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Allgemeine Zeitung. Nr. 45. Augsburg, 14. Februar 1840.

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Anarchie der Revolution den endlichen Sieg des Prätendenten noch herbeiführen zu können, in einigen Gegenden Navarra's, haben sie sich den Exaltirten angeschlossen, und diese selbst verkünden dieß als einen Triumph! Zu den Provinzen, in denen die Moderirten vollständig siegten, kommen nun noch Salamanca, Badajoz, Murcia, Palencia, Logronns, Valladolid, Oviedo (wo auch Toreno und Martinez de la Rosa fast einstimmig gewählt wurden) Albacete, Cuenca, Tuy, Pontevedra, Orense, und sogar Malaga. Die Exaltirten erlangten unterdessen die Mehrheit in Alicante, Valencia, Castellon, und vermuthlich auch in Santiago und Lugo. In Caceres wurden vier Moderirte und ein Exaltirter zu Deputirten gewählt. In Leon, Almeria, Carunda sind die Wahlen noch verschoben. In letzterer Stadt dauerte noch am 25 der Belagerungszustand fort; sämmtliche Mitglieder des widerspänstigen Ayuntamiento und die Urheber der aufrührerischen Bewegung vom 18 waren auf militärischem Wege verhaftet worden. Den gestern aus Catalonien eingegangenen Nachrichten zufolge entscheiden sich auch dort die Wahlen bei weitem zu Gunsten der Moderirten. Am 23 hatten in Barcelona die von ihnen aufgestellten Candidaten 1617 Stimmen für sich, während die der Gegenpartei deren nur 503 erschwingen konnten. Um sich zu rächen, und die Freunde der Ordnung einzuschüchtern, legten die Exaltirten in dem Bezirke von Sabadell Feuer an eine Tuchfabrik, deren Eigenthümer von den Moderirten zum Vorsitzenden eines Wahlcollegiums gewählt worden war. Aehnliche mordbrennerische Auftritte fanden in Hospitalet statt. In Tarragona wurden die Moderirten auf das empörendste gemißhandelt, und mit Gewalt aus den Wahllocalen vertrieben. Und in diese von den Gräueln des Bürgerkrieges und der Parteienwuth gleich sehr zerfleischte Provinz schickt jetzt die Regierung den General D. Antonio Vanhalen, einen der eifrigsten Anhänger der Exaltirten, den Vertheidiger der Repressalien, den durch seinen Rückzug von Segura berühmt gewordenen Feldherrn, als Generalcapitän. So hat es der souveräne Wille des Herzogs de la Victoria befohlen, der sich selbst nur der Form nach den Oberbefehl über die Truppen von Catalonien vorbehalten hat. Vergebens wenden sich die unglücklichen Bewohner der Alcarria an den Herzog mit der Bitte, ihnen einige Bataillone zuzuschicken, um sie gegen die Carlisten, welche von Beteta aus ihre Raubzüge unternehmen, sicher zu stellen. Espartero ist taub gegen ihre Klagen, und so werden sie die Opfer der unerhörtesten Gräuel. Seit zwei Tagen war unsere Verbindung mit Saragossa unterbrochen, indem jene Carlisten, in der Zahl von 3000 Mann, die wenigen Truppen der Königin zurückgeschlagen, und sich Guadalaxara genähert hatten. Cabrera hat unterdessen Beweise abgelegt, daß er noch lebt. Während der Oberst der Legion von Oporto den zum Erschießen bestimmten Carlistischen Gefangenen das Leben schenkte, wurden am 24 aus den unterirdischen Kerkern von Benifasa 24 gefangene Soldaten von den Carlisten unter dem Vorwande, sie auswechseln zu wollen, fortgeführt, und in der Nähe von Espartero's Hauptquartier erschossen. Nur Cabrera kann diese Mordthat anbefohlen haben. Als Probe eines Carlistischen Bulletins lege ich Ihnen folgendes Rundschreiben bei, welches die Carlisten von Cannete aus verbreitet haben:

"Durch verschiedene Boten, die durch diesen Flecken gegangen sind, um den Generalcommandanten von Murcia aufzusuchen, und auf anderm amtlichem Wege habe ich das Vergnügen gehabt, zu erfahren, daß der wahre Friede oder die allgemeine Aussöhnung aller Spanier stattgefunden hat, indem alle Mächte Europa's auf dem letzten Congreß unsern erhabenen Monarchen Karl V anerkannt haben. Allgemeine Amnestie unter allen Spaniern ohne Unterschied irgend einer Partei, Wiederherstellung der alten Cortes, und völlige Verabschiedung aller ausgedienten Truppen beider Armeen, die solche verlangen sollten, und Bildung einer neuen Armee aus den Ueberresten der ausgehobenen und freiwilligen Mannschaft, welche fortdienen will, nachdem man ihre geleisteten Dienste belohnt hat. Ich beeile mich, Ihnen dieß mitzutheilen, damit Sie es zur allgemeinen Zufriedenstellung bekannt machen. Arcos, 20 Januar 1840 - Joaquin Elizarte. - An die am Rande aufgeführten Alcalden."

