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Allgemeine Zeitung. Nr. 31. Augsburg, 1. Februar 1840.

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des Mittelreiches untersagt. Man nahm dann, unter solchen mißlichen Umständen, gewöhnlich zu Bestechungen, zu Lug und Trug seine Zuflucht. Bald hatte der Schuldige, von Gewissensangst gefoltert, sich selbst ermordet; bald sey der Chinese im eiligen Davonrennen ins Wasser oder in einen Graben gestürzt und habe bloß durch Heimsuchung Gottes seinen Tod gefunden. Auf solche Weise ward die Sache nach Verlauf einiger Wochen wiederum ausgeglichen und alsdann von den Kreisbehörden dem Ministerium der Gerechtigkeit (Hing pu) zu Peking ein glänzender Bericht erstattet, wie nämlich die Barbaren, mit Angst und Schrecken zur Majestät des Himmelssohnes emporblickend, unbedingt sich unterworfen hätten. Es war in gewöhnlichen Zeiten Alles dabei betheiligt, daß die Wirren so schnell als möglich ausgeglichen und der frühere Gang der Geschäfte wiederum aufgenommen werde. Es waren die Verwandten des Getödteten dabei betheiligt, welche im Stillen ein tüchtiges Wehrgeld ausgezahlt erhielten, die Sicherheitskaufleute, die Fremden und die Beamten selbst, welche sämmtlich durch die Unterbrechung des Handels große Verluste erlitten. Ganz andere Verhältnisse fanden aber statt bei der unglückseligen Tödtung eines Chinesen im Julius des verflossenen Jahres. Es war bereits früher von Seite des kaiserlichen Commissärs eine Handelssperre gegen die Engländer angeordnet worden. Sie ward zwar, nachdem alles Opium ausgeliefert und vernichtet war, wiederum aufgehoben; aber jetzt befahl Capitän Elliot seinen Landsleuten, die Geschäfte nicht eher wiederum zu beginnen, bis die Chinesen für alle Unbill, welche den Engländern widerfahren, Genugthuung geleistet hätten. Man hatte also von brittischer Seite nichts mehr zu verlieren, und freute sich höchst wahrscheinlich über den neuen Zwischenvorfall. Vielleicht, sagte man sich im Stillen, würden sich die Chinesen zu unverzeihlichen Gewaltmaaßregeln hinreißen lassen, wodurch die so lange zaudernde Regierung im Mutterlande in die Nothwendigkeit versetzt werden könnte, was die englische Gemeinde in Macao schon lange gar sehnlich wünschte, der Gewalt die Gewalt entgegen zu setzen. Geschähe dieß, wie bald würden dann die hochmüthigen Halbbarbaren des Ostens der Königin der Meere zu Füßen fallen und um Verzeihung bitten müssen. Es ward nun auf die Forderung des kaiserlichen Commissärs, den Verbrecher an die einheimischen Gerichte auszuliefern, dem chinesischen Beamten folgende Antwort ertheilt: "Man könne sich hiezu nimmermehr verstehen; die Engländer hätten ihren eigenen Gerichtshof, nicht bloß zu Canton, sondern längs der ganzen chinesischen Küste, wo sie die Schuldigen ihrer Nation nach englischen Gesetzen richteten;*) dann sey ja auch niemals zuvor ein Unterthan der Krone des Reichs Groß-England (Ta Jing ki li Kuo) einem chinesischen Gerichte ausgeliefert worden. Dieß könnte auch schon deßhalb allein nicht statt finden, weil in den Gesetzen des Mittelreiches zwischen Mord und Todtschlag kein Unterschied gemacht werde." Diese letztere Angabe gehört aber wiederum zu den vielen falschen Nachreden und Verleumdungen, welche von Unkundigen und Uebelwollenden der chinesischen Nation in dem letzten Jahrzehnt aufgebürdet wurden. Die Chinesen machen allerdings in ihren Gesetzbüchern zwischen absichtlichem Mord und zufälligem Todtschlag einen Unterschied, wie aus der nachfolgenden Darstellung zur Genüge erhellen wird. Sie sind auch keineswegs, wenn man ihnen mit Offenheit entgegen kömmt, so unvernünftig und eigensinnig, wie sie uns ihre europäischen Feinde gerne schildern möchten.

