die Vertreter Frankreichs von der Pforte zu begehren sich veranlaßt fühlen mochten, so daß man ihnen mit gleicher Zuvorkommenheit wie allen andern Repräsentanten entgegengekommen sey. Wenn mehrere dieser Repräsentanten Abschriften von den Aussagen des Dolmetschers erhalten hätten, so sey dieß nicht geschehen, um etwas der französischen Regierung Unangenehmes zu thun, sondern um den Wünschen zu entsprechen, die an die Pforte gestellt worden. Diese Antwort soll Hrn. v. Pontois sehr verdrossen haben, der wahrscheinlich erwartet hatte, daß Reschid Pascha sich beeilen würde, den Dolmetscher preiszugeben und demüthige Entschuldigungen zu machen. Er hat die Piece nach Paris geschickt, um zu erfahren, wie man darüber denkt, und was man ihm nun zu thun räth. Im gegenwärtigen Augenblick ist ein solcher Zwischenfall äußerst unangenehm und nur geeignet, die Verlegenheiten zu vermehren, in denen sich Alle befinden. Hr. v. Pontois würde vielleicht besser gethan haben, sich ruhig zu verhalten und abzuwarten, wie die Dinge sich gestalten werden. – Hier ist man sehr gespannt, was in London zu Stande kommen wird. Man wünscht sehnlichst, daß etwas Entscheidendes geschehe, denn je länger trainirt wird, desto ängstlicher wird die Stellung der Pforte. Wie wahr dieß ist, mögen Sie aus folgendem Umstand entnehmen. Kurz nach Abgang der letzten Post traf hier ein Eilbote aus Smyrna an Lord Ponsonby ein, der ihm die Nachricht brachte, daß im Lager von Ibrahim Pascha ungewöhnliche Thätigkeit herrsche, und daß man jeden Augenblick darauf gefaßt seyn könne, Ibrahim Pascha gegen Konstantinopel vorrücken zu sehen. So unwahrscheinlich dieß auch im gegenwärtigen Augenblick und bei der schlechten Jahreszeit schien, so waren doch alle Lord Ponsonby zugekommenen Details zu genau und von einem Mann angegeben, in den er das größte Vertrauen setzt. Lord Ponsonby glaubte fast an eine neue Schilderhebung Ibrahims, fürchtete aber die Pforte zu erschrecken, wenn er seine Besorgnisse ihr kund gebe. Er begnügte sich daher mit Lord Stopford Verabredungen zu treffen, und eiligst nach London zu melden, was ihm von Smyrna zugekommen war, und seine Regierung anzufeuern, damit sie Alles aufbiete, um Ibrahim Pascha von einem Vorhaben zurückzuhalten, das einen Aufstand in Konstantinopel herbeiführen müßte, abgesehen davon daß es störend auf die Berathungen einwirken würde, welche die Mächte zur Beilegung der orientalischen Streitsache jetzt unterhalten. Lord Ponsonby war über die ihm gemachten Eröffnungen in sichtbarer Besorgniß. Er suchte sich durch seine Vertrauten genaue Auskunft über die Anzahl der Truppen, die in der Hauptstadt sich befinden, oder über welche die osmanische Regierung im eintretenden Falle schnell verfügen könnte, so wie über den Geist derselben zu verschaffen, und soll zu seinem größten Bedauern erkennen, daß Alles aufs Spiel gesetzt seyn würde, falls Ibrahim Pascha wirklich sich entschließen sollte, mit seiner Armee vorzurücken. Es fand sich nämlich, daß kaum 6000 Mann brauchbarer Truppen hier vorhanden sind, und daß über 14 Tage erforderlich wären, um andere Streitkräfte herbeizuziehen. Es fand sich ferner, daß der Geist der Truppen keine große Sicherheit darbiete und daß ihre Chefs wenig oder gar kein Vertrauen verdienen. Unter solchen Umständen ist es gewiß wünschenswerth, daß bald etwas von den Mächten beschlossen werde, damit die Weltfrage nicht ferner in ihrem Hauptpunkte gefährdet bleibe.