Nachschrift. Diesen Abend nimmt man an, daß in 38 Provinzen 192 Deputirte gewählt worden sind, von denen 124 sich zu den Moderirten, 39 sich zu den Exaltirten zählen; die übrigen 29 sind nicht mit Bestimmtheit zu classificiren.

Großbritannien.

Wir geben in Folgendem eine gedrängte Uebersicht des großen Wortkriegs zwischen Tories und Whigs, der in den Tagen vom 28 bis zum 31 Jan. im Hause der Gemeinen geführt ward, und durch welchen die radicale Presse nur den Beweis geliefert sehen will, daß von der einen wie von der andern dieser Adelsparteien das Land bisher so ziemlich gleich schlecht verwaltet worden sey. Sir John Yarde Buller, conservatives Mitglied für Süd-Devonshire, beschränkte sich in der Motivirung seines Antrags, "daß Ihrer Maj. Regierung, wie sie gegenwärtig zusammengesetzt sey, das Vertrauen des Hauses nicht besitze," fast ganz auf die einheimische Politik des Ministeriums. Besonders wollte er einen innern Zusammenhang zwischen den Chartistenumtrieben und den Maaßregeln der Verwaltung finden, indem er sagte: "In gewöhnlichen Zeiten könnte man glauben, daß diese Mißstimmungen und Ruhestörungen aus Ursachen herrührten, über welche die Regierung keine Controle hätte, und für die sie daher nicht verantwortlich gemacht werden dürfe; Niemand aber, der die jetzige Lage der Dinge betrachtet, kann daran zweifeln, daß die gegenwärtigen Unruhen aus dem von den Ministern in den letzten Jahren befolgten Regierungssystem hervorgegangen sind." Hr. William Thompson, Alderman der Londoner City und Mitglied für Sunderland, hob zur Unterstützung des Antrags hervor, daß, da jetzt officiell in dem Vergleich der Staatsausgaben und Einnahmen ein Deficit von mehr als einer Million zugestanden sey, da ferner die Reduction des Briefporto's vermuthlich noch einen Ausfall, von einer Million zum wenigsten, verursachen werde, und da die Unterbrechung des Handels mit China außerdem einen Verlust von mehreren Millionen in den Einkünften herbeiführen dürfte - die Nachtheile des gestörten Handels mit Südamerika nicht zu erwähnen - sehr wahrscheinlich bald ein Ausfall von acht Millionen in den Finanzen entstehen werde. "Und gewährt," fragte der Redner, "irgend ein Umstand eine Aussicht auf eine mögliche Verminderung unserer Ausgaben? Nirgends ist eine Hoffnung dazu vorhanden. In den drei letzten Jahren und besonders seit der Thronbesteigung Ihrer Maj. haben die Ausgaben stets die Einnahmen überstiegen, ein Zustand der Dinge, der in der Geschichte unserer Finanzen, seitdem wir eine Nationalschuld haben, noch nicht vorgekommen. (Hört!) Die Rebellion in Canada würde niemals ausgebrochen seyn, wäre die Armee dort zur rechten Zeit verstärkt worden. Aber wir standen am Vorabend einer allgemeinen Wahl, wo eine Vermehrung des Heers das Ministerium daheim hätte unbeliebt machen können; also gab man lieber Canada allen Wechselfällen preis, als daß man sich dem Verlust einer Stimme im Parlament ausgesetzt hätte. Zum Glück für die Nation

Anarchie der Revolution den endlichen Sieg des Prätendenten noch herbeiführen zu können, in einigen Gegenden Navarra's, haben sie sich den Exaltirten angeschlossen, und diese selbst verkünden dieß als einen Triumph! Zu den Provinzen, in denen die Moderirten vollständig siegten, kommen nun noch Salamanca, Badajoz, Murcia, Palencia, Logroñs, Valladolid, Oviedo (wo auch Toreno und Martinez de la Rosa fast einstimmig gewählt wurden) Albacete, Cuenca, Tuy, Pontevedra, Orense, und sogar Malaga. Die Exaltirten erlangten unterdessen die Mehrheit in Alicante, Valencia, Castellon, und vermuthlich auch in Santiago und Lugo. In Caceres wurden vier Moderirte und ein Exaltirter zu Deputirten gewählt. In Leon, Almeria, Caruña sind die Wahlen noch