Die chinesische Gesetzgebung ist natürlich so alt, wie der chinesische Staat selbst; denn ein Staat ohne Gesetze, d. h. ohne allgemein gültige Anordnungen und Gewohnheiten, ist überhaupt nicht denkbar. Die ältesten Fürsten der Völker sind zugleich auch die ersten Gesetzgeber. Schin nong, Fohi, und mit größerem Rechte vielleicht dem ersten Fürsten, mit welchem das Annalenbuch beginnt, Jao, wird schon die Anordnung der fünferlei Gattungen von Strafen zugeschrieben. Diese sind: eine geringere und stärkere Züchtigung durch Schläge, Tragen der Geige, Verbannung auf eine längere oder kürzere Zeit, dann endlich die Todesstrafe. Die zehn Verbrechen, auf welche seit undenklichen Zeiten die Todesstrafe steht, sind: Aufruhr, Zerstörung der Tempel der Verstorbenen und der Wohnungen der regierenden Fürsten; Desertion, Mord der Verwandten, Mord anderer Personen, Sacrilegium, Impietät, Familienzwist, von Thätlichkeiten begleitet, Insubordination und Incest. Alle diejenigen, welche sich ein solches Verbrechen zu Schulden kommen ließen, können, wenn die verschiedenen Instanzen gleichmäßig erkannt haben, alsbald hingerichtet werden, ohne daß man bis auf den Herbst zu warten braucht, wo auf einen Tag an allen verurtheilten Verbrechern im ganzen Lande das Urtheil vollzogen wird.

(Beschluß folgt.)

Dänemark.

Gestern, am Begängnißtage des verewigten Königs, durchwogte schon von 6 Uhr Abends an eine zahllose Menschenmenge die Straßen, durch welche die Leichenprocession kommen sollte. Die Fenster waren zum Theil mit Trauergardinen verhangen. Nachdem die Mitglieder der königlichen Familie, die hohen Kronbeamten, die Gesandten etc. sich nach 8 Uhr auf der Amalienburg versammelt hatten, begann die Ceremonie gegen 9 Uhr. Ein Chor von Sängern sang eine Trauercantate, und der Bischof von Seeland hielt eine Leichenrede. Nach Absingung eines zweiten Liedes begann die Procession um halb 10 Uhr, eröffnet von einer Escadron der Leibgarde zu Pferde, mit gedämpften Pauken und Trompeten, dann folgten zwei Trauermarschälle, die Elephantenritter und Großkreuze vom Dannebrog, geziert mit den Ordensketten, in schwarzbezogenen Equipagen, jede von zwei Dienern mit brennenden Wachsfackeln begleitet; sodann paarweise in langer Reihe die Personen der zweiten und dritten Rangclasse zu Pferde. Dieser Reiterschaar folgte der sechsspännige Trauerwagen der Königin-Wittwe, begleitet von k. Lakaien mit brennenden Wachsfackeln. Dem Wagen folgten die drei Adjutanten, welche zuletzt den Dienst bei dem verewigten König gehabt hatten, und die sechsspännige Trauerequipage desselben. Dann der Leichenwagen des Königs in Gestalt eines Thronhimmels von schwarzem Sammet, oben auf demselben auf einem Kissen von rothem Sammet die Königskrone. Vier Capitäne vom See-Etat und vier Majors vom Landetat, unterstützt von acht Stallbedienten, führten die acht mit schwarzen Decken behangenen Pferde, vier Kammerjunker trugen das Leichentuch. Die 18 Commandeure und Obristen, welche den Sarkophag vom Trauergemach bis zum Wagen getragen hatten, gingen, und die sechs Kammerherren, welche den Baldachin getragen hatten, nebst einem Generallieutenant und einem geheimen Conferenzrath ritten neben demselben. Zwölf Comptoirchefs aus den königlichen Regierungscollegien

*) Es wird sich hier auf die durch Parlamentsbeschluß getroffene Anordnung vom 9 December 1833 berufen, wodurch ein englischer Gerichtshof "innerhalb der Länder des Kaisers von China" (within the dominions of the Emperor of China) geschaffen wurde!