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Pontois enthielt sich übrigens, die Genugthuung zu bezeichnen, die er nur im Allgemeinen verlangt; er erwarte dießfalls von seinem Gouvernement weitere Instructionen. Sein ganzes Verfahren scheint darauf abzuzielen, die Pforte einzuschüchtern, was bis jetzt nicht gelungen, und was ihn, wenn man in Paris über den ganzen Vorfall weggehen sollte, nur compromittiren kann. Hr. v. Pontois hat die Maxime aus den Augen verloren: wenn man <hi rendition="#g">kann</hi>, unduldsam, mit einiger Großmuth vermengt, sich zu zeigen, um dem Gegner zu imponiren; wenn man <hi rendition="#g">nicht</hi> kann, den Großmüthigen à toute outrance zu spielen. Er ist nun in Verlegenheit, und wird es bald noch mehr seyn. Die Feder, deren sich Reschid Pascha bedient hat, um die Note des französischen Botschafters zu beantworten, ist eine sehr gewandte, denn sie weiß mit Anstand zu entschuldigen, und dabei die nöthige Würde zu behaupten. Mit Bedauern läßt sie sich über das Geschehene vernehmen und beklagt, daß ein Ankläger gegen den Admiral Lalande habe auftreten müssen, dem Hr. v. Pontois keinen Glauben beimessen wolle, weil Hr. Lalande französischer Admiral sey; den Dragoman aber müsse die Pforte aus dem gleichen Grunde, d. h. weil er in ihren Diensten stehe, geachtet wissen. Mit Bedauern, versichert sie, habe die Pforte vernehmen müssen, daß Hr. v. Pontois sie unfreundlicher Intentionen gegen die Regierung Frankreichs für fähig halte, nachdem man von jeher in Konstantinopel bemüht gewesen, sich der Freundschaft Frankreichs würdig zu zeigen, nachdem man mit Bereitwilligkeit, wo irgend möglich, Allem zu entsprechen gesucht habe, was die Vertreter Frankreichs von der Pforte zu begehren sich veranlaßt fühlen mochten, so daß man ihnen mit gleicher Zuvorkommenheit wie allen andern Repräsentanten entgegengekommen sey. Wenn mehrere dieser Repräsentanten Abschriften von den Aussagen des Dolmetschers erhalten hätten, so sey dieß nicht geschehen, um etwas der französischen Regierung Unangenehmes zu thun, sondern um den Wünschen zu entsprechen, die an die Pforte gestellt worden. Diese Antwort soll Hrn. v. Pontois sehr verdrossen haben, der wahrscheinlich erwartet hatte, daß Reschid Pascha sich beeilen würde, den Dolmetscher preiszugeben und demüthige Entschuldigungen zu machen. Er hat die Piece nach Paris geschickt, um zu erfahren, wie man darüber denkt, und was man ihm nun zu thun räth. Im gegenwärtigen Augenblick ist ein solcher Zwischenfall äußerst unangenehm und nur geeignet, die Verlegenheiten zu vermehren, in denen sich Alle befinden. Hr. v. Pontois würde vielleicht besser gethan haben, sich ruhig zu verhalten und abzuwarten, wie die Dinge sich gestalten werden. &#x2013; Hier ist man sehr gespannt, was in London zu Stande kommen wird. Man wünscht sehnlichst, daß etwas Entscheidendes geschehe, denn je länger trainirt wird, desto ängstlicher wird die Stellung der Pforte. Wie wahr dieß ist, mögen Sie aus folgendem Umstand entnehmen. Kurz nach Abgang der letzten Post traf hier ein Eilbote aus Smyrna an Lord Ponsonby ein, der ihm die Nachricht brachte, daß im Lager von Ibrahim Pascha ungewöhnliche Thätigkeit herrsche, und daß man jeden Augenblick darauf gefaßt seyn könne, Ibrahim Pascha gegen Konstantinopel vorrücken zu sehen. So unwahrscheinlich dieß auch im gegenwärtigen Augenblick und bei der schlechten Jahreszeit schien, so waren doch alle Lord Ponsonby zugekommenen Details zu genau und von einem Mann angegeben, in den er das größte Vertrauen setzt. Lord Ponsonby glaubte fast an eine neue Schilderhebung Ibrahims, fürchtete aber die Pforte zu erschrecken, wenn er seine Besorgnisse ihr kund gebe. Er begnügte sich daher mit Lord Stopford Verabredungen zu treffen, und eiligst nach London zu melden, was ihm von Smyrna zugekommen war, und seine Regierung anzufeuern, damit sie Alles aufbiete, um Ibrahim Pascha von einem Vorhaben zurückzuhalten, das einen Aufstand in Konstantinopel herbeiführen müßte, abgesehen davon daß es störend auf die Berathungen einwirken würde, welche die Mächte zur Beilegung der orientalischen Streitsache jetzt unterhalten. Lord Ponsonby war über die ihm gemachten Eröffnungen in sichtbarer Besorgniß. Er suchte sich durch seine Vertrauten genaue Auskunft über die Anzahl der Truppen, die in der Hauptstadt sich befinden, oder über welche die osmanische Regierung im eintretenden