verschoben. In letzterer Stadt dauerte noch am 25 der Belagerungszustand fort; sämmtliche Mitglieder des widerspänstigen Ayuntamiento und die Urheber der aufrührerischen Bewegung vom 18 waren auf militärischem Wege verhaftet worden. Den gestern aus Catalonien eingegangenen Nachrichten zufolge entscheiden sich auch dort die Wahlen bei weitem zu Gunsten der Moderirten. Am 23 hatten in Barcelona die von ihnen aufgestellten Candidaten 1617 Stimmen für sich, während die der Gegenpartei deren nur 503 erschwingen konnten. Um sich zu rächen, und die Freunde der Ordnung einzuschüchtern, legten die Exaltirten in dem Bezirke von Sabadell Feuer an eine Tuchfabrik, deren Eigenthümer von den Moderirten zum Vorsitzenden eines Wahlcollegiums gewählt worden war. Aehnliche mordbrennerische Auftritte fanden in Hospitalet statt. In Tarragona wurden die Moderirten auf das empörendste gemißhandelt, und mit Gewalt aus den Wahllocalen vertrieben. Und in diese von den Gräueln des Bürgerkrieges und der Parteienwuth gleich sehr zerfleischte Provinz schickt jetzt die Regierung den General D. Antonio Vanhalen, einen der eifrigsten Anhänger der Exaltirten, den Vertheidiger der Repressalien, den durch seinen Rückzug von Segura berühmt gewordenen Feldherrn, als Generalcapitän. So hat es der souveräne Wille des Herzogs de la Victoria befohlen, der sich selbst nur der Form nach den Oberbefehl über die Truppen von Catalonien vorbehalten hat. Vergebens wenden sich die unglücklichen Bewohner der Alcarria an den Herzog mit der Bitte, ihnen einige Bataillone zuzuschicken, um sie gegen die Carlisten, welche von Beteta aus ihre Raubzüge unternehmen, sicher zu stellen. Espartero ist taub gegen ihre Klagen, und so werden sie die Opfer der unerhörtesten Gräuel. Seit zwei Tagen war unsere Verbindung mit Saragossa unterbrochen, indem jene Carlisten, in der Zahl von 3000 Mann, die wenigen Truppen der Königin zurückgeschlagen, und sich Guadalaxara genähert hatten. Cabrera hat unterdessen Beweise abgelegt, daß er noch lebt. Während der Oberst der Legion von Oporto den zum Erschießen bestimmten Carlistischen Gefangenen das Leben schenkte, wurden am 24 aus den unterirdischen Kerkern von Benifasà 24 gefangene Soldaten von den Carlisten unter dem Vorwande, sie auswechseln zu wollen, fortgeführt, und in der Nähe von Espartero's Hauptquartier erschossen. Nur Cabrera kann diese Mordthat anbefohlen haben. Als Probe eines Carlistischen Bulletins lege ich Ihnen folgendes Rundschreiben bei, welches die Carlisten von Cañete aus verbreitet haben:

„Durch verschiedene Boten, die durch diesen Flecken gegangen sind, um den Generalcommandanten von Murcia aufzusuchen, und auf anderm amtlichem Wege habe ich das Vergnügen gehabt, zu erfahren, daß der wahre Friede oder die allgemeine Aussöhnung aller Spanier stattgefunden hat, indem alle Mächte Europa's auf dem letzten Congreß unsern erhabenen Monarchen Karl V anerkannt haben. Allgemeine Amnestie unter allen Spaniern ohne Unterschied irgend einer Partei, Wiederherstellung der alten Cortes, und völlige Verabschiedung aller ausgedienten Truppen beider Armeen, die solche verlangen sollten, und Bildung einer neuen Armee aus den Ueberresten der ausgehobenen und freiwilligen Mannschaft, welche fortdienen will, nachdem man ihre geleisteten Dienste belohnt hat. Ich beeile mich, Ihnen dieß mitzutheilen, damit Sie es zur allgemeinen Zufriedenstellung bekannt machen. Arcos, 20 Januar 1840 – Joaquin Elizarte. – An die am Rande aufgeführten Alcalden.“

Nachschrift. Diesen Abend nimmt man an, daß in 38 Provinzen 192 Deputirte gewählt worden sind, von denen 124 sich zu den Moderirten, 39 sich zu den Exaltirten zählen; die übrigen 29 sind nicht mit Bestimmtheit zu classificiren.