des Mittelreiches untersagt. Man nahm dann, unter solchen mißlichen Umständen, gewöhnlich zu Bestechungen, zu Lug und Trug seine Zuflucht. Bald hatte der Schuldige, von Gewissensangst gefoltert, sich selbst ermordet; bald sey der Chinese im eiligen Davonrennen ins Wasser oder in einen Graben gestürzt und habe bloß durch Heimsuchung Gottes seinen Tod gefunden. Auf solche Weise ward die Sache nach Verlauf einiger Wochen wiederum ausgeglichen und alsdann von den Kreisbehörden dem Ministerium der Gerechtigkeit (Hing pu) zu Peking ein glänzender Bericht erstattet, wie nämlich die Barbaren, mit Angst und Schrecken zur Majestät des Himmelssohnes emporblickend, unbedingt sich unterworfen hätten. Es war in gewöhnlichen Zeiten Alles dabei betheiligt, daß die Wirren so schnell als möglich ausgeglichen und der frühere Gang der Geschäfte wiederum aufgenommen werde. Es waren die Verwandten des Getödteten dabei betheiligt, welche im Stillen ein tüchtiges Wehrgeld ausgezahlt erhielten, die Sicherheitskaufleute, die Fremden und die Beamten selbst, welche sämmtlich durch die Unterbrechung des Handels große Verluste erlitten. Ganz andere Verhältnisse fanden aber statt bei der unglückseligen Tödtung eines Chinesen im Julius des verflossenen Jahres. Es war bereits früher von Seite des kaiserlichen Commissärs eine Handelssperre gegen die Engländer angeordnet worden. Sie ward zwar, nachdem alles Opium ausgeliefert und vernichtet war, wiederum aufgehoben; aber jetzt befahl Capitän Elliot seinen Landsleuten, die Geschäfte nicht eher wiederum zu beginnen, bis die Chinesen für alle Unbill, welche den Engländern widerfahren, Genugthuung geleistet hätten. Man hatte also von brittischer Seite nichts mehr zu verlieren, und freute sich höchst wahrscheinlich über den neuen Zwischenvorfall. Vielleicht, sagte man sich im Stillen, würden sich die Chinesen zu unverzeihlichen Gewaltmaaßregeln hinreißen lassen, wodurch die so lange zaudernde Regierung im Mutterlande in die Nothwendigkeit versetzt werden könnte, was die englische Gemeinde in Macao schon lange gar sehnlich wünschte, der Gewalt die Gewalt entgegen zu setzen. Geschähe dieß, wie bald würden dann die hochmüthigen Halbbarbaren des Ostens der Königin der Meere zu Füßen fallen und um Verzeihung bitten müssen. Es ward nun auf die Forderung des kaiserlichen Commissärs, den Verbrecher an die einheimischen Gerichte auszuliefern, dem chinesischen Beamten folgende Antwort ertheilt: „Man könne sich hiezu nimmermehr verstehen; die Engländer hätten ihren eigenen Gerichtshof, nicht bloß zu Canton, sondern längs der ganzen chinesischen Küste, wo sie die Schuldigen ihrer Nation nach englischen Gesetzen richteten;*) dann sey ja auch niemals zuvor ein Unterthan der Krone des Reichs Groß-England (Ta Jing ki li Kuo) einem chinesischen Gerichte ausgeliefert worden. Dieß könnte auch schon deßhalb allein nicht statt finden, weil in den Gesetzen des Mittelreiches zwischen Mord und Todtschlag kein Unterschied gemacht werde.“ Diese letztere Angabe gehört aber wiederum zu den vielen falschen Nachreden und Verleumdungen, welche von Unkundigen und Uebelwollenden der chinesischen Nation in dem letzten Jahrzehnt aufgebürdet wurden. Die Chinesen machen allerdings in ihren Gesetzbüchern zwischen absichtlichem Mord und zufälligem Todtschlag einen Unterschied, wie aus der nachfolgenden Darstellung zur Genüge erhellen wird. Sie sind auch keineswegs, wenn man ihnen mit Offenheit entgegen kömmt, so unvernünftig und eigensinnig, wie sie uns ihre europäischen Feinde gerne schildern möchten.