Falle schnell verfügen könnte, so wie über den Geist derselben zu verschaffen, und soll zu seinem größten Bedauern erkennen, daß Alles aufs Spiel gesetzt seyn würde, falls Ibrahim Pascha wirklich sich entschließen sollte, mit seiner Armee vorzurücken. Es fand sich nämlich, daß kaum 6000 Mann brauchbarer Truppen hier vorhanden sind, und daß über 14 Tage erforderlich wären, um andere Streitkräfte herbeizuziehen. Es fand sich ferner, daß der Geist der Truppen keine große Sicherheit darbiete und daß ihre Chefs wenig oder gar kein Vertrauen verdienen. Unter solchen Umständen ist es gewiß wünschenswerth, daß bald etwas von den Mächten beschlossen werde, damit die Weltfrage nicht ferner in ihrem Hauptpunkte gefährdet bleibe.</p><lb/>
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[0222/0006] Griechenland. _ Triest, 22 Jan. Die zur österreichischen Division in der Levante gehörige Corvette „Adria“, Capitän Morari, lief heute in unserm Hafen ein. Sie legte die Fahrt von Smyrna hieher in 27 Tagen zurück; schon vor 17 Tagen hatte sie die Rhede von Zante verlassen. Ich zeige Ihnen dieß absichtlich an, um so einem falschen Gerüchte in Betreff eines angeblich an König Otto begangenen Mordes zu begegnen, das sich heute nach Ankunft der Corvette hier allgemein verbreitete, und leicht auch zu Ihnen dringen könnte. Da das vorgestern eingelaufene Dampfboot Conte Kolowrat erst am 13 Jan. gegen Mittag den Piräus verlassen hatte, und damals die Ruhe in Athen hergestellt war, die Adria aber bereits am 5 Jan. Zante im Rücken hatte, so geht aus der einfachen Vergleichung der Daten das Lügenhafte der erwähnten, vielleicht von Böswilligen ausgestreuten Sage hervor. Ich kann noch beifügen, daß am griechischen Neujahrsfeste (13 neuen St.) der feierliche Gottesdienst in der Irenenkirche mit größter Ordnung statthatte, in Anwesenheit beider Majestäten. Am Neujahrsabend wurde ein glänzender Ball bei Hofe abgehalten. – Die Regierung hat in ihrem Blatte und in einem Circular versprochen, die Ergebnisse der eingeleiteten Untersuchung bald bekannt zu machen. Ein Privatbrief nennt unter den Verhafteten auch den alten Kolokotroni. Türkei. _ Konstantinopel, 8 Jan. Auf die von Hrn. v. Pontois an die Pforte abgegebene Note, von der ich in meinem letzten Schreiben sprach, hat Reschid Pascha geantwortet, und auf ziemlich geschickte Weise die Vorwürfe zurückgewiesen, welche der französische Botschafter ihm wegen der gegen Admiral Lalande erhobenen Anschuldigungen, besonders wegen des deßhalb an das diplomatische Corps gerichteten Circulars gemacht hatte. Hr. v. Pontois war sehr stark in seiner Note aufgetreten, und hatte das Betragen Reschid Pascha's wenig freundschaftlich, ja fast gehässig gegen Frankreich genannt, da er auf die Aussage eines Dolmetschers so großen Werth lege, und sie gegen einen französischen Admiral zu benützen suche, um diesen in ein falsches Licht zu stellen. Hr. v. Pontois findet dieß unstatthaft, besonders deßhalb, weil der osmanische Minister eine Art von Anklagsacte gegen den Admiral vor ganz Europa gebracht habe, wofür er Frankreich verantwortlich sey. Hr. v. Pontois enthielt sich übrigens, die Genugthuung zu bezeichnen, die er nur im Allgemeinen verlangt; er erwarte dießfalls von seinem Gouvernement weitere Instructionen. Sein ganzes Verfahren scheint darauf abzuzielen, die Pforte einzuschüchtern, was bis jetzt nicht gelungen, und was ihn, wenn man in Paris über den ganzen Vorfall weggehen sollte, nur compromittiren kann. Hr. v. Pontois hat die Maxime aus den Augen verloren: wenn man kann, unduldsam, mit einiger Großmuth vermengt, sich zu zeigen, um dem Gegner zu imponiren; wenn man nicht kann, den Großmüthigen à toute outrance zu spielen. Er ist nun in Verlegenheit, und wird es bald noch mehr seyn. Die Feder, deren sich Reschid Pascha bedient hat, um die Note des französischen Botschafters zu beantworten, ist eine sehr gewandte, denn sie weiß mit Anstand zu entschuldigen, und dabei die nöthige Würde zu behaupten. Mit Bedauern läßt sie sich über das Geschehene vernehmen und beklagt, daß ein Ankläger gegen den Admiral Lalande habe auftreten müssen, dem Hr. v. Pontois keinen Glauben beimessen wolle, weil Hr. Lalande französischer Admiral sey; den Dragoman aber müsse die Pforte aus dem gleichen Grunde, d. h. weil er in ihren Diensten stehe, geachtet wissen. Mit Bedauern, versichert sie, habe die Pforte vernehmen