Großbritannien.

Wir geben in Folgendem eine gedrängte Uebersicht des großen Wortkriegs zwischen Tories und Whigs, der in den Tagen vom 28 bis zum 31 Jan. im Hause der Gemeinen geführt ward, und durch welchen die radicale Presse nur den Beweis geliefert sehen will, daß von der einen wie von der andern dieser Adelsparteien das Land bisher so ziemlich gleich schlecht verwaltet worden sey. Sir John Yarde Buller, conservatives Mitglied für Süd-Devonshire, beschränkte sich in der Motivirung seines Antrags, „daß Ihrer Maj. Regierung, wie sie gegenwärtig zusammengesetzt sey, das Vertrauen des Hauses nicht besitze,“ fast ganz auf die einheimische Politik des Ministeriums. Besonders wollte er einen innern Zusammenhang zwischen den Chartistenumtrieben und den Maaßregeln der Verwaltung finden, indem er sagte: „In gewöhnlichen Zeiten könnte man glauben, daß diese Mißstimmungen und Ruhestörungen aus Ursachen herrührten, über welche die Regierung keine Controle hätte, und für die sie daher nicht verantwortlich gemacht werden dürfe; Niemand aber, der die jetzige Lage der Dinge betrachtet, kann daran zweifeln, daß die gegenwärtigen Unruhen aus dem von den Ministern in den letzten Jahren befolgten Regierungssystem hervorgegangen sind.“ Hr. William Thompson, Alderman der Londoner City und Mitglied für Sunderland, hob zur Unterstützung des Antrags hervor, daß, da jetzt officiell in dem Vergleich der Staatsausgaben und Einnahmen ein Deficit von mehr als einer Million zugestanden sey, da ferner die Reduction des Briefporto's vermuthlich noch einen Ausfall, von einer Million zum wenigsten, verursachen werde, und da die Unterbrechung des Handels mit China außerdem einen Verlust von mehreren Millionen in den Einkünften herbeiführen dürfte – die Nachtheile des gestörten Handels mit Südamerika nicht zu erwähnen – sehr wahrscheinlich bald ein Ausfall von acht Millionen in den Finanzen entstehen werde. „Und gewährt,“ fragte der Redner, „irgend ein Umstand eine Aussicht auf eine mögliche Verminderung unserer Ausgaben? Nirgends ist eine Hoffnung dazu vorhanden. In den drei letzten Jahren und besonders seit der Thronbesteigung Ihrer Maj. haben die Ausgaben stets die Einnahmen überstiegen, ein Zustand der Dinge, der in der Geschichte unserer Finanzen, seitdem wir eine Nationalschuld haben, noch nicht vorgekommen. (Hört!) Die Rebellion in Canada würde niemals ausgebrochen seyn, wäre die Armee dort zur rechten Zeit verstärkt worden. Aber wir standen am Vorabend einer allgemeinen Wahl, wo eine Vermehrung des Heers das Ministerium daheim hätte unbeliebt machen können; also gab man lieber Canada allen Wechselfällen preis, als daß man sich dem Verlust einer Stimme im Parlament ausgesetzt hätte. Zum Glück für die Nation

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Anarchie der Revolution den endlichen Sieg des Prätendenten noch herbeiführen zu können, in einigen Gegenden Navarra's, haben sie sich den Exaltirten angeschlossen, und diese selbst verkünden dieß als einen Triumph! Zu den Provinzen, in denen die Moderirten vollständig siegten, kommen nun noch Salamanca, Badajoz, Murcia, Palencia, Logroñs, Valladolid, Oviedo (wo auch Toreno und Martinez de la Rosa fast einstimmig gewählt wurden) Albacete, Cuenca, Tuy, Pontevedra, Orense, und sogar Malaga. Die Exaltirten erlangten unterdessen die Mehrheit in Alicante, Valencia, Castellon, und vermuthlich