Die chinesische Gesetzgebung ist natürlich so alt, wie der chinesische Staat selbst; denn ein Staat ohne Gesetze, d. h. ohne allgemein gültige Anordnungen und Gewohnheiten, ist überhaupt nicht denkbar. Die ältesten Fürsten der Völker sind zugleich auch die ersten Gesetzgeber. Schin nong, Fohi, und mit größerem Rechte vielleicht dem ersten Fürsten, mit welchem das Annalenbuch beginnt, Jao, wird schon die Anordnung der fünferlei Gattungen von Strafen zugeschrieben. Diese sind: eine geringere und stärkere Züchtigung durch Schläge, Tragen der Geige, Verbannung auf eine längere oder kürzere Zeit, dann endlich die Todesstrafe. Die zehn Verbrechen, auf welche seit undenklichen Zeiten die Todesstrafe steht, sind: Aufruhr, Zerstörung der Tempel der Verstorbenen und der Wohnungen der regierenden Fürsten; Desertion, Mord der Verwandten, Mord anderer Personen, Sacrilegium, Impietät, Familienzwist, von Thätlichkeiten begleitet, Insubordination und Incest. Alle diejenigen, welche sich ein solches Verbrechen zu Schulden kommen ließen, können, wenn die verschiedenen Instanzen gleichmäßig erkannt haben, alsbald hingerichtet werden, ohne daß man bis auf den Herbst zu warten braucht, wo auf einen Tag an allen verurtheilten Verbrechern im ganzen Lande das Urtheil vollzogen wird.

(Beschluß folgt.)

Dänemark.

Gestern, am Begängnißtage des verewigten Königs, durchwogte schon von 6 Uhr Abends an eine zahllose Menschenmenge die Straßen, durch welche die Leichenprocession kommen sollte. Die Fenster waren zum Theil mit Trauergardinen verhangen. Nachdem die Mitglieder der königlichen Familie, die hohen Kronbeamten, die Gesandten etc. sich nach 8 Uhr auf der Amalienburg versammelt hatten, begann die Ceremonie gegen 9 Uhr. Ein Chor von Sängern sang eine Trauercantate, und der Bischof von Seeland hielt eine Leichenrede. Nach Absingung eines zweiten Liedes begann die Procession um halb 10 Uhr, eröffnet von einer Escadron der Leibgarde zu Pferde, mit gedämpften Pauken und Trompeten, dann folgten zwei Trauermarschälle, die Elephantenritter und Großkreuze vom Dannebrog, geziert mit den Ordensketten, in schwarzbezogenen Equipagen, jede von zwei Dienern mit brennenden Wachsfackeln begleitet; sodann paarweise in langer Reihe die Personen der zweiten und dritten Rangclasse zu Pferde. Dieser Reiterschaar folgte der sechsspännige Trauerwagen der Königin-Wittwe, begleitet von k. Lakaien mit brennenden Wachsfackeln. Dem Wagen folgten die drei Adjutanten, welche zuletzt den Dienst bei dem verewigten König gehabt hatten, und die sechsspännige Trauerequipage desselben. Dann der Leichenwagen des Königs in Gestalt eines Thronhimmels von schwarzem Sammet, oben auf demselben auf einem Kissen von rothem Sammet die Königskrone. Vier Capitäne vom See-Etat und vier Majors vom Landetat, unterstützt von acht Stallbedienten, führten die acht mit schwarzen Decken behangenen Pferde, vier Kammerjunker trugen das Leichentuch. Die 18 Commandeure und Obristen, welche den Sarkophag vom Trauergemach bis zum Wagen getragen hatten, gingen, und die sechs Kammerherren, welche den Baldachin getragen hatten, nebst einem Generallieutenant und einem geheimen Conferenzrath ritten neben demselben. Zwölf Comptoirchefs aus den königlichen Regierungscollegien