müssen, daß Hr. v. Pontois sie unfreundlicher Intentionen gegen die Regierung Frankreichs für fähig halte, nachdem man von jeher in Konstantinopel bemüht gewesen, sich der Freundschaft Frankreichs würdig zu zeigen, nachdem man mit Bereitwilligkeit, wo irgend möglich, Allem zu entsprechen gesucht habe, was die Vertreter Frankreichs von der Pforte zu begehren sich veranlaßt fühlen mochten, so daß man ihnen mit gleicher Zuvorkommenheit wie allen andern Repräsentanten entgegengekommen sey. Wenn mehrere dieser Repräsentanten Abschriften von den Aussagen des Dolmetschers erhalten hätten, so sey dieß nicht geschehen, um etwas der französischen Regierung Unangenehmes zu thun, sondern um den Wünschen zu entsprechen, die an die Pforte gestellt worden. Diese Antwort soll Hrn. v. Pontois sehr verdrossen haben, der wahrscheinlich erwartet hatte, daß Reschid Pascha sich beeilen würde, den Dolmetscher preiszugeben und demüthige Entschuldigungen zu machen. Er hat die Piece nach Paris geschickt, um zu erfahren, wie man darüber denkt, und was man ihm nun zu thun räth. Im gegenwärtigen Augenblick ist ein solcher Zwischenfall äußerst unangenehm und nur geeignet, die Verlegenheiten zu vermehren, in denen sich Alle befinden. Hr. v. Pontois würde vielleicht besser gethan haben, sich ruhig zu verhalten und abzuwarten, wie die Dinge sich gestalten werden. – Hier ist man sehr gespannt, was in London zu Stande kommen wird. Man wünscht sehnlichst, daß etwas Entscheidendes geschehe, denn je länger trainirt wird, desto ängstlicher wird die Stellung der Pforte. Wie wahr dieß ist, mögen Sie aus folgendem Umstand entnehmen. Kurz nach Abgang der letzten Post traf hier ein Eilbote aus Smyrna an Lord Ponsonby ein, der ihm die Nachricht brachte, daß im Lager von Ibrahim Pascha ungewöhnliche Thätigkeit herrsche, und daß man jeden Augenblick darauf gefaßt seyn könne, Ibrahim Pascha gegen Konstantinopel vorrücken zu sehen. So unwahrscheinlich dieß auch im gegenwärtigen Augenblick und bei der schlechten Jahreszeit schien, so waren doch alle Lord Ponsonby zugekommenen Details zu genau und von einem Mann angegeben, in den er das größte Vertrauen setzt. Lord Ponsonby glaubte fast an eine neue Schilderhebung Ibrahims, fürchtete aber die Pforte zu erschrecken, wenn er seine Besorgnisse ihr kund gebe. Er begnügte sich daher mit Lord Stopford Verabredungen zu treffen, und eiligst nach London zu melden, was ihm von Smyrna zugekommen war, und seine Regierung anzufeuern, damit sie Alles aufbiete, um Ibrahim Pascha von einem Vorhaben zurückzuhalten, das einen Aufstand in Konstantinopel herbeiführen müßte, abgesehen davon daß es störend auf die Berathungen einwirken würde, welche die Mächte zur Beilegung der orientalischen Streitsache jetzt unterhalten. Lord Ponsonby war über die ihm gemachten Eröffnungen in sichtbarer Besorgniß. Er suchte sich durch seine Vertrauten genaue Auskunft über die Anzahl der Truppen, die in der Hauptstadt sich befinden, oder über welche die osmanische Regierung im eintretenden Falle schnell verfügen könnte, so wie über den Geist derselben zu verschaffen, und soll zu seinem größten Bedauern erkennen, daß Alles aufs Spiel gesetzt seyn würde, falls Ibrahim Pascha wirklich sich entschließen sollte, mit seiner Armee vorzurücken. Es fand sich nämlich, daß kaum 6000 Mann brauchbarer Truppen hier vorhanden sind, und daß über 14 Tage erforderlich wären, um andere Streitkräfte herbeizuziehen. Es fand sich ferner, daß der Geist der Truppen keine große Sicherheit darbiete und daß ihre Chefs wenig oder gar kein Vertrauen verdienen. Unter solchen Umständen ist es gewiß wünschenswerth, daß bald etwas von den Mächten beschlossen werde, damit die Weltfrage nicht ferner in ihrem Hauptpunkte gefährdet bleibe.

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Deutsches Textarchiv: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-06-28T11:37:15Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-06-28T11:37:15Z)

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Bogensignaturen: gekennzeichnet; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: gekennzeichnet; Kustoden: gekennzeichnet; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: teilweise erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 28. Augsburg, 28. Januar 1840, S. 0222. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_028_18400128/6>, abgerufen am 29.04.2024.