auch in Santiago und Lugo. In Caceres wurden vier Moderirte und ein Exaltirter zu Deputirten gewählt. In Leon, Almeria, Caruña sind die Wahlen noch verschoben. In letzterer Stadt dauerte noch am 25 der Belagerungszustand fort; sämmtliche Mitglieder des widerspänstigen Ayuntamiento und die Urheber der aufrührerischen Bewegung vom 18 waren auf militärischem Wege verhaftet worden. Den gestern aus Catalonien eingegangenen Nachrichten zufolge entscheiden sich auch dort die Wahlen bei weitem zu Gunsten der Moderirten. Am 23 hatten in Barcelona die von ihnen aufgestellten Candidaten 1617 Stimmen für sich, während die der Gegenpartei deren nur 503 erschwingen konnten. Um sich zu rächen, und die Freunde der Ordnung einzuschüchtern, legten die Exaltirten in dem Bezirke von Sabadell Feuer an eine Tuchfabrik, deren Eigenthümer von den Moderirten zum Vorsitzenden eines Wahlcollegiums gewählt worden war. Aehnliche mordbrennerische Auftritte fanden in Hospitalet statt. In Tarragona wurden die Moderirten auf das empörendste gemißhandelt, und mit Gewalt aus den Wahllocalen vertrieben. Und in diese von den Gräueln des Bürgerkrieges und der Parteienwuth gleich sehr zerfleischte Provinz schickt jetzt die Regierung den General D. Antonio Vanhalen, einen der eifrigsten Anhänger der Exaltirten, den Vertheidiger der Repressalien, den durch seinen Rückzug von Segura berühmt gewordenen Feldherrn, als Generalcapitän. So hat es der souveräne Wille des Herzogs de la Victoria befohlen, der sich selbst nur der Form nach den Oberbefehl über die Truppen von Catalonien vorbehalten hat. Vergebens wenden sich die unglücklichen Bewohner der Alcarria an den Herzog mit der Bitte, ihnen einige Bataillone zuzuschicken, um sie gegen die Carlisten, welche von Beteta aus ihre Raubzüge unternehmen, sicher zu stellen. Espartero ist taub gegen ihre Klagen, und so werden sie die Opfer der unerhörtesten Gräuel. Seit zwei Tagen war unsere Verbindung mit Saragossa unterbrochen, indem jene Carlisten, in der Zahl von 3000 Mann, die wenigen Truppen der Königin zurückgeschlagen, und sich Guadalaxara genähert hatten. Cabrera hat unterdessen Beweise abgelegt, daß er noch lebt. Während der Oberst der Legion von Oporto den zum Erschießen bestimmten Carlistischen Gefangenen das Leben schenkte, wurden am 24 aus den unterirdischen Kerkern von Benifasà 24 gefangene Soldaten von den Carlisten unter dem Vorwande, sie auswechseln zu wollen, fortgeführt, und in der Nähe von Espartero's Hauptquartier erschossen. Nur Cabrera kann diese Mordthat anbefohlen haben. Als Probe eines Carlistischen Bulletins lege ich Ihnen folgendes Rundschreiben bei, welches die Carlisten von Cañete aus verbreitet haben:</p><lb/>
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[0356/0012] Anarchie der Revolution den endlichen Sieg des Prätendenten noch herbeiführen zu können, in einigen Gegenden Navarra's, haben sie sich den Exaltirten angeschlossen, und diese selbst verkünden dieß als einen Triumph! Zu den Provinzen, in denen die Moderirten vollständig siegten, kommen nun noch Salamanca, Badajoz, Murcia, Palencia, Logroñs, Valladolid, Oviedo (wo auch Toreno und Martinez de la Rosa fast einstimmig gewählt wurden) Albacete, Cuenca, Tuy, Pontevedra, Orense, und sogar Malaga. Die Exaltirten erlangten unterdessen die Mehrheit in Alicante, Valencia, Castellon, und vermuthlich auch in Santiago und Lugo. In