*) Es wird sich hier auf die durch Parlamentsbeschluß getroffene Anordnung vom 9 December 1833 berufen, wodurch ein englischer Gerichtshof „innerhalb der Länder des Kaisers von China“ (within the dominions of the Emperor of China) geschaffen wurde!
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des Mittelreiches untersagt. Man nahm dann, unter solchen mißlichen Umständen, gewöhnlich zu Bestechungen, zu Lug und Trug seine Zuflucht. Bald hatte der Schuldige, von Gewissensangst gefoltert, sich selbst ermordet; bald sey der Chinese im eiligen Davonrennen ins Wasser oder in einen Graben gestürzt und habe bloß durch Heimsuchung Gottes seinen Tod gefunden. Auf solche Weise ward die Sache nach Verlauf einiger Wochen wiederum ausgeglichen und alsdann von den Kreisbehörden dem Ministerium der Gerechtigkeit (Hing pu) zu Peking ein glänzender Bericht erstattet, wie nämlich die Barbaren, mit Angst und Schrecken zur Majestät des Himmelssohnes emporblickend, unbedingt sich unterworfen hätten. Es war in gewöhnlichen Zeiten Alles dabei betheiligt, daß die Wirren so schnell als möglich ausgeglichen und der frühere Gang der Geschäfte wiederum aufgenommen werde. Es waren die Verwandten des Getödteten dabei betheiligt, welche im Stillen ein tüchtiges Wehrgeld ausgezahlt erhielten, die Sicherheitskaufleute, die Fremden und die Beamten selbst, welche sämmtlich durch die Unterbrechung des Handels große Verluste erlitten. Ganz andere Verhältnisse fanden aber statt bei der unglückseligen Tödtung eines Chinesen im Julius des verflossenen Jahres. Es war bereits früher von Seite des kaiserlichen Commissärs eine Handelssperre gegen die Engländer angeordnet worden. Sie ward zwar, nachdem alles Opium ausgeliefert und vernichtet war, wiederum aufgehoben; aber jetzt befahl Capitän Elliot seinen Landsleuten, die Geschäfte nicht eher wiederum zu beginnen, bis die Chinesen für alle Unbill, welche den Engländern widerfahren, Genugthuung geleistet hätten. Man hatte also von brittischer Seite nichts mehr zu verlieren, und freute sich höchst wahrscheinlich über den neuen Zwischenvorfall. Vielleicht, sagte man sich im Stillen, würden sich die Chinesen zu unverzeihlichen Gewaltmaaßregeln hinreißen lassen, wodurch die so lange zaudernde Regierung im Mutterlande in die Nothwendigkeit versetzt werden könnte, was die englische Gemeinde in Macao schon lange gar sehnlich wünschte, der Gewalt die Gewalt entgegen zu setzen. Geschähe dieß, wie bald würden dann die hochmüthigen Halbbarbaren des Ostens der Königin der Meere zu Füßen fallen und um Verzeihung bitten müssen. Es ward nun auf die Forderung des kaiserlichen Commissärs, den Verbrecher an die einheimischen Gerichte auszuliefern, dem chinesischen Beamten folgende Antwort ertheilt: &#x201E;Man könne sich hiezu nimmermehr verstehen; die Engländer hätten ihren eigenen Gerichtshof, nicht bloß zu Canton, sondern längs der ganzen chinesischen Küste, wo sie die Schuldigen ihrer Nation nach englischen Gesetzen richteten;<note place="foot" n="*)">Es wird sich hier auf die durch Parlamentsbeschluß getroffene Anordnung vom 9 December 1833 berufen, wodurch ein englischer Gerichtshof &#x201E;<hi rendition="#g">innerhalb der Länder des Kaisers von China</hi>&#x201C; (within the dominions of the Emperor of China) geschaffen wurde!</note> dann sey ja auch niemals zuvor ein Unterthan der Krone des Reichs Groß-England (Ta Jing ki li Kuo) einem chinesischen Gerichte ausgeliefert worden. Dieß könnte auch schon deßhalb allein nicht statt finden, <hi rendition="#g">weil in den Gesetzen des Mittelreiches zwischen Mord und Todtschlag kein Unterschied gemacht werde</hi>.&#x201C; Diese letztere Angabe gehört aber wiederum zu den vielen falschen Nachreden und Verleumdungen, welche von Unkundigen und Uebelwollenden der chinesischen Nation in dem letzten Jahrzehnt aufgebürdet wurden. Die Chinesen machen allerdings in ihren Gesetzbüchern zwischen absichtlichem Mord und zufälligem Todtschlag einen Unterschied, wie aus der nachfolgenden Darstellung zur Genüge erhellen wird. Sie sind auch keineswegs, wenn man ihnen mit Offenheit entgegen kömmt, so unvernünftig und eigensinnig, wie sie uns ihre europäischen Feinde gerne schildern möchten.</p><lb/>