Caceres wurden vier Moderirte und ein Exaltirter zu Deputirten gewählt. In Leon, Almeria, Caruña sind die Wahlen noch verschoben. In letzterer Stadt dauerte noch am 25 der Belagerungszustand fort; sämmtliche Mitglieder des widerspänstigen Ayuntamiento und die Urheber der aufrührerischen Bewegung vom 18 waren auf militärischem Wege verhaftet worden. Den gestern aus Catalonien eingegangenen Nachrichten zufolge entscheiden sich auch dort die Wahlen bei weitem zu Gunsten der Moderirten. Am 23 hatten in Barcelona die von ihnen aufgestellten Candidaten 1617 Stimmen für sich, während die der Gegenpartei deren nur 503 erschwingen konnten. Um sich zu rächen, und die Freunde der Ordnung einzuschüchtern, legten die Exaltirten in dem Bezirke von Sabadell Feuer an eine Tuchfabrik, deren Eigenthümer von den Moderirten zum Vorsitzenden eines Wahlcollegiums gewählt worden war. Aehnliche mordbrennerische Auftritte fanden in Hospitalet statt. In Tarragona wurden die Moderirten auf das empörendste gemißhandelt, und mit Gewalt aus den Wahllocalen vertrieben. Und in diese von den Gräueln des Bürgerkrieges und der Parteienwuth gleich sehr zerfleischte Provinz schickt jetzt die Regierung den General D. Antonio Vanhalen, einen der eifrigsten Anhänger der Exaltirten, den Vertheidiger der Repressalien, den durch seinen Rückzug von Segura berühmt gewordenen Feldherrn, als Generalcapitän. So hat es der souveräne Wille des Herzogs de la Victoria befohlen, der sich selbst nur der Form nach den Oberbefehl über die Truppen von Catalonien vorbehalten hat. Vergebens wenden sich die unglücklichen Bewohner der Alcarria an den Herzog mit der Bitte, ihnen einige Bataillone zuzuschicken, um sie gegen die Carlisten, welche von Beteta aus ihre Raubzüge unternehmen, sicher zu stellen. Espartero ist taub gegen ihre Klagen, und so werden sie die Opfer der unerhörtesten Gräuel. Seit zwei Tagen war unsere Verbindung mit Saragossa unterbrochen, indem jene Carlisten, in der Zahl von 3000 Mann, die wenigen Truppen der Königin zurückgeschlagen, und sich Guadalaxara genähert hatten. Cabrera hat unterdessen Beweise abgelegt, daß er noch lebt. Während der Oberst der Legion von Oporto den zum Erschießen bestimmten Carlistischen Gefangenen das Leben schenkte, wurden am 24 aus den unterirdischen Kerkern von Benifasà 24 gefangene Soldaten von den Carlisten unter dem Vorwande, sie auswechseln zu wollen, fortgeführt, und in der Nähe von Espartero's Hauptquartier erschossen. Nur Cabrera kann diese Mordthat anbefohlen haben. Als Probe eines Carlistischen Bulletins lege ich Ihnen folgendes Rundschreiben bei, welches die Carlisten von Cañete aus verbreitet haben: „Durch verschiedene Boten, die durch diesen Flecken gegangen sind, um den Generalcommandanten von Murcia aufzusuchen, und auf anderm amtlichem Wege habe ich das Vergnügen gehabt, zu erfahren, daß der wahre Friede oder die allgemeine Aussöhnung aller Spanier stattgefunden hat, indem alle Mächte Europa's auf dem letzten Congreß unsern erhabenen Monarchen Karl V anerkannt haben. Allgemeine Amnestie unter allen Spaniern ohne Unterschied irgend einer Partei, Wiederherstellung der alten Cortes, und völlige Verabschiedung aller ausgedienten Truppen beider Armeen, die solche verlangen sollten, und Bildung einer neuen Armee aus den Ueberresten der ausgehobenen und freiwilligen Mannschaft, welche fortdienen will, nachdem man ihre geleisteten Dienste belohnt hat. Ich beeile mich, Ihnen dieß mitzutheilen, damit Sie es zur allgemeinen Zufriedenstellung bekannt machen. Arcos, 20 Januar 1840 – Joaquin Elizarte. – An die am Rande aufgeführten Alcalden.