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[0253/0012] des Mittelreiches untersagt. Man nahm dann, unter solchen mißlichen Umständen, gewöhnlich zu Bestechungen, zu Lug und Trug seine Zuflucht. Bald hatte der Schuldige, von Gewissensangst gefoltert, sich selbst ermordet; bald sey der Chinese im eiligen Davonrennen ins Wasser oder in einen Graben gestürzt und habe bloß durch Heimsuchung Gottes seinen Tod gefunden. Auf solche Weise ward die Sache nach Verlauf einiger Wochen wiederum ausgeglichen und alsdann von den Kreisbehörden dem Ministerium der Gerechtigkeit (Hing pu) zu Peking ein glänzender Bericht erstattet, wie nämlich die Barbaren, mit Angst und Schrecken zur Majestät des Himmelssohnes emporblickend, unbedingt sich unterworfen hätten. Es war in gewöhnlichen Zeiten Alles dabei betheiligt, daß die Wirren so schnell als möglich ausgeglichen und der frühere Gang der Geschäfte wiederum aufgenommen werde. Es waren die Verwandten des Getödteten dabei betheiligt, welche im Stillen ein tüchtiges Wehrgeld ausgezahlt erhielten, die Sicherheitskaufleute, die Fremden und die Beamten selbst, welche sämmtlich durch die Unterbrechung des Handels große Verluste erlitten. Ganz andere Verhältnisse fanden aber statt bei der unglückseligen Tödtung eines Chinesen im Julius des verflossenen Jahres. Es war bereits früher von Seite des kaiserlichen Commissärs eine Handelssperre gegen die Engländer angeordnet worden. Sie ward zwar, nachdem alles Opium ausgeliefert und vernichtet war, wiederum aufgehoben; aber jetzt befahl Capitän Elliot seinen Landsleuten, die Geschäfte nicht eher wiederum zu beginnen, bis die Chinesen für alle Unbill, welche den Engländern widerfahren, Genugthuung geleistet hätten. Man hatte also von brittischer Seite nichts mehr zu verlieren, und freute sich höchst wahrscheinlich über den neuen Zwischenvorfall. Vielleicht, sagte man sich im Stillen, würden sich die Chinesen zu unverzeihlichen Gewaltmaaßregeln hinreißen lassen, wodurch die so lange zaudernde Regierung im Mutterlande in die Nothwendigkeit versetzt werden könnte, was die englische Gemeinde in Macao schon lange gar sehnlich wünschte, der Gewalt die Gewalt entgegen zu setzen. Geschähe dieß, wie bald würden dann die hochmüthigen Halbbarbaren des Ostens der Königin der Meere zu Füßen fallen und um Verzeihung bitten müssen. Es ward nun auf die Forderung des kaiserlichen Commissärs, den Verbrecher an die einheimischen Gerichte auszuliefern, dem chinesischen Beamten folgende Antwort ertheilt: „Man könne sich hiezu nimmermehr verstehen; die Engländer hätten ihren eigenen Gerichtshof, nicht bloß zu Canton, sondern längs der ganzen chinesischen Küste, wo sie die Schuldigen ihrer Nation nach englischen Gesetzen richteten; *) dann sey ja auch niemals zuvor ein Unterthan der Krone des Reichs Groß-England (Ta Jing ki li Kuo) einem chinesischen Gerichte ausgeliefert worden. Dieß könnte auch schon deßhalb allein nicht statt finden, weil in den Gesetzen des Mittelreiches zwischen Mord und Todtschlag kein Unterschied gemacht werde.