“ Nachschrift. Diesen Abend nimmt man an, daß in 38 Provinzen 192 Deputirte gewählt worden sind, von denen 124 sich zu den Moderirten, 39 sich zu den Exaltirten zählen; die übrigen 29 sind nicht mit Bestimmtheit zu classificiren. Großbritannien. Wir geben in Folgendem eine gedrängte Uebersicht des großen Wortkriegs zwischen Tories und Whigs, der in den Tagen vom 28 bis zum 31 Jan. im Hause der Gemeinen geführt ward, und durch welchen die radicale Presse nur den Beweis geliefert sehen will, daß von der einen wie von der andern dieser Adelsparteien das Land bisher so ziemlich gleich schlecht verwaltet worden sey. Sir John Yarde Buller, conservatives Mitglied für Süd-Devonshire, beschränkte sich in der Motivirung seines Antrags, „daß Ihrer Maj. Regierung, wie sie gegenwärtig zusammengesetzt sey, das Vertrauen des Hauses nicht besitze,“ fast ganz auf die einheimische Politik des Ministeriums. Besonders wollte er einen innern Zusammenhang zwischen den Chartistenumtrieben und den Maaßregeln der Verwaltung finden, indem er sagte: „In gewöhnlichen Zeiten könnte man glauben, daß diese Mißstimmungen und Ruhestörungen aus Ursachen herrührten, über welche die Regierung keine Controle hätte, und für die sie daher nicht verantwortlich gemacht werden dürfe; Niemand aber, der die jetzige Lage der Dinge betrachtet, kann daran zweifeln, daß die gegenwärtigen Unruhen aus dem von den Ministern in den letzten Jahren befolgten Regierungssystem hervorgegangen sind.“ Hr. William Thompson, Alderman der Londoner City und Mitglied für Sunderland, hob zur Unterstützung des Antrags hervor, daß, da jetzt officiell in dem Vergleich der Staatsausgaben und Einnahmen ein Deficit von mehr als einer Million zugestanden sey, da ferner die Reduction des Briefporto's vermuthlich noch einen Ausfall, von einer Million zum wenigsten, verursachen werde, und da die Unterbrechung des Handels mit China außerdem einen Verlust von mehreren Millionen in den Einkünften herbeiführen dürfte – die Nachtheile des gestörten Handels mit Südamerika nicht zu erwähnen – sehr wahrscheinlich bald ein Ausfall von acht Millionen in den Finanzen entstehen werde. „Und gewährt,“ fragte der Redner, „irgend ein Umstand eine Aussicht auf eine mögliche Verminderung unserer Ausgaben? Nirgends ist eine Hoffnung dazu vorhanden. In den drei letzten Jahren und besonders seit der Thronbesteigung Ihrer Maj. haben die Ausgaben stets die Einnahmen überstiegen, ein Zustand der Dinge, der in der Geschichte unserer Finanzen, seitdem wir eine Nationalschuld haben, noch nicht vorgekommen. (Hört!) Die Rebellion in Canada würde niemals ausgebrochen seyn, wäre die Armee dort zur rechten Zeit verstärkt worden. Aber wir standen am Vorabend einer allgemeinen Wahl, wo eine Vermehrung des Heers das Ministerium daheim hätte unbeliebt machen können; also gab man lieber Canada allen Wechselfällen preis, als daß man sich dem Verlust einer Stimme im Parlament ausgesetzt hätte. Zum Glück für die Nation

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 45. Augsburg, 14. Februar 1840, S. 0356. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_045_18400214/12>, abgerufen am 30.04.2024.