“ Diese letztere Angabe gehört aber wiederum zu den vielen falschen Nachreden und Verleumdungen, welche von Unkundigen und Uebelwollenden der chinesischen Nation in dem letzten Jahrzehnt aufgebürdet wurden. Die Chinesen machen allerdings in ihren Gesetzbüchern zwischen absichtlichem Mord und zufälligem Todtschlag einen Unterschied, wie aus der nachfolgenden Darstellung zur Genüge erhellen wird. Sie sind auch keineswegs, wenn man ihnen mit Offenheit entgegen kömmt, so unvernünftig und eigensinnig, wie sie uns ihre europäischen Feinde gerne schildern möchten. Die chinesische Gesetzgebung ist natürlich so alt, wie der chinesische Staat selbst; denn ein Staat ohne Gesetze, d. h. ohne allgemein gültige Anordnungen und Gewohnheiten, ist überhaupt nicht denkbar. Die ältesten Fürsten der Völker sind zugleich auch die ersten Gesetzgeber. Schin nong, Fohi, und mit größerem Rechte vielleicht dem ersten Fürsten, mit welchem das Annalenbuch beginnt, Jao, wird schon die Anordnung der fünferlei Gattungen von Strafen zugeschrieben. Diese sind: eine geringere und stärkere Züchtigung durch Schläge, Tragen der Geige, Verbannung auf eine längere oder kürzere Zeit, dann endlich die Todesstrafe. Die zehn Verbrechen, auf welche seit undenklichen Zeiten die Todesstrafe steht, sind: Aufruhr, Zerstörung der Tempel der Verstorbenen und der Wohnungen der regierenden Fürsten; Desertion, Mord der Verwandten, Mord anderer Personen, Sacrilegium, Impietät, Familienzwist, von Thätlichkeiten begleitet, Insubordination und Incest. Alle diejenigen, welche sich ein solches Verbrechen zu Schulden kommen ließen, können, wenn die verschiedenen Instanzen gleichmäßig erkannt haben, alsbald hingerichtet werden, ohne daß man bis auf den Herbst zu warten braucht, wo auf einen Tag an allen verurtheilten Verbrechern im ganzen Lande das Urtheil vollzogen wird. (Beschluß folgt.) Dänemark. *Kopenhagen, 16 Jan. Gestern, am Begängnißtage des verewigten Königs, durchwogte schon von 6 Uhr Abends an eine zahllose Menschenmenge die Straßen, durch welche die Leichenprocession kommen sollte. Die Fenster waren zum Theil mit Trauergardinen verhangen. Nachdem die Mitglieder der königlichen Familie, die hohen Kronbeamten, die Gesandten etc. sich nach 8 Uhr auf der Amalienburg versammelt hatten, begann die Ceremonie gegen 9 Uhr. Ein Chor von Sängern sang eine Trauercantate, und der Bischof von Seeland hielt eine Leichenrede. Nach Absingung eines zweiten Liedes begann die Procession um halb 10 Uhr, eröffnet von einer Escadron der Leibgarde zu Pferde, mit gedämpften Pauken und Trompeten, dann folgten zwei Trauermarschälle, die Elephantenritter und Großkreuze vom Dannebrog, geziert mit den Ordensketten, in schwarzbezogenen Equipagen, jede von zwei Dienern mit brennenden Wachsfackeln begleitet; sodann paarweise in langer Reihe die Personen der zweiten und dritten Rangclasse zu Pferde. Dieser Reiterschaar folgte der sechsspännige Trauerwagen der Königin-Wittwe, begleitet von k. Lakaien mit brennenden Wachsfackeln. Dem Wagen folgten die drei Adjutanten, welche zuletzt den Dienst bei dem verewigten König gehabt hatten, und die sechsspännige Trauerequipage desselben. Dann der Leichenwagen des Königs in Gestalt eines Thronhimmels von schwarzem Sammet, oben auf demselben auf einem Kissen von rothem Sammet die Königskrone. Vier Capitäne vom See-Etat und vier Majors vom Landetat, unterstützt von acht Stallbedienten, führten die acht mit schwarzen Decken behangenen Pferde, vier Kammerjunker trugen das Leichentuch. Die 18 Commandeure und Obristen, welche den Sarkophag vom Trauergemach bis zum Wagen getragen hatten, gingen, und die sechs Kammerherren, welche den Baldachin getragen hatten, nebst einem Generallieutenant und einem geheimen Conferenzrath ritten neben demselben. Zwölf Comptoirchefs aus den königlichen Regierungscollegien *) Es wird sich hier auf die durch Parlamentsbeschluß getroffene Anordnung vom 9 December 1833 berufen, wodurch ein englischer Gerichtshof „innerhalb der Länder des Kaisers von China“ (within the dominions of the Emperor of China) geschaffen wurde!

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Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-06-28T11:37:15Z)

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 31. Augsburg, 1. Februar 1840, S. 0253. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_032_18400201/12>, abgerufen am 29.04.2024.